VwGH 15.03.1974, 1360/73
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | WRG 1959 §31 Abs1; |
RS 1 | Die in § 31 Abs 1 WRG erwähnten "Maßnahmen oder Unterlassungen" Dritter sind bei der Benützung einer Anlage dann nicht in Betracht zu ziehen, wenn eine Sorgfaltspflicht nach dieser Gesetzesstelle für den Betrieb der Anlage besteht, das Benützen der Anlage durch Dritte mithin zu deren "Betrieb" gehört (hier: Ölumschlagplatz der ÖBB). |
Normen | WRG 1959 §31 Abs1; WRG 1959 §31 Abs2; WRG 1959 §31 Abs3; |
RS 2 | Eine Regelung in der Richtung, dass der zur Leistung nach § 31 WRG und damit auch zur Zahlung der dafür auflaufenden Kosten "Verpflichtete" Regress an dritten Personen üben kann, worüber die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden hätte, kennt das Wasserrechtsgesetz nicht. Vermerk: Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass die Sorgfaltspflicht mehrere Personen gleichzeitig trifft und daher auch mehrere Personen zur Durchführung von Maßnahmen im Sinne des § 31 WRG verpflichtet sind bzw verpflichtet werden können. |
Normen | WRG 1959 §31 Abs3; WRG 1959 §99 Abs1 litc; |
RS 3 | Die Kompetenzschrift des § 99 Abs 1 lit c WRG hinsichtlich der Einwirkungen auf die Beschaffenheit von Gewässern bezieht sich nur auf beabsichtigte solche Einwirkungen, nicht aber auf Maßnahmen bei der Gefahr einer Gewässerverunreinigung nach § 31 Abs 3 WRG 1959. |
Norm | WRG 1959 §31 Abs2; |
RS 4 | Ausführungen zum Begriffsinhalt des im § 31 Abs 2 WRG verwendeten Wort "dennoch". |
Norm | WRG 1959 §31 Abs3; |
RS 5 | Die Kostenersatzpflicht des im Sinne des § 31 Abs 3 WRG 1959 "Verpflichteten" ist nicht von der Beantwortung der Frage abhängig, ob der Betreffende die notwendige Vorsorge schuldhaft unterlassen hat, sondern allein davon, ob durch sein Verhalten objektiv die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eingetreten ist. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0313/72 E VwSlg 8269 A/1972 RS 1 |
Norm | WRG 1959 §31 Abs1; |
RS 6 | Ausführungen dahingehend, dass im § 31 WRG der Auftrag verankert ist, bereits der bekanntgewordenen GEFAHR einer Gewässerverunreinigung entgegenzutreten. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Penzinger und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Leibrecht und Dr. Schima als Richter, im Beisein der Schriftführerin Landesregierungsoberkommissär Dr. Cede, über die Beschwerde der A-AG in W, vertreten durch Dr. Arnulf Hummer, Rechtsanwalt in Wien I, Maysedergasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 54.826-I/1/73, betreffend Maßnahmen nach § 31 WRG 1959 - Kostenaufteilung (mitbeteiligte Parteien: 1.) Österreichische Bundesbahnen, Wien I, Elisabethstraße 9, 2.) Firmen EH, GS und FN, alle in S, vertreten durch Dr. Wolf Zimmeter, Rechtsanwalt in Kitzbühel), nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters und der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde Rechtsanwalt Dr. Alfred Hummer sowie des Vertreters der belangten Behörde Sektionsrat Dr. RW, ferner der Vertreter der mitbeteiligten Parteien 1.) Dr. Hans Marek, 2.) Rechtsanwalt Dr. Kurt Wühl für Rechtsanwalt Dr. Wolf Zimmeter, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 4.657,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Molkereigenossenschaft S stellte mit Eingabe vom bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel den Antrag auf Erlassung einstweiliger Verfügungen zum Schutze ihrer Grundwasserentnahmen, da durch offenbare Mißstände bei der Umfüllung von Mineralöl und Mineralölprodukten am Bahnhof S Öle in den Boden eingedrungen seien und das Grundwasser gefährdeten. Eine von der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel veranlaßte Untersuchung von Proben des Grundwassers in der näheren Umgebung des Bahnhofsgeländes durch den Zivilingenieur Dr. FT ergab bei Probe 1 ein Mineralöl, welches mit 9,34 % absetzbarem Wasser vermengt war, während die Probe 2 ein praktisch wasserfreies Öl darstellte. Nach diesem Gutachten habe es sich bei beiden Proben um das gleiche Öl gehandelt, welches nach seinen Kennzahlen als äußerst leichtes Heizöl anzusprechen sei. Vermutlich sei das in den Grundwasserkörper eingedrungene Öl kein einheitliches Produkt, sondern dürfte angesichts der am Bahnhofsgelände in S durchgeführten Umfüllung von Bahnzisternen in Tankwagen und Fässer aus einem Gemisch aller dort umgeschlagenen Mineralölprodukte, wie Benzin, Diesel- und Heizöl stammen, wobei in dem untersuchten Öl sicher auch ein Benzinanteil enthalten sei.
Anläßlich einer am an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlung wurde vom Amtssachverständigen bei einem Abfüllvorgang in einen Tankwagen der Firma N ein Ölaustritt infolge eines defekten Fußventiles an einem privaten Kesselwaggon festgestellt. Vom selben Sachverständigen wurden die immer wiederkehrenden Ölaustritte in erster Linie auf unsachgemäße Manipulation und defekte Abfüllvorrichtungen an den Kesselwaggons zurückgeführt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom wurden hierauf gemäß §§ 31 und 122 WRG 1959, in der Fassung BGBl. Nr. 207/1969, den Österreichischen Bundesbahnen verschiedene Maßnahmen zur Beseitigung und Hintanhaltung von Grundwasserverunreinigungen unter Aufsicht der Gemeinde S und des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vorgeschrieben. Der dagegen von den Österreichischen Bundesbahnen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , der weiteren Berufung der Österreichischen Bundesbahnen mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom nicht stattgegeben. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ergänzte die einstweilige Verfügung noch durch zwei zusätzliche Vorschreibungen.
Mit Eingabe vom bzw. stellten die österreichischen Bundesbahnen den Antrag auf "endgültige Regelung" der Angelegenheit der Sanierung des Ölumschlagplatzes S und Aufteilung der Sanierungskosten auf die am Bahnhof S abschlauchenden Firmen.
Bei einer hierüber am in S vom Landeshauptmann von Tirol durchgeführten Verhandlung gab der Sachverständige für Mineralöle Ing. M folgende Stellungnahme ab:
"1) Da doch relativ große Mengen von Mineralöl in den Untergrund eingedrungen sind, kann angenommen werden, daß dieses Öl zum größten Teil durch unsachgemäße und unsorgfältige Manipulation der abschlauchenden Firmen und nur zu einem kleinen Teil durch undichte Bahnkesselwägen dorthin gelangen konnte.
2) Ölbindemittel wurden mit den Straßentankwägen vielleicht mitgeführt, jedoch offensichtlich nicht in ausreichender Menge verwendet.
3) Das Gutachten von Dipl. Ing. Dr. FT vom besagte, daß es sich bei dem in das Grundwasser eingedrungenen Öl um Dieselkraftstoff, Ofenöl (extraleicht) und in kleinen Mengen um Heizöl-leicht handelt.
Und somit sind dies zum größten Teil Produkte, die von den drei Firmen und der Firma A (hier jedoch nur Dieselkraftstoffe und Ofenöl) umgeschlagen wurden."
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom wurden sodann Feststellungen über die Erledigung der einzelnen Vorschreibungen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom getroffen. Es wurde ausgeführt, daß im Verwaltungsverfahren von den Österreichischen Bundesbahnen auch die Aufteilung der von ihr bereits aufgewendeten Kosten für Sanierungsarbeiten am Bahnhof S in der Höhe von S 46.689,09 richtig offenbar S 47.689,09 (S 11.733,84 für Eigenleistungen und S 35.955,25 für Firmenleistungen) und von der Marktgemeinde S ebenfalls der Ersatz der Kosten einer von dieser durchgeführten Sanierungsarbeit zum Schutze des Grundwassers im Betrage von
S 23.571,-- begehrt worden sei. Mit Verständigungsschreiben vom seien die Österreichischen Bundesbahnen und die am Bahnhof S tätig gewesenen Firmen - die mitbeteiligten Parteien des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - aufgefordert worden, in die vorgelegten Nachweise und Belege Einsicht und hiezu Stellung zu nehmen. Gegen die Höhe des geltend gemachten Kostenersatzanspruches seien keine Einwände erhoben worden. In Aschnitt I des Spruches dieses Bescheides vom wurden unter Bezugnahme auf die §§ 31, 99 Abs. 1 lit. c und 117 WRG 1959, in der Fassung BGBl. Nr. 207/1969, zum Schutze des Grundwassers weitere Sanierungsmaßnahmen am Ölumschlagplatz des Bahnhofes S vorgeschrieben. Die folgenden Abschnitte lauten: "II. Die Maßnahmen nach Abschnitt I sind von den ÖBB durchzuführen. Die auflaufenden Kosten hiefür sind von den Österreichischen Bundesbahnen und den am Bahnhof S tätig gewesenen Firmen GS, S, EH, S, FN, S und A-AG., I, zu gleichen Teilen zu tragen.
III. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 wird einer allfälligen Berufung gegen die Verschreibung der Sanierungsarbeiten gemäß Abschnitt I die aufschiebende Wirkung aberkannt.
IV. Die von der Marktgemeinde S geltend gemachten Kosten von insgesamt S 23.571,-- für die von ihr durchgeführten Sanierungsarbeiten sind von den Österreichischen Bundesbahnen und den am Bahnhof S tätig gewesenen Firmen GS, S, EH, S, FN, S und A-AG, I zu gleichen Teilen, das sind je S 4.714,20 zu tragen und binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides an die Marktgemeinde S zu leisten.
V. Der von den Österreichischen Bundesbahnen gestellte Antrag auf Aufteilung der Kosten, die von den Österreichischen Bundesbahnen auf Grund der einstweiligen Verfügung der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom , Zl. II-478/12, aufgewendet wurden, wird abgewiesen."
Nach der beigegebenen Begründung ergab sich auf Grund des erhobenen Sachverhaltes eindeutig, daß die Ölverschmutzung am Bahnhof S auf unsachgemäße Abschlauchungen, Undichtheiten bei den Kesselwaggons (defekte Fußventile) sowie undichte Leitungen zurückzuführen sei. Die Verletzung der Sorgfaltspflicht gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 durch die österreichischen Bundesbahnen und die am Bahnhof St. Johann tätig gewesenen Firmen könne nicht bestritten werden. Zum Schutze des Grundwassers noch durchzuführende Sanierungsmaßnahmen seien deshalb den Österreichischen Bundesbahnen und den Firmen S, H, N und A-AG. vorzuschreiben gewesen. Da sich das Ausmaß der Verunreinigungen im Bezug auf die einzelnen Verursacher nicht bestimmen lasse, seien die Kosten der noch durchzuführenden Maßnahmen diesen zu gleichen Teilen vorzuschreiben gewesen. Die Durchführung der Maßnahmen selbst sei den österreichischen Bundesbahnen als Grundeigentümerin des Bahnhofsgeländes aufzuerlegen gewesen.
Hinsichtlich des Kostenersatzes gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 werde noch festgestellt, daß diese Gesetzesbestimmung nur den Kostenersatz für jene Maßnahmen vorsehe, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung auf Grund einer Anordnung der Wasserrechtsbehörde oder des Bürgermeisters von einem anderen als den Verpflichteten durchgeführt worden seien. Der Antrag der Österreichischen Bundesbahnen auf Aufteilung der ihr erwachsenen Kosten sei daher abzuweisen gewesen.
Auf Grund der Berufungen der Österreichischen Bundesbahnen, wie auch der Firmen EH, GS und FN in S, sowie der Firma A-AG in W wurden mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom gemäß § 66 AVG 1950 der zweite Satz des Abschnittes
II ("auflaufende Kosten ... zu tragen") sowie die Abschnitte IV
und V des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom behoben und die Angelegenheit insoweit zur Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz zurückverwiesen. Im übrigen aber wurde den Berufungen keine Folge gegeben.
Nach der beigegebenen Begründung hätten sich die vorliegenden Berufungen vor allem gegen die jeweilige Kostenaufbürdung, die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde für die Festsetzung der Ersatzansprüche laut Bescheid Abschnitt IV, Nichtberücksichtigung sonstiger abschlauchender Firmen gewendet, jene der Österreichischen Bundesbahnen auch gegen die Formulierung der Vorschreibung unter Punkt I/1. Was die Frage eines Fehlverhaltens betreffe, müsse zunächst darauf verwiesen werden, daß es sich auf Grund der unbestrittenen Folgen um sehr massive Ölverunreinigungen gehandelt haben müsse, die über längere Zeit wirksam gewesen seien. Eine konkrete Feststellung, bei welcher Hantierung nun welche Ölmengen in den Untergrund gelangt seien, sei nicht möglich. Es stehe aber außer Zweifel, daß die Ölverunreinigungen nur durch gravierendes Fehlverhalten während der Abschlauchvorgänge hervorgerufen hätten werden können. Selbst wenn die Österreichischen Bundesbahnen an diesen Abschlauchvorgängen nicht mit ihrem Personal direkt beteiligt gewesen seien, hätte das Fehlverhalten der Firmen auffallen müssen. Allerdings sei den Frächterfirmen H, S und N bis zu einem gewissen Grad darin beizupflichten, daß ihr Vorbringen, die Ersatzpflicht wäre entsprechend den abgeschlauchten Ölmengen aufzuteilen gewesen, einer sachlichen und rechtlichen Begründung nicht entbehre. Da die Ölverunreinigung offensichtlich über einen längeren Zeitraum erfolgt sei, wobei die jeweils konkrete Ursache nicht mehr rekonstruierbar sei, erscheine die Annahme tatsächlich naheliegend, daß derjenige am meisten zur Ölverunreinigung beigetragen habe, der am meisten Öl abschlauchte. Ein derartiger Schlüssel müsse sich jedenfalls aus den einschlägigen Aufzeichnungen der Österreichischen Bundesbahnen finden lassen. Sollten die Österreichischen Bundesbahnen wider Erwarten in dieser Richtung nichts beizutragen in der Lage sein, so müsse das Hantieren der Ölfrächter überhaupt ohne jede Kontrolle gleichgehalten werden, was dann den Verursachungs- bzw. Verschuldensanteil der Österreichischen Bundesbahnen wesentlich erhöhen würde. Zusammenfassend stelle sich sohin eine Sachverhaltsergänzung in diesem Sinn - im Wege einer mündlichen Verhandlung - und dann eine neuerliche Bescheiderlassung hierüber als notwendig dar, weshalb die Angelegenheit in dem im Spruch bezeichneten Umfang an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz zurückzuweisen gewesen sei. Dies gelte auch von der noch offenen endgültigen Regelung der durch die einstweilige Verfügung ausgelösten, vorläufig den Österreichischen Bundesbahnen allein erwachsenen Kosten. Hier könne nämlich der Begründung des vorinstanzlichen Bescheides, daß eine nachträgliche Kostenaufteilung durch die Wasserrechtsbehörde nicht stattfinde, nicht beigetreten werden. § 31 WRG 1959 in der Fassung 1969 sei ja vom Verursachungsgrundsatz und Erfolgshaftungsprinzip beherrscht (bei mehreren Verursachern eben quotenmäßige Aufteilung), sodaß in Verbindung mit § 122 Abs. 7 WRG 1959 und auch § 59 Abs. 1 AVG 1950 ohne weiteres zunächst die Durchführung der sofortigen Sanierungsmaßnahmen angeordnet und deren vorläufigen Kostenbestreitung einstweilig verfügt und hierauf gesondert die Kostenaufteilung auf die später ermittelten mehreren Mitverursacher vorgenommen werden könne.
Gegen diesen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde der Firma A-AG. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren aus den §§ 31 und 117 WRG 1959 resultierenden Rechten und ferner in ihrem Recht auf ein ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:
Nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 207, ist jedermann verpflichtet, Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen, die eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB, gebotenen Sorgfalt herzustellen, zu betreiben und zu erhalten sowie sich überhaupt mit dieser Sorgfalt so zu verhalten, daß eine dem Reinhaltungsziel des § 30 WRG zuwiderlaufende und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckte Wasserverunreinigung vermieden wird. An das Gebot des § 31 Abs. 1 WRG 1959 schließt sich die Vorschrift des Abs. 2 an, die den Fall regelt, daß dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eintritt. Können die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nach § 31 Abs. 2 WRG nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Vorzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzug eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister nach der zuletzt zitierten Vorschrift des § 31 Abs. 3 WRG 1959 befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unvuezüglich durchführen zu lassen.
Wie der Verwaltunsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 7893/A, zu § 31 Abs. 2 WRG 1959 ausgeführt hat, kann das Wort "dennoch" in diesem Zusammenhang nur so verstanden werden, daß zwar alle im ersten Absatz dieser Gesetzesstelle angeordneten Vorsorgen eingehalten wurden, gleichwohl aber die Gefahr einer Gewässerverunreinigung auftritt, der unverzüglich begegnet werden muß, um denn Eintritt einer Verunreinigung zu verhindern. Das schließe naturgemäß nicht aus, daß auch derjenige, der die nötige Sorgfalt bisher nicht eingehalten hat, dem Gefahrenfall ebenso zu begegnen habe, weil er eben der nach dem ersten Absatz des § 31 "Verpflichtete". sei. Der Gesetzgeber habe mit dem grundsätzlichen Sorgfaltsgebot des § 31 Abs. 1 WRG jene Fälle erfaßt, in denen der Eintritt einer zunächst bloß möglichen Verunreinigung vermieden werden soll. In diesem Sinne wurde dann im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 313/72, weiter ausgeführt, daß es angesichts der gegebenen Rechtslage bei der Verpflichtung zum Kostenersatz nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 nicht darauf ankomme, ob der Verpflichtete die im § 31 Abs. 1 WRG 1959 normierten Vorsorgen schuldhaft unterlassen hat, sondern entscheidend darauf, ob durch sein Verhalten objektiv die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eingetreten ist.
Als durch sachverständige Feststellungen bekannt wurde, daß aus dem Betrieb des Ölumschlagplatzes der Österreichischen Bundesbahnen im Bahnhof S Ölaustritte in den Untergrund bzw. in die anschließende Kanalisation stattfinden, trat die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel gemäß § 31 Abs. 3 WG 1959 in das Verfahren zur Auferlegung aller jener Maßnahmen an die Österreichischen Bundesbahnen ein, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung als notwendig befunden worden waren. Sie war dafür deshalb zuständig, weil § 98 Abs. 1 WRG 1959 ihr die Generalkompetenz zuordnet und die sonst allein allenfalls in Betracht zu ziehende Kompetenzvorschrift des § 99 Abs. 1 lit. c nicht von Maßnahmen bei der Gefahr einer Wasserverunreinigung, sondern einschließlich von Einwirkungen auf die Beschaffenheit von Gewässern handelt, also von einer projektsmäßig vorgesehenen solchen Einwirkung (z.B. Kanalisation). Hier lag aber nach Annahme aller Behörden - auch des dann im Instanzenzug zuletzt eingetretenen Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft - ein Fall der Gefahr einer Gewässerverunreinigung vor.
Der sodann im Instanzenzug ergangene Ministerialbescheid vom setzte dann auch endgültig fest, welche Verpflichtungen die Österreichischen Bundesbahnen zu erfüllen haben, um die festgestellten Gefahren auszuschalten. Es handelte sich hier demnach keineswegs um Maßnahmen zum Schutz privater oder öffentlicher Interessen, die vorerst wegen Gefahr im Verzug durch einstweilige Verfügung nach § 122 und weiterhin im Weg einer endgültigen Regelung über die Bewilligung der Versickerung von Öl in das Grundwasser oder deren Verhinderung (§ 32 Abs. 2 lit. c oder § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959) zu treffen gewesen wären. Hier lag vielmehr der in § 51 verankerte Auftrag des Gesetzgebers vor, bereits der bekanntgewordenen Gefahr einer Gewässerverunreinigung entgegenzutreten. Diesem Auftrag entsprach die auch auf diese Gesetzesstelle gegründete, im Instanzenzug ergangene Verfügung der belangten Behörde im Bescheid vom .
Mit diesem Bescheid wurden ausschließlich die österreichischen Bundesbahnen verpflichtet und damit auch als "Verpflichtete" angesprochen, denen nach der Vorschrift des § 31 Abs. 3 WRG 1959 "die entsprechenden Maßnahmen" aufzutragen sind, die für eine Vermeidung einer Gewässerverunreinigung als erforderlich angesehen werden. Die rechtliche Beurteilung der Österreichischen Bundesbahnen als in solchem Sinn "Verpflichtete" war nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus geboten, weil es sich im Gegenstand unbestritten um eine Anlage der österreichischen Bundesbahnen (Ölumschlagplatz) handelt, bei deren Betrieb an einen unbestimmten Kreis von Abnehmern Öl aus Betriebsmitteln der Österreichischen Bundesbahnen umgefüllt wird. Daß eine solche Anlage eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen kann, ist nicht nur selbstverständlich, sondern auch durch die Ergebnisse des gegenständlichen Ermittlungsverfahrens hinlänglich erwiesen worden. Somit sind die Österreichischen Bundesbahnen kraft der Vorschrift des § 31 Abs. 1 bereits aus dem so gestalteten Betrieb ihres Ölumschlagplatzes die nach § 31 Abs. 1 bis 3 WRG 1959 "Verpflichteten", zumal die in § 31 Abs. 1 sonst noch erwähnten "Maßnahmen oder Unterlassungen" Dritter bei der Benützung einer Anlage dann nicht in Betracht zu ziehen sein können, wenn so wie hier - eine Sorgfaltspflicht nach dieser Gesetzesstelle für den Betrieb der Anlage besteht, das Benützen der Anlage durch Dritte mithin zu deren "Betrieb" gehört.
Demgemäß hat auch § 31 WRG 1959 einen Ersatz von Kosten nur für jenen Fall vorgesehen, in dem die Wasserrechtsbehörde bzw. der Bürgermeister bei Gefahr im Verzug die entsprechenden Maßnahmen unmittelbar zur Durchführung bringen lassen und die dafür aufgelaufenen Kosten vom Verpflichteten hereinholen müssen. Eine weitere Regelung in der Richtung, daß der zur Leistung und damit auch zur Zahlung der dafür auflaufenden Kosten Verpflichtete Regreß an dritten Personen üben kann, worüber die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden hätte, kennt das Wasserrechtsgesetz nicht. (Das schließt selbstverständlich nicht aus, daß die Sorgfaltspflicht mehrere Personen gleichzeitig trifft und daher auch mehrere Personen zur Durchführung von Maßnahmen im Sinne des § 31 WRG 1959 verpflichtet sein bzw. verpflichtet werden können.)
Es war daher der Landeshauptmann von Tirol nach der angewendeten Kompetenzvorschrift des § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 weder für eine Entscheidung nach § 31 WRG 1959 über Sanierungsmaßnahmen noch über die Kostentragung hiefür in erster Instanz zuständig.
Die Frage aber, ob der Landeshauptmann seine Kompetenz zur Auferlegung von Sanierungsmaßnahmen an die Österreichischen Bundesbahnen allenfalls auf Art. II der Novelle BGBl. Nr. 207/1969 im Zusammenhalt mit § 99 Abs. 1 lit. i WRG 1959 hätte stützen können, war gegenständlich nicht zu prüfen, da die getroffenen Maßnahmen nach Ausweis des angefochtenen Bescheides nicht auf dieser Kompetenzvorschrift beruhten.
Die belangt Behörde hätte somit als Berufungsinstanz den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zur Gänze ersatzlos aufheben müssen. Da sie dies nicht erkenne, sondern von der sachlichen Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Tirol als Wasserrechtsbehörde erster Instanz ausgehend die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an diese Behörde zurückverwies, belastet ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der in dieser Richtung begründeten Beschwerde war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid gem. § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 zur Gänze aufzuheben.
Der Zuspruch des Aufwandersatzes der Beschwerdeführerin gründet sich auf § 48 Abs. 1 lit, a, b und d VwGG 1965 und Art 1 Z. 1 und 2 der Verordnung BGBl. Nr. 427/1972, die Abweisung des Mehrbegehrens auf § 58 VwGG 1965.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | WRG 1959 §31 Abs1; WRG 1959 §31 Abs2; WRG 1959 §31 Abs3; WRG 1959 §99 Abs1 litc; |
Sammlungsnummer | VwSlg 8575 A/1974 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1974:1973001360.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAF-54735