VwGH 10.03.1966, 1419/65
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die Möglichkeit zur Mitwirkung an der Gestaltung einer wasserrechtlichen Bewilligung ist für die potentiellen Gegner eines Projektes als Verfahrensparteien mit der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides abgeschlossen. Sie besitzen daher keinen Rechtsanspruch auf nachträgliche Befristung einer wasserrechtlichen Bewilligung im Sinne der Bestimmungen der §§ 21 Abs 2 und 112 Abs 5 des WRG 1959 (Daher: Mangelnde Beschwerdeberechtigung). |
Normen | WRG 1959 §107 Abs2; WRG 1959 §11; WRG 1959 §111; WRG 1959 §26 Abs2; |
RS 2 | Angesichts der Bestimmung des § 107 Abs 2 WRG 1959 ist der Bewilligungsbescheid auch gegenüber einer übergangenen Partei Rechtskraftwirkungen zu äußern fähig (Hinweis E des Slg. 3246). |
Norm | VwGG §59 Abs2; |
RS 3 | Abweisung des Kostenbegehrens, weil dem nicht näher begründeten Begehren nach "kostenpflichtiger Abweisung der Beschwerde" nicht entnommen werden konnte, welcher Aufwand zum Ersatz angesprochen werde. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Stadtgemeinde (Stadtwerke) Kufstein gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 96123/130-53049/65 (mitbeteiligte Partei: BL in K), betreffend Befristung einer wasserrechtlichen Bewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
BL in K, die mitbeteiligte Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, ist laut einem in den Verwaltungsakten befindlichen Auszug aus dem Wasserbuch Inhaber eines unter Postzahl n1 eingetragenen unbefristeten Wasserrechtes zur Ausnutzung der Wasserkraft des B-baches für den Antrieb einer Zementmühle mit vier Kolbengängen und einer Kugelmühle. Es handelt sich dabei um einen sogenannten "alten Bestand".
Mit Eingabe vom ersuchte die mitbeteiligte Partei um die wasserrechtliche Bewilligung zu einer Anlagenänderung, derzufolge das bestehende Wasserrad aufgelassen und das für dieses Wasserrad vorgesehene Gefälle von 0,70 m nach Tieferlegung des zwischen Wasserrad und (bestehender) Turbine liegenden Kanalteiles und der Sohle des Turbinensumpfes um 0,70 m zur Vergrößerung der Turbinenfallhöhe von 3,08 m auf 3,78 m ausgenützt werden sollte. Damit werde eine bessere Ausnützung des Gesamtgefälles erreicht werden. Außer der Tieferlegung der Sohle werde an den Baulichkeiten nichts verändert. Fremde Interessen würden nicht berührt und es träten keine Änderungen im Gefälle und in "der bewilligten Wassermenge" ein.
Bei der hierüber am durchgeführten Verhandlung, zu der die beschwerdeführende Gemeinde (kurz: Beschwerdeführerin) nicht geladen worden war, wurde festgehalten, daß durch das Abänderungsprojekt die Gefällsstufe der bisherigen Wasserradanlage in die oberhalb liegende Turbinenanlage derselben Wasserkraftanlage einbezogen werden solle. Unter Beibehaltung der übrigen Anlagenteile und Eintiefung des Pumpensumpfes unterhalb der Turbine, sowie Vertiefung des Unterwassergerinnes bis zur früheren Wasserradanlage erhöhe sich das Gefälle an der Turbine, wodurch deren Wirkungsgrad vergrößert und die Anlagebedienung vereinfacht werde. Fremde Rechte würden durch die Maßnahmen nicht berührt.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheide vom erteilte die Bezirkshauptmannschaft Kufstein die beantragte Bewilligung. Mit dem weiteren Bescheide vom stellte die Bezirkshauptmannschaft schließlich die bewilligungsgemäß vorgenommene Projektsausführung fest.
Mit Schreiben vom gab die Bezirkshauptmannschaft Kufstein der mitbeteiligten Partei die Absicht bekannt, den Bewilligungsbescheid vom gemäß § 112 Abs. 5 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215 (WRG 1959), durch Aufnahme einer Bewilligungsbefristung zu ergänzen. Dies sei notwendig, weil § 21 Abs. 2 WRG 1959 vorschreibe, daß die Bewilligung zur Ausnutzung der motorischen Kraft des Wassers nur befristet ausgesprochen werden dürfe. Die mitbeteiligte Partei widersprach diesem Vorhaben mit der Begründung, daß es sich vorliegend nicht um die Einräumung eines Wasserrechtes im Sinne des § 21 Abs. 2 WRG 1959, sondern nur um die Bewilligung zur Änderung einer zur Benutzung eines Gewässers dienenden Anlage gemäß § 9 (Abs. 1) WRG 1959 gehandelt habe. Es könne eine zeitliche Beschränkung nur bei der Einräumung eines Wasserrechtes, nicht aber bei der Änderung einer Wasserkraftanlage ausgesprochen werden. In wasserwirtschaftlicher Hinsicht sei keine Änderung des Wasserrechtes eingetreten.
Die konsentierte Wassermenge sei ebensowenig geändert worden wie die Wasserentnahme, das Gefälle und die Unterwasserrückgabe. Es handle sich vielmehr nur um eine Zusammenlegung zweier Aggregate ein und desselben Wasserrechtes.
Ein zu diesem Vorbringen erstattetes Gutachten der Landesbaudirektion beim Amte der Tiroler Landesregierung vom gelangte zu dem Ergebnis, daß die Maßnahme, das Gefälle des Wasserrades (mit schlechtem Wirkungsgrad) technisch und energiewirtschaftlich richtig als Sauggefälle in die Anlage mit Turbinenantrieb zu verlegen, nicht als wesentliche Anlagenänderung bzw. Änderung des verliehenen Wasserrechtes angesehen werden könne. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft habe mit Bescheid vom den Bau des Wasserkraftwerkes der Beschwerdeführerin (Ausnützung der Wasserkraft der B) als bevorzugten Wasserbau erklärt und mit Bescheid vom das generelle Projekt (1. und 2. Ausbaustufe) wasserrechtlich bewilligt. Da die Ausführung dieses Projektes mit dem Entzug des Betriebswassers der Anlage der mitbeteiligten Partei verbunden sei, hätte die Beschwerdeführerin, wenn sie zur wasserrechtlichen Verhandlung vom geladen worden wäre, gegen das Projekt der mitbeteiligten Partei Stellung nehmen bzw. die Forderung stellen können, daß bei der durch die Beschwerdeführerin zu leistenden Entschädigung für die Auflassung der gegenständlichen Anlage die aus der Gefällserhöhung von 70 cm sich ergebende Mehrleistung unberücksichtigt zu bleiben habe. Würde der mitbeteiligten Partei das Wasserrecht für die Wasserkraftanlage "mit Gefällserhöhung" weiterhin unbefristet zuerkannt bleiben, könnten sich Schwierigkeiten hinsichtlich der Ablöse durch die Beschwerdeführerin ergeben.
Auch das Baubezirksamt Kufstein vertrat in seiner Äußerung vom den Standpunkt, daß die fraglichen Umbauarbeiten nicht als wesentliche Änderung der Gesamtanlage angesehen werden könnten.
Nunmehr stellte die Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit Bescheid vom unter Bezugnahme auf die §§ 21, 98 und 112 Abs. 5 WRG 1959 fest, daß die im Wasserbuche des Bezirkes Kufstein unter Postzahl n1 eingetragene Wasserkraftanlage der mitbeteiligten Partei weiterhin als unbefristetes "Wasserrecht" zu gelten habe. Dies wurde damit begründet, daß der vorgenommene Umbau nach den eingeholten amtssachverständigen Äußerungen keine wesentliche Änderung des "verliehenen Rechtes" bewirkt habe.
Gegen diesen Bescheid richtete sich eine Berufung der Beschwerdeführerin, in der im wesentlichen zum Ausdruck gebracht wurde, daß zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei am ein Vergleich über die Einlösung des hier in Betracht kommenden Wasserrechtes abgeschlossen worden sei, der vorsehe, daß die Ersatzleistungen an Strom im Falle der Befristung des einzulösenden Wasserrechtes eine entsprechende Ermäßigung erfahren würden. Da das gegenständliche Bewilligungsverfahren in einem Zeitpunkt abgeführt worden sei, in dem die Bescheide des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft über die Bevorzugungserklärung und die generelle wasserrechtliche Bewilligung des Projektes der Beschwerdeführerin bereits erflossen waren, hätte die Beschwerdeführerin dem Bewilligungsverfahren als Partei beigezogen werden müssen bzw. hätte die Wasserrechtsbehörde wahrnehmen müssen, daß die Anlagenänderung im Widerstreit zum Projekt der Beschwerdeführerin stehe. Die Wasserrechtsbehörde hätte aussprechen müssen, daß die nachgesuchte Bewilligung nur bis zu jenem Zeitpunkt erteilt werde, ab dem durch Verwirklichung des Projektes der Beschwerdeführerin (2. Ausbaustufe) die gegenständliche Nutzung unmöglich gemacht werde. Die Erhöhung des Gefälles um 70 cm stelle eine wesentliche Anlagenänderung vor, weshalb aus diesem Anlaß eine Befristung des ganzen Wasserrechtes vorzunehmen gewesen wäre.
Mit dem Bescheide vom gab der Landeshauptmann von Tirol der Berufung der Beschwerdeführerin nicht Folge. In der Begründung dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführerin eingeräumt, daß ihr im Verfahren zur Bewilligung des Anlagenumbaues gemäß § 102 Abs. 1 lit. b und e WRG 1959 die Parteistellung zugekommen sei. Als in diesem Verfahren übergangener Partei stehe ihren Einwendungen aber laut § 107 Abs. 2 WRG 1959 die Rechtskraft der erteilten Bewilligung entgegen. Das bisher unbefristete Wasserrecht der mitbeteiligten Partei könnte nur dann gemäß § 21 WRG 1959 befristet werden, wenn die Anlagenänderung eine wesentliche Änderung dieses Wasserrechtes bewirkt hätte. Dies sei aber nicht der Fall.
Die auch dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem Bescheide der belangten Behörde vom abgewiesen.
Die heute dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vorliegende Beschwerde, mit der diesem Berufungsbescheide Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Last gelegt wird, erweist sich aus nachstehenden Erwägungen als nicht zulässig:
Auszugehen ist von der Tatsache, daß das Bewilligungsverfahren für die Änderung der Anlage der mitbeteiligten Partei rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Gleichgültig, ob die Beschwerdeführerin anläßlich ihrer durch die Vorschrift des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 (zufolge der Bevorzugungserklärung und wasserrechtlichen Bewilligung des die Anlage der mitbeteiligten Partei miterfaßten Projektes der Beschwerdeführerin) gebotenen Zuziehung zu diesem Verfahren beachtliche Einwendungen hätten vorbringen können oder nicht, steht ihr als übergangener Partei jedenfalls nur mehr der im § 26 WRG 1959 aufgezeigte Weg frei, den Ersatz eines Schadens der dort näher charakterisierten Art im ordentlichen Rechtswege zu begehren, weil ja angesichts der Bestimmung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 der Bewilligungsbescheid auch gegenüber einer übergangenen Partei Rechtskraftwirkungen zu äußern fähig ist (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 3246).
Die Beschwerdeführerin wurde ausschließlich dadurch in die Lage versetzt, die Frage einer allfälligen Befristung des Wasserrechtes der mitbeteiligten Partei im Verwaltungsweg aufzurollen, daß die Bezirkshauptmannschaft Kufstein ihr den Feststellungsbescheid vom zustellte, in dem festgehalten wurde, daß das fragliche Wasserrecht auch weiterhin als unbefristet zu gelten habe. Diese Feststellung gründete sich auf die Vorschrift des § 112 Abs. 5 WRG 1959, wonach u.a. die Bestimmung einer nach § 21 Abs. 2 WRG 1959 zu setzenden Frist durch entsprechende Ergänzung des Bewilligungsbescheides jederzeit nachgeholt werden kann. Diese den sonst geltenden Grundsatz der materiellen Rechtskraft durchbrechende bloße Ermächtigungsvorschrift gewährt indes keineswegs den übrigen Verfahrensparteien einen entsprechenden Rechtsanspruch auf Anwendung durch die Behörde. Für sie ist die Möglichkeit zur Mitwirkung an der Gestaltung einer wasserrechtlichen Bewilligung mit der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides abgeschlossenen bzw. im Falle der Übergehung als Partei nur der Weg nach § 26 WRG 1959 gewiesen.
Aus dieser rechtlichen Situation folgt für den Beschwerdefall, daß die Beschwerdeführerin durch die - übrigens mangels eines öffentlichen oder rechtlichen Interesses der mitbeteiligten Partei offenbar unzulässigerweise vorgenommene - Feststellung, daß der Fall des § 112 Abs. 5 WRG 1959 nicht gegeben und das Wasserrecht der mitbeteiligten Partei daher weiterhin unbefristet sei, in einem gesetzlich geschützten Recht nicht verletzt werden konnte.
Die Beschwerde mußte demnach gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG 1965 mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückgewiesen werden.
Antragsgemäß war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß den §§ 48 Abs. 2 lit. a und b und 51 VwGG 1965 sowie nach Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965 der Betrag von S 390,-- an Schriftsatz- und Vorlagenaufwand zu Lasten der Beschwerdeführerin zuzusprechen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei mußte gemäß § 59 Abs. 2 und 3 VwGG 1965 abgewiesen werden, weil dem nicht näher begründeten Begehren nach "kostenpflichtiger Abweisung der Beschwerde" nicht entnommen werden konnte, welcher Aufwand zum Ersatz angesprochen werde.
Wien, am
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Normen | B-VG Art131 Abs1 Z1; VwGG §34 Abs1; VwGG §59 Abs2; WRG 1959 §107 Abs2; WRG 1959 §11; WRG 1959 §111; WRG 1959 §112 Abs5; WRG 1959 §21 Abs2; WRG 1959 §26 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1966:1965001419.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAF-54894