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VwGH 14.09.1970, 1379/69

VwGH 14.09.1970, 1379/69

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §8
BauO Wr §134 Abs3
BauRallg
RS 1
Für das Mitspracherecht des Anrainers kommt es darauf an, ob seine Rechte berührt werden, also ob die betreffende Vorschrift auch dem Interesse des betreffenden Anrainers zu dienen bestimmt ist.
Normen
BauO Wr §134 Abs3
BauRallg
RS 2
Der Nachbar ist nicht zur Wahrung fremder Rechte legitimiert (Hinweis E 1771/62).
Normen
AVG §8
BauO Wr §134 Abs3
BauO Wr §76 Abs3
BauO Wr §84 Abs6
RS 3
Anrainer, dessen Grundstück seitlich angrenzt, ist bezüglich der Vorgartenbreite nicht mit subjektiven-öffentlichen Rechten versehen. Umso mehr gilt das für den Anrainer an der dem Vorgarten entgegengesetzten Grundgrenze.
Normen
BauO Wr §134 Abs3
BauO Wr §67 Abs1
BauO Wr §76 Abs1 litb
BauO Wr §87 Abs1
RS 4
Auch im Falle der Kupplung besitzt der Anrainer kein subjektives-öffentliches Recht bezüglich schönheitlicher Rücksichten. (Daran ändert auch eine behauptete Minderung des Verkehrswertes des Hauses des Anrainers nichts.
Normen
BauO Wr §101 Abs2
BauO Wr §67 Abs1
BauO Wr §76 Abs1 litb
BauO Wr §87 Abs1
RS 5
Es gehört nicht zum Wesen der gekuppelten Bauweise, dass sich die gekuppelten Gebäude (Feuermauern) völlig aneinander anpassen. Für die gekuppelte Bauweise ist es nur wesentlich, dass auf benachbarten Bauplätzen Bauten an der gemeinschaftlichen Grundgrenze aneinandergebaut und nach allen anderen Seiten freistehend errichtet werden (Hinweis E , 1520/63).
Normen
BauO Wr §13 Abs1 litb
BauO Wr §134 Abs3
BauO Wr §66
RS 6
Die Vorschriften über die Notwendigkeit der Erwirkung einer Abteilungsbewilligung vor oder gleichzeitig mit der Baubewilligung, gehören nicht zu jenen Bestimmungen, die auch dem Interesse der Beteiligten dienen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Lehne, Dr. Leibrecht, Dr. Hrdlicka und Dr. Straßmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Ministerialkommissär Dr. Bily, über die Beschwerde der AG in W und der BD in W, beide vertreten durch Dr. Erich Jung, Rechtsanwalt in Salzburg, Paris-Lodronetraße 2, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid der Magistratsdirektion Wien, Rechtsmittelbüro, vom , Zl. MDR-B XXIII-31/69) - mitbeteiligte Parteien: HK und EK, beide in W, betreffend Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von je S 195,-- (zusammen S 390,--) binnen zwei blechen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens HK und EK hatten im August 1968 um Baubewilligung zur Errichtung eines einstöckigen unterkellerten Einfamilienhauses auf der Liegenschaft Wien XXIII, X Gasse 157, EZ. 4742, Grundstück 1361/1 und 1363/1, ersucht. Die beiden Mitbeteiligten waren als Bauwerber aufgetreten, während EK auch als Grundeigentümerin ihre Zustimmung gegeben hatte. Die Beschwerdeführerinnen sind Anrainerinnen, dies als Eigentümerinnen der Liegenschaft X Gasse 155, EZ. 2401 Grundstück 1364/4, 1364/2 und 1364/3. Bei der Fortsetzung der am begonnenen und auf Antrag der Erstbeschwerdeführerin vertagten Verhandlung wurden von dieser Einwendungen erhoben, denen sich BD in einer Eingabe anschloß.

1.) Zunächst wurde vorgebracht, daß das Grundstück, auf dem das Haus errichtet werden solle, kein Bauplatz sei. In einem diesbezüglichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, M. Abt. 64, vom heißt es ganz ausdrücklich durch „diese Grundabschreibung“ werde „kein Bauplatz geschaffen“.

2.) Die nächste Einwendung hat folgenden Wortlaut: „Mangelnder Seitenabstand. Gegen die Änderung des Fluchtlinienplanes durch den Gemeinderatsausschuß VI vom , der unter anderem gegen die Bauordnung § 1 verstößt, behalte ich mir Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof vor.“ Zur Erklärung sei hier bemerkt, daß die bezeichnete Änderung des Bebauungsplanes eine Herabsetzung der Vorgartenbreite auf der vom Grundstück abgekehrten Seite des zu bebauenden Grundstückes der Mitbeteiligten, welches sowohl an die X Straße als auch an eine Seitenstraße (L Gasse) angrenzt, von 6 m auf 3 m betrifft.

3.) Die nächste Einwendung hat folgenden Wortlaut: „Koppelung. Das Gesetz kennt eine Verpflichtung zur Koppelung nur im öffentlichen Interesse an. Diese ist nur für den Fall vorgesehen, daß freibleibende Feuermauern an der Liegenschaftsgrenze aus schönheitlichen Gründen durch unmittelbares Anbauen zu decken sind. Im gegenständlichen Fall deckt der Anbau nicht einmal die Hälfte der vorhandenen Feuermauer, architektonisch bedeutet er eine Verschandelung und nicht eine Verschönerung des Bildes. Dadurch würde u. a. auch eine erhebliche Wertminderung des Hauses eintreten. Das zur Baubewilligung vorgelegte Projekt verletzt außerdem § 87 der Bauordnung.“ Zur Erklärung sei hier bemerkt, daß das Haus der Beschwerdeführerinnen nach dem Lageplan an der Grundgrenze zur Liegenschaft der mitbeteiligten Partei EK errichtet ist, und daß im Bauvorhaben ein Anbau an dieser Grundgrenze jedoch nicht in der ganzen Länge und Höhe des Gebäudes der Beschwerdeführerinnen vorgesehen war.

4.) In diesem Punkt rügten die Beschwerdeführerinnen die Unvollständigkeit der Baupläne; sie führten ferner aus, daß die nach § 64 Abs. 4 der Bauordnung für Wien zwingend vorgeschriebene Vorlage der statischen Berechnung nicht erfolgt sei und daß die Angaben zu § 64 Abs. 2 der Bauordnung für Wien nicht vollständig bzw. unrichtig seien. Ohne weitere Gliederung in einzelne Punkte wurde dann noch ausgeführt, daß das bisherige Verhalten der Familie des Bauwerbers und die auf dem Grundstück gesetzten Handlungen den dringenden Verdacht begründen müßten, die Bauwerber würden sich auch weiterhin nicht an die entsprechenden Vorschriften der Bauordnung halten. Schon bisher habe die Grundeigentümerin gröbliche Verletzungen der Bauordnung begangen. Ein gemauertes Bauwerk sei ohne Beachtung der sanitären Vorschriften errichtet worden, ohne Klär- und Sickeranlage; Strom und Wasser seien eingeleitet worden, dies alles ohne Baugenehmigung. Erst etwa 6 Wochen nach dem Ansuchen um Baubewilligung hatten die Bauwerber ohne Genehmigung den Gas- und Kanalanschluß hergestellt. Vor etwa zwei Jahren seien im Garten, etwa einen Meter von der Grundgrenze entfernt, Fundamente für ein Haus gelegt worden, die jedoch mittlerweile abgetragen worden seien.

Die Erteilung der Baubewilligung bzw. die Aufrechterhaltung der Änderung des Fluchtlinienplanes würde einer Grundspekulation Tür und Tor öffnen. Der Grund sei nämlich im September 1957 als Wiesengrund zum Preis von S 18,-- per m2 gekauft worden. Damals habe aber der Preis für Baugrund in der Gegend etwa S 250,-- pro m² betragen. Der die Abänderung des Fluchtlinienplanes genehmigende Beschluß des Gemeinderatsausschusses sei für die übrigen angrenzenden Grundstücke ohne Bedeutung und ausschließlich im Interesse der Bauwerber zustandegekommen, deren Grundstück durch diesen Beschluß eine Werterhöhung um etwa 2000 % erfahren würde.

Mit Bescheid des Wiener Magistrates, M. Abt. 37, vom wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 70 der Bauordnung für Wien und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes die Bewilligung erteilt, nach den vorgelegten Plänen das Einfamilienhaus unter Einhaltung der mit Bescheid der M. Abt. 37 vom , Zl. 878/67, bekanntgegebenen Fluchtlinien zu errichten. Die Anrainereinwendungen wurden hinsichtlich des Punktes 1.) mangels Parteistellung zurückgewiesen, hinsichtlich der Punkte 2.) und 3.) als im Gesetz nicht begründet abgewiesen, soweit jedoch schönheitliche Belange berührt wurden, mangels Parteistellung zurückgewiesen. Hinsichtlich des Punktes 4.) und der folgenden Ausführungen aber ebenfalls mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, daß sich diese die Geltendmachung der Schadenersatzansprüche vorbehalte, wurde als privatrechtlich erklärt und die Streitteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, ein subjektiv-öffentliches Recht des Anrainers, eine Bauführung dürfe nur auf einem Bauplatz stattfinden, bestehe nach den Bestimmungen der Bauordnung für Wien nicht. Der Bauplatz sei aber mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, M. Abt. 64, vom genehmigt worden. Gemäß § 76 Abs. 5 der Bauordnung für Wien habe über Anordnung der Behörde die Kupplung zu erfolgen, wenn der Nachbar an der gemeinschaftlichen Grenze bereits angebaut habe. Es könne kaum ein Zweifel bestehen, daß die Behörde bei bauordnungsgemäßer Bebauung der Nachbarliegenschaft zur Erlassung einer solchen Anordnung verpflichtet sei. Die Einhaltung des Seitenabstandes an der gemeinsamen Grundgrenze sei bei gekuppelter Bauweise selbstverständlich nicht möglich. Die Wahrung schönheitlicher Belange falle nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in den Bereich der subjektiven öffentlichen Rechte der Anrainer. Gemäß § 64 Abs. 4 der Bauordnung für Wien könnten statische Berechnungen nach Maßgabe des Baufortschrittes nachgebracht werden. Die Angaben zu § 64 Abs. 2 der Bauordnung in den Bauplänen seien vollständig. Eine Unrichtigkeit habe sich lediglich hinsichtlich der Namen und der Anschriften der Anrainet ergeben; dieser Mangel sei jedoch im Laufe des Verfahrens behoben worden. Eine allfällige Übertretung der Bauordnung durch den Bauwerber oder Grundeigentümer stelle ebensowenig eine Verletzung der subjektiven öffentlichen Rechte der Anrainer dar wie eine Abänderung des Bebauungsplanes durch den Gemeinderatsausschuß, die allenfalls eine Werterhöhung des Bauplatzes zur Folge hätte. Das gleiche gelte für die Bauplatzgenehmigung.

Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführerinnen, rechtsfreundlich vertreten, Berufung ein. In diesem Rechtsmittel legten sie zunächst dar, daß die Abänderung des Fluchtlinienplanes durch den Gemeinderatsausschuß im vorliegenden Fall unzulässig gewesen sei, weil dieser nur zuständig sei, über unwesentliche Änderungen und Ergänzungen Beschlüsse zu fassen, und weil jede Änderung nur gestattet sei, wenn wichtige Rücksichten es erforderten. Vor der Änderung sei eine Baufluchtlinie von 6 m Breite vorgesehen gewesen. Sie sei ebenso für alle übrigen Gassen des Stadtviertels vorgesehen. Die Regelung hätte der Wahrung des einheitlichen Charakters des Gebietes gedient, in dem die „schönen Vorgartenstreifen“ allgemein festgelegt waren. Die Durchbrechung dieser Regelung durch den abändernden Beschluß sei angesichts dieser Tatsachen ein ganz wesentlicher Eingriff. Auch würden keine wichtigen Gründe für die Abänderung sprechen. Das Gesetz meine offenbar nur wichtige Rücksichten der Öffentlichkeit. Selbst wenn man aber auch private Interessen irrtümlicherweise als wichtige Rücksichten im Sinne des Gesetzes ansehen würde, fehle es an einer genauen Prüfung, ob tatsächlich wichtige private Rücksichten für die Änderung sprächen. Es liege nur die Tatsache vor, daß das Grundstück der Bauwerber bei weiterem Bestand der Baufluchtlinie in ihrer früheren Gestalt, also bei Geltung eines Gebotes zur Beachtung von Vorgärten im Ausmaße von 6 m zu klein gewesen wäre, um den Bau ausführen zu können. Dementsprechend sei bei der Grundabteilung zunächst auch zum Ausdruck gebracht worden, daß kein Bauplatz geschaffen werde. Sodann schildern die Beschwerdeführerinnen wieder die wirtschaftlichen Gegebenheiten, den Ankauf um einen Quadratmeterpreis von S 18,-- und den Gewinn, der für die Mitbeteiligten nun eingetreten sei. Unter diesen Umständen müsse die Abänderung des Fluchtlinienplanes als nichtig und rechtswidrig gelten.

An zweiter Stelle führten die Beschwerdeführerinnen aus, jede Baubewilligung habe zur Voraussetzung, daß das Grundstück ein Bauplatz sei. Diese Voraussetzung sei aber am letzten Verhandlungstag nicht gegeben gewesen. Die Bauplatzerklärung sei später erfolgt. Die Beschwerdeführerinnen hätten Gelegenheit erhalten müssen, zur Bauplatzerklärung Stellung zu nehmen. In dem Unterbleiben der Gewährung einer solchen Möglichkeit liege ein wesentlicher Mangel. Die Beschwerdeführerinnen hätten dann vorbringen können, daß der Bauplatz jedenfalls die Mindestgröße von 500 m2 nicht aufweise.

Ferner brachten die Beschwerdeführerinnen vor, daß die Baubewilligung nur für einen Bau in gekuppelter Bauweise zulässig gewesen sei. Die Baubewilligung sehe wohl das Aneinanderbauen vor; die Traufenhöhe des neuen Gebäudes sollte aber nur 6,25 m betragen, während die Feuermauer der Beschwerdeführerinnen 8,90 m messe. Es müsse demnach eine häßliche Nichtverbauung eines erheblichen Teiles der Feuermauer entstehen, während der Zweck der gekuppelten Bauweise doch gerade der sei, zwei Gebäude mit den Feuermauern so vollständig als nur möglich zur Deckung zu bringen. Auch die Länge des projektierten Gebäudes erreiche nicht einmal die Hälfte der Längenausdehnung des Hauses der Beschwerdeführerinnen. Das projektierte Haus sei wegen seines zu geringen Größenausmaßes zur Kupplung nicht geeignet. Die diesbezüglichen Maße seien in der Bauverhandlung nicht erörtert und auch im Bescheid nicht festgestellt worden. Die Verweisung auf die Pläne könne in dieser Hinsicht nicht genügen, weil die Maße des bereits an der Grenzlinie stehenden Hauses gleichfalls zu berücksichtigen gewesen wären.

Bei der Entscheidung über das Bauansuchen sei auch entgegen der Bestimmung des § 87 der Bauordnung für Wien nicht geprüft worden, ob der Bau den schönheitlichen und sonstigen öffentlichen Rücksichten entspreche. Hierauf glaubten die Beschwerdeführerinnen auch einen subjektiven öffentlichen Anspruch zu haben, wenngleich diese Belange innerster Linie von der Baubehörde selbst wahrzunehmen und im Instanzenzug auch von der Bauoberbehörde zu berücksichtigen seien. Auch diesbezüglich fehle es an den nötigen Feststellungen. Soweit die Pläne aber als genügende Grundlage erachtet werden sollten, sei schon jetzt festzustellen, daß nicht einmal den minimalsten Schönheitserfordernissen entsprochen worden sei. Bei einer Baufläche von 101 m2 zu 431 m2 und einem Vorgarten vor dem Haus von rund 25 m2 zu 228 m2 und dem schon erwähnten Traufenunterschied von 6,25 m zu 8,90 m entstehe eine Disharmonie.

Auch werde durch die Verringerung der Tiefe des Vorgartens auf 3 m die Sicherheit des Kraftwagenverkehrs beim Einbiegen von rechts kommender Fahrzeuge aus der X Gasse in die L Gasse bedenklich beeinträchtigt, da die sonst überall 6 m betragende Einsichtsmöglichkeit plötzlich auf 3 m reduziert sei.

Schließlich wiederholten die Beschwerdeführerinnen ihre Auffassung über den Zweck der Kupplung und führten an, daß die Verunzierung auch eine erhebliche Verminderung des Wertes des Grundstückes der Beschwerdeführerinnen herbeiführe.

Die belangte Behörde gab nun den Beschwerdeführerinnen Einsicht in den Grundabteilungsbescheid. Daraufhin wurde eine Ergänzung des Berufungsvorbringens unterbreitet. Die Beschwerdeführerinnen führten zunächst aus, daß die Grundabteilungsbewilligung erst nach den Bauverhandlungen ergangen sei. Bei der Entscheidung über das Baubewilligungsgesuch wäre daher davon auszugehen gewesen, daß noch keine Grundabteilung vorliege. Sodann gingen die Beschwerdeführerinnen auf die Abänderung des Fluchtlinienplanes ein und wiederholten ihre Argumente, daß diese Änderung die Grundlage der Grundabteilung und der Baubewilligung sei, nicht rechtmäßig erfolgen konnte. Sie beantragten ferner, nicht nur den Baubewilligungsbescheid, sondern auch den Grundabteilungsbescheid aufzuheben. Sie rügten, daß sie den Grundabteilungsbescheid nur durch Abschrift nehme seinem Wortlaut nach zur Kenntnis erlangt hätten, obwohl dieser Bescheid doch die Verpflichtung zur Kupplung enthalte. Die Beschwerdeführerinnen dürften also auch an der noch unverbauten Grenze nur gekuppelt bauen und sie würden den Grundabteilungsbescheid nach dessen Zustellung noch gesondert bekämpfen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der erstinstanzliche Bescheid mit der Abänderung bestätigt, daß die in seinem Spruche wiedergegebenen Einwendungen der Nachbarinnen, soweit sie im folgenden nicht als unzulässig zurückgewiesen oder auf den Zivilrechtsweg verwiesen würden, als im Gesetz nicht begründet abgewiesen wurden. Die Einwendungen würden I. insoweit als unzulässig zurückgewiesen, als sie sich richten:

a) gegen das Fehlen einer Abteilungsbewilligung

b) gegen die Nichteinhaltung der Fluchtlinie zum Vorgarten an der L Gasse und die Änderung des Fluchtlinienplanes

c) gegen die Verletzung schönheitlicher Belange

d) gegen die Nichtvorlage statischer Berechnungen

e) gegen bereits erfolgte unbefugte Bauführungen

f) gegen die Zulassung der Grundstücksspekulation

II. insoweit als privatrechtlich erklärt und auf den Zivilrechtsweg verwiesen, als damit

a) von den beiden Nachbarinnen eine Wertminderung des Hauses und

b) von BD (allein) die einen Schadenersatz begründende Verletzung persönlicher (nicht öffentlicher) Rechte geltend gemacht wird. Zur Begründung wurde im wesentlichen das folgende ausgeführt:

Es müsse davon ausgegangen werden, daß die Beschwerdeführerinnen im Berufungsverfahren grundsätzlich nur solche Rechte mit Erfolg geltend machen könnten, die sie schon bei der mündlichen Verhandlung oder vorher durch Erhebung von Einwendungen geltend gemacht hätten. Darüber hinaus könnten sie im Berufungsverfahren nur solche Einwendungen neu vorbringen, die sie im erstinstanzlichen Verfahren infolge von Verfahrensmängeln nicht hätten geltend machen können.

Soweit das Fehlen einer Abteilungsbewilligung gerügt werde, sei die Einwendung unzulässig, weil die Vorschriften über die Notwendigkeit der Erwirkung einer Abteilungsbewilligung vor der gleichzeitig mit der Baubewilligung nicht zu jenen Bestimmungen der Bauordnung gehörten, die außer den öffentlichen Interessen auch dem Interesse der Beteiligten dienten. In diesem Zusammenhang zitierte die belangte Behörde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1771/62. Aus diesem Grunde besäßen die Nachbarn im Abteilungsverfahren auch keine Parteistellung. Hier führte die belangte Behörde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 933/66, an. Da den Nachbarn im Abteilungsverfahren keine Parteistellung. zukomme, besäßen sie auch keinen Anspruch auf die Zustellung des Abteilungsbescheides. Ein solcher Bescheid habe auch gegenüber den Nachbarn keine Rechtskraftwirkung; es stehe ihnen deshalb auch frei, ungeachtet der dem Abteilungswerber gegenüber bestehenden Rechtskraft, im Baubewilligungsverfahren jene Rechte geltend zu machen, die sie mangels Parteistellung im Abteilungsverfahren nicht geltend machen konnten. Dazu gehöre insbesondere der Einwand, daß durch eine Abteilung die zweckmäßige Bebauung der unmittelbar angrenzenden und der benachbarten Liegenschaften nicht beeinträchtigt werden dürfe. In dieser Hinsicht hätten die Beschwerdeführerinnen im Baubewilligungsverfahren aber nichts vorgebracht. Es könnte zwar ein Verfahrensmangel darin gelegen sei, daß den Beschwerdeführerinnen in der ersten Instanz der Inhalt des Abteilungsbescheides nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Dieser Mangel sei aber im Berufungsverfahren saniert worden und die Beschwerdeführerinnen hätten auch im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht, daß durch die Abteilung die zweckmäßige Bebauung ihrer eigenen Liegenschaft beeinträchtigt werde. Ein solcher Einwand wäre nach der Lage des Falles offenbar unberechtigt gewesen.

Auch der Einwand, die ursprüngliche Baufluchtlinie gegenüber dem Vorgarten an der L Gasse sei nicht eingehalten worden, erweise sich als unzulässig. Verletzungen von Bestimmungen, die sich nach der Natur der Sache nur einzelnen Nachbarn gegenüber auswirken könnten, könnten nämlich nur von diesen Nachbarn mit Erfolg geltend gemacht werden. Würden Abstände nicht eingehalten, deren Einhaltung nur für den gegenüberliegenden Nachbarn von Bedeutung sei, könne ein anderer Nachbar durch die Nichteinhaltung dieses Abstandes nicht in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein. Hier berief sich die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 4979/A. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch in seiner sonstigen Rechtsprechung gesagt, daß der Nachbar nur die Verletzung solcher Entfernungsvorschriften geltend machen könne, die ihm zum Vorteil gereichten. Hier berief sich die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1982/60. Diese Überlegungen müssen auch für den Vorgarten Geltung haben. Die Verpflichtung zur Einhaltung des Vorgartens gereiche nur dem gegenüberliegenden Nachbarn zum Vorteil, weshalb eben nur diesem gegenüberliegenden Nachbar daraus ein subjektives öffentliches Recht erwachse. Da die Beschwerdeführerinnen nicht der Vorgartenfront gegenüberliegende Nachbarn seien, sondern ihre Liegenschaft an der anderen Seite des Bauplatzes liege und ihr Haus außerdem mit der Feuermauer an der Liegenschaftsgrenze liege, könnten sie durch eine Verletzung der Baufluchtlinie an der L Gasse niemals in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein. Daß dies etwa doch aus besonderen Gründen der Fall wäre, hätten sie in keiner Weise dargelegt. Aus ihren Ausführungen gehe vielmehr hervor, daß ihr Interesse allein darauf gerichtet sei, daß der Bauplatz der Bauwerber unbebaut bleibe; sie hätten die Hoffnung gehegt, diese Liegenschaft werde ungeachtet ihrer Lage im Bauland infolge ihrer geringen Breite, also wegen ihrer schlechten Bebaubarkeit unbebaut bleiben; darauf aber, daß eine als Bauland gewidmete Fläche unbebaut bleibe, besäßen die Beschwerdeführerinnen kein subjektives öffentliches Recht.

Da sich demnach die Einwendung bezüglich der Nichteinhaltung der Fluchtlinie und der Änderung des Fluchtlinienplanes in jeder Hinsicht als unzulässig erwiesen habe, brauche gar nicht geprüft zu werden, ob tatsächlich eine Verletzung der Baufluchtlinie vorliege. Die belangte Behörde bemerkte jedoch, das diesbezügliche Vorbringen wäre auch dann nicht zielführend, wenn die Einwendung nicht unzulässig wäre. Die Abänderung der Fluchtlinie sei vom Gemeinderatsausschuß in zulässiger Weise beschlossen worden. Sie sei deshalb gerechtfertigt gewesen, weil sie im Hinblick auf ihre Geringfügigkeit und mangels eines Eingriffes in erworbene Rechte als unwesentlich anzusehen gewesen sei und dazu gedient habe, ein im Bauland gelegenes Grundstück durch Verbreiterung der bebaubaren Fläche besser bebaubar zu machen.

Bezüglich der Kupplung sei zunächst zu beachten gewesen, daß der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan die offene oder gekuppelte Bauweise vorschreibe. Gemäß § 76 Abs. 5 der Bauordnung sei die Kupplung dann zulässig, wenn der Bebauungsplan diese freistelle und der Nachbar zustimme. Nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung handle es sich aber bei der Zustimmung nicht um eine solche für den Einzelfall, sondern um eine Zustimmung zur gekuppelten Bauweise als solcher. Da die Beschwerdeführerinnen oder deren Rechtsvorgänger ihre Baulichkeit an der Liegenschaftsgrenze angebaut hätten, hätten sie durch diese Entscheidung, die einen Seitenabstand, also eine offene Bauweise ausschließe, selbst dem Grundsatz der Kupplung zugestimmt, sodaß diese Zustimmung auch für alle künftigen Bauvorhaben Geltung habe. In diesem Zusammenhang führte die belangte Behörde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1520/63, an. Mit dem feuermauerseitigen Anbau ihres Hauses an die Liegenschaftsgrenze hätten die Beschwerdeführerinnen bzw. ihre Rechtsvorgänger zum Ausdruck gebracht, daß das auf der zum Bauland gehörenden Nachbarliegenschaft in Zukunft allenfalls zu errichtende Gebäude gekuppelt zu errichten sei. Im übrigen sei die gekuppelte Bauweise von der Baubehörde vorgeschrieben worden, sodaß sie auch gemäß § 76 Abs. 5 erster Satz der Bauordnung für Wien gelte. Unter gekuppelter Bauweise sei aber gemäß § 76 Abs. 1 lit. b der Bauordnung für Wien jene Bauweise zu verstehen, bei der auf zwei benachbarten Bauplätzen die Baulichkeiten an der gemeinschaftlichen seitlichen Grenze aneinandergebaut und an allen anderen Seiten freistehend errichtet werden. Diese Bauweise werde aber von den Bauwerbern eingehalten; es sei für die gekuppelte Bauweise nicht erforderlich, daß die aneinander angebauten Gebäude sich in der Länge und Höhe völlig deckten. Die bezüglichen Einwendungen seien daher im Gesetz nicht begründet.

Was der Hinweis auf § 87 der Bauordnung für Wien und das sonstige Vorbringen bezüglich der Verletzung schönheitlicher Rücksichten betreffe, sei davon auszugehen, daß Vorschriften über die schönheitlichen Rücksichten lediglich dem öffentlichen Interesse dienten und daher vom Nachbarn nicht eingewendet werden könnten. So sei auch diese Einwendung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien die Vorschriften über die statischen Bauerfordernisse nicht dazu bestimmt, dem Interesse der Nachbarn zu dienen. Sie würden also nicht so aufgefaßt, daß aus ihnen ein Mitspracherecht abgeleitet werden könnte. In diesem Zusammenhang führte die belangte Behörde die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 3174/58, vom , Zl. 2027/61, und vom , Zl. 1735/67, an. Daher sei auch der Einwand bezüglich der Nichtvorlage statischer Berechnungen mangels eines subjektiven öffentliches Rechtes der Beschwerdeführerinnen zurückzuweisen. Der Einwand, daß die Angaben zu § 64 Abs. 2 der Bauordnung für Wien nicht vollständig oder unrichtig seien, sei so unbestimmt, daß er kaum einer Überprüfung unterzogen werden könnte. Aus der Aktenlage sei ein diesbezüglicher Mangel aber nicht erkennbar.

Wenn in den folgenden Einwendungen auf die bei anderen Bauführungen der Bauwerber begangenen Verletzungen der Bauvorschriften hingewiesen worden sei, so sei auch damit kein subjektives öffentliches Recht, das die Bauführung unzulässig erscheinen ließe, geltend gemacht worden. In einem anderen Verfahren sei aber ein Abtragungsauftrag für die auf dem Bauplatz der Bauwerber vorhandenen Hütten erteilt worden. Auch mit dem Einwand gegen die angebliche Zulassung der Grundstückspekulation werde kein subjektives öffentliches Recht geltend gemacht, sodaß auch dieser Einwand als unzulässig zurückgewiesen werden mußte. Hingegen seien die Einwendungen, daß durch die Bauführung eine Wertminderung des Hauses der Beschwerdeführerinnen bewirkt werde und eine einen Schadenersatzanspruch begründende Verletzung persönlicher Rechte vorliege, als privatrechtlich zu erklären und auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen.

Zu dem ergänzenden Vorbringen, daß der Baubewilligung der Abteilungsbescheid nicht zugrunde gelegt werden durfte, weil er nach Schluß der Bauverhandlung ergangen sei, sei noch zu sagen, daß die Baubehörde bei Erteilung der Baubewilligung immer von der Sach- und Rechtslage auszugehen habe, die im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird zunächst in ausführlichen Darlegungen das Vorbringen wiederholt, daß der Gemeinderatsausschuß VI zu dem am , zur Zl. GRA VI Zl. 60/68, gefaßten Beschluß über die Herabsetzung der Vorgartenbreite für das Grundstück der mitbeteiligten Partei aus mehreren Gründen nicht befugt gewesen sei. Es handle sich hiebei nicht um eine „unwesentliche Abänderung oder Ergänzung“, weshalb der Gemeinderatsausschuß hiezu nicht berufen gewesen sei, und es fehlten die wichtigen Rücksichten, die für eine Abänderung gemäß § 1 Abs. 1 letzter Satz der Bauordnung für Wien jedenfalls Voraussetzung seien. Dieses Vorbringen der Beschwerdeführerinnen zielt darauf ab, daß der Verwaltungsgerichtshof in Anbetracht des Zusammenhanges zwischen dem bezeichneten Beschluß und der bekämpften Baubewilligung einen Antrag gemäß Art. 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof richten sollte. Erst der Beschluß des Gemeinderatsausschusses und die Abänderung des Bebauungsplanes habe die Voraussetzung für die Verbauung der Liegenschaft geschaffen.

In der Gegenschrift hält die belangte Behörde dem Vorbringen entgegen, daß sie den Einwand der Verletzung der früheren Baufluchtlinie mangels Parteistellung der Beschwerdeführerinnen als unzulässig zurückgewiesen habe. Für diese Frage sei aber der Beschluß des Gemeinderatsausschusses nicht von Bedeutung. Die belangte Behörde beruft sich darauf, daß sie schon im angefochtenen Bescheid dargelegt habe, die Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen liege nicht der Vorgartenfront der Mitbeteiligten gegenüber, sondern an der anderen Seite des Bauplatzes und das Haus der Beschwerdeführerinnen sei mit der Feuermauer an der Liegenschaftsgrenze gelegen, sodaß sie durch eine Verletzung der Baufluchtlinie an der L Gasse nicht in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein könnten, da ja der Nachbar nur berechtigt sei, die Verletzung jener Vorschriften geltend zu machen, die ihm zum Vorteil gereichen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien sind im Baubewilligungsverfahren die Eigentümer der unmittelbar angrenzenden benachbarten Liegenschaft Beteiligte, denen aber dann Parteienrechte zustehen, wenn ihre in der Bauordnung begründeten subjektiven öffentlichen Rechte berührt werden. Solche Rechte begründen jene Bestimmungen dieser Bauordnung, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Beteiligten dienen. In der Rechtsprechung wurde nun, wie die belangte Behörde mit Recht ausführt, diese Bestimmung so ausgelegt, daß es jeweils für das Mitspracherecht des Anrainers darauf ankomme, ob seine Rechte berührt werden, also ob die betreffende Vorschrift auch dem Interesse des betreffenden Anrainers zu dienen bestimmt sei. Die belangte Behörde hat schon im angefochtenen Bescheid auf diese Rechtslage und Rechtsprechung hingewiesen. In der Beschwerde wurde darauf nicht Bezug genommen. In einer allgemeinen Formulierung hatte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1771/62, gesagt, daß der Nachbar nicht zur Wahrung fremder Rechte legitimiert sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu in seinem Erkenntnis vom , Zl. 353/67, noch näher ausgeführt, es könne daher der Nachbar an der rechten Grundgrenze nicht die Verbauung des linken Seitenabstandes geltend machen, oder der Nachbar auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Verletzung der Vorschriften über die Verpflichtung zur Freihaltung eines Grundstreifens entlang der hinteren Grundgrenze (§ 84 Abs. 2 der Bauordnung für Wien). Aus den gleichen Erwägungen könne übrigens auch der Nachbar an der seitlichen Grundgrenze die Verletzung der Bestimmungen über die Freihaltung des Vorgartens (und des an der hinteren Grundgrenze unbebaut zu belassenden Streifens) nicht mit Erfolg geltend machen. Seinen Interessen dienten nur die Vorschriften, die die Freihaltung des gegen seine Liegenschaft gerichteten Seitenabstandes von jeder Verbauung gewährleisten. Im vorliegenden Fall handelt es sich überdies nicht um eine Änderung an der gemeinsamen Front in der X Gasse (hier bleibt der Vorgarten von 6 m erhalten), sondern um eine Änderung an der gegenüber dem Gebäude der Beschwerdeführerinnen abgekehrten Front. Hier ist die Lage aber ähnlich, wie hinsichtlich eines Seitenabstandes gegenüber einem anderen Anrainer.

Nach dem Beschwerdevorbringen fühlen sich die Beschwerdeführerinnen durch die Änderung hinsichtlich des Vorgartens auch unter schönheitlichen Gesichtspunkten verletzt. Hier greift aber wieder jene Rechtsprechung ein, die ständig zum Ausdruck bringt, daß die schönheitlichen Rücksichten und die diesbezüglichen Vorschriften von den Anrainern nicht mit Erfolg für sich ins Treffen geführt werden könnten (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 3600/A, und vom2. Jänner 1960, Zl. 1616/59). Kann aber insgesamt gesagt werden, daß die auf die behauptete Gesetzwidrigkeit des Beschlusses des Gemeinderatsausschusses gegründeten Einwendungen unzulässige Einwendungen waren, dann ist die Frage, ob sie, von dieser Zulässigkeit abgesehen, begründet wären oder nicht, kein Entscheidungsgegenstand und dann kann auch eine Auseinandersetzung mit den für die Behauptung der Gesetzwidrigkeit des Beschlusses angeführten Gründen unterbleiben, weil eine Antragstellung nach Art. 139 B-VG wegen der Unzulässigkeit der Einwendung nicht stattzufinden hat.

Es ist jedoch noch zur Frage Stellung zu nehmen, ob, wie die Beschwerdeführerinnen dies behaupten, die Frage der Parteistellung hinsichtlich schönheitlicher Rücksichten in einem Fall der vorliegenden Art (gekuppelte Bauweise zwischen dem Objekt des Bauwerbers und des Anrainers) anders zu beurteilen sei als sonst. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch hier den Beschwerdeführerinnen nicht folgen. In allen Fällen läßt sich sagen, daß die Nachbarn durch eine unharmonische Gestaltung in ihrer Nähe praktisch mehr betroffen sind als die allgemeine Öffentlichkeit. Dies ändert aber nach der Rechtsprechung nichts daran, daß die Vorschriften über die schönheitlichen Rücksichten vom Gesetzgeber nicht so gedacht sind, daß sie ein Mitspracherecht des Nachbarn einräumen. Zwischen den Fällen der behaupteten Häßlichkeit eines Nachbarobjektes und dem der behaupteten Häßlichkeit der Form einer gekuppelten Bauweise besteht ein gradueller, aber kein Wesensunterschied.

Auch die Behauptung einer Minderung des Verkehrswertes des Hauses der Beschwerdeführerinnen durch die angebliche Häßlichkeit der Kombination zwischen dem Projekt und dem Haus der Beschwerdeführerinnen vermag an diesem Gesichtspunkt nichts zu ändern. Im übrigen ist die Behauptung der Wertminderung in keiner Weise fundiert worden.

Zur Anwendung der gekuppelten Bauweise im vorliegenden Fall führen die Beschwerdeführerinnen aus, daß sie die Anwendung dieser Bauweise an sich nicht bekämpfen, wohl aber deren Form, nämlich die nur teilweise Verbauung der Feuermauer, das Zurückbleiben der Feuermauer der Mitbeteiligten gegenüber jener der Anrainerinnen in Höhe und Länge. Die Beschwerdeführerinnen berufen sich in dieser Hinsicht auf § 87 Abs. 1 Satz zwei der Wiener Bauordnung, darauf nämlich, daß dauernd sichtbar bleibende Feuermauern „zu vermeiden sind“.

In der Gegenschrift wird dazu gesagt, es gehöre nicht zum Wesen der gekuppelten Bauweise, daß das angekuppelte Gebäude das vorhandene Gebäude in seiner ganzen Höhe und Länge decke. § 87 Abs. 1 zweiter Satz der Bauordnung für Wien sei keine die gekuppelte Bauweise betreffende Vorschrift, sondern eine solche über die äußere Gestaltung der Baulichkeiten. Diesbezüglich stünde den Beschwerdeführerinnen aber kein Parteirecht zu. Außerdem lasse sich aus der angeführten Vorschrift nicht ableiten, es müsse so gebaut werden, daß auch Feuermauern anderer Gebäude gänzlich verdeckt würden. Auch sei zu bemerken, daß nach dem Willen der Beschwerdeführerinnen die Feuermauer ihres Gebäudes sogar gänzlich unverdeckt bleiben sollte, da sie ja darauf abzielten, die Verbauung der Nachbarliegenschaft gänzlich zu verhindern.

In der Tat gehört es nicht zum Wesen der gekuppelten Bauweise, daß sich die gekuppelten Gebäude völlig aneinander anpassen. Für die gekuppelte Bauweise ist es nur wesentlich, daß auf benachbarten Bauplätzen Bauten an der gemeinschaftlichen Grundgrenze aneinandergebaut und nach allen anderen Seiten freistehend errichtet werden (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 1520/63). Aus dem Wesen der gekuppelten Bauweise kann also die Unzulässigkeit des Bauvorhabens nicht abgeleitet werden. Im übrigen treffen auch die anderen Erwägungen der belangten Behörde zu § 87 Abs. 1 zweiter Satz der Bauordnung zu. Auch aus dieser Vorschrift läßt sich nicht ableiten, daß die Beschwerdeführerinnen berechtigt wären, das vorliegende Projekt als unzulässig zu bekämpfen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, die Erteilung der Baubewilligung wäre schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil im Zeitpunkt der Bauverhandlung noch keine Bauplatzerklärung vorgelegen sei, wurde in der Beschwerde nicht wiederholt. Im übrigen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit Recht darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1771/62) die Vorschriften über die Notwendigkeit der Erwirkung einer Abteilungsbewilligung vor oder gleichzeitig mit der Baubewilligung nicht zu jenen Bestimmungen gehören, die auch dem Interesse der Beteiligten dienen. Ferner ist nach ständiger Rechtsprechung bei konstitutiven Akten für die Entscheidung der Berufungsbehörde die Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgebend (vgl. die Erkenntnisse vom , Slg. N. F. Nr. 772/A, vom , Slg. N. F. Nr. 1310/A, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 2792).

Schließlich bringen die Beschwerdeführerinnen noch vor, daß das Verfahren in der Frage der Störung des Stadtbildes mangelhaft gewesen sei. Sie können aber damit aus den oben angeführten Gründen nicht durchdringen, weil ihnen in diesem ganzen Bereich des Verfahrens keine subjektiven öffentlichen Rechte zustehen und sie demnach auch nicht in Verfahrensrechten verletzt sein können. Im übrigen ist zu sagen, daß im erstinstanzlichen Verfahren eine Stellungnahme der Fachabteilung für Architektur eingeholt wurde, die zu einer Änderung des Projektes führte. Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf § 47 und § 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4/1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §8
BauO Wr §101 Abs2
BauO Wr §13 Abs1 litb
BauO Wr §134 Abs3
BauO Wr §66
BauO Wr §67 Abs1
BauO Wr §76 Abs1 litb
BauO Wr §76 Abs3
BauO Wr §84 Abs6
BauO Wr §87 Abs1
BauRallg
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1970:1969001379.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-54778