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VwGH 15.01.1962, 1493/61

VwGH 15.01.1962, 1493/61

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Eine an das Finanzamt in Erfüllung der einem Steuerpflichtigen durch § 165 lit d AusgleichsO (§ 120 BAO und § 121 BAO) auferlegten Pflicht, eingebrachte Eingabe (Pflichtmeldung) ist, wenn sie die wesentlichen Merkmale eines gebührenpflichtigen Rechtsgeschäftes wiedergibt, als Urkunde iSd § 18 Abs 4 GebG anzusehen. Auch die Mitteilung über die Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Gesellschaft nach bürgerlichen Recht an das zuständige Finanzamt, löst die Gebührenpflicht nach § 33 TP 16 GebG aus (Hinweis E , 923/57 VwSlg 1750 F/1958).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek als Schriftführer, über die Beschwerde des Georg und des Franz G in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. Ga VIII - 928/2-1961, betreffend die Gebühr von einem Gesellschaftsvertrage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer hatte am durch seinen Steuerberater seinem Betriebsfinanzamte bekanntgegeben, daß er mit seinem bisher im Dienstverhältnis (als Gehilfe) im eigenen Unternehmen tätig gewesenen Sohne, dem Zweitbeschwerdeführer, übereingekommen sei, das bisher von ihm geführte Einzelunternehmen (Maler- und Anstreichergewerbe) in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (und zwar ab ) umzuwandeln. Das Gewerbe sollte unter der Bezeichnung "Georg und Franz G." ausgeübt werden. Der Zweitbeschwerdeführer sollte am Gewinne mit 50 v. H. beteiligt sein. Eine Kapitalbeteiligung des Zweitbeschwerdeführers war jedoch "mit Rücksicht auf die Erbansprüche der anderen Geschwister" vorerst noch nicht in Aussicht genommen, da die vermögensrechtliche Auseinandersetzung einem späteren Zeitpunkte vorbehalten bleiben sollte. Der Zweitbeschwerdeführer sollte jedoch "seine fachliche Mitarbeit" in die Gesellschaft einbringen und die Durchführung der Arbeiten überwachen, während sich der Erstbeschwerdeführer auf die kaufmännische Führung des Gewerbebetriebes beschränken wollte.

Das zuständige Finanzamt erblickte in dieser Mitteilung über die Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Gesellschaft nach bürgerlichem Rechte die Beurkundung eines Gesellschaftsvertrages im Sinne des § 18 Abs. 4 des Gebührengesetzes 1946, BGBl. Nr. 184/1946, in der geltenden Fassung (im folgenden kurz mit GebG bezeichnet) und schrieb den beiden Beschwerdeführern mit Bescheid vom , ausgehend vom Einheitswerte des Betriebsvermögens in Höhe von S 38.000, gemäß § 33 TP. 16 Z. 1 lit. b GebG eine 2 %ige Rechtsgeschäftsgebühr im Betrage von S 760 sowie gemäß § 9 dieses Gesetzes eine Erhöhung im gleichen Ausmaße, somit zusammen S 1.520 vor.

Gegen diesen Abgabenbescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung und brachten vor, daß die Gesellschaft formfrei auf Grund einer mündlichen Vereinbarung ohne Ausfertigung eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages errichtet worden sei. Sie habe nur ganz kurz, und zwar in den Kalenderjahren 1957/58 bestanden und sei mit Wirkung vom aufgelöst worden. Von diesem Zeitpunkt an habe der Zweitbeschwerdeführer den Betrieb als Einzelunternehmer weitergeführt. Weil aber keine Urkunde über den Gesellschaftsvertrag errichtet worden sei, sei eine Gebühr nicht einzuheben gewesen. Das Betriebsfinanzamt habe man von der Errichtung der Gesellschaft in Kenntnis setzen müssen, da die Gründung einer solchen auch "Auswirkungen auf die Veranlagung" gehabt habe. Bei der streitigen Mitteilung habe es sich um keine Beurkundung gemäß § 18 Abs. 4 GebG gehandelt. Die Anmerkung zu § 33 TP. 16 GebG erhärte die Annahme, daß eine Meldung an das Finanzamt über die mündliche Vereinbarung einer Gesellschaftsgründung die Gebührenpflicht nicht auslösen könne. Sei aber eine Gebührenpflicht nicht entstanden, dann hätte auch eine Erhöhung nicht vorgeschrieben werden dürfen. Selbst bei Annahme der Gebührenpflicht hätte nur die feste Gebühr nach § 33 TP. 16 lit. a GebG vorgeschrieben werden können, denn der Zweitbeschwerdeführer habe nur seine Arbeitskraft in die Unternehmung eingebracht.

Mit Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde wies in der Begründung ihrer Entscheidung darauf hin, daß nach § 18 Abs. 4 GebG eine bloße Erklärung (Eingabe, Protokoll) die Gebührenschuld entstehen lasse, wenn darin ein Rechtsgeschäft erstmalig beurkundet wird. Durch diese Rechtsvorschrift seien die genannten Erklärungen den Rechtsurkunden schlechthin gleichgestellt worden. Auf den Beweggrund der Errichtung der Eingabe komme es auf dem Gebiete des Gebührenrechtes nicht an. Auch Eingaben, zu deren Einbringung eine gesetzliche Verpflichtung besteht, unterlägen der Gebührenpflicht. Werden derartige Eingaben in Abgabensachen eingebracht, habe dies lediglich zur Folge, daß sie von der Stempelgebühr nach § 14 TP. 6 Abs. 5 Z. 4 GebG 1957 (BGBl. Nr. 267/1957) ausgenommen sind. Wesentlich für die Gebührenpflicht sei nur, daß in der an das Finanzamt gerichteten Eingabe der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages schriftlich festgehalten wird und diese Eingabe geeignet ist, darüber ein Beweismittel abzugeben. Verbinden sich zwei Personen, die bisher keiner Gesellschaft angehörten, zu einer solchen, so werde eine neue Gesellschaft gegründet, bei der die Einlagen aller Gesellschafter die Bemessungsgrundlage nach § 33 TP 16 Z. 1 lit. b GebG bilden. Sowohl das Betriebsvermögen des bisherigen Alleininhabers als auch die Arbeitskraft des Zweitbeschwerdeführers bildeten die bedungenen Einlagen und von dieser Grundlage sei die Gebühr vorzuschreiben. Sei die Gebührenschuld entstanden, habe das Finanzamt auch eine Gebührenerhöhung nach § 9 GebG anfordern können.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführer bringen in ihrer Beschwerde vor, daß es sich bei ihrer Eingabe an das Finanzamt vom um eine Anzeige gehandelt habe, mit der sie das Finanzamt von der Gründung der Gesellschaft in Kenntnis setzen wollten. Dabei habe es sich aber um keine Beurkundung gemäß § 18 Abs. 4 GebG, sondern um eine stempelfreie Eingabe an eine Finanzbehörde in Abgabensachen im Sinne des § 165 d der Abgabenordnung (AO) gehandelt. Darauf ist zu erwidern, daß die Beschwerdeführer unbestrittenermaßen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts miteinander eingegangen sind. Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden, unterliegen gemäß § 33 TP. 16 GebG den dort vorgesehenen Gebühren, wenn über den Gesellschaftsvertrag eine förmliche Urkunde oder sonst ein Schriftstück ausgefertigt wird, das auf Grund der Bestimmungen des Gebührengesetzes einer Urkunde gleichzuhalten ist. Der bevollmächtigte Steuerberater des Erstbeschwerdeführers hat nun am dem zuständigen Betriebsfinanzamte gemeldet, daß die Einzelunternehmung des Erstbeschwerdeführers mit Wirkung vom in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts umgewandelt worden und daß der Zweitbeschwerdeführer als Gesellschafter in diese Gesellschaft eingetreten sei. Er hat auch mitgeteilt, daß der Zweitbeschwerdeführer mit 50 v.H. am Gewinne der Gesellschaft beteiligt sein solle, wobei aus der Eingabe auch hervorgeht, daß der Zweitbeschwerdeführer sich nur mit seiner Arbeitskraft an der Gesellschaft beteiligen würde. Gemäß § 18 Abs. 4 GebG sind auch Erklärungen (Eingaben und Protokolle), womit vor Gericht oder anderen Behörden ein Rechtsgeschäft erstmalig beurkundet wird, als Rechtsurkunden im Sinne des Gebührengesetzes anzusehen und unterliegen der für das betreffende Rechtsgeschäft vorgesehenen Gebühr. Es kann nun nicht bestritten werden, daß in der Eingabe vom die wesentlichen Einzelheiten über den zwischen den Beschwerdeführern abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag wiedergegeben worden sind und daß diese Eingabe demnach geeignet ist, als rechtsbezeugende Urkunde im Sinne der genannten Rechtsvorschrift zu dienen. Wenn die Beschwerdeführer einwenden, daß die Eingabe nichts über die Aufteilung allfälliger Verluste auf die beiden Beschwerdeführer enthalten habe, so kann das Unterbleiben einer solchen Abrede nicht als für die Gebührenbehandlung wesentliches Merkmal angesehen werden, weil es nach § 33 TP. 16 GebG nur darauf ankommt, daß sich zwei oder mehrere Personen zum gemeinsamen Erwerbe verbinden bzw. ob und inwieweit Vermögen der Gesellschaft von den Gesellschaftern gewidmet wird. Es ist auch unbestritten, daß der Gesellschaftsvertrag durch die in Streit stehende Eingabe erstmalig beurkundet wurde, sodaß diese Eingabe im Sinne des § 18 Abs. 4 GebG als Rechtsurkunde anzusehen war. Es verschlägt dabei nichts, daß diese Eingabe in Erfüllung der den Steuerpflichtigen durch § 165 lit. d AO auferlegten Pflichten eingebracht wurde, denn auch sogenannte "Pflichtmeldungen" an das Finanzamt sind, wenn sie wesentliche Merkmale eines gebührenpflichtigen Rechtsgeschäftes wiedergeben, als Urkunden im Sinne des § 18 Abs. 4 GebG anzusehen (vgl. in diesem Zusammenhange das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 1750/F/). Die Beschwerdeführer vermochten auch durch ihr weiteres Vorbringen, daß der Zweitbeschwerdeführer nur als stiller Gesellschafter in das Unternehmen des Erstbeschwerdeführers eingetreten sei, nichts für ihren Rechtsstandpunkt zu gewinnen. Denn diese Behauptung steht mit dem Inhalt ihrer Eingabe vom in Widerspruch, in der sie ausdrücklich angezeigt haben, daß die bisherige Einzelunternehmung des Erstbeschwerdeführers in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - und nicht etwa in eine stille Gesellschaft - umgewandelt worden ist. Für die Festsetzung der Gebühren ist aber die über das Rechtsgeschäft errichtete Schrift maßgebend und sie spricht im vorliegenden Fall eindeutig für die Begründung einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. In der Eingabe findet sich allerdings kein Hinweis darauf, welches Vermögen der Gesellschaft gewidmet werden sollte. Da aber die bisherige Einzelunternehmung in eine Gesellschaft umgewandelt werden sollte, konnten die Behörden des Verwaltungsverfahrens mit Recht annehmen, daß der Erstbeschwerdeführer das bisher von ihm allein betriebene Unternehmen in die Gesellschaft eingebracht habe, da sonst die Umwandlung der bisher betriebenen Einzelunternehmung in eine Gesellschaft unverständlich wäre. Zumindest wäre es im Sinne des § 17 Abs. 2 GebG Sache der Beschwerdeführer gewesen, nachzuweisen, daß der Gesellschaft weniger an Vermögen gewidmet worden ist als die Behörden des Verwaltungsverfahrens angenommen haben. Denn wenn aus der Urkunde die Art der Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühr bedeutende Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, wird bis zum Gegenbeweise der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat. Daß der Zweitbeschwerdeführer kein Vermögen in die Gesellschaft eingebracht hat, haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens ohnedies berücksichtigt. Die Beschwerdeführer haben aber den Beweis über geringere Vermögenseinlagen, als dies die Behörden des Verwaltungsverfahrens angenommen haben, weder angetreten noch erbracht, sodaß der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie die erstinstanzliche Feststellung, daß der Gesellschaft das Vermögen der bisherigen Einzelunternehmung gewidmet worden ist, übernommen und den Einheitswert dieses Betriebsvermögens, der für den festgestellt worden war, der Gebührenbemessung zugrunde gelegt hat. Der angefochtene Bescheid stand also, soweit es zunächst auf die Vorschreibung der einfachen Gebühr ankommt, mit dem Gesetz im Einklange. Der Verwaltungsgerichtshof konnte auch nicht finden, daß die belangte Behörde etwa Verfahrensvorschriften verletzt habe, da die für die Festsetzung der Gebühr notwendigen Grundlagen aus der maßgebenden Urkunde, entnommen werden konnten und im übrigen die Feststellung über den Einheitswert des Betriebsvermögens der bisherigen Einzelunternehmung im Zeitpunkte der Umwandlung in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts von den Beschwerdeführern nicht bekämpft worden ist. Aber auch die Vorschreibung einer Gebührenerhöhung entsprach dem Gesetze, weil die Beschwerdeführer die im § 31 GebG vorgesehene Gebührenanzeige nicht erstattet haben. Denn diese Anzeige wäre an das für die Festsetzung der Gebühr zuständige Finanzamt zu erstatten gewesen. Die Anzeige an das Betriebsfinanzamt reichte nicht aus, die Beschwerdeführer vor den im § 9 GebG vorgesehenen Rechtsfolgen zu schützen, da das Betriebsfinanzamt in diesem Falle nicht das für die Festsetzung der Gebühr zuständige Finanzamt war. Vielmehr kommt diese Funktion dem nach § 7 des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 149, über den Aufbau der Abgabenverwaltung des Bundes, in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 12/1955, mit der Verwaltung der Stempel und Rechtsgebühren betrauten Finanzamt am Sitze der Finanzlandesdirektion zu, an das somit auch die Gebührenanzeige gemäß § 31 GebG zu erstatten ist.

Die Beschwerde erweist sich demnach zur Gänze als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abzuweisen war.

Wien, am

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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1962:1961001493.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-55087