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VwGH 15.05.1959, 1424/58

VwGH 15.05.1959, 1424/58

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Als Nebenbetriebe eines landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebes kommen solche Betriebe in Betracht, die sonst nach der allgemeinen Verkehrsanschauung Gewerbebetriebe sind, wie zB eine Schnapsbrennerei oder eine Mühle. Dagegen handelt es sich bei der Tierhaltung und Viehmästerei von vornherein um Teile eines landwirtschaftlichen Betriebes, sodaß - wenn die Einkünfte daraus nicht unter § 13 Abs 1 Z 2 EStG 1953 fallen, weil überwiegend fremde Futtermittel verwendet werden - die Frage, ob ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb gegeben sei, gar nicht erst aufgeworfen werden muß. Es liegen dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des SM in G, gegen den Bescheid der Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 264/2 - II - 1958, betreffend Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für 1954, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt eine Landwirtschaft und eine Schweinezucht. In dieser werden nicht nur die Erzeugnisse der eigenen Landwirtschaft verwendet, sondern überwiegend Futtermittel zugekauft. Der Beschwerdeführer wies die Einkünfte aus der Schweinezucht in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1954 mit der Begründung als Einkünfte aus Landwirtschaft gemäß § 13 Abs. 1 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1953, BGBl. Nr. 1/1954, (EStG) aus, weil es sich um einen Nebenbetrieb der Landwirtschaft handle. Dieser diene dazu, die in der Landwirtschaft erzeugtem Futtermittel besser zu verwerten und durch Erzeugung von Dünger eine bessere Düngung der Felder zu ermöglichen. Für den Erlös aus dem Schweineverkauf nahm der Beschwerdeführer den ermäßigten Steuersatz für den Umsatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 des Umsatzsteuergesetzes, DRGBl. I S. 942/1934, (UStG) in Anspruch. Da das Finanzsamt die Schweinezucht bei der Veranlagung der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer nicht als landwirtschaftlichen Nebenbetrieb ansah und dem Beschwerdeführer auch Gewerbesteuer verschrieb, erhob dieser gegen den Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheid Berufung. Er stützte sein Begehren in Abänderung des im Veranlagungsverfahren vertretenen Rechtsstandpunktes auf die Vorschrift des § 13 Abs. 2 Z 1 EStG und § 50 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen, DRGBl. I S. 1935/1938, (UStDB). Einkünfte aus einem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb seien Einkünfte aus Landwirtschaft. Ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb liege vor, wenn er bestimmt sei, einem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen. Zweck der Schweinezucht sei, die Düngung der abgewirtschafteten Felder zu verbessern und die in der Landwirtschaft erzeugten Futtermittel besser zu verwerten. Auch wenn die zugekauften Futtermittel überwiegen, sei immer erst zu prüfen, ob dennoch ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb vorliege. Die von diesem Standpunkt abweichenden Erläuterungen im Abschnitt 57 des Durchführungserlasses zum Einkommensteuergesetz 1953 (DE-ESt 1954) und im Erläuterungsbuch von Pucharski stünden mit dem Gesetz nicht in Einklang. Durch den Zukauf von Futtermitteln werde ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht zu einem gewerblichen Betrieb. Im Laufe des Berufungsverfahrens legte der Beschwerdeführer ein Gutachten und eine Bestätigung der Bezirkslandwirtschaftskammer vor, wo erklärt wird, daß die Schweinezucht wegen der Düngergewinnung für den Betrieb der Landwirtschaft unerläßlich sei. Im Hinblick auf die niedrigen Preise werfe die Schweinezucht im Falle des Zukaufes von Futtermitteln keinen wesentlichen Ertrag ab. Im Berufungsverfahren wurde noch ein Gutachten des landwirtschaftlichen Bewertungssachverständigen der Finanzlandesdirektion eingeholt und eine Berufungsverhandlung anberaumt, zu der der Beschwerdeführer aber nicht erschien.

Die Berufungskommission wies die Berufung ab. Da für die Einreihung einer Viehmästerei als landwirtschaftlicher Betrieb besondere gesetzliche Merkmale bestünden, sei die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über landwirtschaftliche Nebenbetriebe ausgeschlossen. Übrigens seien als landwirtschaftliche Nebenbetriebe nur solche anzusehen, die einem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt seien. Ein Nebenbetrieb sei also dem Hauptbetrieb untergeordnet und sei seiner Art nach auf die Bedürfnisse des Hauptbetriebes abgestellt. Wenn aber der Betriebsinhaber das Ziel verfolge, sich eine selbständige Einnahmsquelle zu verschaffen, könne nicht mehr die Rede davon sein, daß dieser Betrieb einem wirtschaftlichen Hauptbetrieb diene. Vielmehr handle es sich mangels einer Unterordnung um einen selbständigen Gewerbebetrieb. Im vorliegenden Falle sei zu beachten, daß die Schweinemast keine geeignete Grundlage für die Gewinnung von Stalldünger biete. Vielmehr hätte der Beschwerdeführer zwecks Bodenverbesserung eine Ausweitung der Rindviehhaltung anstreben müssen. Es sei daher völlig unglaubwürdig, daß die Schweinemast Zwecken der Landwirtschaft diene, vielmehr, läge es näher, die Schaffung einer selbständigen Einnahmequelle anzunehmen. Es bestehe daher zwischen der Landwirtschaft und der Schweinezucht des Beschwerdeführers nur ein loser Zusammenhang, der ein Verhältnis als Haupt- und Nebenbetrieb nicht zu begründen vermöge.

Die gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde unterscheidet zwischen der Tierhaltung als Hauptbetrieb und als Nebenbetrieb einer Landwirtschaft. Wenn nicht überwiegend Futtermittel zugekauft werden, handle es sich um einen landwirtschaftlichen Hauptbetrieb. Wenn jedoch Futtermittel im überwiegenden Ausmaß zugekauft werden müßten, sei nicht ausgeschlossen, daß die Viehmästerei dennoch Nebenbetrieb eines landwirtschaftlichen Hauptbetriebes sei. Die belangte Behörde sei selbst von der Richtigkeit ihrer Ansicht nicht überzeugt, weil sie in dem angefochtenen Bescheid ausführlich darlege, daß die Schweinehaltung im vorliegenden Falle nicht dazu bestimmt wäre, dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen. Auch sei es nicht richtig, daß die gegenständliche Streitfrage durch die Bestimmungen des § 13 Abs. 1 Z 2 EStG und des § 50 Abs. 2 UStDB abschließend geregelt und eine weitere gesetzliche Regelung überflüssig gewesen sei. Dem Unterschied zwischen einem landwirtschaftlichen Haupt- und einem Nebenbetrieb komme insbesondere bei der pauschalierten Umsatzsteuer der Landwirte entscheidende Bedeutung zu. Weiter rügt die Beschwerde, daß die Ausführungen über die Verwendung von Schweinedünger dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten wurden und daß deshalb das Verfahren mangelhaft geblieben sei. Es sei rechtsirrig, die Schweinehaltung im vorliegenden Fall als besondere Erwerbsquelle anzusehen, weil sich kein Bauer mit Schweinehaltung befasse, wenn er Futtermittel zukaufen müsse. Der Beschwerdeführer habe zwar selbst einen Gewinn aus der Schweinezucht zur Einkommensteuer erklärt und anerkannt, doch ändere dies nichts an der Rechtslage. Mit dem angefochtenen Bescheide werde die Tatsache, daß in der Schweinemästerei auch das in der Landwirtschaft selbst erzeugte Futter verwendet werde und daß der anfallende Dünger wiederum im Betrieb der Landwirtschaft verwertet werde, als unwesentlich beiseite geschoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 13 Abs. 1 Z 1 EStG sind die Einkünfte aus dem Betrieb von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau ... "Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft". Die Haltung und Aufzucht von Tieren gehört in der Regel zum Betrieb einer Landwirtschaft, Einkünfte hieraus werden aber nach § 13 Abs. 1 Z 2 EStG den Einkünften aus Land- und-Forstwirtschaft nur dann zugerechnet, wenn für die Tierzucht oder Viehmästerei überwiegend Erzeugnisse verwendet werden, die im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewonnen werden. Mithin scheidet für die einkommensteuerliche Beurteilung jede Tierhaltung oder Viehmästerei aus dem Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes aus, wenn als Futtermittel nicht überwiegend eigene, sondern fremde Erzeugnisse verwendet werden. In einem solchen Falle liegt kein landwirtschaftlicher, sondern ein gewerblicher Betrieb vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 1744/F). Im vorliegenden Falle steht außer Streit, daß der Beschwerdeführer für seine Schweinehaltung nicht nur eigene landwirtschaftliche Erzeugnisse, sondern überwiegend zugekaufte Futtermittel verwendet. Mithin bedurfte es zur Beurteilung, ob die Tierhaltung noch als landwirtschaftlicher Betrieb zu gelten habe, nicht der Heranziehung der Vorschrift des § 13 Abs. 2 EStG. Wenn die belangte Behörde trotzdem erörtert hat, ob etwa in der Schweinehaltung ein Nebenbetrieb der Landwirtschaft des Beschwerdeführers gelegen sei, hat sie sich mit dem Berufungsvorbringen ausführlicher auseinandergesetzt, obwohl dies zur Begründung ihres Standpunktes nicht erforderlich war. Aus einem solchen Vorgehen kann die Beschwerde keineswegs ableiten, daß die Behörde selbst an der Richtigkeit ihrer Rechtsansicht gezweifelt habe. Aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 EStG, auf den sich der Beschwerdeführer beharrlich beruft, erhellt nämlich, daß auch gewisse Betriebe, die sonst nach der allgemeinen Verkehrsanschauung Gewerbebetriebe sind (wie z.B. eine Schnapsbrennerei oder eine Mühle), Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ergeben, wenn es sich um Nebenbetriebe einer Landwirtschaft handelt. Da aber die Tierhaltung und Viehmästerei von vornherein als Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes anzusehen ist - soweit nicht die gegenständliche Ausnahme Platz greift -, brauchte die Frage, ob im vorliegenden Fall ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb gegeben sei, überhaupt nicht aufgeworfen werden. Mithin waren alle Erörterungen darüber, ob auch Futtermittel der Landwirtschaft bei der Schweinehaltung verwendet werden und inwieweit die Landwirtschaft durch den bei der Schweinehaltung gewonnenen Dünger gefördert wird, überflüssig. Die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge geht daher ins Leere. Ebenso ist im vorliegenden Fall unwesentlich, ob mit der Schweinemästerei eine besondere Einnahmsquelle geschaffen werden sollte und ob auf die Dauer mit einem Gewinn aus diesem Betriebe zu rechnen war. Entscheidend bleibt allein die Tatsache, daß die Futtermittel nicht überwiegend aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers stammen, Demnach mußte die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am

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Fundstelle(n):
KAAAF-54912