VwGH 26.01.1972, 1483/71
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | AlVG 1958 §8 Abs2 |
RS 1 | Ausführungen dahingehend, dass das Vorbringen, der Arbeitslose habe in Ermangelung einer Aufsichtsperson für seine erkrankten Kinder nicht zur amtsärztlichen Untersuchung erscheinen können, geeignet ist, eine Weigerung, sich der Untersuchung zu unterziehen, als nicht gegeben erscheinen zu lassen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Härtel, Dr. Raschauer, Dr. Zach und DDr. Heller als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Lengheimer, über die Beschwerde des JK in G, vertreten durch den bestellten Armenvertreter Dr. Robert Kronegger, Rechtsanwalt in Graz, Raubergasse 27, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark vom , Gr. Nr. 3193 des Arbeitsamtes Feldbach, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Landesarbeitsamt Steiermark) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, seit dem Jahre 1955 ohne Beschäftigung und seit ununterbrochen im Bezuge der Notstandshilfe, wurde mit Schreiben des Arbeitsamtes Feldbach vom ersucht, am beim Arbeitsamt Feldbach zwecks amtsärztlicher Untersuchung vorzusprechen. Gleichzeitig wurde ihm angekündigt, daß er im Falle des Nichterscheinens mit dem Entzug der Notstandshilfe zu rechnen habe. Der Beschwerdeführer antwortete daraufhin, daß er der amtsärztlichen Untersuchung wegen „Indiskriminierung undeiner vorliegenden Intervention“ nicht nachkommen könne. Daraufhin stellte das Arbeitsamt Feldbach mit Bescheid vom gemäß § 8 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1958 in Verbindung mit § 31 desselben Gesetzes den Bezug der Notstandshilfe ab mit der Begründung ein, der Beschwerdeführer habe der Anordnung des Arbeitsamtes Feldbach, sich am einer amtsärztlichen Untersuchung, zu unterziehen, keine Folge geleistet.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer soweit sich seine Ausführungen auf den Bescheid des Arbeitsamtes Feldbach vom beziehen - neuerlich auf „Indiskriminierungen und vorliegende Interventionen“, auf eine im Jahre 1964 durchgeführte amtsärztliche Untersuchung sowie darauf hin, daß seine Kinder krank seien und eine Aufsicht benötigten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sprach das Landesarbeitsamt Steiermark aus, der gemäß § 56 Abs. 3 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1958, BGBl. Nr. 199/1958, bestellte Unterausschuß der Verwaltungskommission (Verwaltungsausschuß) beim Landesarbeitsamt Steiermark habe in seiner Sitzung vom entschieden, der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 1 AVG 1950 keine Folge zu geben. Nach einem Hinweis auf die einschlägigen Gesetzesstellen führte die belangte Behörde aus, für das Arbeitsamt Feldbach hätten sich auf Grund der schon lange zurückliegenden letzten amtsärztlichen Untersuchung, der plötzlichen Erkrankung des Beschwerdeführers nach Zuweisung einer Arbeit und seinen Ausführungen in einer Niederschrift vom im Zusammenhang mit einem neuerlichen Arbeitsangebot berechtigte Zweifel über das Vorliegen der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben. Das Arbeitsamt habe sich daher mittels amtsärztlicher Untersuchung davon zu überzeugen gehabt, ob der Beschwerdeführer arbeitsfähig im Sinne der Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1958 sei. Der nachweislichen Aufforderung des Arbeitsamtes Feldbach, sich einer amtsärztlichen Untersuchung am zu unterziehen, sei der Beschwerdeführer jedoch nicht machgekommen. Auf die Ausführungen der Berufung erwiderte die belangte Behörde, sie seien nicht geeignet, eine anderslautende. Entscheidung herbeizuführen, da der im § 8 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1958 geforderte Tatbestand der Weigerung, sich auf Anordnung des Arbeitsamtes einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, gegeben sei und somit zwangsläufig die damit verbundene Sanktion, für die Dauer der Weigerung keine Notstandshilfe zu erhalten, auszusprechen gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1958 ist der Arbeitslose, wenn sich Zweifel über die Arbeitsfähigkeit ergeben, verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitsamtes einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Weigert er sich, dieser Anordnung Folge zu leisten, so erhält er für die Dauer der Weigerung kein Arbeitslosengeld. Die im zuletzt angeführten Satz vorgesehene Sanktion tritt, wie sich was dem angegebenen Wortlaut ergibt, nicht schon dann ein, wenn ein Arbeitsloser zur angeordneten ärztlichen Untersuchung nicht erscheint, sondern nur, wenn er sich weigert, sich der Untersuchung zu unterziehen. Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides damit begnügt, auszuführen, die Berufungsausführungen seien nicht geeignet gewesen, eine anderslautende Entscheidung der Berufungsbehörde herbeizuführen. Sie wäre aber verpflichtet gewesen, sich mit den Behauptungen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, mit denen er dartun wollte, daß seinerseite eine „Weigerung“ nicht vorgelegen sei, so - allenfalls nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens - insbesondere damit, er habe in Ermangelung einer Aufsichtsperson für seine erkrankten Kinder nicht zur amtsärztlichen Untersuchung erscheinen können. Der aufgezeigte Mangel ist wesentlich, weil er den Beschwerdeführer an der Verfolgung seiner Rechte und den Verwaltungsgerichtshof an der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hindert. Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf § 47 Abs. 1 und § 48 Abs. 1 lit. b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A. Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil gemäß § 49 Abs. 1 VwGG 1965 als Ersatz für den Schriftsatzaufwand Pauschbeträge zu zahlen sind, neben denen eine gesonderte Vergütung für Einheitssätze und Umsatzsteuer nicht in Betracht kommt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | AlVG 1958 §8 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1972:1971001483.X02 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-55054