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VwGH 06.03.1973, 1538/72

VwGH 06.03.1973, 1538/72

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
MRK
StGG Art2
StGG Art5
VVG §10 Abs2
RS 1
Ebenso wenig wie im Vollstreckungsverfahren die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Titelbescheides aufgerollt werden kann (Hinweis auf E vom , Zl. 1273/54, VwSlg. 4057 A/1956), kann auch nicht die Vollstreckung mit der Behauptung bekämpft werden, die zu vollstreckende Verpflichtung widerspreche den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten zum Schutze des Eigentums und der Menschenrechtskonvention.
Normen
MRKZP 01te Art1 Abs2
VVG §5
RS 2
§ 5 VVG widerspricht nicht der Menschenrechtskonvention.
Normen
BauRallg
VVG §5 Abs1
VwRallg
RS 3
Die Verpflichtung zur Grundabtretung (hier: in einer Widmungsbewilligung (Parzellierungsgenehmigung) enthaltene Auflage zur Abtretung von Straßengrund) ist eine Leistung, die nur durch Androhung und Verhängung von Zwangsstrafen vollstreckt werden kann (mit ausführlicher Begründung in Widerlegung des Beschwerdevorbringens).
Norm
VVG §2 Abs1
RS 4
Das VVG enthält keine Bestimmung, die der Vollstreckung einer bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung für jenen Fall entgegenstünde, daß zur Herstellung des aufgetragenen Zustandes im Endergebnis irgendwelche andere Möglichkeiten bestehen.
Norm
VVG §2 Abs1
RS 5
§ 2 Abs 1 VVG bezieht sich nur auf die Auswahl der in diesem Gesetz vorgesehenen Zwangsmittel, kann jedoch nicht dazu herangezogen werden, um eine Vollstreckung überhaupt als unzulässig ansehen zu können.
Normen
VVG §10 Abs2 lita
VVG §5 Abs2
RS 6
Die Einräumung einer unangemessen kurzen Paritionsfrist anläßlich der Androhung einer Zwangsstrafe macht deren Verhängung unzulässig und ist vom Verpflichteten in der Berufung gegen die Verhängung der Zwangsstrafe als Berufungsgrund nach § 10 Abs 2 lit a VVG 1950 geltend zu machen; setzt sich die Berufungsbehörde mit einem derartigen Vorbringen nicht auseinander, so ist ihr Bescheid inhaltlich rechtswidrig.
Norm
VVG §5 Abs2
RS 7
Die Einräumung der Paritionsfrist zielt darauf ab, dem verpflichteten die Möglichkeit zu eröffnen, durch Nachholung der versäumten Handlung der Vollstreckung zu entgehen; daher muß die Paritionsfrist so bemessen werden, daß sie - bei unverzüglichem Tätigwerden ab Zustellung der Androhung der Vollstreckung - zur Erbringung der geschuldeten Leistung ausreicht, wobei es nicht darauf ankommt, ob dem Verpflichteten allenfalls vor Einleitung der Vollstreckung genügend Zeit zur Verfügung stand, um die Verpflichtung zu erfüllen.
Norm
VVG §10 Abs2 lita
RS 8
Der Berufungsgrund der Unzuläßigkeit der Vollstreckung ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Verpflichtete behauptet, daß die Voraussetzungen für eine Vollstreckung nicht gegeben sind. Dieses Vorbringen ist von der Behörde auf seine sachliche Richtigkeit zu prüfen. (Die Unterlassung dieser - sachlichen - Prüfung bewirkt Rechtswidrigkeit des Inhaltes)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0474/66 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Striebl und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Leibrecht, Dr. Hrdlicka und Dr. Straßmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Universitätsassistentin Dr. Stadler, über die Beschwerde des Dr. MB, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , GZ. 3-338 Bo 2/2-1972, betreffend die Verhängung von Zwangsstrafen zur Durchsetzung einer baurechtlichen Verpflichtung zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Graz hatte am , Zl.: A 17-2077/1-1955, an den Beschwerdeführer einen Bescheid erlassen, dessen Spruch gelautet hatte: „Auf Grund des Ergebnisses der Augenscheinsverhandlung vom wird mit Beschluß des Stadtrates vom heutigen Tage gemäß §§ 1 und 13 ff der Bauordnung für die Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 20/1881, in Verbindung mit § 2 des Gesetzes vom , LGBl. Nr. 15, betreffend die Flächennutzungs- und Bebauungspläne im Lande Steiermark, die Widmungsbewilligung und die Bewilligung zur plan- und befundgemäßen Ausführung des Bauvorhabens (eines Wohnhauses) unter den in der beiliegenden Verhandlungsschrift angeführten Bedingungen erteilt. Die Verhandlungsschrift mit einer genehmigten Ausfertigung des Widmungs- und Bauplanes bildet einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides.“ Dem Bescheid war eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift vom angeschlossen, in welcher unter „A. Widmung: ... II. Gutachten ... 2.) Grundabtretung - Straßenherstellung“ ausgeführt war: „... d) Der vor die Regulierungslinie fallende Grundstreifen im Ausmaß von 132 m2 (Parz. 1469/3) ist e) als eigene Parzelle ausgeschieden und sofort kostenlos und lastenfrei in das öffentliche Gut auszuscheiden. Bis dahin ist diese ausgeschiedene Parzelle auf Kosten des Widmungswerbers bzw. dessen Rechtsnachfolgers fahrbar zu erhalten ...“

Am erließ der Magistrat Graz zu Zl. A 17-K 10.343/2-1972 an den Beschwerdeführer folgende „Androhung einer Zwangsstrafe: Auf Grund des Bescheides des Magistrates Graz, Baurechtsamt, vom , GZ.: A 17-2077/1-1955, sind Sie zu folgender Handlung verpflichtet, die wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit sich durch einen Dritten nicht bewerkstelligen läßt. Der vor die Regulierungslinie fallende Grundstreifen im Ausmaß von 132 m2 (Parz. 1469/3) ist kostenlos und lastenfrei in das öffentliche Gut auszuscheiden. Da Sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind, wird Ihnen gemäß § 5 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950, BGBl. Nr. 172, aufgetragen, bis zum dem oben angeführten Auftrag zu entsprechen, widrigens über Sie als Zwangsmittel eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt wird.“ Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt. Der Beschwerdeführer erhob dagegen die Berufung; diese wurde mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , GZ.: 3-338 Bo 2/1-1972, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 10 Abs. 1 VVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.

Am erließ der Magistrat Graz zu Zl. A 17-K 10.343/4-1972 an den Beschwerdeführer folgende Erledigung: „Verhängung einer Zwangsstrafe. Da Sie dem mit Bescheid vom , GZ.: A 17-2077/1-1955, erteilten Auftrag ... nicht nachgekommen sind, wird über Sie die angedrohte Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt. Zugleich wird Ihnen gemäß § 5 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes neuerlich aufgetragen, bis. zum dem oben angeführten Auftrag zu entsprechen, widrigens über Sie als Zwangsmittel eine weitere Geldstrafe von S 2.000,-- verhängt werden wird.“

Hiegegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche im wesentlichen, wie folgt, ausgeführt war: Die gesetzwidrigerweise mit der Baubewilligung verbundene Auflage stelle eine „kostenlose Entscheidungsmaßnahme“ (gemeint offenbar: entschädigungslose Enteignung) dar. Im „Bescheid“ vom sei von einer - im übrigen unzuständigen - Abteilung des Magistrates in aktenwidriger Weise festgestellt worden, im Titelbescheid sei die sofortige kostenlose und lastenfreie „Ausschöpfung“ (gemeint offenbar: Ausscheidung) angeordnet worden; in Wahrheit sei im Bescheid vom überhaupt keine Frist gesetzt worden. Bei Bewilligung eines Baudarlehens könne auch eine Fristsetzung gar nicht erfolgen, zumal eine Lastenfreistellung nur mit Zustimmung des Hypothekargläubigers möglich wäre. Bei Androhung der Zwangsstrafe für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung bis zum sei nicht berücksichtigt worden, daß die Lastenfreistellung und die grundbücherliche Durchführung in einer derart unangemessen kurzen Zeit gar nicht möglich wären und es sei auch nicht die nach § 2 VVG anzuwendende gelindeste „Strafe“ ausgesprochen worden. Im übrigen sei die geforderte Rechtshandlung im Wege des Vermessungsamtes mittels Anmeldungsbogens zu bewerkstelligen. Schließlich stehe die seinerzeit vorgeschriebene Auflage mit den nunmehr geltenden Gesetzen und der dazu erflossenen Rechtsprechung in Widerspruch.

Am ersuchte der Beschwerdeführer um eine Fristerstreckung bis , weil ihm bis eine Lastenfreistellung, die Beschaffung der entsprechenden Urkunden und die grundbücherliche Durchführung unmöglich seien. Dieses Ansuchen wurde nicht erledigt.

Nach Feststellung, daß von der Widmungsbewilligung durch die Errichtung eines Wohnhauses Gebrauch gemacht wurde, erließ der Grazer Magistrat am zu GZ.: A 17-K 10.343/6-1972 an den Beschwerdeführer folgendes weitere Schriftstück: „Verhängung einer Zwangsstrafe. Da Sie dem mit Bescheid vom , GZ.: A 17-2077/1-1955, erteilten Auftrag ..... nicht nachgekommen sind, wird über Sie die angedrohte Geldstrafe von S 2.000,-- verhängt. Zugleich wird Ihnen gemäß § 5 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes neuerlich aufgetragen, bis zum dem oben angeführten Auftrag zu entsprechen, widrigens über Sie als Zwangsmittel eine weitere Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt werden wird.“ Auch dagegen berief der Beschwerdeführer, und zwar im wesentlichen mit derselben Begründung wie gegen die Verhängung der Zwangsstrafe mit dem Bescheid vom ; überdies machte er geltend, die verhängte Zwangsstrafe sei weitaus überhöht.

Außerdem beantragte der Beschwerdeführer am neuerlich eine Fristverlängerung, und zwar bis , dies mit derselben Begründung wie seinerzeit. Auch dieses Ansuchen wurde nicht erledigt.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Bescheide des Magistrates der Stadt Graz vom und vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 VVG 1950 als unbegründet ab. Der Bescheid ist wie folgt begründet: Die sofortige kostenlose und lastenfreie Abtretung des vor der Regulierungslinie befindlichen Grundstreifens im Ausmaß von 132 m2 an das öffentliche Gut sei im rechtskräftigen Bescheid vom vorgeschrieben worden. Gemäß § 10 Abs. 2 VVG 1950 könne gegen eine Vollstreckungsverfügung nur berufen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig sei, die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimme oder wenn die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel nach dem Gesetz nicht zulässig seien oder mit § 2 VVG 1950 in Widerspruch stünden. Keiner dieser Berufungsgründe liege vor.

In der Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht vorerst geltend, die Vollstreckungsverfügung stimme mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht überein, da dieser, nämlich der vorerwähnte Bescheid vom , nicht ausspreche, daß die Ausscheidung des Grundstreifens in das öffentliche Gut sofort zu erfolgen habe. Damit ist der Beschwerdeführer nicht im Recht, weil im erwähnten Bescheid die (beigelegte) Verhandlungsschrift zu dessen Bestandteil erklärt wurde und in der Verhandlungsschrift, wie eingangs dargestellt, ausdrücklich die Verpflichtung vorgesehen war, den Grundstreifen im Ausmaß von 132 m2 „sofort kostenlos und lastenfrei in das öffentliche Gut auszuscheiden“.

Wenn der Beschwerdeführer weiters ausführt, es sei unzulässig gewesen, ihm anläßlich der Baubewilligung (richtig: anläßlich der Widmungsbewilligung) eine entschädigungslose Enteignung aufzuerlegen, so übersieht er, daß im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens keinesfalls mehr die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides (des Titelbescheides) aufgerollt werden kann, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. N.F.Nr. 1063/A, dargetan hat und woran er auch weiterhin festhält. Die Vollstreckung eines rechtskräftigen Bescheides kann auch nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens mit der Behauptung bekämpft werden, die zu vollstreckende Verpflichtung stehe mit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten zum Schutze des Eigentums, insbesondere den Bestimmungen der Art. 2 und 5 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. Nr. 142/1867 in Verbindung mit Art. 149 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes und mit der durch das Bundesverfassungsgesetz vom , BGBl. Nr. 59, Art. II Z. 7, in den Verfassungsrang erhobenen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten samt Zusatzprotokoll, BGBl. Nr. 210/1958, in Widerspruch.

Der Gerichtshof findet ferner keinen Anhaltspunkt für die Richtigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers, § 5 VVG 1950 verstoße gegen die vorzitierte Menschenrechtskonvention. Im Art I Abs. 2 des Zusatzprotokolles zu dieser Konvention ist nämlich ausdrücklich vorgesehen, daß die vorstehenden Bestimmungen (zum Schutze des Eigentums) in keiner Weise das Recht des Staates beeinträchtigen, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern, sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher zu einer Antragstellung nach Art. 140 des Bundes-Verfassungsgesetzes an den Verfassungsgerichtshof nicht bestimmt.

Der Verwaltungsgerichtshof ist auch nicht der Auffassung des Beschwerdeführers, daß die Verpflichtung zu einer Grundabtretung eine Leistung sei, welche durch einen Dritten bewerkstelligt werden könne und daher nicht durch eine Zwangsstrafe nach § 5 VVG 1950, sondern im Wege der Ersatzvornahme nach § 4 VVG 1950 zu vollstrecken sei. Die Ausscheidung einer Grundfläche aus dem Gutsbestand einer Liegenschaft und ihre Übertragung in das öffentliche Gut ist nämlich keine faktische Leistung, sondern eine Rechtshandlung, zu welcher grundsätzlich die Mitwirkung des Grundeigentümers in Form der Ausstellung einer verbücherungsfähigen Urkunde und in Form der Lastenfreistellung erforderlich ist. Da dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz eine dem § 367 der Exekutionsordnung entsprechende Bestimmung mangelt, kann die Abgabe der entsprechenden Erklärungen des Abtretungsverpflichteten, als unvertretbare Leistung, nur durch die Androhung und Verhängung von Zwangsstrafen nach § 5 VVG 1950 vollstreckt werden. Der Beschwerdeführer beruft sich in diesem Zusammenhang auch zu Unrecht auf die in § 15 ff des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930, in der Fassung der Verordnung vom , DRGBl. I S. 216, sowie der Bundesgesetze vom , BGBl. Nr. 141, vom , BGBl. Nr. 39, vom , BGBl. Nr. 166 - dieses in der Fassung der Kundmachung BGBl. Nr. 265/1961 - und vom (Vermessungsgesetz), BGBl. Nr. 306, vorgesehene Möglichkeit, bei Grundstücken bestimmter Art - unter anderem Grundstücke, die zur Herstellung, Umlegung oder Erweiterung und Erhaltung einer Straßenanlage verwendet worden sind - auf Grund eines Anmeldungsbogens der Vermessungsbehörde in einem vereinfachten, von Amts wegen durchzuführenden Verfahren (innerhalb bestimmter Wertgrenzen sogar ohne Zustimmung der Eigentümer oder der Buchgläubiger) die Grundbuchsordnung nach den Verhältnissen in der Natur herzustellen. Nach der Fassung des Titelbescheides vom und der einen Bestandteil desselben bildenden Verhandlungsschrift kann es nämlich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keinem Zweifel unterliegen, daß die als Auflage der Widmungsbewilligung vorgeschriebene Übertragung einer Grundfläche ins öffentliche Gut eine vom Widmungswerber zu erfüllende Verpflichtung ist; die amtswegige Herstellung der Grundbuchsordnung ist aber keine Erfüllung dieser Verpflichtung, wenngleich sie im Ergebnis darauf hinauslaufen mag. Es läßt sich auch keine Gesetzesbestimmung, insbesondere nicht im Verwaltungsvollstreckungsgesetz, auffinden, die der Vollstreckung einer bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung für jenen Fall entgegenstünde, daß zur Herstellung des aufgetragenen Zustandes im Endergebnis irgendwelche andere Möglichkeiten bestehen; insbesondere läßt sich solches auch nicht aus dem in § 2 Abs. 1 VVG 1950 festgelegten Schonungsprinzip ableiten, weil dieses sich nur auf die Auswahl der in diesem Gesetze vorgesehenen Zwangsmittel bezieht, jedoch nicht dazu herangezogen werden kann, um eine Vollstreckung überhaupt als unzulässig ansehen zu können. Ebensowenig kann sich der Beschwerdeführer darauf stützen, daß die in zwei Schreiben des Magistrates, welche außerhalb des Vollstreckungsverfahrens ergangen waren, vertretene Rechtsauffassung sich allenfalls als unzutreffend erweise, weil dies nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde sein kann.

Auch daß die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Androhung einer Zwangsstrafe, mangels Bescheidcharakters derselben, von der belangten Behörde mit Bescheid vom , Zl. 3-338 Bo 2/1-1972, als unzulässig zurückgewiesen wurde, kann den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belasten. Es wäre dem Beschwerdeführer lediglich freigestanden, auch gegen den vorerwähnten Bescheid die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Im übrigen ist der Gerichtshof jedoch der Auffassung, daß die belangte Behörde die Berufung gegen die Androhung der Zwangsstrafe mit Recht zurückgewiesen hat, wie gleiches im Erkenntnis vom , Slg. N.F.Nr. 6038/A, ausgesprochen und begründet wurde.

Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, es sei nicht die nach § 2 Abs. 1 VVG 1950 anzuwendende gelindeste Strafe ausgesprochen worden, ist nicht näher begründet. Der Gerichtshof kann angesichts der im § 5 VVG 1950 (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 275/1964) für jeden einzelnen Fall vorgesehenen Höchststrafe von S 10.000,-- jedenfalls nicht finden daß die belangte Behörde durch die Verhängung von Zwangsstrafen im Ausmaße eines Zehntels bzw. eines Fünftels der höchstzulässigen Strafe gegen das Schonungsprinzip (§ 2 Abs. 1 VVG 1950) verstoßen habe.

Der im Verwaltungsverfahren erhobene Einwand, die Vollstreckung des Titelbescheides sei wegen einer inzwischen eingetretenen Änderung der Rechtslage unzulässig geworden, wird in der Beschwerde nicht mehr aufrechterhalten, weshalb es entbehrlich ist, darauf näher einzugehen.

Der Beschwerdeführer hat jedoch in seiner Beschwerde auch, ebenso wie in den Berufungen gegen die beiden Bescheide, mit welchen ihm Zwangsstrafen auferlegt wurden, geltend gemacht, daß ihm die belangte Behörde bei der Androhung der Zwangsstrafen eine unangemessen kurze Frist gesetzt und seine Fristerstreckungsanträge unbeachtet und unerledigt gelassen habe, was die Vollstreckung unzulässig mache. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht; dies aus folgenden Gründen:

Gemäß § 5 Abs. 2 VVG 1950 hat die Vollstreckung (durch Zwangsstrafen) mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Saumsal zur Anwendung kommenden Nachteils zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

Im vorliegenden Falle soll die Vornahme einer Handlung vollstreckt werden. Die Vollstreckungsbehörde mußte daher nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes dem Verpflichteten anläßlich der Androhung der Zwangsstrafe zur Nachholung der versäumten Nachholung eine Frist (Paritionsfrist) setzen. Die Verpflichtung der Vollstreckungsbehörde zur Einräumung einer Frist anläßlich der Androhung der Vollstreckung hat im übrigen der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. N.F.Nr. 4057/A, selbst für den Fall der Vollstreckung einer vertretbaren Leistung durch Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG 1950, der die Setzung einer Frist nicht ausdrücklich vorsieht, als notwendig erachtet. Da die Einräumung der Paritionsfrist darauf abzielt, dem Verpflichteten die Möglichkeit zu eröffnen, durch Nachholung der versäumten Handlung der Vollstreckung zu entgehen, muß die Paritionsfrist so bemessen werden, daß sie - bei unverzüglichem Tätig werden ab Zustellung der Androhung der Vollstreckung - zur Erbringung der geschuldeten Leistung ausreicht, wobei es nicht darauf ankommt, ob dem Verpflichteten allenfalls vor Einleitung der Vollstreckung genügend Zeit zur Verfügung stand, um die Verpflichtung zu erfüllen. Wird dieser Grundsatz von der Vollstreckungsbehörde mißachtet, so ist die Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 lit. a VVG 1950, als mit dem Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses behaftet, unzulässig. Da dem Verpflichteten ein Rechtsmittel gegen die Androhung einer Zwangsstrafe, wie vorhin ausgeführt wurde, nicht offensteht, muß er die Unangemessenheit der Paritionsfrist mit Berufung gegen jenen Bescheid, mit welchem die Zwangsstrafe verhängt wurde, geltend machen, wie dies der Beschwerdeführer im vorliegenden Falle getan hat. Dies gilt auch dann, wenn die Verhängung einer Zwangsstrafe erfolglos geblieben ist und deshalb eine weitere Zwangsstrafe angedroht wird.

Wenn also der Beschwerdeführer in seinen Berufungen gegen die Verhängung der beiden Zwangsstrafen die Unangemessenheit der Paritionsfrist rügte, so machte er den Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung nach § 10 Abs. 2 lit. a VVG 1950 geltend. Die belangte Behörde hätte sich daher über sein Vorbringen nicht mit der rein formellen Begründung hinwegsetzen dürfen, es liege keiner der im § 10 Abs. 2 VVG 1950) angeführten Berufungsgründe vor, und sich damit nicht in Wahrheit einer Sachentscheidung entziehen dürfen, mag sie auch die Berufung nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen haben. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 474/66, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird, ausgesprochen hat, ist ein im Verwaltungsvollstreckungsverfahren ergangener Berufungsbescheid inhaltlich rechtswidrig, wenn nicht geprüft wurde, ob das Vorbringen einer Partei, die Vollstreckung sei unzulässig, zutrifft; daß im damals behandelten Rechtsfall die Berufung auch formell zurückgewiesen wurde, ist kein entscheidender Unterschied zum vorliegenden Beschwerdefall. Es kann nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht von vornherein angenommen werden, daß dieser, ungeachtet der objektiven Rechtswidrigkeit des Vorgehens der belangten Behörde, wegen offenkundiger Angemessenheit der gesetzten Fristen keinesfalls in seinen Rechten verletzt worden sei.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 427.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauRallg
MRK
MRKZP 01te Art1 Abs2
StGG Art2
StGG Art5
VVG §10 Abs2
VVG §10 Abs2 lita
VVG §2 Abs1
VVG §5
VVG §5 Abs1
VVG §5 Abs2
VwRallg
Sammlungsnummer
VwSlg 8378 A/1973
Schlagworte
Auflagen BauRallg7 Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1973:1972001538.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-55224