VwGH 02.04.1965, 1572/64
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Die Vorschrift des § 33 Abs 1 FinStrG ist im Zusammenhang mit Abs 3 derselben Gesetzesstelle gegenüber § 396 RAO die mildere Bestimmung, weil nunmehr eine Abgabenhinterziehung nur mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet werden kann, während früher in Fällen der Steuerhinterziehung keine Begrenzung der Geldstrafe nach oben vorgesehen war (Hinweis E , 103/62). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Raschauer als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde der JS in O, vertreten durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. Sepp Aschauer in Linz, Landstraße 53, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 426/5-IX-1964, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Im Wege der Steuerfahndung konnte festgestellt werden, daß die Steuerpflichtige in den Jahren 1956 bis 1961 einen umfangreichen Handel mit Rohgold, Schmuck, Uhren, Spirituosen, Kleidern und Wäsche betrieben und namhafte Geldbeträge gegen Zinsen verliehen hatte. Die Beschwerdeführerin verheimlichte jedoch die Einkünfte aus diesen Geschäften gegenüber dem Finanzamt; bloß in den Jahren 1958 und 1959 hatte sie Einkommensteuererklärungen abgegeben, in denen sie Einkünfte aus Kapitalvermögen (Darlehenszinsen) von je S 7.020,-- angab.
Da die Beschwerdeführerin über ihre Geschäfte keine Bücher vorlegen konnte, mußte das Finanzamt die von der Beschwerdeführerin in den Jahren 1956 bis 1961 erzielten Einkünfte und Umsätze gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermitteln. Es gelangte dabei auf Grund von vorgefundenen Notizen, Belegen, Kontrollmitteilungen und Bankkontoauszügen sowie unter Berücksichtigung der vorgefundenen Vermögenswerte zu der Feststellung, daß die Beschwerdeführerin in den genannten Jahren Umsätze von insgesamt S 1,473.000,-- und Einkünfte aus Gewerbebetrieb von insgesamt S 294.649,-- erzielt hatte. Aus diesen Umsätzen und Gewinnen ergab sich ein Betrag an hinterzogenen Einkommen-, Gewerbe-, Umsatz- und Vermögensteuern von insgesamt S 144.712,--.
Auf Grund dieses Sachverhaltes verurteilte der Spruchsenat des Finanzamtes die Beschwerdeführerin wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 3 FinStrG zu einer Geldstrafe von S 10.000,--. Dabei war als mildernd das Geständnis der Beschwerdeführerin, ihre steuerstrafrechtliche Unbescholtenheit und die Tatsache angesehen worden, daß sie durch die Kriegsverhältnisse und ihre rassische Verfolgung bedeutende vermögensrechtliche Nachteile erlitten hatte, als erschwerend dagegen die Fortsetzung des strafbaren Verhaltens durch längere Zeit.
Gegen das Straferkenntnis des Spruchsenates erhob der Amtsbeauftragte des Finanzamtes bezüglich des Strafausmaßes Berufung, weil seiner Ansicht nach trotz der überwiegenden Milderungsgründe im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschuldigten und im Verhältnis zu dem Steuerhinterziehungsbetrag von S 144.000,-- eine Strafe von bloß S 10.000,-- als zu gering anzusehen sei.
Die belangte Behörde gab der Berufung des Amtsbeauftragten mit dem angefochtenen Bescheide Folge, wobei sie die verhängte Geldstrafe auf S 70.000,-- hinaufsetzte. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Berufungssenat beim vorliegenden Sachverhalt, insbesondere in Anbetracht des Umstandes, daß die Beschuldigte mehrere Jahre hindurch eine gewerbliche Tätigkeit unbefugt ausgeübt und hiefür keine Steuer entrichtet habe, zu der Überzeugung gelangt sei, daß die verhängte Strafe im Hinblick auf den hohen Strafrahmen (bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages) keinesfalls dem Verschulden der Beschwerdeführerin entspreche. Der Berufungssenat habe daher beschlossen, die Strafe unter Berücksichtigung der mildernden und erschwerenden Umstände sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschuldigten auf S 70.000,-- festzusetzen. Diese Strafe betrage etwa die Hälfte des Verkürzungsbetrages und demnach ein Viertel der zulässigen Höchststrafe.
Über die gegen diesen Bescheid von der Beschuldigten wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 3 FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, ist die Hinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages zu ahnden.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde bei einem Verkürzungsbetrag von S 144.000,-- die Geldstrafe mit S 70.000,-- festgesetzt. Die Strafe war demnach im Verhältnis zur hier zulässigen Höchststrafe von S 288.000,-- nicht unangemessen, auch wenn die belangte Behörde bei ihrer Zumessung ein Überwiegen der Milderungsgründe angenommen hat. Der von der Beschwerdeführerin erhobene Vorwurf, daß auf die Milderungsgründe nicht entsprechend Bedacht genommen worden sei, ist daher nicht berechtigt.
Die Beschwerdeführerin irrt auch, wenn sie meint, daß bei der Bemessung der Geldstrafe nicht von dem auf Schätzungen gestützten Verkürzungsbetrag hätte ausgegangen werden dürfen. Da die Steuerveranlagungen der Jahre 1956 bis 1961 in Rechtskraft erwachsen sind und ein bloß auf eine Gefälligkeitsbescheinigung gegründeter Versuch der Beschwerdeführerin, das Veranlagungsverfahren wieder aufzunehmen, gescheitert ist, stand auch im Finanzstrafverfahren für die Feststellung des Hinterziehungsbetrages keine genauere Grundlage zur Verfügung als das Ergebnis des Veranlagungsverfahrens. Tatsächlich vermochte ja auch die Beschwerdeführerin dieses Ergebnis weder im Veranlagungsverfahren noch im Strafverfahren zu widerlegen, zumal sie nicht in der Lage war, irgendwelche Bücher oder Aufzeichnungen vorzulegen. Die Unterlassung einer Buchführung ist vom Standpunkt der Beschwerdeführerin umso unverständlicher, als sie ständig darauf hinweist, daß sie an Erinnerungslücken und Gedächtnisstörungen leide. Bei dieser geistigen Verfassung hätte sie schon in ihrem eigenen Interesse in hohem Maß an einer sorgfältigen Aufzeichnung ihrer Geschäfte interessiert sein müssen. Der Hinweis auf ihre Gedächtnisstörungen vermag daher die Beschwerdeführerin keineswegs zu entschuldigen.
Wenn die Beschwerdeführerin ferner meint, daß das erst am in Kraft getretene Finanzstrafgesetz strenger sei als die bis dahin geltenden Strafbestimmungen, so ist dies gleichfalls nicht richtig. Vielmehr ist, wie der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 103/62, ausgesprochen hat, die Vorschrift des § 33 Abs. 1 FinStrG im Zusammenhange mit Abs. 3 der gleichen Gesetzesstelle gegenüber § 396 AO die mildernd Bestimmung, weil nunmehr eine Abgabenhinterziehung nur mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet werden kann, während früher in Fällen der Steuerhinterziehung keine Begrenzung der Geldstrafe nach oben vorgesehen war.
Schließlich rügt die Beschwerdeführerin auch zu Unrecht, daß die belangte Behörde über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. Denn gemäß § 159 Abs. 2 FinStrG ist über eine Berufung, die sich nur gegen das Strafausmaß richtet, stets ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1965:1964001572.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-55323