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VwGH 19.02.1962, 1349/59

VwGH 19.02.1962, 1349/59

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
EStG 1953 §19 Abs2 Z2
RS 1
Beträge, die unter der Bezeichnung "Fahrtkostenvergütung, Tagesgelder und Nächtigungsgelder" ohne Nachweisung der tatsächlichen Aufwendungen des Dienstnehmers und, ohne daß auf Grund entsprechender Eintragungen in der Lohnsteuerkarte Werbungskosten abzusetzen sind, an diesen ausgezahlt werden, zählen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek als Schriftführer, über die Beschwerde des KK in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VI - 1122 - 1958, betreffend Lohnsteuer und Beiträge zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Im Betriebe des Beschwerdeführers fand am eine Lohnsteuerprüfung statt. Der Prüfungszeitraum erstreckte sich auf die Zeit vom bis . Bei dieser Prüfung wurde unter anderem auch festgestellt, daß der Sohn des Beschwerdeführers, KK jun., im Prüfungszeitraume sogenannte Auslösungen in Höhe von S 1.500 monatlich ausgezahlt erhalten hatte, die weder der Lohnsteuerberechnung noch der Berechnung der Beiträge zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe unterzogen worden waren. Eine Überprüfung der Angemessenheit der an den Sohn des Beschwerdeführers gezahlten Auslösungen war nicht möglich, weil darüber keinerlei Unterlagen vorhanden waren. Das Finanzamt erließ einen Haftungs- und Zahlungsbescheid, mit welchem auf Grund der Feststellungen der Lohnsteuerprüfung Lohnsteuer in Höhe von S 44.225 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe in Höhe von S 5.885 nachgefordert wurden. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer, soweit er die Nachforderungen für die an KK jun. bezahlten Beträge betraf, Berufung. Er führte aus, die Auslösungen seien in den Jahren von 1951 bis 1956 deswegen stets in gleichbleibender Höhe ausgezahlt worden, weil der Beschwerdeführer mit seinem Sohne vereinbart habe, daß sowohl die aufgewendeten Reisekosten und Fahrtauslagen als auch die dem Sohne zustehenden Entfernungszulagen und Zehrgelder mit einem Pauschalbetrage von monatlich S 1.500 abgefunden seien und diese, auch wenn die Aufwendungen höher waren bzw. nach dem Kollektivvertrag ein höherer Anspruch bestanden hätte, damit abgegolten sein sollten. Die auswärtigen Arbeiten seien tatsächlich geleistet worden und es stehe auch laut Kollektivvertrag ein Ersatzanspruch zu. Dem Rechtsmittel wurde eine Aufstellung beigelegt, in der auf Grund der Entfernung der einzelnen Baustellen von der Betriebsstelle nah der Dauer der Arbeit auf den Baustellen die Wegzeitvergütungen, Zehrgelder und Mehraufwendungen bei Dienstreisen nachträglich für die Kalenderjahre 1951 bis 1956 in Höhe von S 96.767 berechnet erscheinen. Es wurde geltend gemacht, daß der Sohn einen kollektivvertraglichen Anspruch auf Ersatz dieser Aufwendungen gehabt habe und daß diese Entschädigungen, soweit sie die tatsächlichen Aufwendungen nicht übersteigen, gemäß § 19 Abs. 2 Z. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohne gehörten.

Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise statt, indem sie die Nachforderung an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe von S 5.885 auf S 5.685 herabsetzte, des Rechtsmittel aber im übrigen als unbegründet abwies. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß bei der Lohnsteuerprüfung Unterlagen für die Berechnung der dem Sohne des Beschwerdeführers zugestandenen Zulagen nicht hätten vorgewiesen werden können, während für alle anderen Arbeitnehmer genaue Aufzeichnungen über Art und Zeit der auswärtigen Arbeiten vorhanden gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, daß ihm von seinem Sohne keine Aufzeichnungen über die Verrechnung der Auslösungen übergeben worden seien, daß sie aber nachträglich errechnet werden könnten. Wenn aber der Dienstnehmer neben seinem Monatsbezug einen Pauschalbetrag zur Deckung der ihm erwachsenden Spesen erhalten habe, ohne dem Dienstgeber gegenüber die einzelnen Posten nachweisen oder zumindest glaubhaft machen zu müssen, dann könne von einer Ermittlung des tatsächlichen Aufwandes keine Rede sein. Auch eine rekonstruierte Berechnung der Zuschläge könne den vom Gesetzgeber geforderten Nachweis nicht ersetzen. Der Sohn des Beschwerdeführers habe in Wirklichkeit gar keinen Ersatz in der errechneten Höhe erhalten, sondern vielmehr einen höheren Gehalt, mit dem er seine Spesen selbst habe bestreiten müssen, bezogen. Diese Pauschalbeträge seien also im Namen und auf eigene Rechnung des Sohnes verwendet worden, solche Pauschalzahlungen gehörten aber zum steuerpflichtigen Arbeitslohne, wobei es Sache des Arbeitnehmers sei, durch eine entsprechende Eintragung erhöhter steuerfreier Beträge auf der Lohnsteuerkarte für die steuerliche Begünstigung der ihm entstandenen Aufwendungen zu sorgen. Wegen unrichtiger Einbeziehung einer Lehrlingsentschädigung in die Beitragsgrundlage zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe sei allerdings die Nachforderung entsprechend zu berichtigen gewesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im § 19 Abs. 1 EStG 1953 (BGBl. Nr. 1/1954) wird bestimmt, was zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehört. Im Abs. 2 derselben Gesetzesstelle sind dagegen die Beträge angeführt, die kraft dieser besonderen Vorschrift aus den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ausscheiden. Das sind unter anderem Beträge, die den im privaten Dienst angestellten Personen als Fahrtkostenvergütung, Tages- und Nächtigungsgelder gezahlt werden, soweit sie die tatsächlichen Aufwendungen (nach Abzug der durch die Abwesenheit des Arbeitnehmers erzielten Haushaltsersparnisse) nicht übersteigen. Das Gesetz sieht diese Voraussetzung dann als erfüllt an, wenn die vollen Sätze der Bundesbediensteten mit gleich hohen Bezügen oder die in lohngestaltenden Vorschriften festgelegten Sätze nicht überschritten werden. Die angeführten gesetzlichen Bestimmungen waren im vorliegenden Falle für die Nachversteuerung für die Kalenderjahre 1954 bis 1956 maßgebend, während für die Jahre 1951 bis 1953 § 19 Abs. 2 EStG 1939 bzw. § 4 der Lohnsteuer-Durchführungsbestimmungen 1939 anzuwenden waren, die aber inhaltlich mit der erstgenannten Vorschrift im wesentlichen übereinstimmen. Sowohl die Vorschriften, die bis zum Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes 1953 in Geltung standen, als auch die Vorschriften des letztgenannten Gesetzes nehmen nur jene Beträge als nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehörig aus, die den Dienstnehmern für die tatsächlichen Aufwendungen bezahlt werden. Wenn auch das Gesetz für die Höhe dieser Aufwendungen einen besonderen Nachweis dann nicht verlangt, wenn die vollen Sätze der Bundesbediensteten mit gleich hohen Bezügen oder die in lohngestaltenden Vorschriften festgelegten Sätze nicht überschritten werden, so ist doch ein Nachweis dem Grunde nach jedenfalls erforderlich. Das ergibt sich aus dem Wortlaute des Gesetzes, in dem von „tatsächlichen Aufwendungen“ die Rede ist. Die im Abs. 2 des § 19 EStG 1939 und der gleichen Bestimmung des Einkommensteuergesetzes 1953 enthaltene Sonderregelung setzt jedenfalls voraus, daß die vom Dienstgeber ausgezahlten Beträge vom Dienstnehmer seinerseits wieder aufgewendet werden müssen, wobei, es sich ohne diese gesetzliche Bestimmung bei den Einnahmen um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, bei den Anwendungen um Werbungskosten handeln würde. Der Gesetzgeber hat also hier einen Ausnahmetatbestand geschaffen und Beträge, die in gleicher Höhe vereinnahmt und verausgabt werden, von vornherein gar nicht zu den Einkünften gezählt. Daraus ergibt sich, daß der unmittelbare Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem dafür geleisteten Ersatze stets gegeben sein muß, daß also die tatsächlichen Aufwendungen zunächst dem Dienstgeber zur Feststellung des Anspruches auf eine Vergütung nachzuweisen sind und daß diese Nachweisung im weiteren auch eine unabdingbare Voraussetzung für die steuerliche Behandlung dieser Beträge bildet.

Im vorliegenden Fall hat der Sohn des Beschwerdeführers als Arbeitnehmer im Betriebe seines Vaters Nachweisungen über seine Fahrtauslagen, Tages- und Nächtigungsgelder usw., die auch als „Auslösungen“ bezeichnet werden, unbestrittenermaßen nie erbracht noch wurden solche vom Dienstgeber als Unterlagen für ihre Vergütung verlangt. Die monatlich bezahlten Pauschalbeträge von S 1.500, die nach den Angaben des Beschwerdeführers auf Grund eines Übereinkommens mit seinem Sohn eine Abgeltung dieser Mehrauslagen darstellen sollten, können aber als nach § 19 Abs. 2 EStG steuerfreie Beträge grundsätzlich deshalb nicht angesehen werden, weil hier der nach dem Sinne der gesetzlichen Bestimmungen erforderliche unmittelbare und nachweisliche Zusammenhang zwischen Ausgaben und deren Ersatz (oder umgekehrt) fehlt und nach dem Willen der Vertragspartner auch fehlen sollte. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer haben nämlich vereinbarungsmäßig in Kauf genommen, daß die „tatsächlichen Aufwendungen“ gegebenenfalls niedriger, aber auch höher sein konnten, ohne daß darauf Bedacht zu nehmen war. Der Arbeitnehmer hatte demgemäß aus den ihm insgesamt zugeflossenen Beträgen die notwendigen Auslagen sozusagen aus eigenem, nämlich aus dem Gesamtlohne, zu bestreiten. Wenn die belangte Behörde den Betrag von S 1.500 als pauschale Erhöhung des monatlichen Lohnes angesehen hat, so widerspricht diese Annahme also keineswegs dem Inhalte des Vertrages zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohne. Der an den Sohn fortlaufend gezahlte Betrag von monatlich S 1.500 wurde, wie die Behörde richtig erkannt hat, Bestandteil des Monatslohnes und war zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu zählen, soweit nicht auf Grund entsprechender Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte Werbungskosten abzusetzen waren. Der Beschwerdeführer hat nicht geltend gemacht, daß Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte bei Berechnung der Steuernachforderung nicht berücksichtigt worden seien.

Der Versuch, durch nachträgliche Berechnungen die Höhe der strittigen Aufwendungen zu ermitteln und glaubhaft zu machen, konnte an der Feststellung nichts ändern, daß für die ausgezahlten Pauschalbeträge die im § 19 Abs. 2 EStG geforderten Voraussetzungen von vornherein fehlten und sie daher grundsätzlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anzusehen und der Lohnsteuerberechnung zugrunde zu legen waren. Damit zählten sie aber auch zur Bemessungsgrundlage der Beiträge nach § 11 Abs. 1 des Kinderbeihilfengesetzes 1949 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 135/1950, demzufolge der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne (§ 19 Abs. 1 EStG, ausgenommen Z. 2) zu berechnen ist. Der Gerichtshof konnte mithin in dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit nicht erblicken, sodaß die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am

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Norm
EStG 1953 §19 Abs2 Z2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1962:1959001349.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-54694