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VwGH 24.02.1965, 1377/64

VwGH 24.02.1965, 1377/64

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §56;
DMG §1 Abs1;
RS 1
Das Bundesdenkmalamt hat nur darüber einen Feststellungsbescheid zu erlassen, ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Bedeutung als Denkmal zu wertenden Objektes gegeben ist und bleibt bei der Erlassung eines derartigen Feststellungsbescheides für eine Ermessensübung kein Raum.
Norm
DMG §1 Abs1;
RS 2
Es kann lediglich das Ausmaß der geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung dafür entscheidend sein, ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des betreffenden Objektes gegeben ist. Darauf folgt aber, daß weder eine Bedachtnahme darauf, ob das Bauwerk das Städtebild oder das Straßenbild vom Standpunkt des subjektiven Betrachters aus gesehen beeinflusse, ob es von der ortsansässigen Bevölkerung als erhaltenswürdiges Denkmal angesehen werden, noch eine Abwägung widerstreitender öffentlicher und privater Interessen stattzufinden hat. (Hinweis auf E vom , Zl. 2119/62 und vom , Zl. 1555/62 und 0015/63)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Donner, und die Hofräte Dr. Hrdlicka, Dr. Naderer, Dr. Hinterauer und Dr. Brunner als Richter, im Beisein der Schriftführer Dr. Weingartner und Dr. Kierner, über die Beschwerde des Universitätsprofessors Dr. AP in B, der IC in P und der JP, Adresse unbekannt, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht vom , Zl. 82.508- II/1/64, betreffend Denkmalschutz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer des Hauses in Wien, Xstraße 23 - Y-gasse 6, EZ. nn1 der KG. L, und zwar Dr. AP zu 5/8, IC und JP zu je 3/16.

Das Bundesdenkmalamt stellte mit Bescheid vom fest, dass die Erhaltung des obgenannten Hauses gemäß § 1 und § 3 des Denkmalschutzgesetzes 1923 in der derzeit geltenden Fassung (BGBl. Nr. 533/1923 in der Fassung des BGBl. Nr. 92/1959) im öffentlichen Interesse liege. In der Begründung wurde nach einer eingehenden Beschreibung des Gesamtzustandes des Hauses und der als künstlerisch bedeutsam erachteten Bestandteile (Vorder- und Hoffassaden, Hauseinfahrt mit Tonnengewölbe und gewendelte Hauptstiege) und einem Hinweis auf einschlägige Fachliteratur dargelegt, dass die in dieser Beschreibung enthaltenen Feststellungen in der vom Erstbeschwerdeführer im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme unbestritten geblieben sind, und weiters ausgeführt, dass das in Rede stehende Objekt wegen seine künstlerischen und kulturellen Bedeutung als Denkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes zu betrachten sei. Seine Erhaltung sei deshalb im öffentlichen Interesse gelegen, weil das Haus in Anlage und Fassadengestaltung ein besonders gutes Beispiel eines klassizistischen Hauses darstelle, das in seinen Proportionen und den Details der Gliederung künstlerisch qualitätsvoll sei. Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung gab das Bundesministerium für Unterricht mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom keine Folge.

Über die gegen den Ministerialbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes vom , BGBl. Nr. 533/1923, in der derzeitigen Fassung, finden die in diesem Gesetz enthaltenen Beschränkungen auf unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmale) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Darüber, ob ein solches Interesse besteht, entscheidet gemäß § 1 Abs. 2 dieses Bundesgesetzes das Bundesdenkmalamt. Bei Denkmalen, die sich in Privatbesitz befinden, gilt ein derartiges öffentliches Interesse erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt ausdrücklich gemäß § 3 dieses Bundesgesetzes festgestellt worden ist.

Die Beschwerdeführer bringen nach dem Tenor der im im Punkt 3 der Beschwerdeausführungen zusammengefassten Darlegungen zunächst vor, dass - was sie bereits in der Berufung geltend gemacht hätten, - bei Bedachtnahme auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides nur die Unterschutzstellung der straßenseitigen Fassade, nicht aber die des ganzen Hauses gerechtfertigt gewesen wäre. Mit diesem Vorbringen hätte sich die belangte Behörde nur unzulänglich auseinander gesetzt. Damit wollen die Beschwerdeführer - so muss das juristisch unpräzise Vorbringen wohl verstanden werden - offenbar zum Ausdruck bringen, dass es dann, wenn nur die Außenfassade als schutzwürdig im Sinne des Denkmalschutzgesetzes angesehen werden könne, unzulässig sei, das ganze Haus unter Schutz zu stellen, der angefochtene Bescheid daher aus diesem Grunde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sei, darüber hinaus aber auch wegen des aufgezeigten Begründungsmangels eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliege.

Die Beschwerdeführer sind mit diesem Vorbringen nicht im Recht. Die belangte Behörde hatte in der Begründung des angefochtenen Bescheides den Berufungsausführungen mit Recht entgegengehalten, dass in der Beschreibung des gegenständlichen Objektes durch das Bundesdenkmalamt in der Begründung des Bescheides ausdrücklich auch auf das durch Gurtbogen mit Rosetten gegliederte Tonnengewölbe (der Hauseinfahrt), auf die Hoffassaden, bei denen sich im Erdgeschoß noch die ursprüngliche Gliederung von Halbkreislünetten über den Öffnungen erhalten habe, und auf die mit einem originalen Empiregitter versehene, gewendelte Hauptstiege hingewiesen habe. Die Würdigung der baulichen bzw. künstlerischen Details des Hauses habe sich daher keineswegs auf die straßenseitige Fassade bezogen. Wie in der Sachverhaltsdarstellung bereits erwähnt wurde, hatte das Bundesdenkmalamt das gesamte Objekt als ein im öffentlichen Interesse erhaltungswürdiges Denkmal angesehen, weil es in Anlage und Fassadengestaltung ein besonders gutes Beispiel eines klassizistischen Hauses darstelle. Daraus folgt zunächst, das der Vorwurf, es gehe aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides nicht hervor, warum das ganze Haus unter Denkmalschutz gestellt worden sei, unrichtig ist. Daraus folgt aber weiters, das auch das Vorbringen, die belangte Behörde habe sich mit den Berufungsausführungen der Beschwerdeführer in diesem Punkt nicht auseinander gesetzt, nicht stichhältig ist. Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren nicht dargetan, warum es in dem Fall, als außer der Außenfassade auch andere Bestandteile des Hauses als schutzwürdig erachtet werden, unzulässig sein soll, das ganze Haus unter Denkmalschutz zu stellen. Der Verwaltungsgerichtshof kann aber auch nicht finden, dass die im vorliegenden Falle getroffenen Entscheidungen durch die Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes, gemessen an dem mit ihnen verfolgten Zweck, nicht gedeckt sei, stellen doch die weiters als schutzwürdig erachteten Hoffassaden, die Hauseinfahrt (mit dem Tonnengewölbe) und die Hauptstiege integrierende Bestandteile des Hauses dar, sodass die Erstreckung des Denkmalschutzes, auf das gesamte Haus - im Gegensatz zu den Fällen, in denen nur ein von dem übrigen Bauwerk sich deutlich abhebender Teil (wie etwa ein Portal oder eine Fassade) als schutzwürdig erkannt wird - nicht als unschlüssig erkannt werden kann, zumal auch die Anlage des Hauses als solche als künstlerisch wertvoll angesehen wurde. Es ist somit im Zusammenhang mit dem eben erörterten Beschwerdevorbringen weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ins Gewicht fallende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften feststellbar.

Das übrige Vorbringen der Beschwerde (Punkt 4 der Beschwerdeausführungen) ist von dem Grundgedanken getragen, dass das Bundesdenkmalamt, indem es dem Fachinteresse der Kunsthistoriker ausschlaggebende Bedeutung beimaß, anstatt - nach Prüfung der in der nur den Rang von Gutachten einnehmenden Fachwelt vorherrschenden Auffassung - unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Bestimmungen selbst zu entscheiden, das ihr zustehende Ermessen überschritten habe. Die Beschwerdeführer hätten schon im Verwaltungsverfahren die Ansicht vertreten, dass von einem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines Objektes nur dann die Rede sein könne, wenn das Objekt, in diesem Fall ein Haus, das Stadtbild oder auch nur das Straßenbild beeinflusse, wenn es Rückschlüsse auf kulturelle Verhältnisse zulasse oder wenn sich historische Erinnerungen an das Objekt knüpfen. Hiezu ist zunächst zu bemerken, dass der Hinweis der Beschwerdeführer auf ein der Denkmalbehörde eingeräumtes Ermessen unrichtig ist. Aus dem Zusammenhalt der eingangs der Entscheidungsgründe wiedergegebenen Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes ergibt sich eindeutig, dass das Bundesdenkmalamt nur einen Feststellungsbescheid darüber zu erlassen hat, ob ein öffentliches Interesse an de Erhaltung eines wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Bedeutung als Denkmal zu wertenden Objektes gegeben ist. Es hat also bescheidmäßig eine Feststellung darüber zu treffen, ob die im Gesetz aufgestellten Voraussetzungen für eine Anwendung auf ein bestimmtes Objekt zutreffen. Bei der Erlassung eines - gesetzlich gebotenen - Feststellungsbescheides bleibt aber für eine Ermessensübung kein Raum. Aus den zitierten Gesetzesstellen geht eindeutig hervor, dass lediglich das Ausmaß der geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung dafür entscheidend sein kann, ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des betreffenden Objektes gegeben ist. Daraus folgt aber weiters, dass weder eine Bedachtnahme darauf, ob das Bauwerk das Städtebild oder das Straßenbild vom Standpunkt des subjektiven Betrachters aus gesehen beeinflusse, ob es von der ortsansässigen Bevölkerung als erhaltungswürdiges Denkmal angesehen werde, noch auch eine - nach Meinung der Beschwerdeführer zusätzlich erforderliche - Abwägung widerstreitender öffentlicher und privater Interessen stattzufinden hat. Das Bundesdenkmalamt hat - wie bereits erwähnt -

das öffentliche Interesse an der Erhaltung des gegenständlichen Hauses in dessen besonders künstlerischen Bedeutung als Beispiel eines im klassizistischen Stil errichteten Gebäudes erblickt und sich hiebei auf die Beschreibung auf Grund einer von einem seiner Organe an Ort und Stelle vorgenommenen Besichtigung sowie auf von ihm außerdem angeführte Fachliteratur bezogen. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides noch auf weitere - den Beschwerdeführern vorher bekannt gegebene - Werke der Fachliteratur, auf die wissenschaftliche Autorität der Verfasser zusätzlich genannten Werke sowie auf den Umstand hingewiesen, dass es sich auch bei dem Amtsorgan des Bundesdenkmalamtes, das für die Entscheidung verantwortlich zeichnete, um einen fachlich besonders qualifizierten Beamten gehandelt habe. Nun hat der Verwaltungsgerichtshof sowohl in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2119/62, als auch in dem Erkenntnis vom , Zl. 1555/62 und 15/63, zum Ausdruck gebracht, dass in der Frage, ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Objektes wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Bedeutung bestehe, nach der Natur der Sache der in der Fachwelt hierüber vorherrschenden Auffassung entscheidende Bedeutung zukomme. An dieser Rechtsmeinung hält der Verwaltungsgerichtshof auch im vorliegenden Falle fest. Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren nichts vorgebracht, was geeignet gewesen wäre, die Richtigkeit der von den Behörden beider Rechtsstufen herangezogenen Aussagen über den künstlerischen Wert des in Rede stehenden Objektes in Zweifel zu ziehen. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von dem den hg. Erkenntnissen Zl. 1555/62 und 15/63 zu Grunde gelegenen Beschwerdefall, in dem es die damaligen Beschwerdeführer unternommen hatten, durch den Hinweis auf eine für die Urteilsbildung nicht ausreichende Aussage in der von der Behörde angeführten Fachliteratur die Unzulänglichkeit der Entscheidung der Behörde aufzuzeigen. Soweit sich die Beschwerdeführer in den Beschwerdeausführungen auf dieses Erkenntnis zum Nachweis dafür berufen, dass der angefochtene Bescheid mangelhaft begründet sei, ist auch dieses Vorbringen verfehlt.

Es zeigt sich somit, dass weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides noch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften feststellbar ist; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §56;
DMG §1 Abs1;
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht
der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1965:1964001377.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-54774