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VwGH 03.03.1972, 1439/70

VwGH 03.03.1972, 1439/70

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
WRG 1959 §13 Abs2;
RS 1
Beantragt ein Wasserberechtigter zugunsten seiner Wasserversorgungsanlage die Erteilung eines das bisher zugestandene Maß an Wassernutzung übersteigenden neuen Wasserbenutzungsrechtes, so mangelt es an dem rechtlichen Interesse zur Feststellung des Maßes der bisher zustehenden Wassernutzung.
Norm
VwGG §42 Abs2 lita;
RS 2
Die unrichtige Anwendung des § 66 Abs 2 AVG durch die belangte Behörde führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0411/71 E RS 1
Normen
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 lita;
RS 3
Entscheidet die belangte Behörde nach § 66 Abs 2 AVG, anstatt richtigerweise nach § 66 Abs 4 AVG, dann belastet dies ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Entscheidungstext

Beachte

Vorgeschichte:

1336/70 E VwSlg 8182 A/1972;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Penzinger und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Leibrecht und Dr. Schima als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesregierungskommissär Dr. Schuszter, über die Beschwerde der Marktgemeinde M, vertreten durch Dr. Richard Kaan und Dr. Franz Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 48.928-I/1/1970 (mitbeteiligte Parteien: MZ und ES, beide in M, vertreten durch Dr. Otto Heller und Dr. Christa Heller, Rechtsanwälte in Wien IV, Paulanergasse 9), betreffend Feststellung des Maßes eines Wasserrechtes, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Richard Kaan, des Vertreters der belangten Behörde Sektionsrat Dr. RW, und des Vertreters der mitbeteiligten Parteien, Rechtsanwalt Dr. Otto Heller zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 2.827,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gemeinde ist Eigentümerin verschiedener Quellen und Brunnen, die ihrer Wasserversorgungsanlage dienen. Zugunsten der Beschwerdeführerin sind im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Mödling diesbezüglich verschiedene Wasserbenutzungsrechte eingetragen. Im Sommer 1963 ersuchte die Beschwerdeführerin beim Landeshauptmann von Niederösterreich um die wasserrechtliche Genehmigung der Erweiterung ihrer bestehenden Wasserversorgungsanlage. Nach dem damaligen Stand hatte die Beschwerdeführerin als Wasserspender mit einer jeweiligen, von ihr behaupteten, aber zum Teil bestrittenen konsentierten Entnahmemenge zur Verfügung: den Spinabrunnen mit 8 l/sec, die Prießnitz-Quelle mit 2 l/sec, die Henneberg-Quelle mit 3 l/sec, den Schwabbrunnen I mit 8 l/sec (später berichtigt auf 4 l/sec) und den Schwabbrunnen II mit 25 l/sec. Laut obgenannter Eingabe an den Landeshauptmann von Niederösterreich vom war die Inbetriebnahme eines dritten Schwabbrunnens im eingezäunten Schutzgebiet der wasserrechtlich bewilligten Schwabbrunnen I und II mit einer Entnahme von 50 l/sec geplant. Weiters sollte ein Hochbehälter mit einem Nutzinhalt von 2000 m3 und eine Pumprohrleitung errichtet werden.

Im weiteren Verlauf des wasserrechtlichen Verfahrens, in dem verschiedene Brunnen- und Quellenbesitzer in M, darunter auch die beiden mitbeteiligten Parteien als Miteigentümer bzw. Eigentümer des X-bades bzw. des Y-bades behaupteten, durch das Erweiterungsprojekt in ihren im Wasserbuch eingetragenen Wasserbenützungsrechten beeinträchtigt zu werden, schränkte die Beschwerdeführerin das Projekt rücksichtlich der Wasserentnahme ein. So sollte laut Eingabe der Beschwerdeführerin vom die Höchstentnahme aus den Schwabbrunnen I, II und III insgesamt 55 l/sec betragen, wobei die Förderung wahlweise mittels Tauchpumpe oder mittels Oberwasserpumpe erfolgen und weiters freigestellt sein sollte, daß die Entnahme aus sämtlichen Schwabbrunnen I, II und III erfolgen könne.

Auf Grund der Ergebnisse der Verhandlung vom trennte der Landeshauptmann von Niederösterreich das Verfahren insofern, als er mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der bestehenden zentralen Wasserversorgungsanlage durch Errichtung eines zweikammerigen rechteckigen Hochbehälters für insgesamt 2000 m3 Nutzinhalt auf einem gemeindeeigenen Grundstück und die Errichtung einer rund 1,3 km langen Einspeiseleitung aus Asbestzementrohren entwurfgemäß erteilte. Dieser Teil des Projektes ist nicht Gegenstand des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Rechtsstreites.

Schließlich änderte die Beschwerdeführerin ihren Antrag mit Eingabe vom neuerlich, und zwar wie folgt: Die Wasserentnahme auf dem Grundstück Nr. 599, zugehörig zur Liegenschaft EZ. 3900 des Grundbuches M, auf der sich sämtliche drei Schwabquellen befinden, solle auf 3000 m3 pro Tag - dies würde einer durchschnittlichen Wasserentnahme von etwas weniger als 35 l/sec entsprechen - festgelegt werden. Diese Einschränkungen des bisherigen Bewilligungsbegehrens begründete die Beschwerdeführerin damit, daß es durch Versuchsbohrungen an anderer Stelle gelungen sei, ein Wasservorkommen aufzuschließen, und überdies damit, daß durch die nunmehr vorgeschlagene Lösung eine Beeinträchtigung der bestehenden Wasserrechte Dritter auszuschließen sei.

Wie bereits dargelegt, hatten die mitbeteiligten Parteien von Anfang an gegen das Erweiterungsprojekt Stellung genommen. Sie brachten u.a. vor, so etwa bei der Verhandlung am und insbesondere auch bei der Verhandlung am , daß der Beschwerdeführerin kein Anspruch auf eine Wassermenge von 25 l/sec aus der Schwabquelle II zustehe, sondern lediglich 20 l/sec auf die Dauer von sechs Stunden am Tage. In dem namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich erlassenen Wasserrechtsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom , Zl. IX-P-10/7-1960, sei wohl auf eine Pumpenleistung von 25 l/sec im Spruch Bezug genommen, jedoch keine Entnahmemenge angeführt worden. In der Begründung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Mödling - so behaupteten die mitbeteiligten Parteien u.a. bei der wasserrechtlichen Verhandlung am - sei nur von einer Maximalentnahme von 20 l/sec und einer täglichen Pumpdauer von sechs Stunden ausgegangen worden. Gegen das seinerzeitige Projekt aus dem Jahre 1960 habe die Mitbeteiligte ES nur deshalb keine Einwendungen erhoben (Vorbringen am ), weil auf Grund der Sachverständigengutachten festgestellt worden sei, daß bei einer Maximalentnahme von 20 l/sec bei einer täglichen Pumpdauer von sechs Stunden eine Beeinträchtigung nicht erfolge.

Die Beschwerdeführerin bestritt das Vorbringen der Antragsgegner, der nunmehr mitbeteiligten Parteien, bei der Verhandlung vor dem Landeshauptmann von Niederösterreich am und brachte vor, daß der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom sich ausdrücklich auf eine Pumpensekundenleistung von 25 l beziehe, die auch in der technischen Beschreibung vom im drittletzten Absatz angeführt worden sei. Von einer Beschränkung auf 20 l/sec durch eine bestimmte Stundenzahl sei weder im Ansuchen, noch in der technischen Beschreibung, noch im Spruch, noch auch in den Bedingungen des Bescheides vom die Rede gewesen.

Im nunmehrigen Verfahren vor dem Landeshauptmann von Niederösterreich wurden nicht nur dem Umfange nach die Wasserrechte der Beschwerdeführerin durch die mitbeteiligten Parteien bestritten, sondern umgekehrt auch deren Wasserrechte durch die Beschwerdeführerin. Hierüber ergingen am im administrativen Instanzenzug gesonderte Feststellungsbescheide des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft; rücksichtlich des Wasserbenutzungsrechtes, das Inselbad betreffend, wurden sowohl von der Beschwerdeführerin als auch von der Zweitmitbeteiligten ES Verwaltungsgerichtshofbeschwerden eingebracht, die zu den hg. Zlen. 1336/70 bzw. 1337/70 und 1569/70 protokolliert wurden. Eine Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid, betreffend das Wasserentnahmerecht für das X-bad, welches unter anderem dem Miteigentümer MZ gehört, wurde mittlerweile von der beschwerdeführenden Marktgemeinde zurückgezogen (vgl. hg. Zl. 1317/70).

Die mitbeteiligten Parteien begehrten ihrerseite bei der Verhandlung vom die Feststellung der Wasserrechte der Beschwerdeführerin an den Schwabquellen. Die Beschwerdeführerin sprach sich nicht dagegen aus.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich erließ jedoch zunächst keinen Feststellungsbescheid, sondern berichtigte mit Bescheid vom den kraft Delegation erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom dahingehend, daß der Spruch betreffend die Schwabquelle II zu lauten habe:

"maximale Wasserentnahme 20 l/sec bei einer Pumpdauer von sechs Stunden pro Tag." Dieser Berichtigungsbescheid gehört allerdings nicht mehr dem Rechtsbestand an, weil das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft den Bescheid über Berufung der Beschwerdeführerin mit Berufungsbescheid vom , Zl. 58.170-I/1/1969, behoben hat. Eine gegen diesen Bescheid von den mitbeteiligten Parteien und den übrigen Miteigentümer des Xbades erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 1406/69, als unbegründet abgewiesen.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich erließ schließlich am unter Bezugnahme auf § 13 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl, Nr. 215 (WRG 1959), und auf den Feststellungsantrag der mitbeteiligten Parteien einen Bescheid, in dem festgestellt wurde, daß die Marktgemeinde M nachstehende Wasserrechte an den Schwabquellen besitze:

A) Wasserentnahme aus der Schwabquelle I 4 l/sec

B) Wasserentnahme aus der Schwabquelle II 20 l/sec bei einer Pumpdauer von sechs Stunden pro Tag.

Bezüglich der Feststellung der Wasserentnahmemenge aus der Schwabquelle II - nur diese Feststellung sollte Gegenstand einer nachmals von der Beschwerdeführerin eingebrachten Berufung werden -

begründete der Landeshauptmann von Niederösterreich den Spruch dieses Bescheides im wesentlichen dahingehend, daß nach dem Gutachten in der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom auf Grund eines über die Frage der allfälligen Beeinträchtigung der umliegenden Anrainerbrunnen durch 70 Stunden mit einer maximalen Wasserentnahme von 20 l/sec durchgeführten Pumpversuches der hydrographischen Landesabteilung eine Beeinträchtigung der "S-Brunnen" nicht anzunehmen und von vornherein nur eine tägliche Pumpdauer von sechs Stunden beabsichtigt gewesen sei. Dieses Gutachten habe die beschwerdeführende Gemeinde und damalige Projektswerberin seinerzeit (im Jahre 1960) zustimmend zur Kenntnis genommen und es habe sich die mitbeteiligte Partei ES damals lediglich auf dieser Grundlage mit dem Bewilligungsvorhaben der beschwerdeführenden Gemeinde bezüglich der Schwabquelle II einverstanden erklärt.

Die Beschwerdeführerin berief. Sie machte im wesentlichen geltend, es sei bereits im Berufungsbescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , welcher die "Berichtigung" des Bewilligungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom betroffen habe, darüber erkannt worden, daß der Landeshauptmann von Niederösterreich das Wasserentnahmerecht nicht nachträglich von 25 l/sec auf 20 l/sec und eine Pumpdauer von sechs Stunden pro Tag herabsetzen dürfe. Außerdem sei der beschwerdeführenden Gemeinde im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom die wasserrechtliche Bewilligung ausdrücklich nach Maßgabe des "dem Verfahren bzw. der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Projektes" verliehen worden. Letzteres habe aber namentlich die Benutzung einer Pumpe mit einer Leistung von 25 l/sec vorgesehen und zwar ohne zeitliche Begrenzung der Pumpdauer. Die Wiedergabe der Daten des Pumpversuches in der Bescheidbegründung habe im Spruch keinen Niederschlag gefunden. Der allein in Rechtskraft erwachsene Bescheidspruch vom habe jedenfalls dem Bewilligungsansuchen der Beschwerdeführern voll entsprochen. Außerdem habe sich bereits der seinerzeitige Bedarf der Gemeinde auf weit über 20 l/sec und nicht beschränkt auf sechs Stunden pro Tag belaufen. Auch scheine schließlich das Maß der Wassernutzung in der - sich auf den rechtskräftigen Wasserbuchbescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling von April 1964 stützenden - Wasserbucheintragung ausdrücklich mit 25 l/sec schlechthin auf.

In einer Gegenäußerung vom bestritten die mitbeteiligten Parteien die Stichhältigkeit der Berufungsausführungen. Aus dem Berichtigungsverfahren könne, so meinten die Mitbeteiligten, nichts für die Feststellung des Wasserrechtes gewonnen werden. Im seinerzeitigen Bewilligungsansuchen für den Schwabbrunnen II sei nicht nur von keiner bestimmten Wassermenge, sondern auch nicht von einem konkret vorhandenen Bedarf die Rede gewesen. Daß schon der seinerzeitige Bedarf über 20 l/sec hinausgereicht hätte, werde durch nichts erhärtet. Mit 25 l/sec sei auch im Wasserbuch nicht die Entnahme an sich, sondern lediglich die Pumpenleistung eingetragen worden. Im übrigen komme dem Wasserbuchbescheid über den - konkrete Angaben entbehrenden - Wasserrechtsbescheid hinaus überhaupt keine Rechtswirksamkeit zu.

Mit dem nunmehr durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom behob das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft über Berufung der Beschwerdeführerin den Feststellungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz zurück.

Die Berufungsbehörde begründete ihren aufhebenden Berufungsbescheid im wesentlichen folgendermaßen: Mit dem im Namen des Landeshauptmannes von Niederösterreich erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom sei der Beschwerdeführerin auf Grund des Ergebnisses des Verfahrens, insbesondere der beiden mündlichen Verhandlungen vom und vom , unter den von den Amtssachverständigen vorgeschlagenen Bedingungen und über den ausdrücklichen Vorbehalt der allfälligen späteren Anordnung zusätzlicher Maßnahmen die beantragte wasserrechtliche Bewilligung nach Maßgabe des dem Verfahren bzw. der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Projektes für die Erschließung des zweiten neuen Rohrbrunnens der Schwabquelle erteilt worden. In der Projektsbeschreibung sei die geplante Pumpenleistung mit 25 l/sec bei 64 m Förderhöhe bzw. 19,5 l/sec bei 78 m Förderhöhe, Druckrohranschluß 125 mm, angegeben gewesen. In der Bescheidbegründung sei allerdings dann erwähnt worden, es sei eine tägliche Pumpdauer von sechs Stunden beabsichtigt. Rechtlich wesentlich ins Gewicht falle, daß Spruch und Begründung des dem angefochtenen Feststellungsbescheid zugrunde liegenden Bewilligungsbescheides miteinander und mit der Verhandlungsschrift nicht im Einklang stünden. Im Spruch sei vom Projekt die Rede, ohne das dort nur angedeutete Maß der Wassernutzung zu nennen oder einzuengen. In der Begründung werde hingegen auf die mündlichen Verhandlungen vom und sowie auf den Pumpversuch mit 20 l/sec ausdrücklich Bezug genommen und festgehalten, daß eine tägliche Pumpdauer von sechs Stunden beabsichtigt sei. Aus letzterem leiteten die mitbeteiligten Parteien in Ermangelung eines seinerzeitigen Einwandes bzw. Rechtsmittels der beschwerdeführenden Gemeinde eine Einschränkung des ursprünglichen Bewilligungsansuchens ab, während die Berufungswerberin, also die nunmehrige Beschwerdeführerin, den Rechtsstandpunkt vertrete, daß eine solche Einengung bezüglich des Maßes der Wassernutzung ihrerseits nie erklärt und auch in dem allein der Rechtskraft fähigen Spruch des Bewilligungsbescheides nicht verfügt worden sei. Die beschwerdeführende Gemeinde habe dabei mit Nachdruck betont, daß die von ihr bestrittene nur sechsstündige tägliche Pumpdauer nicht während der mündlichen Verhandlung vom protokollarisch festgehalten, sondern erst nachträglich, also ohne ihr Wissen und Einverständnis, in die Verhandlungsschrift gelangt sei, was an Hand der von ihr ergänzend vorgelegten Protokollsdurchschriften bzw. -ablichtungen erhärtet werde. Im Wasserbuch werde eine Vogel-Tauchpumpe mit einer Leistung von 25 l/sec bei 64 m Förderhöhe ohne den im Bewilligungsprojekt aufscheinenden Zusatz "bzw. 19,5 l/sec bei 78 m Förderhöhe" genannt. Ein über eine technische Beschreibung hinausreichendes Bewilligungsprojekt sei nicht vorhanden.

Unter Resümierung einer entsprechenden Äußerung der beschwerdeführenden Gemeinde kam das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft zu dem Ergebnis, daß dies alles noch einer genaueren Prüfung unter Wahrung des Parteiengehörs bedürfe. Ebenso müßte auch die Frage des Bedarfes auf Grund der nach dem Bewilligungsprojekt mit Wasser zu versorgenden Einwohnerzahl und der pro Einwohner und Tag zu veranschlagenden Wassermenge näher untersucht werden. Mit dem Bedarf habe sich der Bewilligungsbescheid aus dem Jahre 1960 entgegen der Begründung des angefochtenen "Feststellungsbescheides seinerzeit nicht befaßt. Da sich der bekämpfte Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom  mit verschiedenen aufgezeigten Unklarheiten und Widersprüchen nicht ausreichend auseinandergesetzt habe, erweise sich für eine einwandfreie Feststellung des Maßes der Wassernutzung eine mündliche Verhandlung als notwendig, weshalb die Angelegenheit an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz zurückzuverweisen gewesen sei.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Zuge des Verfahrens, betreffend die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der Wasserversorgungsanlage der beschwerdeführenden Gemeinde haben die mitbeteiligten Parteien als Antragsgegner im Sinne des § 13 Abs. 2 WRG 1959 den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über das Maß der der Beschwerdeführerin zustehenden Wassernutzung gestellt. Die Beschwerdeführerin ist diesem Antrag nicht entgegengetreten.

Gemäß § 13 Abs. 1 WRG 1959 hat sich das Maß der Wasserbenutzung (§ 12 WRG) nach dem Bedarfe des Bewerbers und nach dem natürlichen Wasserdargebote zu richten, das mit Rücksicht auf den wechselnden Wasserstand, beim Grundwasser auch mit Rücksicht auf seine natürliche Erneuerung, jeweils zur Verfügung steht. Ergehen sich bei einer bestehenden Anlage Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung, so hat gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959 als Regel zu gelten, daß sieh das Wasserbenutzungsrecht bloß auf den zur Zeit der Bewilligung maßgebenden Bedarf des Unternehmens erstreckt, sofern die Leistungsfähigkeit der Anlage nicht geringer ist.

Laut § 13 Abs. 3 WRG 1959 dürfen das Maß und die Art der Wassernutzung keinesfalls so weit gehen, daß Gemeinden, Ortschaften oder einzelnen Ansiedlungen das für die Abwendung von Feuersgefahr, für sonstige öffentliche Zwecke oder für Zwecke des Haus- und Wirtschaftsbedarfes ihrer Bewohner erforderliche Wasser entzogen wird.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich nun durch den Berufungsbescheid der belangten Behörde dahingehend beschwert, daß diese nicht in Stattgebung der Berufung das streitgegenständliche Wasserrecht der Beschwerdeführerin an der Schwabquelle II mit 25 l/sec ohne zeitliche Pumpbeschränkung festgestellt, sondern entgegen der Bestimmung des § 66 Abs. 1 AVG 1950 den vorinstanzlichen Bescheid behoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an den Landeshauptmann von Niederösterreich als Wasserrechtsbehörde erster Instanz zurückverwiesen hat, statt in der Sache selbst zu entscheiden. In der Beschwerde legt die Beschwerdeführerin neuerlich ihren Rechtsstandpunkt dar, wonach es auf den Spruch der seinerzeitigen wasserrechtlichen Bewilligung aus dem Jahre 1960 ankomme, in dem das gesamte Projekt bewilligt worden sei. Daraus ergebe sich das Maß der Wassernutzung, nämlich 25 l/sec, wobei von einer Beschränkung nur auf sechs Stunden Pumpenleistung pro Tag keine Rede sein könne. Im übrigen erhelle der Bedarf nach 25 l/sec Wasser im Jahre 1960 daraus, daß die Marktgemeinde M laut dem Amtskalender im Jahre 1960 bereits 11.000 Einwohner gehabt habe. Nach dem Wasserbuch stehe der Beschwerdeführerin ein unbeschränkter Bezug von 25 l/sec Wasser aus der Schwabquelle zu und gemäß § 126 Abs. 1 WRG 1959 hätten die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erfolgten Eintragungen im Wasserbuche bis zum Beweis des Gegenteiles als richtig zu gelten. Aber auch wenn man dieser Ansicht nicht folge, so hätte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft als Berufungsbehörde meritorisch zu entscheiden gehabt, da gemäß § 66 Abs. 1 WRG 1959 notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch die Behörde erster Instanz oder von der Berufungsbehörde selbst durchzuführen seien. Die Voraussetzungen für eine Behebung des Bescheides nach § 66 Abs. 2 AVG 1950 lägen nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich als begründet. Die Parteien des verwaltungsbehördlichen Verfahrens sind ebenso wie die Wasserrechtsbehörden offensichtlich davon ausgegangen, daß vorerst im Grunde des § 13 Abs. 2 WRG 1959 ein selbständiger Feststellungsbescheid über die Höhe des Wasserbezugsrechtes der Beschwerdeführerin an der Schwabquelle II für den Zeitpunkt der wasserrechtlichen Bewilligung vom Jahre 1960 zu erlassen sei. § 13 Abs. 2 WRG 1959 hätte aber nur dann eine taugliche Grundlage für die Erlassung eines Feststellungsbescheides bilden können, wenn ein entsprechendes rechtliches Interesse an dieser Feststellung offenbar geworden wäre.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat nun aber die Erteilung einer neuen wasserrechtlichen Bewilligung begehrt, nämlich die Bewilligung zur Entnahme von 3000 m3 Wasser pro Tag im Sinne des § 10 Abs. 2 WRG 1959, demnach die Erteilung eines Wasserrechtes dieses Inhaltes für ihren Gesamtbezug an Wasser. Unter diesen Umständen war ein Feststellungsinteresse der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Parteien rücksichtlich der schon bisher bestehenden Wasserrechte der Beschwerdeführerin am Schwabbrunnen II zu verneinen. Im gegenständlichen Fall kam es nämlich nur darauf an, ob und inwieweit dem neuen Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung zu entsprechen sei. Das Ausmaß der bestehenden Wasserrechte der Beschwerdeführerin war einer gesonderten bescheidmäßigen Feststellung nicht bedürftig, da das rechtliche Interesse an der Feststellung dieses Ausmaßes zufolge des nachmaligen Begehrens der Beschwerdeführerin nach Bewilligung einer unstreitig das bisherige Bezugsrecht übersteigenden Wasserbenutzung nicht gegeben ist.

Wenn die belangte Behörde im Berufungsweg den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom zwecks Durchführung einer neuerlichen Verhandlung und Fällung einer neuen Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behob, so entsprach dies nach dem Vorgesagten nicht der Rechtslage. Denn die belangte Behörde wäre vielmehr gehalten gewesen, den vorinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich auf Grund der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung ersatzlos gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 aufzuheben. Da die belangte Behörde dies nicht unternommen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2. lit. a VwGG 1965 der Aufhebung verfallen mußte.

Der Zuspruch von Aufwandersatz an die Beschwerdeführerin gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und auf Art. I A Z. 1 und 2 sowie Art. II und III der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4. Zuzusprechen waren S 1.000,-- für die Beschwerde, S 1.200,-- (in dieser Höhe verzeichnet) für die mündliche Verhandlung, S 327.-- an Eingaben-, Vollmachts- und Beilagenstempeln und S 300,-- als verlangte anteilige Fahrt- und Aufenthaltskosten, da der Beschwerdevertreter für die Beschwerdeführerin am heutigen Tag eine weitere Verhandlung vor dem Gerichtshof verrichtete (vgl. Zl. 1336/70). Das Mehrbegehren nach Aufwandersatz für Umsatzsteuer und eine Gegenschrift war als im Gesetz nicht begründet abzuweisen.

Wien, am

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Normen
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 lita;
WRG 1959 §13 Abs2;
Sammlungsnummer
VwSlg 8183 A/1972
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1972:1970001439.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-54954