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VwGH 13.04.1955, 1559/54

VwGH 13.04.1955, 1559/54

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;
VVG;
RS 1
Auf Bescheide (Rückstandsausweise), betreffend die Kosten notstandspolizeilicher Maßnahmen gemäß § 129 Abs 6 der BauO für Wien, sind § 3 Abs 2 VVG und damit auch die im Vollstreckungsverfahren geltenden Grundsätze hinsichtlich der Einwendungen gegen den Kostenbescheid analog anzuwenden.
Norm
VwGG §30 Abs2;
RS 2
Es ist nicht unzulässig, der VwGH-Beschwerde gegen die Entscheidung, mit der Einwendungen gegen einen Rückstandsausweis abgewiesen worden sind, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (siehe zu diesem RS auch die zu § 19 Abs 2 Z 4a MietG ergangenen B , 1712/71, 1714/71).
Normen
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;
VVG §11 Abs1;
RS 3
Schuldner der Kosten notstandspolizeilicher Maßnahmen im Sinne des § 129 Abs 6 BauO für Wien ist derjenige, der zur Zeit der Durchführung der Arbeiten Eigentümer war. Eine Person, die das Eigentum später erwirkt, schuldet die Kosten der Behörde nicht.
Norm
VVG §3 Abs2;
RS 4
Der in einem Rückstandsausweis als Schuldner der Verbindlichkeit bezeichneten Person muß es, wenn ein Verwaltungsverfahren mit ihr bisher nicht abgeführt wurde, jedenfalls freistehen, eine Entscheidung über den Rückstandsausweis zu begehren.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Räte Dr. Borotha, Dr. Kaniak, Dr. Hrdlitzka und Dr. Lehne als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hezina als Schriftführer, über die Beschwerden des KE in W, USA, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheide des Magistrates der Stadt Wien im selbstständigen Wirkungsbereich vom , Zl. M. Abt. 64 - 768/54 und von , Zl. M. Abt. 64 - B II-37/54), betreffend Ersatz der Kosten notstandspolizeilicher Massnahmen und Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichtsre sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde. Rechtsanwalt Dr. Friedrich Weihsenstein, und des Vertreters der belangten Behörde, Obermagistratsrat Dr. HK, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden gegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die verstorbenen Eltern des Beschwerdeführers Dr. J und R E waren, wie die Akten des Verwaltungsverfahrens besagen, vor der Besetzung Österreichs durch das Deutsche Reich Eigentümer des in W, E-strasse 8, befindlichen Hauses gewesen. Aus so genannten rassischen Gründen hatten sie diese Liegenschaft im Jahre 1939 an die Eheleute J und A O verkaufen müssen. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis der Rückstellungskommission vom wurde die Liegenschaft dann an den Beschwerdeführer zurückgestellt. Die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes erfolgte am .

Während des Krieges war das gegenständliche Haus schwer beschädigt worden. Im Jahre 1947 wurden vom Magistrat der Stadt Wien, Abt 36, wegen Gefahr in Verzug die Beseitigung einsturzgefährlicher Bauteile und des anfallenden Schuttes als notstandspolizeiliche Maßnahmen gemäss § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien angeordnet und wurde diese Anordnung sofort vollstreck. Die entstandenen Kosten in der Höhe von S 45.934,62 wurden den damaligen Eigentümern A und J O zur Zahlung vorgeschrieben (Bescheid des Wiener Magistrates - Abt. 36 vom ), welche Vorschreibung im Berufungsverfahren durch den auf dem Beschluss der Wiener Landesregierung vom beruhenden Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom , Zl. M4 Abt.64/1024/49, durch Abweisung der Berufung aufrecht erhalten wurde. Da die Liegenschaftseigentümer die vorgeschriebenen Kosten nicht bezahlten, schritt der Magistrat der Stadt Wien an die pfandrechtliche Sicherstellung der gegenständlichen Forderung auf der Liegenschaft. Zu diesem Zweck wurde von der M. Abt.36 ein auf den Namen des gegenwärtigen Beschwerdeführers lautender Rückstandsausweis ausgestellt, auf dessen Grundlage die zwangsweise Pfandrechtsbegründung vom Gericht bewilligt wurde. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Anspruch Einwendungen im Sinne des § 3 Abs. 2 VVG, machte geltend, dass dem Rückstandsausweis jede formelle rechtliche Grundlage fehle und begehrte die Aufhebung des Rückstandsausweises, weil dem mit den Abbrucharbeiten beauftragen Baumeister S vom Hausverwalter H das Abbruchmaterial an Zahlungs statt überlassen worden sei. Der Baumeister S sei nicht berechtigt gewesen, dem Magistrat Rechnung zu legen. Der Magistrat habe diese Rechnung bezahlt, ohne die damaligen Hauseigentümer oder den Hausverwalter zu befragen. Der Baumeister sei daher doppelt bezahlt worden. Der Wiener Magistrat, Abt. 64, wies mit Bescheid vom den Antrag auf Aufhebung des Rückstandsausweises ab. Diese Abweisung wurde im Berufungsverfahren von der Wiener Landesregierung aufrecht erhalten (Bescheid der M. Abt. 64 vom ). Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , Zl. 1850/52, diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aus folgenden Erwägungen auf. Im vorliegenden Fall habe der Magistrat der Stadt Wien als Baubehörde erster Instanz die Zuständigkeit zu Sachentscheidung in Anspruch genommen; es müsse daher die Berufung nach der Vorschrift des § 136 der Bauordnung für Wien an die Bauoberbehörde gehen, nicht aber an die Wiener Landesregierung; es handle sich nämlich nicht um einen Bescheid, der im Zuge eines Verwaltungsvollstreckungsverfahrens ergangen sei und eine Vollstreckungsverfügung nach § 10 VVG darstelle. Die Wiener Landesregierung, mochte sie auch seinerzeit, und zwar unzuständigerweise die Berufung gegen den Bescheid des Wiener Magistrates vom über die Vorschreibung der Kosten abgewiesen haben, sei demnach zur Berufungsentscheidung über die Einwendungen des Beschwerdeführers unzuständig gewesen. Mit Beschluss vom wies nunmehr die Bauoberbehörde für Wien die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Zl. 757/50) der Rückstellungswerber vor der tatsächlichen Rückstellung der Liegenschaft nicht Partei im Sinne des § 8 AVG sei, weshalb der Magistrat weder verpflichtet noch berechtigt gewesen sei, den Rückstellungswerber im Verfahren als Partei beizuziehen. Wenn die Berufung darauf hinweise, dass der Gewerbetreibende, dessen sich die Behörde bei der Durchführung der Ersatzvornahme bediente, den Liegenschaftseigentümer durch den Ankauf der Ziegel und sonstigen Baumaterialien zu einem weit unter dem wahren Wert liegenden Preis geschädigt habe, so übersehe sie, dass das Rechtsverhältnis zwischen der Vollstreckungsbehörde und dem Gewerbetreibenden ein rein privatrechtliches sei. Durch die Erteilung des Auftrages sei dem Gewerbetreibenden ein klagbarer Anspruch auf Bezahlung des vereinbarten Entgeltes entstanden. Dieser Anspruch gegen die Vollstreckungsbehörde bestehe auch dann zu Recht, wenn das Rechtsgeschäft des Gewerbetreibenden mit dem früheren Liegenschaftseigentümer wegen eines strafbaren Verhaltens vernichtbar. sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die erste der beiden vorliegenden Beschwerden, in der Rechtswidrigkeit des Inhalt s Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. In dieser Beschwerde war auch der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung enthalten.

Mit Bescheid vom hat die Bauoberbehörde für Wien diesen Antrag gemäss § 30 VwGG als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid sei eine Berufung als unbegründet abgewiesen worden. Der erstinstanzliche Bescheid habe die Abweisung eines Antrages der Eigentümer, einen Rückstandsausweis für durchgeführte bauliche Massnahmen aufzuheben, zum Gegenstand gehabt. Ein solcher Bescheid sei nicht vollstreckbar; daher seien auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht gegeben. Auch gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerde ein, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerden zur gemeinsamen Verhandlung verbunden und hierüber erwogen:

Die belangte Behörde legt in ihrer Gegenschrift zur Beschwerde gegen den Bescheid vom eingehend dar, dass sie gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom Bedenken hege. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht in der Lage, von der in dem erwähnten, in gleicher Sache ergangenen Erkenntnis ausgesprochenen Beurteilung der Zuständigkeitsfrage abzugehen. Gemäss § 5 Ab. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, wenn der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufgehoben hat, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Im vorliegenden Fall hat die Bauoberbehörde für Wien, der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes über ihre Zuständigkeit folgend, den neuen Berufungsbescheid erlassen. Sie hat danach der sich aus § 5 VwGG ergebenden Verpflichtung entsprochen, die schon nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht allein die belangte Behörden sondern "die Verwaltungsbehörden" schlechthin trifft. Schon aus diesem Grunde ist im vorliegenden Verfahren ein von dem Erkenntnis vom abweichendes Ergebnis der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides unter dem Gesichtspunkt der Zuständigkeit der nunmehr belangten Behörde ausgeschlossen. Zur Frage der Zuständigkeit und der Zulässigkeit der Einwendungen sei noch folgendes bemerkt:

Gemäss § 3 Aba.2 VVG sind Bescheide und Rückstandsausweise, die von der Vollstreckungsbehörde mit der Bestätigung versehen sind, dass sie einem die Vollstreckung hemmenden Rechtszug nicht unterliegen, Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung. Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 EO sind bei der Stelle einzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist. Diese Gesetzesbestimmung findet hier jedenfalls deswegen nicht unmittelbar Anwendung, weil der Beschwerdeführer in seinen Einwendungen (Antrag auf Aufhebung des Rückstandsausweises) keineswegs behauptet hat, dass nach der Entstehung des Exekutionstitels anspruchshemmende oder anspruchsvernichtende Tatsachen entstanden seien. Er machte vielmehr einerseits geltend, dass dem Rückstandsausweis jede formelle rechtliche Grundlage fehle, womit er sich gegen seine Heranziehung als Schuldner zur Wehr setzte, andererseits bestritt er den Bestand der Schuld, weil diese bereits, und zwar vor Entstehung des Titels, beglichen worden sei. Der in einem Rückstandsausweis als Schuldner der Verbindlichkeit zu einer Geldleistung bezeichneten Person muss es, wenn ein Verwaltungsverfahren mit ihr bisher nicht abgeführt wurde, nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls frei stehen, eine Entscheidung über den Rückstandsausweis zu begehren. Die Frage, ob im konkreten Fall der spätere Erwerber der Liegenschaft diejenigen Kosten schuldet, die für notstandspolizeiliche Maßnahmen, die zur Zeit, als die Liegenschaft noch im Eigentum des Rechtsvorgängers gestanden ist, entstanden und in einem Verfahren festgestellt worden sind, an dem der spätere Erwerber nicht beteiligt war, ist eine öffentlich-rechtliche Frage; sie muss demnach von der Verwaltungsbehörde entschieden werden. Dafür spricht auch der § 7 Abs. 4 EO, nach dessen Inhalt Anträge auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit für einen verwaltungsbehördlichen Titel (§ 1 Z. 3 oder § 3 Abs. 2 des VVG) bei jener Stelle einzubringen sind, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist. Derselbe muss auch für die Bestreitung der Richtigkeit von Rückstandsausweisen und in Fällen der vorliegenden Art gelten, weil die Lage hier in den wesentlichen Punkten eine gleichartige ist. Es besteht sonach kein Zweifel an der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde und an der Zulässigkeit von Einwendungen, die dem Nichtbestand einer Schuld auf Seiten einer erstmalig durch einen Rückstandsausweis als Schuldner belangten Person zum Gegenstand haben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat des weiteren in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2817/52, ausgesprochen, dass eine Verpflichtung zum Ersatz der Kosten einer Vollstreckung durch Ersatzvornahme nur denjenigen trifft, der im Zeitpunkt der Durchführung der Ersatzvornahme Eigentümer der Liegenschaft war. Dieses Erkenntnis bezieht sich auf einen Fall, in dem das Verwaltungsvollstreckungsgesetz angewendet worden ist und stützt sich darauf, dass die Kosten der Vollstreckung gemäss § 11 Abs. 1 VVG den Verpflichteten treffen. Als Verpflichteter komme nur jene Person in Betracht, die zur Zeit der Durchführung der Ersatzvornahme Eigentümer der Liegenschaft gewesen sei. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um Kosten notstandspolizeilicher Maßnahmen. Es ist sohin zu untersuchen, ob auch hinsichtlich der Kosten, die aus notstandspolizeilichen Maßnahmen entstanden sind, der nach Durchführung der Arbeiten erfolgte Wechsel, im Eigentum an der Liegenschaft die Heranziehung des neuen Eigentümers zum Ersatz dieser Kosten ausschließt.

Gemäss § 129 Abs. 6 der Bauordnung kann die Behörde auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers anordnen und sofort vollstrecken lassen. Diese Bestimmung enthält keinen Anhaltspunkt zur Lösung der Frage, welchen Einfluss auf die Kostenforderung der Behörde der Eigentumswechsel nach Durchführung der Arbeiten ausübt. Der Rechtsfall findet demnach seine Lösung nicht aus den Worten des Gesetzes; diese kann auch dem natürlichen Sinne des Gesetzes nicht entnommen werden. Demnach muss im Sinne des § 7 ABGB auf ähnliche in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle und auf die Gründe anderer damit verwandter Gesetze Rücksicht genommen werden. Demnach wendet sich die Untersuchung wieder der Situation im Fall der Vollstreckung durch Ersatzvornahme zu. In beiden Fällen handelt es sich um den Ersatz von Kosten, die der Behörde aus einer Tätigkeit erwachsen sind, die sie an Stelle der an sich hiezu berufenen Liegenschaftseigentümer entfaltet hat. Der Unterschied besteht darin, dass im Falle des § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien der Notstand die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens ausgeschlossen hat, während im anderen Fall ein derartiges Verfahren abgeführt worden ist. Diese Unterscheidung scheint für die Frage der Kostenpflicht eines späteren Erwerbes der Liegenschaft nicht wesentlich. Für die Lösung, die der Verwaltungsgerichtshof in der Frage der Verpflichtung des Eigentümers, der die Liegenschaft erst nach Durchführung der Arbeiten erworben hat, zum Kostenersatz im Falle eines "Vollstreckungsverfahrens gefunden hat, war die Erwägung maßgeblich, dass zwar die Verpflichtungen des Hauseigentümers, die in der Bauordnung oder in den Verfügungen der Baubehörde begründet sind, auf der Liegenschaft haften, dass aber der gleiche Gesichtspunkt nicht mehr zutrifft, wenn es sich nicht mehr um eine Verpflichtung handelt, die unmittelbar auf die Liegenschaft Bezug hat, sondern um eine Geldschuld. Von dem Augenblick an, in dem sich die Verpflichtung zur Behebung der Baugebrechen in eine Verpflichtung zum Kostenersatz umwandle, habe der Eigentumswechsel rechtliche Bedeutung und sei der neue Eigentümer nicht mehr kostenpflichtig.

Der gleiche Gedanke muss losgelöst vom Wortlaut das § 11 Abs. 1 VVG aber auch in Fällen Geltung haben, in denen es sich um Kosten notstandspolizeilicher Maßnahmen handelt. Auch hier ist aus der Durchführung der Arbeiten eine Kostenforderung entstanden, die zwar ursächlich mit der Liegenschaft zusammenhängt, aber nicht mehr denselben unmittelbaren Bezug auf sie hat, wie die Verpflichtungen, die sich bezüglich der Erhaltung des Bauwerkes aus dem Gesetz oder den behördlichen Verfügungen ergeben. Schuldner ist von nun an derjenige, der zur Zeit der Durchführung der Arbeiten Eigentümer war. Eine Person, die das Eigentum später erwirbt, schuldet die Kosten der Arbeiten der Behörde nicht.

Die belangte Behörde weist zur Rechtfertigung ihres Bescheides auch auf das nach den Bestimmungen des § 17 und des § 20 Abs. 2 des Wiener Wiederaufbaugesetzes, LGBl. Nr.20/1951, bestehende gesetzliche Vorzugspfandrecht hin. In den hier maßgeblichen Punkten ist die Regelung des § 4 b des 1. Wiener Wiederaufbaugesetzes, das bis , also im Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Entscheidung über den Kostenanspruch gegen die Eheleute O noch in Geltung war, eine gleichartige. Dieses gesetzliche Vorzugspfandrecht unterscheide sich von einem sonstigen Pfandrecht an einer Liegenschaft dadurch, dass es zu seiner Wirksamkeit auch gegenüber dritten Personen der Einverleibung im Grundbuch nicht bedürfe. Die vom Wiener Magistrat veranlasste Eintragung des Pfandrechtes im Grundbuch habe daher keine konstitutive, sondern nur eine deklarative Bedeutung. Hinsichtlich der rechtlichen Wirkungen des Pfandrechtes sei daher davon auszugehen" dass spätestens mit der Zustellung des Berufungsbescheides vom das Pfandrecht an der Liegenschaft bestanden habe, als ob es bereits in diesem Zeitpunkt im Grundbuch einverleibt gewesen wäre. Jeder spätere Eigentümer habe daher die Liegenschaft bereits mit diesen gesetzlichen Vorzugspfandrecht belastet erworben. Aus diesem Grund sei der Magistrat auch berechtigt, das bereits ohne Einverleibung existent gewordene Pfandrecht zum Zweck der Wahrung der Publizität des Grundbuches auch zu einem Zeitpunkt grundbücherlich einverleiben zu lassen, da die Liegenschaft in das Eigentum einer anderen Person übergegangen sei. Hierüber war zu erwägen: Im vorliegenden Fall steht zur Entscheidung, ob die Behörde berechtigt war, einen Rückstandsausweis auszustellen, der auf den Beschwerdeführer schlechthin und ohne Einschränkung seiner Haftung auf sein in der gegenständlichen Liegenschaft bestehendes Vermögen lautete. Dieser Rückstandsausweis enthält zwar noch keine Angaben über die angestrebte Art der Exekution. Faktisch hat allerdings der Magistrat Wien im vorliegenden Fall die zwangsweise Pfandrechtsbegründung an der gegenständlichen Liegenschaft beantragt. Der Rückstandsausweis bedeutet aber die uneingeschränkte Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Schuldner, nicht aber die Geltendmachung einer Haftung des Beschwerdeführers mit seiner Liegenschaft. Auf Grund des Rückstandsausweises wären auch die Formen der Exekution denkbar gewesen, die nicht bloß die Liegenschaft, sondern auch sonstiges Vermögen des Beschwerdeführers erfassen könnten. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berufen, darüber zu entscheiden, ob die zwangsweise Pfandrechtsbegründung nur eine Verwirklichung des ohnehin schon bestehenden gesetzlichen Vorzugspfandrechtes bedeutet hat, sondern er hat zu prüfen, ob die belangte Behörde berechtigt war, die Einwendungen gegen den Rückstandsausweis als unbegründet anzusehen. Dafür kann nur maßgeblich sein, ob der Beschwerdeführer die Kosten der geleisteten Arbeiten der Gemeinde schuldete oder ob dies nicht der Fall war. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Ausstellung des Rückstandsausweises rechtswidrig und die Einwendungen des Beschwerdeführers begründet waren. Der Bescheid vom  musste aus diesem Grunde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden. Unter diesen Umständen erübrigt es sich auf die übrigen Beschwerdeausführungen einzugehen.

Über die Beschwerde gegen den Bescheid vom hat der Gerichtshof folgendes erwogen:

Mit dem auf dem Beschluss eines verstärkten Senates vom beruhenden Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 3141/A, wurde ausgesprochene dass es zulässig ist, der Beschwerde gegen einen rechtsgestaltenden Bescheid, der seinem Inhalt nach nicht zwangsweise vollstreckt werden kann, gemäss § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Diesem Rechtssatz liegt die Erwägung zu Grunde, dass das Wort "Vollstreckung" im Sinnzusammenhang des § 30 Abs. 2 VwGG nicht in einem technischen Sinn (Vollstreckung nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz) zu verstehen sei. Im vorliegenden Fall ist allerdings eine Vollstreckung nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz ausgeschlossen, weil der erstinstanzliche Bescheid die Abweisung von Einwendungen gegen einen Rückstandsausweis zum Gegenstand hatte und der zweitinstanzliche Bescheid nur die Bestätigung des erstinstanzlichen verfügte. Da Rückstandsausweise im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 2252/A) keine Bescheide, sondern nur Auszüge aus den behördlichen Verrechnungsbehelfen über offene Zahlungsverpflichtungen sind, war der Gegenstand des Verfahrens im vorliegenden Fall die erstmalige bescheidmäßige Entscheidung über den Anspruch der Behörde gegen den Beschwerdeführer auf Tragen der Kosten; es kann somit nicht gesagt werden, dass die Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Rückstandsausweises bzw. der Einwendungen gegen seine Richtigkeit keine Änderung in der Rechtswelt bewirkt habe, deren Folgen eines Aufschubs fähig wären. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wäre im vorliegenden Fall in dem Sinne denkbar und sinnvoll, dass die Behörde sich durch die Zuerkennung dieser Rechtswohltat verpflichtet, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes weitere Schritte, die zur Verwirklichung ihres weiterhin strittigen Anspruches fühlen sollten, zu unterlassen. Da die belangte Behörde im Gegensatz zu der bereits angeführten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes über die Auslegung des § 30 Abs. 2 VwGG die Vollstreckbarkeit des Bescheides in einem eng umgrenzten Sinne als Voraussetzung der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung ansah, musste auch der Bescheid vom gemäss § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Wien, am

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Normen
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;
VVG §11 Abs1;
VVG §3 Abs2;
VVG;
VwGG §30 Abs2;
Sammlungsnummer
VwSlg 3708 A/1955
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Baurecht
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten
Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht
BauRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1955:1954001559.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-55279