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VwGH 11.10.1979, 1400/79

VwGH 11.10.1979, 1400/79

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
BauO Wr §129 Abs5;
RS 1
Die Vorlage von Befunden eines Sachverständigen in periodischen Abständen (hier: alle drei Monate) kann im Grunde des § 129 Abs 5 der BauO Wien vom Hauseigentümer nicht gefordert werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rath und die Hofräte Dr. Draxler, Mag. Onder, DDr. Hauer und Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsrat Dr. Thumb, über die Beschwerde des WK in W, vertreten durch Dr. Donat Mossbauer, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerstraße 35, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B XV-25/78, betreffend Erteilung eines Auftrages gemäß § 129 Abs. 5 der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.310,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien-Magistratsabteilung 37 vom wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Hauses Wien XV, G-gasse 11, gemäß § 129 Abs. 5 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, "die Standfestigkeit des dreistöckigen Wohngebäudes im Hinblick auf die gepölzten Bauteile durch einen Sachverständigen ständig überwachen zu lassen. Bei Feststellung einer als Baugebrechen zu wertenden Verschlechterung des Bauzustandes ist darüber sowie über die Art und Umfang der Baugebrechen der Baubehörde spätestens binnen acht Tagen nach Feststellung der Verschlechterung ein Befund eines Sachverständigen vorzulegen". In der Begründung dieses Bescheides führte die Baubehörde erster Instanz aus, bei der am durchgeführten Büroverhandlung sei festgestellt worden, daß die eisernen Unterzüge und Deckenträger im Keller des dreistöckigen Wohngebäudes zerstört und im Wege einer notstandspolizeilichen Maßnahme gepölzt worden seien. Trotz dieser Sicherheitsmaßnahme lasse sich aber eine durch weiteren Zeitablauf eintretende Verschlechterung des Bauzustandes des Gebäudes und somit ein Baugebrechen vermuten.

Nachdem der Beschwerdeführer in seiner gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung die Auffassung vertreten hatte, der in Rede stehende baubehördliche Auftrag sei im Gesetz nicht gedeckt, erließ die Bauoberbehörde für Wien nach Abhaltung einer Büroverhandlung den Bescheid vom , mit welchem ausgesprochen worden ist, daß der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt zu lauten habe: "Gemäß § 129 Abs. 5 der Bauordnung für Wien wird dem Eigentümer des Hauses Wien XV, Ggasse 11 (Ez. nnn des Grundbuches der Kat. Gemeinde Rudolfsheim), der Auftrag erteilt, ab Rechtskraft dieses Bescheides in periodischen Abständen von drei Monaten jeweils einen Befund eines Sachverständigen, aus dem hervorgeht, ob sich die Standfestigkeit dieses Hauses verschlechtert hat und zutreffendenfalls über Art und Umfang der Verschlechterung, der Magistratsabteilung 37 - Außenstelle für den 15. Bezirk, vorzulegen".

In der Begründung ihres Bescheides brachte die Bauoberbehörde für Wien zum Ausdruck, anläßlich der während des Berufungsverfahrens durchgeführten mündlichen Verhandlung sei festgestellt worden, daß bisher kein Befund über den Bauzustand des gesamten Hauses in bezug auf die Standfestigkeit vorliege. Es erscheine daher unbedingt notwendig, einen Befund über die Standfestigkeit des Hauses gemäß § 129 Abs. 5 der Bauordnung vorzulegen. Dieser Auftrag müsse von der ersten Instanz nachgeholt werden. Darüber hinaus vertrete die Bauoberbehörde aber den Standpunkt, daß auf Grund der bereits erkannten Baugebrechen die Gefahr gegeben sei, daß sich trotz der Pölzungen der Zustand des Hauses laufend verschlechtern könne. Es erscheine daher unbedingt erforderlich, daß von seiten des Hauseigentümers periodisch eine Überprüfung durch einen Sachverständigen durchgeführt werde. Über das Ergebnis dieser periodischen Überprüfungen müsse im Hinblick auf den bereits erkannten Bauzustand der Baubehörde Meldung erstattet werden, damit diese erforderlichenfalls entsprechende Maßnahmen zur Abwehr oder Hintanhaltung einer Gefahr veranlassen könne, wenn dies nicht bereits vom Hauseigentümer veranlaßt werde. Der Sachverständige der Magistratsabteilung 37 habe als Frist für diese Vorlage des Überprüfungsbefundes auf Grund des Bauzustandes des Hauses drei Monate vorgeschlagen. Diese Frist erscheine der Bauoberbehörde angemessen, um eine Garantie zu bieten, daß, solange das Haus bestehe bzw. die Instandsetzung nicht erfolgt sei, Gefährdungen von Personen und Sachen hintangehalten werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid für inhaltlich rechtswidrig, weil er durch § 129 Abs. 5 der Bauordnung für Wien nicht gedeckt sei.

Mit dieser Ansicht ist der Beschwerdeführer aus nachstehenden Erwägungen im Recht:

Zufolge § 129 Abs. 5 der Bauordnung für Wien ist der Eigentümer (jeder Miteigentümer) eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage verpflichtet, deren Bauzustand zu überwachen. Läßt dieser das Vorliegen eines Baugebrechens vermuten, hat er den Befund eines Sachverständigen einzuholen. Lassen sich Art und Umfang eines vermuteten Baugebrechens nicht durch bloßen Augenschein feststellen, ist er über Auftrag der Behörde verpflichtet, über das Vorliegen des vermuteten Baugebrechens und gegebenenfalls über dessen Art und Umfang den Befund eines Sachverständigen vorzulegen. Der dem Befund zugrunde gelegte Sachverhalt muß durch die Behörde überprüfbar sein.

Aus dieser Bestimmung kann entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht abgeleitet werden, daß in einem einzigen Bescheid der Auftrag zur Vorlage von Sachverständigenbefunden in "periodischen Abstände von drei Monaten" erteilt werden darf, da im Gesetz ausdrücklich nur davon die Rede ist, daß der Hauseigentümer über behördlichen Auftrag verpflichtet ist, den Befund eines Sachverständigen über das Vorliegen des vermuteten Baugebrechens und gegebenenfalls über dessen Art und Umfang vorzulegen, was nur so verstanden werden kann, daß zur Zeit der Erlassung des diesen Auftrag enthaltenden Bescheides die Vermutung eines Baugebrechens gegeben sein muß, über dessen Art und Umfang der Befund eines Sachverständigen Aufschluß zu geben hat, damit die Behörde gegebenenfalls in die Lage versetzt wird, einen Auftrag nach § 129 Abs. 4 leg. cit. zu erlassen. Die Möglichkeit eines Auftrages zur Befundvorlage zielt nämlich darauf ab, eine einwandfreie für einen baupolizeilichen Auftrag nach Abs. 4 der in Rede stehenden Gesetzesstelle zu erlangen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 8786/A). Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird noch deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, daß der Beschwerdeführer im Falle der Aufrechterhaltung dieses Bescheides jedenfalls nach dessen Wortlaut in der Folge immer wieder zur Vorlage von Sachverständigenbefunden auch dann noch verpflichtet wäre, wenn nach allfälliger Beseitigung des zu vermutenden Baugebrechens gar kein Anlaß mehr für die Vermutung eines Baugebrechens bestünde. Im Lichte dieser Erwägung kann daher auch der von der belangten Behörde in der Gegenschrift ins Treffen geführte Gedanke - die Befundvorlage könne in periodischen Abständen aufgetragen werden, da dadurch an sich derselbe Effekt herbeigeführt werde, wie wenn die Behörde in denselben periodischen Abständen jeweils einen gleichlautenden Bescheid, der die Vorlage jeweils eines Befundes auftrage, erlassen würde, wobei diese Art der Vorgangsweise aber schon aus verwaltungsökonomischen Gründen kaum zielführend wäre - nicht zur Stützung der Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Bescheides dienen.

Unabhängig davon, daß sich bereits aus diesem Grund die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt, bleibt der Vollständigkeit halber noch zu sagen, daß der Gerichtshof die Voraussetzungen für die Erlassung des in Rede stehenden Auftrages auch deshalb nicht für gegeben hält weil nach der Aktenlage davon auszugehen ist, daß die eiserne Unterzüge des Deckenträgers im Keller des gegenständlichen Wohnhauses zerstört sind. Verhält es sich aber so, dann vermag auch der Umstand, daß im Wege einer notstandspolizeilichen Maßnahme eine Pölzung vorgenommen worden ist, nichts daran zu ändern, daß noch immer ein Baugebrechen vorliegt, da die Pölzung lediglich eine vorläufige Sicherungsmaßnahme darstellt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1747/58), sodaß von der Annahme der im Gesetz für die Zulässigkeit des in Rede stehenden Auftrages vorgesehenen bloßen Vermutung eines Baugebrechens nicht mehr die Rede sein konnte.

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff leg. cit. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 542/1977. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, da an Stempelgebühren insgesamt lediglich S 230,-- (S 140,-- für zwei Beschwerdeausfertigungen, S 20,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und S 70,-- für die Vollmacht) zu entrichten waren.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
BauO Wr §129 Abs5;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1979001400.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-54840