VwGH 29.10.1974, 1411/74
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | EStG 1967 §9 Abs1 Z6; |
RS 1 | Der Grundsatz, daß der Steuerpflichtige die Bemessungsgrundlage für die AfA nicht willkürlich wechseln darf, erfährt dort eine Ausnahme, wo das Gesetz selbst anderes anordnet. Daher kommen als AfA-Basis ab 1968 (Inkrafttreten des EStG 1967) die fiktiven Herstellungskosten zum nicht mehr in Betracht. |
Normen | EStG 1967 §9 Abs1 Z6; RealschätzO 1897; |
RS 2 | Die Realschätzordnung kommt für die Ermittlung des den fiktiven Anschaffungskosten gleichzusetzenden Verkehrswertes deswegen nicht in Betracht, weil in ihr eine wesentliche Komponente aus den Neubaukosten hergeleitet wird. |
Norm | EStG 1967 §9 Abs1 Z6; |
RS 3 | Die fiktiven Anschaffungskosten können nur im Schätzungsweg ermittelt werden. Liegen keine besonderen Umstände vor, so wird man bei den in Wien um die Jahrhundertwende erbauten Häusern,die hinsichtlich der Mietzinsbildung dem Mietengesetz unterliegen, den 20 bis 30fachen Ertrag an Friedensmiete als Verkehrswert ansehen können. Vom Ergebnis wird ein 20 bis 30%iger Abschlag im allgemeinen zutreffen. Die Gesamtnutzungsdauer beträgt bei solchen Häusern im Regelfall 100 bis 120 Jahre. (hier: Besondere Erträge für Vermietung von Reklameflächen sind dabei zu berücksichtigen) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Seiler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzkommissär Dr. Heinrich, über die Beschwerde des Dr. WP, der AS und der AN, alle in W, die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin vertreten durch den Erstbeschwerdeführer, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom , Zl. 6-2220/2/72, betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1968 bis 1970, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind neben anderen Personen Miteigentümer des 1907 erbauten Miethauses in Wien XII, R. W. 251. Sie haben ihre Anteile sämtlich vor dem erworben. In einem die Jahre 1965 bis 1967 betreffenden Berufungsverfahren legten die Beschwerdeführer wegen der Restnutzungsdauer des Gebäudes ab ein Gutachten des Zivilingenieurs für Bauwesen Dipl.-Ing. Dr. techn. Gunter R. vom vor, in dem dieser zu einer Restnutzungsdauer ab 1969 von zehn Jahren gelangte. In der Berufungsentscheidung vom betreffend die Jahre 1965 bis 1967 hat die belangte Behörde hingegen eine Gesamtnutzungsdauer von 100 Jahren angenommen und daher eine Restnutzungsdauer von 44 Jahren ab dem . Dementsprechend berechnete sie die Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 1/44 der fiktiven Herstellungskosten zum und gelangte zu einem Betrag von S 34.900,--.
Für 1968 machten die Beschwerdeführer eine AfA von S 50.851,--
und für 1969 und 1970 eine solche von je S 34.900,-- geltend. Das Finanzamt ging jedoch bei der Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide 1968 bis 1970 von den fiktiven Anschaffungskosten zum unter Zugrundelegung einer Restnutzungsdauer von 44 Jahren aus. Die fiktiven Anschaffungskosten ermittelte das Finanzamt durch Ansatz des 20fachen Friedensmietzinses und Vornahme eines Abschlages von 20 v. H. für Grund und Boden. Dermaßen gelangte es zu einer AfA pro Jahr von S 5.508,--.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen die Feststellungsbescheide für 1968 bis 1970 Berufung. Sie beantragten in erster Linie, die AfA weiterhin von den fiktiven Herstellungskosten zum zu berechnen und stellten den Eventualantrag, die AfA von den nach den Bestimmungen der Realschätzordnung zu ermittelnden fiktiven Anschaffungskosten zum zu berechnen. Sie begründete ihren primären Berufungsantrag damit, daß der Berufungssenat mit seiner Entscheidung vom die AfA-Basis (fiktive Herstellungskosten zum ) mit S 1,535.600,-- und die AfA mit S 34.900,-- festgestellt habe. Ein Wechsel der Abschreibungsgrundlage sei ausgeschlossen. Der Gesetzgeber könne auch durch ein späteres Gesetz die schon vorher auf Grund der geltenden Gesetze zulässigerweise gewählte Abschreibungsgrundlage nicht mehr bei Wahrung der verfassungsgemäßen Rechte des Staatsbürgers zu dessen Nachteil ändern. Dies würde auch dem Wesen der AfA widersprechen.
Das Eventualbegehren wurde dahingehend begründet, daß nach der Realschätzordnung die fiktiven Boden-, Zeit- und Ertragswerte zusammenzuzählen seien und hievon das arithmetische Mittel zu nehmen sei. Die Beschwerdeführer berechneten demnach die fiktiven Anschaffungskosten zum und die AfA auf die nachstehende Weise:
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Bodenwert: | S | 122.400,-- |
Zeitwert: | S | 1,535.600,-- |
Ertragswert: | S | 340.000,-- |
S | 1,998.165,-- | |
davon das arithmetische Mittel | S | 999.083,-- |
Abzgl. Grund und Boden - | S | 122.400,-- |
fiktive Anschaffungskosten des Gebäudes zum : | S | 876.683,-- |
AfA (1/44 von S 876.683,-- ): | S | 19.925,--. |
Eine abweisliche Berufungsvorentscheidung setzten die Beschwerdeführer durch Antragstellung nach § 276 Abs. 1 BAO außer Wirksamkeit. In dem betreffenden Schriftsatz wurde ausgeführt, daß selbst dann, wenn man die fiktiven Anschaffungskosten auf der Basis des Friedenskronenzinses berechne, die Heranziehung des 20fachen Friedenszinses für ein Haus mit gegenständlicher Bauausstattung und Lage vollkommen verfehlt sei. Bei den Wohnungen dieses Hauses handle es sich um Mittelwohnungen, WC und Wasser lägen innerhalb des Wohnungsbereiches. Das Haus sei zentral direkt gegenüber der Stadtbahnstation S. gelegen, ungeachtet dessen liege es in einer ruhigen Nebengasse ohne störenden Verkehrslärm. Aus den gassenseitig gelegenen Wohnungen gehe der Blick ins Grüne in den A. Park, auch die hofseitigen Wohnungen lägen ruhig und hätten morgens und mittags Sonne, da die Haushöfe nicht eng verbaut seien. Die Heranziehung des 80fachen Friedenszinses (S 14.673, 60 x 80 = S 1,173.888,--) wäre daher die Mindestgrundlage.
In der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung wurden dem Erstbeschwerdeführer die Ausführungen in der Berufung gegen den Einheitswertbescheid zum , die Baubeschreibung zum und das Gutachten des Dipl.- Ing. Dr. Gunter R. vorgehalten.
Laut dem in den Akten befindlichen Protokoll über diese Verhandlung gab der Beschwerdevertreter zu der von der belangten Behörde in Aussicht gestellten AfA-Berechnung (die von der vom Finanzamt im erstinstanzlichen Bescheid durchgeführten nur dadurch abwich, daß der Jahresfriedensmietzins mit dem 25fachen angenommen wurde und sich somit eine AfA von S 6.886,-- ergab) lediglich an, daß er sich alle Schritte vorbehalte. Zur Berufung gegen den Einheitswertbescheid und die Baubeschreibung beantragte der Beschwerdevertreter ohne nähere Begründung, die Restnutzungsdauer von 44 auf 20 Jahre herabzusetzen.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Berufungen nur teilweise stattgegeben. Sie gelangte zu einer Jahres-AfA von S 8.912,--, indem sie bei der Ermittlung des Verkehrswertes vom 25fachen Friedenszins ausging und die Restnutzungsdauer mit 34 Jahren annahm. Ihre Entscheidung begründete die belangte Behörde im wesentlichen, wie folgt:
Nach der ab 1968 geltenden Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z. 6 lit. a EStG 1967 sei die Berechnung der AfA von den fiktiven Herstellungskosten zum nicht mehr zulässig. Die AfA könne daher nur mehr entweder vom Einheitswert oder von den fiktiven Anschaffungskosten zum berechnet werden. Die Realschätzordnung könne für die Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten nicht herangezogen werden, da die bedeutendste Komponente, nämlich der Zeitwert, aus den Herstellungskosten abgeleitet werde. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch wiederholt ausgesprochen, daß der für Gebäude zu ermittelnde Schätzwert nach der Realschätzordnung mit dem Verkehrswert überhaupt nicht gleichgesetzt werden könne (Erkenntnisse vom , Zl. 141/68, und vom , Zl. 491/69). Erfahrungsgemäß richte sich der Betrag, der für den Kauf eines Grundstückes am hätte aufgewendet werden müssen, nach einem Vielfachen des Friedensmietzinses oder dem 1 1/2- bis 2fachen des Einheitswertes zum , wobei allenfalls besondere Umstände zu berücksichtigen seien. Der Grund und Boden sei vor der AfA-Berechnung auszuscheiden. Über die Bauweise und Ausstattung, den Bauzustand und die Ertragslage des Grundstückes am seien folgende Feststellungen getroffen worden: Die Gesamtgröße habe 407 m2 betragen, davon seien 317 m2 bebaut gewesen. Es seien Anschlüsse für Wasser, Strom und Kanal und nur teilweise für Gas vorhanden gewesen. Das Haus sei ein Ziegelbau mit Holzbalkendecken. Das Dach sei hartgedeckt, die Fassade bestehe aus Normalverputz. Das Haus sei unterkellert, Wasser und Toiletten befänden sich überwiegend innen, die Fußböden seien teilweise aus Hart- und teilweise aus Weichholz, die Fenster seien Doppelfenster, es bestünden keine Verfliesungen oder sonstigen Wandverkleidungen. Die Wohnungen hätten am keine Badezimmer gehabt, wohl aber hätten vier Badeeinrichtungen bestanden. Die Entwässerung sei durch öffentlichen Kanal, die Beheizung durch Öfen erfolgt. Das Haus habe am keinen Lift gehabt. Es habe vier Vollgeschosse, 19 Wohnungen, drei Magazinräume und eine Werkstätte gehabt, die nutzbare Fläche habe 1002 m2 betragen, davon hätten 562 m2 Wohn- und 140 m2 gewerblichen Zwecken gedient. Von der gesamten nutzbaren Fläche sei für 1002 m2 (= 100 %) ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins tatsächlich entrichtet worden. Der Friedenszins habe 15.148 K (Hausliste vom ) betragen. In der Baubeschreibung zum sei weiters ausgeführt worden, daß eine Fassadenreparatur (Feuermauer, Lichthof) dringendst nötig wäre und daß die Gas- und Lichtinstallationen veraltet sei. In der Baubeschreibung zum sei angegeben worden, daß Bauausführung und Ausstattung unmodern seien, daß die Küchenfenster auf den Gang hinausgingen und daß das Haus durch Volltreffer der Artillerie kriegsbeschädigt sei. Auch sei aus dieser Baubeschreibung ersichtlich, daß sich im Haus überwiegend Kleinwohnungen (Zimmer und Küche oder Zimmer, Küche und Kabinett) und nur einige Mittelwohnungen befänden. Auf Grund der Baubeschreibung zum habe das Finanzamt den Einheitswert mit S 137.000,--
festgestellt (Gebäudewert S 180.360,-, Bodenwert S 163.200,--, 60 % Kürzungen). Die Zweitbeschwerdeführerin habe dagegen berufen und wörtlich ausgeführt:
"Der Bodenwert ist mit S 400,-- geschätzt, wobei die Lage eine ausgesprochen schlechte ist. Die Gassenfront sieht nach Norden, ist also sonnenlos; die Fundamente liegen im Schwemmsandgebiet des Wienflusses und lassen das Haus bei jeder Gelegenheit erzittern und die niedrige Tragfähigkeit des Bodens verlangte teure Pfahlfundierung und vermindert damit den Bodenwert. Die R. W. Zeile ist derzeit ohne Verkehr und ohne Möglichkeit, Geschäfte zu errichten. Selbst die Magazine im Keller sind jahrzehntelang unverwertbar gewesen. Die Autobahn, welche im W.-fluß errichtet wird, wird die Unannehmlichkeiten noch größer machen und durch die Anlage von Rampen die Straße gesperrt und geschädigt werden. Die Wertlosigkeit wird neuerlich vermehrt, der gemeine Wert der unverbauten Grundstücke in dieser Gegend wird S 400,-- nicht erreichen".
Auf Grund dieser Ausführungen habe das Finanzamt dieser Berufung teilweise stattgegeben und den Einheitswert auf S 121.000,-- herabgesetzt (Bodenwert S 300,-- pro m2 = S 122.400,-). Das bereits erwähnte Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. techn. Gunter R. bestätige, daß die Angaben in der Baubeschreibung zum auch noch am Tag der Erstellung des Gutachtens und damit auch am zuträfen ("Bauausführung und Ausstattung unmodern", "Küchenfenster auf den Gang", "Kriegsschäden"), Der Berufungssenat habe keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in den Baubeschreibungen zum und zum sowie den Ausführungen in der Berufung gegen den Einheitswertbescheid zum gehabt. Die dazu in Widerspruch stehenden Ausführungen im Vorlageantrag seien entweder überhaupt unrichtig oder träfen zumindest am noch nicht zu ("Mittelwohnungen", "WC und Wasser innerhalb des Wohnungsbereiches"). Die Darstellungen über die Lage des Hauses seien insoweit unrichtig bzw. unvollständig, als das Haus weder direkt gegenüber der Stadtbahnstation S. noch gegenüber dem A.-Park, sondern gegenüber der S.-straße und in unmittelbarer Nähe des W.-flusses und der Stadtbahn, allerdings in nächster Höhe der Station S. liege. In der Regel betrage der Verkehrswert eines dem Mietengesetz unterliegenden Grundstückes das 20- bis 30fache des Friedenszinses. Die Lage des Grundstückes und die Ausstattung des gegenständlichen Hauses könnten gerade noch als durchschnittlich angesehen werden, der Bauzustand sei sogar eher unter dem Durchschnitt gelegen. Der Berufungssenat schätze daher den Verkehrswert mit dem 25fachen des Friedenszinses und sei nach Abzug des auf Grund und Boden entfallenden Anteiles von 20 % (der Abschlag von 20 % bilde die Untergrenze; er liege auch mit S 75.740,-- weit unter dem Bodenwert laut Berufungsvorentscheidung betreffend den Einheitswert zum ) zu den fiktiven Anschaffungskosten des Hauses von S 303.000,-- gelangt. Betreffend die Restnutzungsdauer sei in der Berufungsentscheidung vom ausgeführt worden, daß bei den um die Jahrhundertwende gebauten Miethäusern erfahrungsgemäß auch von Sachverständigen in aller Regel die Gesamtnutzungsdauer mit 100 bis 120 Jahren geschätzt werde. Es sei auch dargelegt worden, daß das Gutachten von Dipl.-Ing. Dr. techn. R. im wesentlichen nur die normalen Mängel und Abnutzungserscheinungen angeführt habe, die fast alle um die Jahrhundertwende gebauten Häuser, die den 2. Weltkrieg überstanden hätten, aufwiesen und daß keine Schäden angeführt seien, die auf einen ungewöhnlich schlechten Bauzustand schließen ließen. Daß die Anlage und Ausstattung der Wohnungen nicht allen modernen Anforderungen entspreche, bedeute nicht, daß sie bereits nach 10 Jahren unbenützbar oder nicht mehr zu vermieten sein würden.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen worden, daß den Erschütterungen durch den zunehmenden Verkehr heute die meisten Häuser in Wien ausgesetzt seien. Diese könnten vielleicht bei an sich schon baufälligen Häusern den Verfall beschleunigen. Um ein baufälliges Haus handle es sich hier nicht. Diese Erwägungen seien zutreffend. Es sei jedoch nicht darauf Bedacht genommen worden, daß die Fundamente des Hauses im Schwemmsandgebiet lägen. Dieser Umstand erscheine geeignet, die Nutzungsdauer des Hauses zu verkürzen, jedoch nicht in dem vom Beschwerdevertreter beantragten Ausmaß. Dem Berufungssenat sei vielmehr eine Gesamtnutzungsdauer von 90 und eine Restnutzungsdauer von 34 Jahren (bis 1997) angemessen erschienen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerde mit Erkenntnis vom , Zl. B 6,26,37/74, abgewiesen, sie jedoch zur Prüfung der Frage, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in anderen als verfassungsgesetzlichen Rechten verletzt sind, antragsgemäß nach Art. 144 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 6 lit. a EST 1953 in der Fassung der Einkommensteuernovelle 1965, BGBl. Nr. 202, bemißt sich die AfA bei einem nicht zum Betriebsvermögen gehörigen und vor dem angeschaffter, hergestellten oder unentgeltlich erworbenen Gebäude nach dem Einheitswert zum , auf Antrag jedoch nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu diesem Stichtag. Auf Grund des § 9 Abs. 1 Z. 6 lit. a EStG 1967 (anwendbar für Veranlagungszeiträume ab 1968) gilt grundsätzlich dasselbe mit der für den Beschwerdefall bedeutsamen Abweichung, daß eine AfA von den fiktiven Herstellungskosten zum nicht mehr vorgesehen ist.
Die Beschwerdeführer vertreten in Übereinstimmung mit ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren sowohl in der Beschwerde als in dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Ergänzungsschriftsatz die Rechtsmeinung, sie seien auch ab 1968 berechtigt, die AfA von den fiktiven Herstellungskosten zum zu berechnen. Sie gründen diese Rechtsansicht einerseits auf verfassungsgesetzliche Überlegungen, anderseits berufen sie sich auf die Rechtsprechung, wonach die Berechnungsgrundlage für die AfA nach der einmal getroffenen Wahl nicht mehr gewechselt werden darf: Dazu ist zu sagen:
Soweit sich die Beschwerde auf verfassungsgesetzliche Vorschriften beruft, genügt es, auf das in der Sache ergangene zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sind. Die Bezugnahme der Beschwerdeführer auf den vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung gerade im Zusammenhang mit der Anwendung des § 9 Abs. 1 Z. 6 lit. a EStG 1953 und EStG 1967 herausgearbeiteten Grundsatz, der Abgabepflichtige dürfe bei der Berechnung der AfA von der einmal gewählten Bemessungsgrundlage nicht willkürlich in späteren Jahren abweichen, trifft an sich zu. Jedoch übersehen die Beschwerdeführer, daß vorliegendenfalls nicht die Wahl der Abschreibungsgrundlage durch den Abgabepflichtigen in Rede steht, sondern daß der Gesetzgeber selbst durch das Einkommensteuergesetz 1967 die Möglichkeit ausgeschlossen hat, ab 1968 fiktive Herstellungskosten der AfA-Ermittlung zugrunde zu legen. Daß dies nicht etwa durch einen Irrtum des Gesetzgebers geschehen ist, sondern dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entsprochen hat, folgt aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Einkommensteuergesetzes 1967, wo ausdrücklich hervorgehoben wird, daß nur die fiktiven Anschaffungskosten einen dem Sinn der Bestimmung entsprechenden Bewertungsmaßstab darstellen. Bei dieser Rechtslage war es der belangten Behörde verwehrt, die fiktiven Herstellungskosten zum als Grundlage für die AfA heranzuziehen.
Die Beschwerdeführer erblicken eine Rechtswidrigkeit auch darin, daß die belangte Behörde den Verkehrswert des gegenständlichen Hauses nicht unter Beachtung der Grundsätze der Realschätzordnung ermittelt hat. Dem hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid entgegengehalten, daß das System der Wertermittlung nach der Realschätzordnung deshalb bei der Feststellung des Verkehrswertes nicht herangezogen werden kann, weil dabei der Zeitwert aus den Herstellungskosten abgeleitet wird. Dem ist zuzustimmen. Dadurch, daß die fiktiven Herstellungskosten - wie bereits dargetan - bei der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage unberücksichtigt zu bleiben haben, erweist sich eine dennoch auf ihnen aufbauende Schätzungsmethode als nicht zielführend. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , Zl. 491/69, - im Zusammenhang mit der Ermittlung des Gegenwertes auf dem Gebiete der Grunderwerbsteuer - ausgesprochen, daß der für Gebäude nach der Realschätzordnung zu ermittelnde Schätzwert mit dem Verkehrswert überhaupt nicht gleichgesetzt werden kann. Desgleichen hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 141/68, Slg. Nr. 3844/F, die Rechtsmeinung vertreten, daß bei der Ermittlung des Verkehrswertes eines hinsichtlich der Mietzinsbildung den Bestimmungen der Mietengesetzgebung unterliegenden Gebäudes der Bauzeitwert als Preisfaktor völlig in den Hintergrund tritt. Die belangte Behörde hat daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie die von den Beschwerdeführern aufgestellte und auf der Realschätzordnung beruhende Berechnung für die ziffernmäßige Ermittlung der AfA nicht übernommen hat.
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom ausgesprochen, daß die Anschaffungskosten, die im wesentlichen dem Verkehrswert gleichzusetzen sind, bei Wiener Miethäusern in aller Regel durch Vervielfachung des Friedensmietzinses von 1914 zu ermitteln sind, wobei regelmäßig ein 20- bis 30facher Vervielfacher zutrifft. Wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall einen Vervielfacher von 25 angewendet hat, so kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Sachverhaltsfeststellungen der belangten. Behörde hierin keine Rechtswidrigkeit erblicken, zumal die Beschwerdeführer dem lediglich die allgemein gehaltene und durch keinerlei konkretes Vorbringen untermauerte Behauptung entgegenhalten, der 25fache Vervielfacher sei zu gering, weil das Alter, der Bauzustand und die Lage des Miethauses nicht genügend berücksichtigt worden seien. Die damit im Zusammenhang stehende Rüge, die belangte Behörde hätte die jährliche "Schildmiete" von S 633,84 unbeachtet gelassen, ist ebenfalls nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Zum einen handelt es sich dabei im Vergleich zu dem von der belangten Behörde festgestellten und der Vervielfachung zugrunde gelegten Jahresertrag von S 15.148,-- um einen relativ so geringen Betrag, daß seine Außerachtlassung im Rahmen der nur im Schätzungsweg ermittelbaren fiktiven Anschaffungskosten nicht wesentlich ins Gewicht fällt, zum anderen gelangten die Beschwerdeführer in ihrer Berufungsschrift selbst unter Berücksichtigung der "Schildmiete" lediglich zu einem Jahresertrag von S 13.106,--.
Wenn die Beschwerdeführer die Frage aufwerfen, ob tatsächlich ein Anteil für Grund und Boden auszuscheiden sei, so ist das zu bejahen; denn die Ermittlung des Verkehrswertes eines Mieterträge abwerfenden Gebäudes enthält zwangsläufig eine Tangente für den Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist. Was die beanstandete Höhe dieses Abschlages anlangt, so gilt dasselbe wie für das Beschwerdevorbringen betreffend den Ansatz des Vervielfachers: Die Beschwerdeführer haben weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Verwaltungsgerichtshof konkret vorgebracht, warum ein niedriger Abschlag als der von 20 % gerechtfertigt sein soll. In Übereinstimmung mit den Erfahrungen auf dem Grundstücksmarkt konnte die belangte Behörde daher ohne Rechtsverletzung diesen Anteil abziehen.
Was den Vorwurf betrifft, die belangte Behörde hätte sich zur Ermittlung des Verkehrswertes auf den eines Sachverständigen bedienen müssen, so liegt in der Unterlassung der Aufnahme dieses Beweismittels deswegen kein wesentlicher Verfahrensmangel, weil die belangte Behörde auf Grund der ihr vorliegenden Akten selbst in der Lage war, einen mit den Gegebenheiten auf dem Wiener Grundstücksmarkt übereinstimmenden Verkehrswert zu ermitteln. Im übrigen wäre es den Beschwerdeführern nicht verwehrt gewesen, ihrerseits ein Sachverständigengutachten vorzulegen.
Die von der belangten Behörde angenommene Restnutzungsdauer wird von der Beschwerde nicht gerügt, weshalb es sich erübrigte, den angefochtenen Bescheid in dieser Richtung zu überprüfen,
Die Beschwerde erweist sich somit in keinem Punkt als begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen. Das hatte, da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zu erfolgen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | EStG 1967 §9 Abs1 Z6; RealschätzO 1897; |
Sammlungsnummer | VwSlg 4747 F/1974 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1974:1974001411.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-54868