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VwGH 14.05.1969, 1447/68

VwGH 14.05.1969, 1447/68

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Ein Betriebsinhaber kann zwar bestimmte Anlagegüter des notwendigen Betriebsvermögens (wie z.B. Fabriksgrundstücke) nicht mit steuerlicher Wirkung als sein Privatvermögen behandeln, wohl aber sie veräußern oder durch Schenkung entnehmen (Littmann, EStRecht 08te Auflage Seite 267).
Norm
RS 2
Wenn bei Schenkung einer Liegenschaft der Geschenkgeber mit dem Geschenknehmer hinsichtlich seiner in der geschenkten Liegenschaft befindlichen Betriebsräumlichkeiten einen Mietvertrag abschließt und sich vom Geschenknehmer ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht einräumen läßt, reicht dies nicht hin, den Geschenkgeber als wirtschaftlichen Eigentümer der verschenkten Liegenschaft anzusehen.
Norm
RS 3
Die Wirksamkeit eines Schenkungsvertrages wird im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern durch die Anfechtung der Schenkung von dritter Seite nicht aufgeschoben.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp, Hofstätter und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde des FS in W, vertreten durch Dr. Armin Paulitsch, Rechtsanwalt in Wien I, Franz-Josefs-Kai 3, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat) vom , Zl. VI-1890/7/68, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Vermögensteuer 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Inhaber einer handelsgerichtlich protokollierten Einzelfirma, welche die Metallwarenerzeugung zum Gegenstand hat. In der Jahresschlußbilanz für 1965 führte er unter dem Anlagevermögen auch Gebäude an. Nach dem Akteninhalt handelte es sich dabei um zwei benachbarte Grundstücke, die im Einheitsbewertungsverfahren als gemischtgenutzte Grundstücke qualifiziert worden waren und teils für betriebliche Zwecke, teils für Wohnzwecke verwendet werden. Diese Grundstücke schenkte der Beschwerdeführer mit Schenkungsvertrag vorn seinem Sohn cand. med. Gerhard S. Laut Inhalt des Schenkungsvertrages fand am gleichen Tage auch die Besitzübergabe statt, und es wurde auch vereinbart, daß mit Unterfertigung des Schenkungsvertrages Gefahr und Zufall sowie Lasten und Vorteile auf den Geschenknehmer übergehen, der insbesondere von diesem Zeitpunkt auch die Liegenschaftserträgnisse bezog. Gemäß Punkt IV des Schenkungsvertrages verpflichtete sich der Geschenknehmer auf Wunsch des Geschenkgebers "einen Mietvertrag hinsichtlich der Betriebsräumlichkeiten des Unternehmens des Geschenkgebers zu errichten, ebenso auch das lebenslängliche unentgeltliche Wohn- und Benutzungsrecht an der bisherigen elterlichen Wohnung einverleiben zu lassen".

Hinsichtlich dieses Schenkungsvertrages brachte die Republik Österreich am eine Anfechtungsklage ein, es wurde jedoch auf Grund eines zwischen dem Beschwerdeführer und der Finanzporkuratur am abgeschlossenen Vergleiches "ewiges Ruhen" vereinbart.

Das Finanzamt wertete anläßlich der Steuerveranlagung für 1965 die Schenkung des Beschwerdeführers als eine Entnahme der betreffenden Liegenschaften aus dem Betriebsvermögen, ermittelte hievon einen Teilwert und schlug die Differenz zwischen diesem Teilwert und den Buchwerten dem erklärten Gewinn des Jahres 1965 hinzu. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er führte dabei aus, daß die beiden Liegenschaften zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten und daher einer Privatentnahme nicht fähig seien. Im übrigen sei der Sohn des Beschwerdeführers durch die Schenkung der Betriebsgrundstücke Mitunternehmer des Betriebes des Beschwerdeführers geworden. Allerdings sei die Wirkung der Schenkung durch die Anfechtungsklage der Finanzprokuratur aufgeschoben worden; bis zur Löschung der Anfechtungsklage im Grundbuch am sei die Schenkung aufschiebend bedingt gewesen. An diesem Tage sei der Sohn des Beschwerdeführers mit dem Wegfall der Anfechtung unter Belassung der Grundstücke im Betriebsvermögen als Gesellschafter in die Firma eingetreten, wobei sein Kapitalanteil dem Buchwert der Betriebsgrundstücke gleichzusetzen sei und sein Gewinnanteil 40 % betrage.

Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführersvon einem nicht mehr Gegenstand der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bildenden Punkt abgesehen - mit Bescheid vom keine Folge. Sie begründete den abweisenden Teil ihrer Entscheidung im wesentlichen damit, daß mit der Schenkung der in der Bilanz der protokollierten Firma des Beschwerdeführers enthaltenen Grundstücke gleichzeitig eine Entnahme erfolgt sei, weil es sich bei einer Schenkung grundsätzlich um einen Vorgang in der Privatsphäre handle. Die Bestimmungen über notwendiges Betriebsvermögen seien hier, nicht anwendbar, weil nach Punkt IV des Schenkungsvertrages die Verpflichtung zum Abschluß eines Mietvertrages und des lebenslänglichen unentgeltlichen Nutzungsrechtes an der bisherigen elterlichen Wohnung vereinbart worden sei. Im übrigen würden wirtschaftlich die gleichen Auswirkungen bei einem Verkauf entstehen, nur daß hier statt des Teilwertes (Verkehrswertes) der Veräußerungswert treten würde. Aus dem Schenkungsvertrage gehe weder hervor, daß durch die Schenkung eine Gesellschaftsgründung oder Mitunternehmereigenschaft eingetreten sei, noch seien aufschiebende Bedingungen im Schenkungsvertrag enthalten. Die Behauptungen des Vertreters des Beschwerdeführers sowohl im Vorhalts- als auch im Berufungsverfahren müßten daher als reine Zweckbehauptungen beurteilt werden. Die eingebrachte Anfechtungsklage stelle keine aufschiebende Bedingung dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 EStG sind Entnahmen alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.

Wenn nun der Beschwerdeführer auf die in der Steuerrechtsliteratur allgemein vertretene Ansicht hinweist, daß Wirtschaftsgüter, die zum notwendigen , Betriebsvermögen gehören und nach ihrer Wesensart gar nicht Privatvermögen sein können (wie z. B. Fabriksgebäude), nicht dem Betrieb entnommen werden können (vgl. z.B. Pucharski-Jiresch, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., S. 77), und daraus den Schluß zieht, daß er durch die Schenkung von zum Betriebsvermögen gehörigen Liegenschaften an seinen Sohn keine Entnahme hätte durchführen können, so unterliegt er einem Irrtum. Die erwähnte Rechtsansicht will nämlich nichts anderes zum Ausdruck bringen, als daß ein Betriebsinhaber notwendiges Betriebsvermögen grundsätzlich nicht mit steuerlicher Wirkung als Privatvermögen behandeln darf; er kann also z.B. nicht dadurch, daß er ein in seinem Eigentum stehendes Fabriksgebäude nicht in die Bilanz aufnimmt und als Teil seines Privatvermögens deklariert, erreichen, daß es auch steuerlich als Privatvermögen behandelt und z.B. nicht als Teil des Betriebskapitals angesehen oder nicht in den Einheitswert des Betriebsvermögens einbezogen wird.

Während es somit für den Betriebsinhaber im allgemeinen nicht möglich ist, bestimmte Anlagegüter des notwendigen Betriebsvermögens mit steuerlicher Wirkung als sein Privatvermögen zu behandeln, besteht für ihn im allgemeinen kein steuerliches Hindernis, notwendiges Betriebsvermögen aller Art zu veräußern oder durch Schenkung dem Betrieb zu entnehmen. Dies wird auch in der Rechtsliteratur allgemein anerkannt, wobei beispielsweise auf Littmann (Einkommensteuerrecht, 8. Aufl., S. 267) hingewiesen sei, der, gerade im Zusammenhang mit der Erörterung der beschränkten Möglichkeit, notwendiges Betriebsvermögen mit steuerlicher Wirkung zu entnehmen, ausführt: "Anlagegegenstände, die ihrer Art nach gar keinen anderen Zweck haben können, als dem Betrieb zu dienen und deshalb notwendiges Betriebsvermögen sind, können in aller Regel (aber z.B. durch Schenkung) nicht entnommen werden.

Dabei ist allerdings dem Beschwerdeführer beizupflichten, daß im Steuerrecht für die Zurechnung von Vermögen nicht der privatrechtliche Eigentumsbegriff, sondern der auf Grund wirtschaftlicher Betrachtungsweise entwickelte Begriff des wirtschaftlichen Eigentums (§ 24 BAO) maßgebend ist (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1736/F). Es wären demnach die verschenkten Grundstücke, auch wenn der Sohn des Beschwerdeführers privatrechtlich unzweifelhaft als deren Eigentümer angesehen werden müßte, steuerlich dann noch dem Beschwerdeführer zuzurechnen, wenn er auf Grund einer besonderen Vertragsgestaltung über die Grundstücke weiterhin die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausgeübt hätte (§ 24 Abs. 1 lit. d BAO). Dies trifft jedoch nach dem Inhalt des vorliegenden Schenkungsvertrages nicht zu, nach dem die Liegenschaften mit allen Lasten und Vorteilen in das grundsätzlich unbeschränkte Eigentum des Sohnes übergegangen sind. Die Verpflichtung des Geschenknehmers allein, mit dem Geschenkgeber einen Mietvertrag hinsichtlich der Betriebsräumlichkeiten des väterlichen Unternehmens abzuschließen und das lebenslängliche unentgeltliche Wohn- und Benutzungsrecht an der bisherigen elterlichen Wohnung einverleiben zu lassen, reicht nicht hin, den Geschenkgeber als wirtschaftlichen Eigentümer der verschenkten Liegenschaften anzusehen. Derartige Verpflichtungen nimmt bei Liegenschaftsverkäufen, gelegentlich auch ein fremder Käufer auf sich, ohne daß deshalb Zweifel darüber bestünden, daß der Käufer nicht nur privatrechtlicher, sondern auch wirtschaftlicher Eigentümer der gekauften Liegenschaft wäre.

Soweit aber der Beschwerdeführer meint, daß die Schenkung an den Sohn und damit auch die Entnahme infolge der von der Finanzprokuratur erhobenen Anfechtungsklage nicht sogleich im Jahre 1965 wirksam geworden sei, verkennt er das Wesen der Anfechtung, durch die eine Rechtshandlung nicht schlechthin. (absolut), sondern nur dem Anfechtenden gegenüber (relativ) als unwirksam in Anspruch genommen wird und daher im Verhältnis unter den Handelnden ihre Wirksamkeit beibehält (vgl. Bartsch-Pollak, Konkursordnung, Ausgleichsordnung und Anfechtungsordnung, Bd. II, S. 541 f.). Konsequenterweise bestimmt daher auch § 23 Abs. 4 BAO, daß die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes für die Erhebung von Abgaben insoweit und solange ohne Bedeutung ist, als nicht die Anfechtung mit Erfolg durchgeführt ist. Da eine Unwirksamerklärung der Schenkung im vorliegenden Fall niemals erfolgte, wurde die Schenkung (und damit auch die Entnahme) durch die Anfechtungsklage in keiner Weise berührt, insbesondere auch nicht in ihrer Rechtswirksamkeit aufgeschoben.

Wenn schließlich der Beschwerdeführer noch rügt, daß die belangte Behörde den Sohn des Beschwerdeführers nicht über einen angeblich mündlich vereinbarten Gesellschaftsvertrag vernommen habe, weshalb das Verfahren mangelhaft geblieben sei, so kann in der Unterlassung dieser Vernehmung schon deshalb kein erheblicher Mangel liegen, weil nach der eigenen Angabe des Beschwerdeführers ein solches Gesellschaftsverhältnis erst ab begründet worden war, was somit die rechtliche Beurteilung der im Jahre 1965 erfolgten Entnahme nicht mehr beeinflussen konnte, ganz abgesehen davon, daß ein mündliches Übereinkommen zwischen nahen Angehörigen ausreichend nach außen zum Ausdruck kommen muß, wenn es steuerlich anerkannt werden soll (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2091/57).

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsgerichtshofverfahrens gründet sich auf § 48 Abs. 2 VwGG 1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 3910 F/1969
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1969:1968001447.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-54974