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VwGH 17.11.1967, 1395/66

VwGH 17.11.1967, 1395/66

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei Arbeitgebern, die nach den anerkannten Regeln des Völkerrechtes nicht zur Vornahme des Steuerabzuges verhalten werden können, sind Einkünfte iSd § 93 Abs 1 lit b EStG 1953, von denen ein Steuerabzug NICHT vorzunehmen ist. Ein solcher Arbeitnehmer ist unter den Voraussetzungen des § 26 EStG 1953 mit seinem Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Sektionsrates Dr. Walter, über die Beschwerde der AS und des ES, beide in W, vertreten durch Dr. Ernst Thomas, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 27, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA IV-1404/66, betreffend Einkommensteuer 1964, nach der am durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Beschwerdeführers ES, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrates Dr. Felix Neudeck, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde der AS wird als unbegründet abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner beschlossen, die Beschwerde des ES zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 790,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist Angestellte der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Wien und bezieht als solche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ihrem Ehegatten, dem Zweitbeschwerdeführer, fließen als Prokuristen ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu. Für das Jahr 1964 legte die Erstbeschwerdeführerin eine Einkommensteuererklärung vor, in der sie ihre Dienstbezüge, von denen ein Steuerabzug nicht vorgenommen worden war, bekanntgab. In Übereinstimmung mit der Steuererklärung wurden diese Einkünfte vom zuständigen Finanzamt im Wege der Veranlagung erfaßt und am ein Einkommensteuerbescheid an die Erstbeschwerdeführerin erlassen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Diesen erstinstanzlichen Bescheid hob die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Aufsichtsbehörde durch Bescheid vom unter Hinweis auf § 299 Abs. 2 BAO auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, Ehegatten, die unbeschränkt steuerpflichtig sind und in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben, seien gemäß § 26 Abs. 1 EStG 1953 bei der Veranlagung zur Einkommensteuer zusammen zu veranlagen und ihre Einkünfte zusammenzurechnen. Da das Finanzamt diese Vorschrift bei der Veranlagung nicht beachtet habe, sei der Bescheid aufzuheben gewesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Gerichtshof erwogen hat:

In Ausübung des Aufsichtsrechtes kann die Oberbehörde gemäß § 299 Abs. 2 BAO einen Bescheid dann aufheben, wenn er inhaltlich rechtswidrig ist. Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt die Erstbeschwerdeführerin allein mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Wege der Veranlagung zur Einkommensteuer herangezogen. Es ist aber aus den Akten ersichtlich und überdies unbestritten, daß die Erstbeschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten, dem Zweitbeschwerdeführer, der selbst Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, während des strittigen Veranlagungszeitraumes in dauernder Haushaltsgemeinschaft lebte und beide infolge ihres inländischen Wohnsitzes unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren. Bei Zutreffen dieser Voraussetzungen schreibt § 26 EStG die Zusammenveranlagung der Ehegatten und damit die Zusammenrechnung ihrer Einkünfte zwingend vor. Die Anwendung der genannten Bestimmung kann aber erst dann Platz greifen, wenn gemäß § 25 bzw. § 93 EStG eine Veranlagung überhaupt vorzunehmen ist. Die belangte Behörde ist in ihrem aufhebenden Bescheid auf diese Frage nicht ausdrücklich eingegangen, doch muß in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beschwerde angenommen werden, daß sie sie bejahte. Nach § 25 EStG wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat, soweit nicht nach § 93 EStG eine Veranlagung unterbleibt. Sind im Einkommen Einkünfte enthalten, von denen ein Steuerabzug vom Arbeitslohn vorzunehmen ist, so wird der Steuerpflichtige gemäß § 93 Abs. 1 EStG mit dem Einkommen nur veranlagt, wenn a) das Einkommen S 150.000,-- übersteigt und darin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mehrerer Personen enthalten sind oder b) die Einkünfte, von denen ein Steuerabzug nicht vorzunehmen ist, mehr als S 5.000,-- betragen haben, oder c) im Einkommen kapitalertragssteuerpflichtige Einkünfte von mehr als S 1.500,-- enthalten sind.

Die Beschwerde bestreitet zwar nicht, daß die Erstbeschwerdeführerin im Veranlagungswege zur Einkommensteuer heranzuziehen war, wie das im erstinstanzlichen Bescheid geschehen ist, dagegen bestreitet sie die Rechtmäßigkeit der Veranlagung des Zweitbeschwerdeführers zusammen mit seiner Gattin, der Erstbeschwerdeführerin, gemäß § 93 Abs. 1 lit. b EStG. Dies mit der Begründung, daß unter "Einkünften, von denen ein Steuerabzug nicht vorzunehmen ist", keinesfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu subsumieren seien. Der Verwaltungsgerichtshof konnte sich dieser Meinung nicht anschließen. Bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 758/67, hat der Gerichtshof dargetan, daß zu den in lit. b der genannten Gesetzesstelle angeführten Einkünften auch aus dem Ausland fließenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu zählen seien. Es handle sich dort um von der Pensionsversicherungsanstalt Berlin bezogene nichtselbständige Einkünfte. Die gesetzlichen Vorschriften über die Erhebung der Einkommensteuer bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit durch Abzug vom Arbeitslohn sind nämlich nur auf inländische nichtselbständige Einkünfte anwendbar, weil die Österreichische Steuerhoheit sich nicht auf das Ausland erstrecken kann. Aus dem Ausland fließende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind mithin, wie der Gerichtshof erkannte, solche, von denen ein Steuerabzug nicht vorzunehmen ist. Das gleiche hat aber für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Arbeitnehmern zu gelten, die zwar im Inland, aber bei Arbeitgebern beschäftigt sind, die nach den anerkannten Regeln des Völkerrechtes nicht zur Vornahme des Steuerabzuges verhalten werden können. Auch hier liegen Einkünfte vor, von denen ein Steuerabzug nicht vorzunehmen ist, weil die maßgeblichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes über den Abzug der Steuer vom Arbeitslohn kraft besonderer Vorschriften nicht anwendbar sind.

Der Zweitbeschwerdeführer, der im strittigen Veranlagungszeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat, von denen ein Steuerabzug vom Arbeitslohn vorzunehmen war, war mithin, da die Gattin als Angestellte einer ausländischen diplomatischen Vertretung Einkünfte bezogen hat, von denen ein Steuerabzug nicht vorzunehmen war, mit dieser gemäß § 26 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 lit. b EStG zusammen zu veranlagen. Der erstinstanzliche Einkommensteuerbescheid, der eine Veranlagung der Ehegattin mit deren Einkünften allein vorgenommen hatte, war somit wegen Nichtbeachtung der Vorschrift des § 26 EStG jedenfalls rechtswidrig und seine Aufhebung durch die belangte Behörde gemäß § 299 BAO gerechtfertigt.

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin erwies sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers war mangels Berechtigung zur Beschwerdeerhebung zurückzuweisen, weil weder der erstinstanzliche noch der dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Aufhebungsbescheid der belangten Behörde an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet waren.

Der Kostenausspruch stützt sich auf §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 3682 F/1967;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1967:1966001395.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-54827