VwGH 11.10.1979, 1365/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauRallg impl; |
RS 1 | Im Verfahren nach § 129 Abs 10 Wiener BauO ist nicht zu prüfen, ob für einen gegebenen Baubestand die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung in Betracht kommt. Wenn auch im Bereich des Bauen eine völlige Identität zwischen Konsens und Ausführung nicht gefordert werden kann, erweist sich doch die Ansicht, die Lage des Bauvorhabens sei nicht von entscheidender Bedeutung, wenn nur die erforderlichen Abstände von Nachbargrenzen und Verkehrsflächen eingehalten wurden als rechtsirrig; Jede Baubewilligung wird nämlich für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt (pro domo: Das ergibt sich aus § 64, 67, 70 und 73 BO). Die Ursache vorgenommener konsenspflichtiger Abweichungen ist im Verfahren nach § 129 Abs 10 BO rechtlich unerheblich. |
Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauRallg impl; |
RS 2 | Aus §§ 64, 67, 70 und 73 BO ergibt sich, das jede Baubewilligung für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt wird. |
Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauRallg impl; |
RS 3 | Eine Fundamentbeschau vermag die erforderliche baubehördliche Bewilligung nicht zu ersetzen, sodass etwaige Abweichungen vom Bauplan dadurch genehmigt würden. Sie bedeutet nur, dass in technischer Hinsicht keine Bedenken bestehen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rath und die Hofräte Dr. Draxler, Mag. Onder, DDr. Hauer und Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsrat Dr. Thumb, über die Beschwerde des Dr. KP und der UP, beide in W, beide vertreten durch Dr. Johannes Hock, Rechtsanwalt in Wien I, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B XIX - 50/78, betreffend baubehördlicher Abtragungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.
Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof beschlossen:
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom erteilte der Wiener Magistrat den Beschwerdeführern als Eigentümern der Liegenschaft Wien, S- 8a, den Auftrag, binnen 3 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides das auf der Liegenschaft EZ 1002 des Grundbuches der Katastralgemeinde X, Grundstück 451/8, errichtete Gebäude abzutragen. Zur Begründung wurde auf das Ergebnis einer am durchgeführten Augenscheinsverhandlung verwiesen, anläßlich derer festgestellt worden sei, daß die tatsächliche Ausführung des mit den Bescheiden vom und vom bewilligten Preßhauses in Lage, Größe, äußerem Ansehen und innerer Raumeinteilung derart von der erteilten Bewilligung abweiche, daß das derzeit im Rohbau bestehende Gebäude als ein anderes anzusehen sei. Es sei demnach die Baubewilligung erloschen und das Gebäude als konsenslos anzusehen; eine neuerliche Baubewilligung sei erforderlich. Auf das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers anläßlich dieser Verhandlung, die getroffenen Feststellungen träfen sachlich und rechtlich nicht zu, wurde in der Begründung des Bescheides nicht eingegangen. Abschließend wurde auf die Bestimmungen des § 129 Abs. 10 der Wiener Bauordnung (BO) verwiesen.
In der dagegen vom Erstbeschwerdeführer erhobenen Berufung wurde vorgebracht, bei der an Ort und Stelle abgehaltenen Verhandlung habe nicht die Möglichkeit bestanden, der bereits feststehenden Auffassung der Amtsabordnung, die tatsächliche Bauführung weiche nach Lage, Größe, äußerem Ansehen und innerer Raumeinteilung von der Baubewilligung ab, entgegenzutreten. Der Sachverhalt laut Protokoll sei ohne Eingehen auf die Sache und die Argumente vorweg diktiert worden. Eine Widerlegung an Ort und Stelle sei nicht möglich gewesen und eine Besichtigung des Rohbaues sei unterblieben. Es werde beantragt, den Rohbau zu besichtigen und eine neuerliche Verhandlung "wirklich an Ort und Stelle" abzuführen. Durch die Lage des Rohbaues seien die vorgeschriebenen Abstände von der Verkehrsfläche und von den Nachbargrundstücken eingehalten. Es wäre Sache der Baubehörde gewesen, darzulegen, wo gegen die vorgeschriebene Lage verstoßen worden sei. Wohl sei die Größe des Gebäudes gegenüber der Baubewilligung verändert worden, diese Veränderung sei aber durch die Beschaffenheit der Fundamente notwendig geworden, damit das Gebäude auf tragfähigem Boden zu stehen komme. Die in der Baubewilligung genehmigten Proportionen seien insbesondere im Erdgeschoß beibehalten worden und die Gestaltung des Gebäudes sei so, daß das äußere Ansehen entgegen der Auffassung der ersten Instanz nicht abgeändert worden sei. Für die Richtigkeit dieses Vorbringens werde die Einvernahme des Baumeisters als Zeugen beantragt. Weiter wurde in der Berufung im wesentlichen ausgeführt, am sei anläßlich der Fundamentbeschau auf die Notwendigkeit der abgeänderten Fundierung hingewiesen worden und dies sei zur Kenntnis genommen worden. Wäre die Auffassung der Behörde richtig, hätte schon im Zeitpunkt der Fundamentbeschau die Baueinstellung verfügt werden müssen. Entscheidend sei, daß weder eine weitgehende noch wesentliche Änderung des Objektes vorliege. Zum Nachweis werde in der Beilage ein Architektengutachten vorgelegt. Daß keine Abweichung der inneren Raumeinteilung vorliege, ergebe sich aus dem Stadium des Rohbaues, der überhaupt noch keine innere Raumeinteilung aufweise. Es könne also nicht davon gesprochen werden, daß ein anderes als das genehmigte Gebäude aufgeführt worden sei. Die geringfügigen Änderungen seien durch die notwendige Abweichung im Zuge der Fundierung des Gebäudes gemäß § 98 BO technisch bedingt. Sie hätten sich im Kellergeschoß ausgewirkt, im Erdgeschoß sei nur die rechte Außenwand unter Beibehaltung der Proportionen und der Umrisse geringfügig nach rechts versetzt worden. Die Änderung erwecke nicht den Eindruck eines anderen Gebäudes und sei ausschließlich unter § 60 Abs. 1 lit. c BO zu subsumieren. Das Gebäude bleibe nach wie vor Preßhaus und werde in absehbarer Zeit einen vollwertigen landwirtschaftlichen Betrieb darstellen. Die bereits beantragte Bewilligung des Planwechsels werde nach § 73 BO zu erteilen sein und für die inzwischen vorgenommene Umwidmung auf "Grünland, Schutzgebiet, Wald- und Wiesengürtel" seien wichtige öffentliche Rücksichten gemäß § 1 Abs. 1 BO nicht gegeben. Die erteilte Baubewilligung sei durch den ausgeführten Rohbau nicht erloschen, sondern konsumiert worden.
Dem der Berufung angeschlossenen und in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Sachverständigengutachten kann unter anderem entnommen werden, daß das ausgeführte Gebäude von dem bewilligten Gebäude hinsichtlich der Länge (Tiefe) um ca. 50 cm und hinsichtlich der Breite um ca. 1,90 m abweiche. Außerdem seien durch die Verstärkung der Außenmauern von den geplanten 25 cm auf 38 cm die Innnenmaße der Räume zu klein geworden. Der Sachverständige erachtete die aufgezeigten Abweichungen gegenüber den genehmigten Einreichplänen 1972 und 1976 im Verhältnis zum Bauwerksvolumen als nicht "schwerwiegend bedeutend", zum Teil seien sie nicht endgültig, zum Teil könnten sie ohne erheblichen wirtschaftlichen Aufwand korrigiert bzw. könnten sie voraussichtlich mit dem beantragten Planwechsel genehmigt werden. Durch die durch die Fundamentierung bedingte geringfügige Vergrößerung sei nicht ein anderes als das genehmigte Preßhaus im Rohbau entstanden.
Auf Grund der Berufung wurden im zweitinstanzlichen Verfahren eine planliche Darstellung der tatsächlich ausgeführten Baulichkeit sowie eine Stellungnahme eines technischen Amtssachverständigen eingeholt. Eine dabei erstellte (überschlägige) Flächen- und Kubaturberechnung ergab bebaute Flächen von ca. 177,415 m2 alt und 212,496 m2 neu (mit unterkellerter Terrasse 257,76 m2) sowie einen umbauten Raum von ca. 670 m3 alt und ca. 1100 m3 neu (ohne unterkellerte Terrasse). Das Ergebnis des ergänzenden Ermittlungsverfahrens wurde dem Vertreter der Beschwerdeführer am zur Kenntnis gebracht; die Beschwerdeführer nahmen trotz Einräumung einer Äußerungsfrist von vier Wochen hiezu nicht Stellung.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die Berufungsbehörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, selbst nach den von den Beschwerdeführern vorgelegten Unterlagen ergebe sich, daß das vorliegende Projekt mit dem ursprünglich genehmigten Bauprojekt nicht übereinstimme. Ein Vergleich zwischen den Konsensplänen und dem Auswechselplan zeige, daß nach dem Auswechselplan die tragenden Mauerzüge zur Gänze an einer anderen Stelle verliefen, als dies dem Konsensplan nach vorgesehen gewesen sei. Auch die Konfiguration des Gebäudes sei anders als ursprünglich bewilligt. Ein Vergleich dieser Pläne zeige ganz eindeutig, daß es schlechthin denkunmöglich sei, anzunehmen, daß auch nur Teile des tatsächlich errichteten Gebäudes als durch den Konsens vom gedeckt anzusehen wären. Nach § 129 Abs. 10 BO seien Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und vorschriftwidrige Bauten, für die eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt worden sei, zu beseitigen.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen, mittels der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheid in ihren Rechten auf richtige Anwendung der Bauordnung für Wien und auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften verletzt.
Die Unzulässigkeit der Beschwerde insoweit, als sie von der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde, ergibt sich aus Folgendem:
Der erstinstanzliche Bescheid vom war an den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin adressiert, doch hat gegen diesen Bescheid nur der Erstbeschwerdeführer, wie der Sachverhaltsdarstellung entnommen werden kann, Berufung erhoben. Die Zweitbeschwerdeführerin war daher nicht berechtigt, gegen den Berufungsbescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die bloße Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Zweitbeschwerdeführerin bewirkte keine Veränderung ihrer Rechtssphäre, weshalb sie dadurch in keinen Rechten verletzt werden konnte. Ihrer Beschwerde gegen den genannten Bescheid steht daher der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 VwGG 1965 zurückzuweisen war.
Über die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 129 Abs. 10 Satz 1 der Wiener Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976 (BO) sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben, und es ist der vorschriftwidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen. Mit der Auslegung dieser Gesetzesstelle, welche inhaltlich der früheren Regelung entspricht, hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt beschäftigt. So ist durch die Rechtsprechung bereits klargestellt, daß auch dann, wenn ein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung anhängig ist, ein Auftrag zur Beseitigung eines vorschriftswidrigen Zustandes dem Gesetz entspricht (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 7813/A).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen war daher im haubehördlichen Auftragsverfahren nicht zu prüfen, ob für den gegebenen Baubestand die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung in Betracht kommt, so daß eine nähere Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Ausführungen unterbleiben kann.
Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter zu der erwähnten Gesetzesstelle ausgesprochen, daß der vom Gesetz gewollte Zustand die Beseitigung des vorschriftswidrigen Baues ist, wobei als vorschriftswidrig ein Bau dann zu gelten hat, wenn er durch eine baubehördliche Bewilligung nicht gedeckt ist (siehe Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 6727/A). Daß aber das errichtete Gebäude mit dem baubehördlich bewilligten Gebäude nicht übereinstimmt, kann auch der Erstbeschwerdeführer nicht bestreiten und ist insbesondere durch die Ergebnisse des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, denen der Erstbeschwerdeführer auf Verwaltungsebene nicht entgegengetreten ist, einwandfrei bewiesen. Zutreffend konnte daher die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides feststellen, daß nach dem im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens vorgelegten Auswechselplan die mangelnde Übereinstimmung des ausgeführten Baues mit den Konsensplänen hinreichend klar zum Ausdruck kommt. Dieser Auswechslungsplan wurde aber vom Vertreter des Erstbeschwerdeführers im Zuge des Berufungsverfahrens eingesehen und die Richtigkeit der Darstellung nicht in Zweifel gezogen, sodaß die in der Beschwerde in diesem Zusammenhang behauptete Verletzung des Parteiengehörs nicht erkennbar ist. Auf die Frage, nach welchen Gesetzesstellen die erfolgten Abweichungen von den Konsensplänen einer baubehördlichen Bewilligung bedurft hätten und ob ein Umbau oder etwa nur bauliche Abänderungen und Zubauten vorliegen, war bei dieser Sach- und Rechtslage im Rahmen des baubehördlichen Auftragsverfahrens nicht einzugehen. Es kann daher auch dahin gestellt bleiben, ob die in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretene Auffassung der belangten Behörde richtig ist, es sei schlechthin denkunmöglich, anzunehmen, daß auch nur Teile des tatsächlich errichteten Gebäudes durch den Konsens gedeckt seien. Bei der Frage der Rechtmäßigkeit eines Bauauftrages nach § 129 Abs. 10 BO kommt es nämlich darauf an, ob der errichtete Bau als solcher konsentiert ist, ob also die Abweichungen ein solches Ausmaß erreichen, daß von einer Übereinstimmung mit dem Konsens nicht mehr gesprochen werden kann. Gerade die im Zuge des Berufungsverfahrens ermittelte, in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebene Quadratmeterberechnung der bebauten Fläche und die Kubaturberechnung des umbauten Raumes zeigen aber völlig eindeutig, daß von bloß geringfügigen Planabweichungen keine Rede sein kann. Eine Beschränkung des Bauauftrages auf einzelne festzustellende Vorschriftswidrigkeiten kam bei einer derartigen Sachlage nicht in Betracht, sodaß der Erstbeschwerdeführer auch mit dem Hinweis auf die mögliche teilweise Baueinstellung nach § 127 Abs. 9 BO nichts für seinen Standpunkt gewinnen kann. Die belangte Behörde hat schließlich zutreffend in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargetan, daß sich auch aus dem Befund des vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten Gutachtens die fehlende Übereinstimmung mit dem Konsens ergibt. Eine weitere Auseinandersetzung mit dem Gutachten war entgegen der Meinung des Erstbeschwerdeführers bei der gegebenen Rechtslage aus den aufgezeigten Erwägungen nicht erforderlich, sodaß der diesbezüglich geltend gemachte Verfahrensmangel nicht gegeben ist.
Aber auch der in der Beschwerde vertretenen Meinung, es könne keine Rechtsfolgen nach sich ziehen, wenn ein konsentiertes Gebäude in der Tiefe der Liegenschaft in seiner Lage geringfügig abgeändert werde, solange dies keinerlei Rückwirkungen auf die Nachbarliegenschaften habe, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Wenngleich dem Erstbeschwerdeführer einzuräumen ist, daß eine völlige Identität zwischen Plan und Ausführung und sohin eine völlige Deckung zwischen Konsens und Ausführung im Bereich des Baues nicht gefordert werden kann, so ist im Beschwerdefall doch das Maß der zulässigen Bandbreite von Abweichungen so sehr überschritte worden, daß das errichtete Gebäude nicht mehr als durch den ursprünglichen Konsens gedeckt angesehen werden kann. Die Ursache der Abweichungen ist aber entgegen der Ansicht des Erstbeschwerdeführers rechtlich unerheblich. Hätte nämlich der Erstbeschwerdeführer tatsächlich im Hinblick auf Fundamentierungsschwierigkeiten das bewilligte Bauvorhaben nicht ausführen können, dann hätte er rechtzeitig für die beabsichtigten Abweichungen von der Baubewilligung die erforderliche Bewilligung erwirken müssen, wie dies § 73 Abs. 1 BO ausdrücklich vorsieht. Die Ansicht, die Lage des Bauvorhabens an einer bestimmten Stelle eines Grundstückes sei für die Beurteilung des Bauvorhabens nicht von entscheidender Bedeutung, solange nur die erforderlichen Abstände zu den Nachbargrenzen und Verkehrsflächen eingehalten werden, erweist sich als irrig, weil jede Baubewilligung für ein auch durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt wird, sodaß für jedes Verrücken des Bauvorhabens -
die Problematik der Grenzen zulässiger Abweichungen wurde schon oben behandelt - eine neuerliche Baubewilligung erwirkt werden muß. Dies ergibt sich im besonderen aus den Bestimmungen der §§ 64, 67, 70 und 73 BO.
Soweit der Erstbeschwerdeführer darauf hinweist, bei der Fundamentbeschau sei eine Beanstandung nicht erfolgt und das Gebäude sei daher an der errichteten Stelle in Augenschein genommen und genehmigt worden, übersieht er, daß der sogenannten Fundamentbeschau im Sinne des § 127 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 lit. b BO nicht die Bedeutung der Erlassung eines Bescheides zukommt. Wenngleich anläßlich der Beschau im Hinblick auf die erfolgten Abweichungen von der Baubewilligung von Amts wegen eine Baueinstellung Platz zu greifen gehabt hätte, kann aus der
Unterlassung einer solchen Vorgangsweise durch die
Baubehörde nicht zu Recht der Schluß abgeleitet werden, die erfolgten Abweichungen seien daher als genehmigt anzusehen. Gegen eine solche Auffassung spricht nicht nur der Sinn und Zweck der Durchführung einer solchen Beschau, sondern insbesondere die Vorschrift des § 73 Abs. 1 BO, wonach beabsichtigte Abweichungen von rechtskräftigen, noch wirksamen Baubewilligungen nach den Bestimmungen des § 60 wie Änderungen an bereits bestehenden Baulichkeiten zu behandeln sind. Da die Bewilligung bewilligungspflichtiger baulicher Maßnahmen nur in der Form einer schriftlichen Erledigung wirksam ist (§ 70 Abs. 2 BO kann die Baubewilligung nicht in Gestalt einer Art konkludenten Verhaltens der Bauaufsichtsorgane erteilt werden (so schon die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 13.880/A, und vom , Slg. N. F. Nr. 410/A). Hat eine Beschau von Fundamenten stattgefunden und diese keine Beanstandung ergeben, dann bedeutet dies lediglich, daß in technischer Hinsicht gegen die betreffenden Bauteile keine Bedenken bestehen und eine nachträgliche Überprüfung im Sinne des § 127 Abs. 4 BO nicht in Betracht kommt; nicht jedoch vermag eine Fundamentbeschau eine erforderliche baubehördliche Bewilligung zu ersetzen.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 542/1977.
Wien, am
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Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauRallg impl; |
Schlagworte | Baubewilligung BauRallg6 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1979:1979001365.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-54746