VwGH 27.11.1980, 1551/80
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Es steht nicht im Ermessen der Behörde, welche Form sie für Eingaben oder Vollmachten begehrt, vielmehr werden die einzuhaltenden Formvorschriften ausschließlich durch das Gesetz bestimmt. In § 10 AVG ist für die Vollmacht lediglich Schriftlichkeit vorgesehen; es genügt daher auch bei einer Kapitalhandelsgesellschaft die Wiedergabe der Firma durch Stampiglienaufdruck und die Unterschriften zeichnungsberechtigter Organe. Hat die Behörde Bedenken gegen Zeichnungsbefugnis oder Echtheit der Unterschrift der Unterfertigenden, kann sie darüber Erhebungen durchführen, darf aber nicht statt dessen Zweifelsfragen als Formmängel behandeln, vom Gesetz nicht vorgesehene Formvorschriften (Beglaubigung der Unterschriften und Nachweis der Zeichnungsbefugnis auf der Vollmachtsurkunde) aufstellen und bei Unterlassung der "Mängelbehebung" eine Berufung nach § 13 Abs 3 AVG zurückweisen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde der U-AG, vertreten durch Dr. Harold Schmid, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 8, gegen den vom Magistrat Graz namens des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz ausgefertigten Bescheid vom , Zl. A 17-K-22.461/2-1980, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt G hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.350,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem namens des Stadtsenates erlassenen Bescheid des Magistrates Graz vom wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, die auf der Liegenschaft Graz, S-straße, Grundstück n/1, KG X an der S-Straße vom Haus Nr nn an in Richtung Westen errichtete, fortwährend in sich abgewinkelte Plakatwand im Gesamtausmaß von 56,50 x 2,90 m in Holzaufbau binnen drei Wochen abzutragen bzw. den früheren Zustand wieder herzustellen.
Dagegen erhob der Vertreter der Beschwerdeführerin in deren Namen rechtzeitig Berufung, ohne die in der Berufung genannte Vollmacht anzuschließen. Mit Schreiben vom wies die belangte Behörde darauf hin, daß die angekündigte Vollmacht der Berufung nicht angeschlossen war, was ein Formgebrechen im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG 1950 darstelle, dessen Behebung die Behörde von Amts wegen zu veranlassen habe. Im Sinne dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 10 AVG 1950 wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin daher aufgetragen, die Behebung dieses Formgebrechens "durch Beibringung einer mit S 70,-- Bundesstempelmarke versehenen, beglaubigten Vollmacht" binnen zwei Wochen (ab Erhalt dieser Mitteilung) aufgetragen, "aus welcher zweifelsfrei hervorgeht", daß er vom zuständigen Organ der Rechtsmittelwerberin mit der Vertretung im gegenständlichen Berufungsverfahren beauftragt worden sei. Nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Verbesserungsfrist werde die eingebrachte Berufung als unzulässig zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin legte daraufhin eine schriftliche, jedoch nicht beglaubigte Vollmacht vor, die nach dem äußeren Anschein (Firmenstempel und zwei Unterschriften) von der Beschwerdeführerin stammt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die namens der Beschwerdeführerin eingebrachte Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der Mangel einer gehörigen Vollmacht ein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 darstelle, dessen Behebung die Behörde von Amts wegen zu veranlassen habe. Die belangte Behörde habe dem Einschreiter aufgetragen, eine beglaubigte Vollmacht vorzulegen, aus der zweifelsfrei hervorgehe, daß er vom zuständigen Organ der Beschwerdeführerin mit der Vertretung im gegenständlichen Berufungsverfahren beauftragt sei; dieser Verfahrensanordnung sei der Einschreiter zwar rechtzeitig, aber nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Die vorgelegte Vollmacht weise lediglich eine Firmenstampiglie und zwei Unterschriften auf, ein Beglaubigungsvermerk fehle überhaupt. Die Behörde könne daher der Vollmacht nicht entnehmen, ob sie tatsächlich von der Beschwerdeführerin bzw. deren zuständigen Organen stamme. Da der Einschreiter es unterlassen habe, das vorliegende Formgebrechen entsprechend dem behördlichen Verbesserungsauftrag zu berichtigen, habe das eingebrachte Rechtsmittel keiner Sacherledigung zugeführt werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit (des Inhalts). Nach den Ausführungen fühlt sich der Beschwerdeführer darin beschwert, daß über die Berufung nicht meritorisch entschieden wurde.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 können sich die Beteiligten durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 berechtigen Formgebrechen schriftlicher Eingaben wie auch das Fehlen einer Unterschrift die Behörde an sich noch nicht zur Zurückweisung; sie hat deren Behebung von Amts wegen zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung auftragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist nicht mehr berücksichtigt wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Ob eine sachlich zu behandelnde Berufung der Beschwerdeführerin vorliegt, hängt also davon ab, ob sie rechtzeitig innerhalb der Verbesserungsfrist eine dem Gesetz entsprechende Vollmacht vorgelegt hat. Nun bestreitet auch die belangte Behörde nicht, daß die vorliegende, mit einer Stampiglie der Beschwerdeführerin und zwei Unterschriften versehene Vollmacht noch innerhalb der Verbesserungsfrist vorgelegt wurde, glaubt jedoch, aus den Vorschriften über die Zeichnungsberechtigung von Organen der Kapitalhandelsgesellschaften die Einhaltung weiterer Formvorschriften ableiten zu können.
Es steht keineswegs im Ermessen der Behörde, welche Form sie für Eingaben oder Vollmachten begehrt, vielmehr werden die einzuhaltenden Formvorschriften ausschließlich durch das Gesetz bestimmt. Mangels Sonderregelungen der Steiermärkischen Bauordnung als der maßgeblichen Verwaltungsvorschrift sieht § 10 AVG 1950 aber lediglich die Schriftlichkeit der Vollmacht vor; zur Einhaltung dieser genügt jedoch die Verfassung eines Schriftstückes und dessen eigenhändige Fertigung. Bei Kapitalhandelsgesellschaften erfolgt die dort vorgesehene firmenmäßige Zeichnung durch Wiedergabe der Firma (hier durch eine Stampiglie) und die Unterschrift eines oder mehrerer zeichnungsberechtigter Organe. Diese Form ist im vorliegenden Fall eingehalten worden.
Es steht der Behörde frei, wenn sie Bedenken gegen die Echtheit der Unterschrift oder die Zeichnungsberechtigung der Unterschreibenden hat, oder vorsorglich auch sonst Erhebungen über diese für das Vorliegen einer wirksamen Berufung zweifellos relevanten Umstände vorzunehmen. Dies berechtigt jedoch mangels entsprechender gesetzlicher Grundlagen die Behörde nicht, statt eigener Erhebungen im Handelsregister Zweifelsfragen als Formmängel zu behandeln und vom Gesetz nicht vorgesehene Formvorschriften aufzustellen.
Da die Behörde danach zu Unrecht die Nichteinhaltung des Verbesserungsauftrages in gesetzlichem Umfang annahm und dadurch zu einer Zurückweisung der Berufung kam, belastete sie ihren Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhalts. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 542/1977. Ersatz von Stempelgebühren war jedoch nur im notwendigen Ausmaß (2 x S 70,-- für die Beschwerde und 7 x S 20,-- für die vorzulegenden Beilagen) zuzusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 10311 A/1980; |
Schlagworte | Formerfordernisse Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung Beginn Vertretungsbefugnis Vollmachtserteilung Verbesserungsauftrag Formgebrechen behebbare Unterschrift |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1980001551.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-55257