VwGH 19.12.1966, 1523/65
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | BauO Wr §17 |
RS 1 | Ausführungen dahingehend, dass die Änderung des Bebauungsplanes nur dann von Einfluss auf den Rechtsbestand einer rechtskräftig auferlegten Verpflichtung zur Übergabe künftigen Straßengrundes in den Besitz der Gemeinde sein kann, wenn die Änderung die Widmung der zu übergebenden Grundflächen als Verkehrsfläche betrifft. Weiters Ausführungen zur Frage der Erfüllungsfrist einer derartigen Verpflichtung. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofrate Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Rath und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers Wetzelsberger, über die Beschwerde des FL und der GB, beide in W, beide vertreten durch Dr. Hans Proksch, Rechtsanwalt in Wien III, Untere Viaduktgasse 55/11, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid des Wiener Magistrates im selbständigen Wirkungsbereich vom , Zl. MDR-B XIV-11/65), betreffend Auftrag zur Straßengrundübergabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Gemeinde Wien Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer ist Eigentümer der in Wien XIV. an der M Gasse gelegenen Liegenschaften EZ. 1964 und 1965 des Grundbuches der Katastralgemeinde P. Die gegenüber an der anderen Front der M Gasse gelegene Liegenschaft EZ 1972 desselben Grundbuches steht im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin. Die Schaffung der dem Gutsbestande dieser Grundbuchskörper angehörigen Grundstücke Nr. 307/20, 307/21 und 307/34 erfolgte nach der Aktenlage im Zug einer Abteilung des betreffenden Gebietes auf Bauplätze, die mit dem - durch die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer im Eigentum dieser Liegenschaften erwirkten - Bescheid vom baubehördlich genehmigt worden war. In diesen Bescheid war die Verpflichtung aufgenommen worden, auf jenen Straßengrundflächen, die aus Anlaß der Bauplatzschaffung in Erfüllung der Abtretungspflicht (§ 17 Abs. 1 der Bauordnung für Wien) in das öffentliche Gut übertragen worden waren, über Auftrag der Behörde die festgesetzte Höhenlage herzustellen und sie in den physischen Besitz der Stadt Wien zu übergeben.
Mit zwei Bescheiden des Wiener Magistrates vom wurde die oben umschriebene Verpflichtung fällig gestellt und den Beschwerdeführern aufgetragen, die vor ihren Bauplätzen gelegenen Teile des Grundstückes 307/52, vorgetragen im Verzeichnis des öffentlichen Gutes im bauordnungsmäßigen Ausmaß in der festgesetzten Höhenlage binnen einer Frist von 14 Wochen in den physischen Besitz der Gemeinde Wien (M. Abt. 28) vollkommen geräumt zu übergeben. Des weiteren wurde in beiden Bescheiden angekündigt, daß die festgesetzte Höhenlage über Antrag durch die Magistratsabteilung 28 gesondert werde bekanntgegeben werden. Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide gemeinsam Berufung. In Ausführung ihres Rechtsmittels brachten sie im wesentlichen vor, der Bescheid vom , auf den sich der Magistrat berufe, gehöre dem Rechtsbestand nicht mehr an, da die ihm zugrunde liegende Entschließung des Bürgermeisters vom nicht durchgeführt worden und überdies spätere Bescheide ergangen seien, die den Inhalt des seinerzeitigen Abteilungsbescheides als überholt erscheinen ließen.
Mit Sitzungsbeschluß vom bestätigte die Baubehörde für Wien die beiden Magistratsbescheide gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Abänderung, daß das Ausmaß der zu übergebenden Flächen durch Beifügung der Worte „bis zur Straßenachse“ näher präzisiert und die in Aussicht gestellte gesonderte Bekanntgabe der Höhenläge nicht mehr von einem darauf gerichteten Antrag abhängig gemacht wurde. In der Begründung des in Ausfertigung dieses Sitzungsbeschlusses ergangenen Magistratsbescheides vom selben Tag ist ausgeführte, die in der Berufung bezogene Entschließung des Bürgermeisters habe lediglich festgelegt, daß - bei sonstigem Außerkraftreten des einen Bestandteil der Entschließung bildenden Bebauungsplanes sowie eines nicht näher spezifizierten Übereinkommens - innerhalb Jahresfrist um die Genehmigung der Abteilung anzusuchen und diese Abteilung sodann innerhalb der gesetzlichen Gültigkeitsdauer der Genehmigung (§ 20 der Bauordnung für Wien) bücherlich durchzuführen sei. Mit dem Bescheid vom sei sodann die Grundteilung genehmigt und mit Beschluß des Grundbuchsgerichtes vom 12. September desselben Jahres im Grundbuch durchgeführt worden. Bei dieser Sachlage könne von einem Außerkrafttreten des Bebauungsplanes nicht die Rede sein. Im übrigen sei von der rechtskräftigen Abteilungsbewilligung Gebrauch gemacht und die Teilung fristgerecht verbüchert worden. Die den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführer im Genehmigungsbescheid auferlegten Verpflichtungen bestünden daher, und zwar zufolge ihrer sich aus § 129 b der Bauordnung für Wien ergebenden dinglichen Wirkung auch gegenüber den Beschwerdeführern, unverändert fort. Die in den Jahren 1952 und 1961 erlassenen Baubewilligungsbescheide könnten, da sie einen völlig anderen Sachverhalt zum Gegenstande hätten, die durch die Beschwerdeführer behauptete Aufhebung ihrer Verpflichtungen nicht bewirken.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Vor dem Verwaltungsgerichtshof ist ein Bescheid angefochten, mit welchem die Beschwerdeführer verhalten wurden, eine ihnen nach der Annahme der belangten Behörde rechtskräftig auferlegte, jedoch hinsichtlich ihrer Fälligkeit von der Erteilung eines zusätzlichen behördlichen Auftrages abhängige Verpflichtung zu erfüllen. Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit könnte sich demnach entweder daraus ergeben, daß die belangte Behörde fälschlich oder auf der Grundlage eines mangelhaften Verfahrens vom Vorliegen einer rechtskräftigen Verpflichtung ausgegangen ist, oder aber darin gelegen sein, daß die Erfüllungsfrist in Verletzung der Vorschrift des § 59 Abs. 2 AVG nicht angemessen festgesetzt worden ist.
Die Beschwerdeführer haben ihren Angriff gegen den in Beschwerde gezogenen Bescheid in beiden Richtungen geführt: Sie halten Rechtskraft für nicht oder doch nicht mehr gegeben und rügen die Erfüllungsfrist als unzureichend. Ihre Auffassung, die Übergabepflicht treffe sie nicht mehr, begründen die Beschwerdeführer zunächst mit der Tatsachenbehauptung, jene Grundflächen, deren Übergabe von ihnen gefordert werde, befänden sich bereits im physischen Besitz der Stadt Wien. Auf der Ebene der Verwaltungsbehörden haben indes die Beschwerdeführer dergleichen niemals behauptet, weshalb sich der Gerichtshof, der den angefochtenen Bescheid auf Grund des durch die belangte Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen hatte (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG 1965), mit diesem Vorbringen nicht weiter befassen kann.
Des weiteren wollen die Beschwerdeführer, so muß ihr wenig übersichtliches Beschwerdevorbringen rechtlich gewertet werden, Bescheiden, die nach Erfließen des sie verpflichtenden Bescheides ex 1936 erlassen worden sind, eine derogatorische Kraft zuerkannt wissen. Auch damit sind sie aber nicht im Recht. Bei diesen Bescheiden soll es sich einerseits um ihnen bzw. ihren Rechtsvorgängern erteilte Baubewilligungen, andererseits um einen im Jahre 1961 ergangenen, eine Nachbarliegenschaft betreffenden Baubewilligungsbescheid handeln, mit dem den damaligen Bauwerbern die Verpflichtung zur Herstellung eines befestigten Zuganges auferlegt worden ist. Inwiefern diese, dem Bescheid ex 1936 nachgefolgten Verwaltungsakte an dessen Rechtsbestand etwas geändert haben sollen, ist nicht erkennbar und haben auch die Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen vermocht.
Schließlich suchen die Beschwerdeführer den Untergang der 1936 gegenüber ihren Rechtsvorgängern festgelegten Verpflichtungen mit dem Hinweis auf eine mittlerweile eingetretene Änderung des Bebauungsplanes sowie auf das nach ihrer Auffassung erfolgte Außerkrafttreten der oben erwähnten Entschließung des Bürgermeisters und der dort festgelegten Bebauungsbestimmungen zu begründen. Den Beschwerdeführern ist einzuräumen, daß eine Änderung des Bebauungsplanes bzw. der mit der Entschließung des Bürgermeisters vom festgesetzten Bebauungsbestimmungen an sich von Einfluß auf den Rechtsbestand des sie verpflichtenden Abteilungsgenehmigungsbescheides vom und damit auch der mit dem angefochtenen Bescheid fälliggestellten Verpflichtung selbst sein könnte; dies jedoch nur dann, wenn diese Änderung die Widmung jener Grundflächen beträfe, um deren Übergabe in den Besitz der Stadt Wien es sich handelt. Würde also etwa der neue Bebauungsplan die Auflassung oder Umgestaltung der künftigen M Gasse im Bereiche der Liegenschaften der Beschwerdeführer vorsehen, so wäre eine Verringerung oder sogar der Untergang der Verpflichtung zur Übergabe und Herstellung der Höhenlage denkbar. Daß ein solcher Sachverhalt gegeben sei, haben aber die Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die belangte Behörde bei Beurteilung der Frage der Rechtskraft keinem Rechtsirrtum erlegen ist.
Größeres Gewicht als dem bisher behandelten Beschwerdevorbringen kommt der durch die Beschwerdeführer an der Fristbemessung geübten Kritik zu. Nähme man nämlich den betreffenden Abspruch des angefochtenen Bescheides wörtlich, so könnte sich die - an sich durchaus angemessene - Frist von 14 Wochen in der Tat, und zwar dann als unzureichend erweisen, wenn die Bekanntgabe der festgesetzten Höhenlage, also ein außerhalb der Willenssphäre des Beschwerdeführers liegendes, jedoch für die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen in der festgesetzten Form notwendiges Ereignis, infolge Säumigkeit der damit befaßten Magistratsdienststelle so lange auf sich warten ließe, daß die dann noch verbleibende Frist technisch nicht ausreichte, die zur Herstellung der Höhenlage erforderlichen Erdbewegungen vorzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch der Auffassung, daß eine solche Deutung der Fristbemessung ungeachtet ihres Wortlautes nicht zwingend geboten ist, sondern daß sich aus dem Zusammenhang auf die Absicht der belangten Behörde schließen läßt, den Beginn der 14-wöchigen Erfüllungsfrist mit der tatsächlichen erfolgten Bekanntgabe der Höhenlage festzusetzen. Er wertet daher den in Rede stehenden Teil des angefochtenen Bescheides in diesem Sinn und hegt, dies unterstellte dagegen keine Bedenken.
Da demnach der angefochtene Bescheid mit der geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit nicht belastet ist und die behaupteten Verfahrensmängel, da es auf die nach Auffassung der Beschwerdeführer nicht genügend geklärten Gesichtspunkte nach dem bisher Gesagten nicht ankommen konnte, der belangten Behörde nicht unterlaufen sind, war die sohin in jeder Richtung unbegründete Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG 1965 sowie auf Artikel I Abschnitt B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramte BGBl. Nr. 4/1965.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | BauO Wr §17 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1966:1965001523.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-55176