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VwGH 23.05.1969, 1531/68

VwGH 23.05.1969, 1531/68

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
WRG 1959 §29 Abs1;
RS 1
Das Wasserrechtsgesetz bietet keine Handhabe, die Kosten von Vorkehrungen nach § 29 Abs 1 dieses Gesetzes anderen als den bisher Berechtigten aufzuerlegen.
Normen
AVG §42;
WRG 1959 §29 Abs1;
RS 2
Die Feststellung der vom bisher Berechtigten im Sinne des § 29 Abs 1 zu treffenden Vorkehrungen stellt keine Maßnahme dar, der vom Betroffenen wirksam zugestimmt oder nicht zugestimmt werden könnte. Es kann mithin insofern auch nicht Präklusion nach § 42 AVG 1950 eintreten.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strau und die Hofräte Penzinger, Dr. Knoll, Dr. Leibrecht und Dr. Schima als Richter, im Beisein des Schriftführers prov. Landesregierungskommissär Dr. Traxler, über die Beschwerde der MH, der ER und der ME, alle in A, vertreten durch Dr. Leo Lang, Rechtsanwalt in Wien I, Canovagasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 67.505-I/1/68, betreffend Vorkehrungen aus Anlass des Erlöschens eines Wasserrechtes, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Leo Lang, und des Vertreters der belangten Behörde, Ministerialkommissärs Dr. ES, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 263,34 (zusammen S 790,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei einer durch die Bezirkshauptmannschaft Mödling am abgehaltenen örtlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass sich die mit der Wasserkraftanlage der Beschwerdeführerinnen in Achau (eingetragen in Postzahl 295 des Wasserbuches Mödling) verbundene Schleuse ("Johannesschleuse") in einem desolaten Zustand befinde. Als letztmalige Vorkehrungen, die nach der Vorschrift des § 29 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215 (WRG 1959), für den Fall des Erlöschens des Wasserrechtes anzuordnen wären, stellte der Amtssachverständige fest:

"1.)

die Johannesschleuse ist zur Gänze zu entfernen,

2.)

das Bachbett ist vom Mödlingbach bis zur Einmündung des Krottenbaches letztmalig zu räumen (ca. 1 m Tiefe),

3.) der Eisenrechen und das Wasserrad bei der Radstube sind zu entfernen,

4.) die Radstube ist zur Gänze samt den Fundamenten zu entfernen, soweit sie nicht rechts und links als Ufersicherung dienen."

Der Vertreter der Beschwerdeführerinnen erklärte "nach Kenntnisnahme" dieser Vorschreibung, auf das Wasserrecht zu verzichten. In der Folge brachten die Beschwerdeführerinnen aber ein Gesuch ein, worin sie begehrten, den Rechtsverzicht zur Kenntnis zu nehmen und die vorhandene Anlage (Johannesschleuse und die Uferbefestigung im Mühlenbereich) im derzeitigen Zustand "für uns kostenlos zu übernehmen". Sie seien ohne Barmittel und könnten auch keinen Kredit erlangen. Sie verdeutlichten dies am bei einer mündlichen Vorsprache dahin, dass die Punkte 1, 3 und 4 der beabsichtigten Vorschreibungen erfüllt würden, dass sie aber wirtschaftlich außer Stande seien, die in Punkt 2.) vorgesehene Bachbetträumung auszuführen.

Bei einer weiteren Ortsverhandlung () wurde festgestellt, dass eine völlige Beseitigung der Schleuse zu einer Trockenlegung des Schwechat-Werksbaches führen würde, weshalb an Stelle der Schleuse ein starrer Wehrkörper aus Beton errichtet werden und das Gerinne dieses Werksbaches auf 50 cm geräumt werden sollte. Der Bürgermeister der Gemeinde Achau erklärte die Bereitschaft der Gemeinde, die Schleuse - falls den Beschwerdeführerinnen die Wiederinstandsetzung vorgeschrieben würde - nach Wiederinstandsetzung in ihre Erhaltung zu übernehmen, nicht aber das anschließende Werksbachgerinne. Die Beschwerdeführerinnen brachten vor, dass die in den Jahren 1952/53 vorgenommene Regulierung des Mödlingbaches zu einer übermäßigen hydraulischen Beanspruchung der Wehranlage geführt habe, sodass diese in kurzer Zeit weitgehend beschädigt gewesen sei. Darüber hinaus sei eine noch nie da gewesene Anlandung im Oberlauf und Unterlauf des Schwechat-Werksbaches bewirkt worden. Für diese nachteiligen Einflüsse müssten die Beschwerdeführerinnen im Sinne des § 26 Abs. 2 WRG 1959 entschädigt werden.

Mit Bescheid vom stellte die Bezirkshauptmannschaft Mödling unter Bezugnahme auf § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 fest, dass das gegenständliche Wasserrecht mit dem erloschen sei. Gleichzeitig schrieb sie gemäß § 29 Abs. 1 desselben Gesetzes den Beschwerdeführerinnen vor, folgende Maßnahmen als letztmalige Vorkehrungen durchzuführen:

"1.) Die Schleusenanlage (Johannesschleuse) ist zu sanieren bzw. in ihren konsensmäßigen Zustand zu versetzen.

2.) Das Bachbett ist vom Mödlingbach bis zur Einmündung des Krottenbaches letztmalig zu räumen (ca. 1 m Tiefe).

3.) Der Eisenrechen und das Wasserrad bei der Radstube sind zu entfernen.

4.) Die Radstube ist zur Gänze samt den Fundamenten zu entfernen, soweit sie nicht rechts und links als Ufersicherung dienen."

Die Beschwerdeführerinnen erhoben Berufung und brachten vor, dass auf ihre Vermögenslage trotz des diesbezüglichen besonderen Ansuchens keine Rücksicht genommen worden sei. Des weiteren seien die Schadensfolgen der Mödlingbachregulierung nicht berücksichtigt worden, obwohl die nachteiligen Veränderungen im Bachregime und in dessen Folge an der fraglichen Anlage durch die Regulierung zustandegekommen seien und daher den Urhebern dieser Regulierung anzulasten gewesen wären. Die Tiefe der vorzunehmenden Räumung sei eine "willkürlich hohe Forderung".

Das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung führte am eine örtliche Berufungsverhandlung durch. Bei dieser Verhandlung wurde vom Amtssachverständigen festgestellt, dass der Eisenrechen und das Wasserrad bereits abgetragen und das Werksgerinne auf eine Länge von ca. 180 m durch die Gemeinde Achau geräumt worden sei. An der Schleuse seien Veränderungen infolge einer im Jänner 1968 erfolgten Sprengung eines Eisstoßes wahrzunehmen. Eine Sanierung bzw. Herstellung des konsensmäßigen Zustandes der Schleuse (Vorschreibung Punkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides) sei im Hinblick auf die Tatsache, dass dieses Gerinne nur mehr der Hochwasserentlastung zu dienen habe, nicht erforderlich. Durch das letzte Hochwasser habe sich "das Sohlenregime des Mödlingbaches im Bereiche der Johannesschleuse so weit konsolidiert, dass durch eine entsprechende Absicherung des Bachbettes in der jetzigen Sohlhöhe durch Sicherungen (wie z.B. Steinwurf mit ungefähr einer Tonne pro Stück) im Hinblick auf die öffentlichen Interessen und den Schutz fremder Rechte technisch das Auslangen zu finden" sei. Die Bedingung 1.) sei daher entsprechend abzuändern. Die Bedingung 2.) werde bezüglich der Notwendigkeit der Räumung bestätigt und sollte abgeändert werden wie folgt: "Das Bachbett ist vom Mödlingbach bis zur Einmündung des Krottenbaches entsprechend auf eine Mindestbreite von sechs Metern zu räumen, und zwar so, dass vom Auslauf der ehemaligen Radstube bis zum Krottenbach ein mittlerer Wasserstand von ca. 40 cm gehalten werden kann. Dasselbe Maß ist auch bei der Räumung werkaufwärts zur Johannesschleuse einzuhalten. "Der Vertreter der Beschwerdeführerinnen erklärte, der geänderten Fassung der Bedingung 1.) zuzustimmen. Doch werde es als sinnvoll erachtet, dass die Einbringung des Steinwurfes durch die Gemeinde Achau erfolge, damit die Einbringung den Anforderungen der Gemeinde entspreche. Auch der Bedingung 2.) werde zugestimmt, und auch hier hielten es die Beschwerdeführerinnen für zweckmäßig, wenn die Durchführung der Räumung durch die Gemeinde Achau erfolge und von dieser 50 % der Kosten übernommen würden. Die Beschwerdeführerinnen würden sich wegen einer solchen Kostenaufteilung und der Übernahme der Bau- bzw. Räumungsarbeiten mit der Gemeinde Achau ins Einvernehmen setzen". Dazu äußerte der Gemeindevertreter, dass sich der Gemeinderat mit diesen Fragen zu befassen haben werde. Die Gemeinde beantrage die Überlassung der Schleusenanlage nach Durchführung der angeordneten Vorkehrungen.

Mit dem Bescheid vom änderte der Landeshauptmann von Niederösterreich die vorinstanzliche Entscheidung bezüglich der unter Punkten 1.) und 2.) erlassenen Vorschreibungen im Sinne der vorstehend bereits beschriebenen Vorschläge des Amtssachverständigen ab und setzte für die Ausführung den als Endtermin. Im übrigen wurde der vorinstanzliche Bescheid aufrechterhalten. In der beigegebenen Begründung wurde darauf verwiesen, dass sich die Berufung der Beschwerdeführerinnen nur mit den Vorkehrungen zu Punkt 1.) und

2.) des bekämpften Bescheides befasst habe und dass diese Vorschreibungen auf der Grundlage des fortgesetzten Ermittlungsverfahrens und des Ergebnisses der darin niedergelegten Begutachtung des Amtssachverständigen neu zu fassen gewesen seien. Dabei sei berücksichtigt worden, dass der abtretende Wasserberechtigte nur insoweit zur Beseitigung seiner (zerstörten) Anlage verpflichtet werden könne, als Schäden für Dritte zu gewärtigen wären. Im übrigen sei dem Ergebnis der Berufungsverhandlung allseits zugestimmt worden.

Auch dagegen richtete sich eine Berufung der Beschwerdeführerinnen. Sie hätten in der Berufungsverhandlung zu den geforderten Maßnahmen wohl ihre Zustimmung erteilt, doch nur im Vertrauen darauf, dass mindestens die halben Kosten durch die Gemeinde als nachfolgende Nutznießerin des Gerinnes übernommen würden. Nunmehr habe aber die Gemeinde mitgeteilt, dass ein diesbezüglicher Gemeinderatsbeschluss noch nicht vorliege, sodass die Beschwerdeführerinnen angesichts des Ablaufes der Berufungsfrist gezwungen seien, die Übernahme der gesamten Kosten abzulehnen und zu begehren, ihrer Berufung in vollem Umfange stattzugeben.

Dieser Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht Folge. Die Beschwerde, mit der diesem Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angelastet wird, konnte aus folgenden Erwägungen nicht als begründet befunden werden:

Angesichts des Erlöschens des Wasserbenützungsrechtes der Beschwerdeführerinnen war die Wasserrechtsbehörde gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 verpflichtet, auszusprechen, ob und inwieweit die Beschwerdeführerinnen aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen angemessener Frist ihre Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art sie die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen haben. Im Hinblick auf die Hochwasserereignisse, die nach dem in erster Instanz abgeführten Verfahren im Bereiche der Anlage der Beschwerdeführerinnen aufgetreten waren, war es notwendig geworden, den Sachverhalt neu zu überprüfen und auf Grund dieser Überprüfung die aus sachverständiger Warte als unerlässlich befundenen Vorkehrungen den Beschwerdeführerinnen aufzutragen. Einer Zustimmung der Beschwerdeführerinnen zu diesen Aufträgen bedurfte es entgegen der diesbezüglich in der Beschwerde vertretenen Rechtsmeinung angesichts des in § 29 Abs. 1 WRG 1959 verankerten Gesetzesbefehles nicht. Sie konnten wohl einwenden, dass der aufgenommene Sachverständigenbeweis unzureichend oder das Gutachten des Amtssachverständigen unschlüssig sei, haben dies aber nicht getan, sondern der Behörde angelastet, die Frage der Zumutbarkeit der Kostentragung und die Frage einer Kostenübernahme durch die Gemeinde Achau bzw. durch die für die seinerzeitige Gewässerregulierung als verantwortlich zu Bezeichnenden nicht hinreichend beachtet zu haben.

Die Beschwerdeführerinnen haben dabei übersehen, dass es der belangten Behörde keineswegs auferlegt war, die Frage der Kostentragung in solchem Sinn zu behandeln oder zu lösen, weil die allein maßgebliche Vorschrift des § 29 WRG 1959 ausschließlich von Vorkehrungen handelt, zu denen die bisher Berechtigten zu verhalten sind, woraus folgt, dass die danach Verpflichteten auch die dafür aufzuwendenden Kosten (jedenfalls für den Bereich der wasserrechtlichen Regelung dieser Materie) zu tragen haben. Wenn die Beschwerdeführerinnen daher der Meinung sind, dass die Kosten dieser Vorkehrungen durch andere Personen mitzutragen wären, dann muss es ihnen überlassen bleiben, eine solche im Wasserrechtsgesetz nicht erfasste Forderung im Rechtswege durchzusetzen (§ 1 J.N.). Es ist auch nicht zu ersehen, welchem Rechtsvorteil der Beschwerdeführerinnen es hätte dienen sollen, wenn nach ihrem Wunsch auch Vertreter der Österreichischen Bundesbahnen und des Magistrates der Stadt Wien zur mündlichen Verhandlung geladen worden wären. All dies hätte ja an der alleinigen Verpflichtung der Beschwerdeführerinnen, die ihnen aufgetragenen Vorkehrungen zu erfüllen, nichts zu ändern vermocht.

Die belangte Behörde hat ihre abweisliche Entscheidung auf die Annahme gegründet, dass die Beschwerdeführerinnen anlässlich der mündlichen Verhandlung den von beiden Amtssachverständigen neu formulierten Bedingungen ihre Zustimmung erteilt hätten und daher mit ihrem Berufungsvorbringen, das diese Zustimmung als nicht uneingeschränkt erklärt habe, gemäß § 42 AVG 1950 als präkludiert anzusehen seien. Wohl kann dieser Rechtsauffassung nicht beigetreten werden, denn die Beschwerdeführerinnen durften nicht als Parteien angesehen werden, die einer von der Wasserrechtsbehörde gemäß § 29 Abs. 1 vorzukehrenden Maßnahme mit "Einwendungen" im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG 1950 entgegentreten konnten.

Das "Vorhaben" der Wasserrechtsbehörde gründete sich ja auf das gesetzliche Gebot, die vom Wasserberechtigten durchzuführenden Vorkehrungen festzustellen und ihm zur Durchführung aufzutragen, also um keine Maßnahme, der von den Betroffenen wirksam zugestimmt oder nicht zugestimmt werden könnte. Die gestellte Aufgabe bestand vielmehr darin, unter Beiziehung der Parteien durch Sachverständige Notwendigkeit und Art der mehrmals erwähnten Vorkehrungen klarzustellen. Es musste den Beschwerdeführerinnen deshalb grundsätzlich freistehen, gegen die bescheidmäßige Vorschreibung der Vorkehrungen ins Treffen zu führen, dass dabei ihre aus Anlass der mündlichen Verhandlung gemachten Vorbehalte nicht berücksichtigt worden seien. Dennoch entspricht die angefochtene Entscheidung der Rechtslage, weil - wie oben bereits dargelegt - das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen keinesfalls dazu angetan sein konnte, das durchgeführte Ermittlungsverfahren als unzureichend und die getroffene Entscheidung als rechtswidrig zu kennzeichnen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen. Antragsgemäß war den Beschwerdeführerinnen laut §§ 48 Abs. 2 lit. a, b, d und 53 Abs. 1 (letzter Satz) VwGG 1965, weiters nach Art. I Z. 4 bis 6 der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965 der Ersatz von je S 263,34 (zusammen S 790,--) an den Bund aufzuerlegen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §42;
WRG 1959 §29 Abs1;
Sammlungsnummer
VwSlg 7576 A/1969
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1969:1968001531.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-55206