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VwGH 30.03.1971, 1486/70

VwGH 30.03.1971, 1486/70

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BauO Wr §70 Abs1
BauO Wr §76 Abs1
RS 1
Die einmal getroffene Wahl der offenen oder der gekuppelten Bauweise ist für das weitere Baugeschehen auf demselben Bauplatz bindend.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Leibrecht, Dr. Hrdlicka und Dr. Straßmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pfeifhofer, über die Beschwerde des JD in W, vertreten durch Dr. Günther Weingartner, Rechtsanwalt in Wien IX, Porzellangasse 50, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B XXIII-15/70, (mitbeteiligte Partei: AS und GS in W), betreffend eine Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer suchte am beim Wiener Magistrat um die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung einer gemauerten Kraftradgarage (bebaute Fläche: 2,60 m x 3,00 m) an der rechten Grundgrenze und in einem Abstand von 3,50 m von der rückwärtigen Grundgrenze seiner Liegenschaft in Wien S-Gasse 12, unter Verwendung eines ungenehmigten Baubestandes, sowie zur Errichtung einer 2,60 m langen und 2,30 m hohen Glaswand in Stahlrahmen auf Stahlstehern im Anschluß an die Garage in einer Entfernung von 4,50 m von der rückwärtigen Grundgrenze an. Am teilten die zur Bauverhandlung am geladenen hinteren Anrainer AS und GS dem Magistrat schriftlich mit, daß sie „nur mit dem einverstanden sind, was dem österreichischen Baugesetz (6 m Abstand von unserer Grundgrenze) entspricht“; bei der Bauverhandlung sind diese Anrainer nicht erschienen. Das die Bauverhandlung leitende Organ des Magistrates (ein Diplom-Ingenieur) führte bei der Verhandlung laut der im Verwaltungsakt erliegenden Niederschrift aus, daß die Bauführung insoweit nicht den Bestimmungen der Bauordnung für Wien entspreche, als der Seitenabstand (§ 76 Abs. 3 der Bauordnung) und der rückwärtige Abstand (§ 84 Abs. 2 der Bauordnung) nicht eingehalten würden, überdies aber die Errichtung der Garage auch an anderer Stelle der Liegenschaft nicht untunlich (§ 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes) wäre, wobei er auf die Berufungsentscheidung in einem vorangegangenen, den Beschwerdeführer betreffenden Baubewilligungsverfahren (MDR-B XXIII-30/69 vom ) verwies. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten betraf das damalige Bauprojekt gleichfalls die Errichtung einer Garage unter Einbeziehung des ungenehmigten Baubestandes, welches sich vom nunmehrigen Projekt dadurch unterschied, daß das seinerzeit geplante Gebäude nicht bis zur rechten Grundgrenze reichte, sondern von dieser einen Abstand von 50 cm einhielt. Im Berufungsbescheid vom war unter anderem ausgeführt worden, daß die Erteilung der Baubewilligung für die Garage im Seitenabstand oder im rückwärtigen Abstand deswegen nicht nach § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes in Betracht komme, weil die Errichtung einer Garage auf einem der Bebauung offenstehenden Teil der Liegenschaft, nämlich vor dem bestehenden Wohnhaus zwischen diesem und der vorderen Baufluchtlinie, durchaus tunlich sei. Vor Erlassung des seinerzeitigen Berufungsbescheides hatte die Berufungsbehörde zu dieser Frage eine technische Äußerung der Erstinstanz samt Skizze eingeholt und das Ergebnis der zusätzlichen Ermittlung dem nunmehrigen Beschwerdeführer vorgehalten, der dazu keine Äußerung abgab.

Mit Bescheid vom verweigerte der Wiener Magistrat gemäß §§ 60, 70 und 71 der Bauordnung für Wien und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes dem Beschwerdeführer die beantragte Baubewilligung, dies im wesentlichen mit der Begründung, daß § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes die Bebauung des Seitenabstandes und eines Teiles des rückwärtigen Abstandes nicht rechtfertigen könne, weil die Errichtung der Garage vor dem Haus tunlich gewesen wäre, somit die Bestimmungen des § 76 Abs. 3 und des § 84 Abs. 2 der Bauordnung für Wien eine definitive Baubewilligung ausschlössen, eine Widerrufsbewilligung nach § 71 der Bauordnung aber nicht in Betracht, komme, weil die Nichteinhaltung des Seitenabstandes und des rückwärtigen Abstandes eine Verletzung subjektiver Nachbarrechte darstelle. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die Berufung. Er führte darin vorerst aus, daß es sich bei dem bestehenden, ungenehmigten Baubestand um einen Kleintierstall handle, der bereits 22 Jahre vorhanden sei, und daß er nur deshalb den Stall in eine Motorradgarage umbauen wolle, weil er für den Stall als solchen keine Baubewilligung erhalten könne. Im weiteren führt er die Gründe an, aus denen ihm seiner Meinung nach zu Unrecht die hinteren Anrainer Schwierigkeiten bereiten wollten. Von einer gröblichen Störung oder Verunstaltung des örtlichen Stadt- oder Landschaftsbildes könne keine Rede sein, da ähnliche Bauführungen in dieser Gegend genehmigt worden seien. Er beantragte, die Berufungsbehörde wolle den Bescheid dahingehend abändern, daß dem Beschwerdeführer in irgendeiner Form der Stall erhalten bleibe.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie bezog sich hiebei auf die vorerwähnte Berufungsentscheidung vom und kam auf diesem Wege zum gleichen Ergebnis wie die Erstinstanz, nämlich, daß nicht von einer Untunlichkeit der Errichtung einer Garage auf einem der Bebauung offenstehenden Teil der Liegenschaft gesprochen werden könne, weshalb die Verletzung des Seitenabstandes und des rückwärtigen Abstandes nicht kraft der für Kleingaragen geltenden Sonderbestimmung des§ 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes als zulässig angesehen werden könne. Die Verletzung der Bestimmungen über den Seitenabstand (§ 76 Abs. 3 der Bauordnung für Wien) und über den rückwärtigen Abstand (§ 84 Abs. 2 der Bauordnung für Wien) stünde somit der Erteilung einer definitiven Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien entgegen. Eine Widerrufsbewilligung gemäß § 71 der Bauordnung dürfe aber dann nicht erteilt werden, wenn dadurch subjektive Rechte der Nachbarn verletzt würden, was hier der Fall wäre, da die Nachbarn auf die Einhaltung des Seitenabstandes und des rückwärtigen Abstandes ein subjektives öffentliches Recht besäßen. Überdies habe der Bauwerber keinen Ausnahmegrund geltend gemacht, der die Erteilung einer widerruflichen Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung rechtfertigen könnte; der unbefugte Bestand des Gebäudes sei nicht als solcher Grund zu werten.

In der Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt. Als Beschwerdepunkt wird die Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 bzw. § 71 der Bauordnung für Wien bezeichnet. Die Beschwerde wird damit begründet, daß eine Verletzung des Seitenabstandes nach § 76 Abs. 3 der Bauordnung für Wien überhaupt nicht vorliege, da der Bebauungsplan die offene und die gekuppelte Bauweise zulasse, die Garage aber in gekuppelter Bauweise errichtet werden soll, wogegen der seitliche Anrainer keinen Einwand erhoben habe. Bezüglich der Nichteinhaltung des rückwärtigen Abstandes sei festzuhalten, daß § 84 Abs. 3 der Bauordnung für Wien einen rückwärtigen Abstand von mindestens 6 m als ausreichend erklärt und der hintere Anrainer sich gegen die beabsichtigte Bauführung selbst nicht ausgesprochen, sondern sein Einverständnis lediglich von der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen abhängig gemacht habe. Diese Erklärung sei als Einverständnis zur Erteilung einer Baubewilligung in Anwendung gesetzlicher Bestimmungen, also des § 71 der Bauordnung für Wien, zu werten und der betreffende Nachbar habe durch seine Erklärung auf die Durchsetzung seines subjektiven Rechtes verzichtet, das somit der Erteilung einer widerruflichen Baubewilligung nicht entgegenstehen könne. Der erforderliche Ausnahmegrund sei im Bestehen einer festgemauerten Baulichkeit zu erblicken und der Beschwerdeführer habe mit seinem diesbezüglichen Vorbringen im Verwaltungsverfahren auf die Wirtschaftlichkeit der bestehenden Gegebenheiten abgezielt. Schließlich aber habe die belangte Behörde zu Unrecht die Anwendung des § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes abgelehnt. Aus dem Lageplan sei ersichtlich, daß bei den auf der Liegenschaft gegebenen Abmessungen die von der Behörde ins Auge gefaßte Garagenerrichtung untunlich und unzweckmäßig wäre. Insbesondere würde eine Garage im vorderen Teil der Liegenschaft die Gartenanlage auf dem Hause „vorgelagerten Platz“ verunzieren und jede gärtnerische Ausgestaltung verhindern. Auch im Seitenabstand zum rechten Nachbarn könne eine Garage nicht errichtet werden, da dadurch der Lichteinfall im Erdgeschoß des Hauses beeinträchtigt wäre. Überdies aber wäre die Verwendung des vorhandenen Fundamentes samt wesentlichen Aufbauten, die nur geringfügig verändert werden müßten, um die angestrebte Kraftradgarage zu errichten, wirtschaftlicher. Somit hätte sogar der Anspruch auf eine Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung bestanden.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde. Den Ausführungen über die Zulässigkeit der gekuppelten Bauweise hält sie entgegen, daß ein und derselbe Bauplatz nur entweder in offener oder in gekuppelter Bauweise verbaut werden dürfe, das bestehende Wohnhaus jedoch in offener Bauweise errichtet worden sei. überdies sei aber jedenfalls der rückwärtige Abstand nicht eingehalten, da die geplante Garage von der hinteren Grundgrenze nur 3,50 m entfernt sein solle. Was die Möglichkeit einer Widerrufsbewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien anlange, so übersehe der Beschwerdeführer, daß die hinteren Anrainer ausdrücklich die Einhaltung eines Abstandes von 6 m von ihrer Grundgrenze gefordert hätten, also nicht auf ihr Recht verzichtet hätten. Überdies komme es nach der Fassung des § 71 der Bauordnung für Wien gar nicht darauf an, ob der Nachbar der Erteilung der Baubewilligung zustimme, sondern nur darauf, ob es sich bei der nicht eingehaltenen Gesetzesbestimmung um eine solche handle, die subjektive öffentliche Rechte der Nachbarn begründe. Die belangte Behörde beruft sich hiezu auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1500/65, vom , Zl. 473/67, und vom , Zl. 1275/68. Der Beschwerdeführer stütze sich aber auch zu Unrecht auf § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes, da es bei Prüfung der Tunlichkeit ausschließlich auf objektive Gesichtspunkte ankomme, wie sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1865/66, und vom 24. Februar,1969, Zl. 1315/68, ergebe. Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters im Erkenntnis vom , Zl. 260/65, ausgesprochen habe, dienten die Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes nicht dazu, um die mit jedem Garagenbau verbundenen Nachteile auf die Nachbarn abzuwälzen. Demgemäß sei es nach der Figuration des Grundstückes und nach dessen Verwendung durchaus tunlich, die Garage auf einem der Bebauung offenstehenden Teil, insbesondere im Vorderteil der Liegenschaft, zu errichten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Bauansuchen weist für die geplante Baulichkeit die Widmung „Garage“ auf. Das Vorhaben ist daher unabhängig von einer allfälligen Absicht des Beschwerdeführers, es in der Folge nicht bestimmungsgemäß zu verwenden, nach den Bestimmungen über Garagen zu beurteilen; eine allfällige widmungswidrige Verwendung müßte allerdings die dafür in der Bauordnung vorgesehenen Folgen auslösen. Gemäß § 4 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes sind Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen im Bauland grundsätzlich zulässig, soweit dadurch nicht die Verwirklichung des Bebauungsplanes vereitelt wird. Unbestritten ist, daß es sich im vorliegenden Fall um Bauland bandelt; die belangte Behörde ist auch nicht davon ausgegangen, daß durch den Bau die Verwirklichung des Bebauungsplanes vereitelt werde. Gemäß § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes sind Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeigen an jeder der Bebauung offenstehenden Stelle der Liegenschaft zulässig. Welche Stellen dies sind, ist den Bestimmungen der Bauordnung und des Bebauungsplanes zu entnehmen. Des Gesetz sieht allerdingsausdrücklich vor, daß dann, wenn das Einstellen im Hausinneren oder auf anderen Teilen der Liegenschaft nicht tunlich ist und keine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes eintritt, Kleinanlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen mit einer Bodenfläche bis zu 50 m² - um eine solche handelt es sich im Beschwerdefall - auch im Seitenabstand oder in dem an der hinteren Grundgrenze freizuhaltenden Grundstreifen (rückwärtigen Abstand) zulässig sind, soweit der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, wobei die Anordnung der gärtnerischen Ausgestaltung von Grundflächen im Bebauungsplan kein Hindernis darstellt.

Die belangte Behörde ist nun zu dem Ergebnis gelangt, daß die Errichtung einer Garage auch an einer der Bebauung offenstehenden Stelle der Liegenschaft tunlich wäre. Sie stützte sich dabei auf das Ergebnis eines vorangegangenen Baubewilligungsverfahrens. Der Verwaltungsgerichtshof hält diesen Vorgang für unbedenklich, weil der vorangegangene Berufungsbescheid dem Beschwerdeführer zugestellt worden war und ihm auch im vorangegangenen Baubewilligungsverfahren jene Stellungnahme vorgehalten worden war, auf Grund deren die Berufungsbehörde seinerzeit zu ihrer Entscheidung gelangte; im vorliegenden Verfahren wurde der Beschwerdeführer schon bei der Bauverhandlung - und zwar von einem zur bautechnischen Beurteilung des Sachverhaltes fachlich befähigten Organ - aber auch im erstinstanzlichen Bescheid darauf aufmerksam gemacht, daß die Baubehörde das Ergebnis des seinerzeitigen Baubewilligungsverfahrens verwerte; er hat dagegen jedoch nichts konkretes vorgebracht. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Verwertung der seinerzeitigen Beweisergebnisse in Würdigung der objektiven Umstände zu dem Ergebnis gelangte, daß die Errichtung einer Garage auch an einer der Bebauung offenstehenden Stelle der Liegenschaft, insbesondere in dem zwischen der Vorderfront des Hauses und der vorderen Baufluchtlinie gelegenen Teil, tunlich wäre. Auf die besondere Situation des Beschwerdeführers, insbesondere den Umstand, daß er jenes Gebäude, welches er nunmehr als Garage bewilligt erhalten möchte, bereits unbefugt errichtet hat, durfte die belangte Behörde nicht Rücksicht nehmen. Im einzelnen kann hier auf die von der belangten Behörde zitierte Vorjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen werden.

Hat die belangte Behörde aber mit Recht die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes über die Errichtung von Kleingaragen im Seitenabstand und im rückwärtigen Abstand abgelehnt, dann konnte sie eine Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien nur dann erteilen, wenn die Bestimmungen über den Seitenabstand und über den rückwärtigen Abstand eingehalten wurden. Dies war jedoch nicht der Fall. Wie die belangte Behörde zutreffend in ihrer Gegenschrift ausführt, ist die einmal getroffene Wahl der offenen, oder der gekuppelten Bauweise für das weitere Baugeschehen auf demselben Bauplatz bindend. Durch die Errichtung des Wohnhauses in offener Bauweise ist daher auf dem Bauplatz des Beschwerdeführers - zumindest für die Dauer des Bestandes dieses Gebäudes - auch die Errichtung weiterer Gebäude nur in offener Bauweise zulässig, da nach § 76 Abs. 3 der Bauordnung für Wien die Seitenabstände auf die ganze Tiefe des Bauplatzes einzuhalten sind, was dann nicht der Fall wäre, wenn ein Teil der Baubestände auf derselben Liegenschaft in offener und der übrige Teil in gekuppelter Bauweise errietet würde. Daß der rückwärtige Abstand nach § 84 Abs. 2 und 3 der Bauordnung für Wien nicht eingehalten wurde, vermag selbst der Beschwerdeführer nicht zu bestreiten.

Die belangte Behörde hat aber auch mit Recht die Erteilung einer Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien, also auf bestimmte Zeit oder gegen Widerruf, abgelehnt. Vorerst ist der belangten Behörde darin beizupflichten, daß es nicht darauf ankommt, ob der Nachbar der Bauführung zugestimmt hat. Im einzelnen kann hiezu auf die von der belangten Behörde zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden. Die belangte Behörde ist aber auch im Recht, wenn sie darauf hinweist, daß die hinteren Anrainer nicht nur „die Einhaltung des Gesetzes“, sondern ausdrücklich auch die Einhaltung eines rückwärtigen Abstandes von 6 m gefordert haben; es kann daher auch nicht davon gesprochen werden, daß sie der Erteilung einer Baubewilligung für das Projekt in seiner vorliegenden Gestalt zugestimmt hätten. Mit Rücksicht auf ihre zeitgerechte schriftliche Einwendung hat ihr Fernbleiben von der Bauverhandlung keine Präklusionsfolgen im Sinne des § 42 AVG 1950 nach sich gezogen. Schließlich aber könnte auch die Tatsache einer vorangegangenen unbefugten Bauführung keinen gerechtfertigten Ausnahmegrund für die Anwendung des § 71 der Bauordnung für Wien überhaupt bilden (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 5881/A).

Aus all dem ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid nicht inhaltlich rechtswidrig ist.

Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und der Gerichtshof konnte eine solche Rechtswidrigkeit auch nicht feststellen.

Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten versetzt worden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.

Wien, am

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Normen
BauO Wr §70 Abs1
BauO Wr §76 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1971:1970001486.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-55069