VwGH 26.01.1977, 1311/76
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Einmalige Beträge, die ein Notar von der Unterstützungseinrichtung des Delegiertentages der Notariatskammer anläßlich seines Übertrittes in den Ruhestand erhält, gehören nicht zu den Einkünften im Sinne des § 25 Abs 1 Z 3. Vor der EStGNovelle 1974 waren sie auch nicht den Einkünften aus selbständiger Arbeit zurechenbar. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Dr. Karlik, Dr. Simon und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde des Dr. FL in L, vertreten durch Dr. Helfried Krainz, Rechtsanwalt in Linz, Goethestraße 22/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom , Zl. 6/44/2-BK/P1-1976, betreffend Einkommensteuer 1974, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war öffentlicher Notar und trat mit Ende 1973 in den Ruhestand. Am erhielt er aus diesem Anlaß von der Unterstützungseinrichtung des Delegiertentages der Notariatskammern einen einmaligen Betrag von S 50.000,--. Um die Steuerpflicht dieses Betrages geht der vorliegende Rechtsstreit.
Schon im Abgabenverfahren behauptete der Beschwerdeführer, daß es sich bei der strittigen Zahlung um keine Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1972 handle. Es handle sich um eine Zuwendung, die von der genannten Unterstützungseinrichtung auf Grund ihres Statuts für die Mitglieder des Berufsstandes als „Beisteuer zu den durch Todesfall oder Liquidierung einer Amtsstelle durch Tod, Erreichung der Altersgrenze, freiwilligen Amtsverzicht, Invalidität oder durch Amtsentsetzung gemäß § 169 NO ausgelösten Verbindlichkeiten“ gewährt worden sei. Ein Einkommen aus einer beruflichen oder selbständigen Arbeit liege daher nicht vor. Mit der Pensionsversicherung der Notare habe die gegenständliche Zahlung nichts zu tun.
Die belangte Behörde, der die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Einkommensteuerbescheid für 1974 vorgelegt worden war, hat diese im wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen:
Durch die sehr weitgehende Aufzählung im § 25 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 würden Beträge aller Art erfaßt, die von Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern ihren Mitgliedern ausbezahlt werden, gleichgültig, ob es sich hiebei um wiederkehrende oder nur um einmalige Leistungen handle. Unbestritten sei, daß es sich bei dem genannten Betrag um eine Leistung der Unterstützungseinrichtung des Delegiertentages der österreichischen Notariatskammern, also einer Unterstützungseinrichtung einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 handle. Derartige Bezüge stellten jedoch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, wobei es nicht entscheidend sei, daß es sich um eine einmalige Zahlung handle, denn auch einmalige Einnahmen (Zuwendungen) seien nach Abs. 2 leg. cit. steuerpflichtig. Ebenso komme auch dem Vorbringen keine Bedeutung zu, die Unterstützungseinrichtung sei eine freiwillige und beruhe auf keiner gesetzlichen Vorschrift, sondern auf einem Beschluß der Notariatskammer. Die Zugehörigkeit zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sei nämlich nicht davon abhängig, ob ein Rechtsanspruch bestehe. Ferner könne auch der Hinweis auf den Zweck der Einrichtung (Abgeltung finanzieller Belastungen) nicht zielführend sein, zumal der Aufwand für derartige Verbindlichkeiten weder im einzelnen festgestellt werde noch eine Rechtspflicht zur Erbringung von Leistungen bestehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Maßgebend für die Entscheidung des Beschwerdefalles ist § 25 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 EStG 1972. § 25 Abs. 1 Z. 3 bestimmt, daß zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch die Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung und gleichartige Bezüge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen gehören. Abs. 2 leg. cit. bestimmt dazu ergänzend u. a., daß es für die Zugehörigkeit von Einkünften zu Abs. 1 unmaßgeblich ist, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt.
Unbestritten ist, daß es sich, bei den vom Beschwerdeführer empfangenen S 50.000,-- um eine Leistung durch eine „Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung“ einer Kammer handelt. Der Beschwerdeführer meint dennoch, daß § 25 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 nicht anwendbar sei, weil die Gleichartigkeit, wie sie vom Gesetz gefordert wird, nicht gegeben sei und kein Dienstverhältnis vorliege. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
Der belangten Behörde ist zwar einzuräumen, daß es für die Einreihung von Einkünften in die Einkunftsart des § 25 Abs. 1 EStG 1972 auf Grund der Anordnung des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle unmaßgeblich ist, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt. Dennoch setzt aber die Anwendung des § 25 leg. cit. auch unter dem Gesichtspunkt seines Abs. 2 voraus, daß Einnahmen vorliegen, die per definitionem in Abs. 1 eingereiht werden können. Im Beschwerdefall kommt nur die bereits zitierte Z. 3 des 25 Abs. 1 EStG 1972 in Betracht. Die Qualifikation des streitgegenständlichen Betrages als „Pension“ oder eines einer solchen gleichartigen Bezuges ist aber deswegen unrichtig, weil Pensionen - und daher auch ihnen gleichartige Bezüge - Zuwendungen sind, die ihrer Natur nach laufende Bezüge und in erster Linie für den Unterhalt des Pensionsempfängers bestimmt sind. Leistungen an den Pensionsempfänger, die diesem Zweck nicht dienen, sind daher weder Pensionen noch ihnen gleichartige Bezüge. Das ergibt sich auch aus der Neueinführung der nunmehrigen Z. 4 in § 22 Abs. 1 durch Art. I Z. 21 der Einkommensteuergesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 469 (EStG-Nov. 1974). Danach gehören nunmehr zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch „Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit sie nicht unter § 25 fallen“. Wäre die Rechtsansicht der belangten Behörde zutreffend, so hätte es dieser Novellierung nicht bedurft und die Begründung hiefür in 1201 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIII. GP, daß durch die Einfügung der erwähnten Z. 4 klargestellt werden soll, daß auch nicht Pensionscharakter im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 3 aufweisende Bezüge und Vorteile steuerpflichtig sein sollen, wäre obsolet.
Wiewohl die EStG-Nov. 1974 auf den Beschwerdefall nicht anwendbar ist, weil ihr Art. I Z. 21 mangels einer anderen Anordnung in Art. II am Tage nach der Versendung des Bundesgesetzblattes, somit am , in Kraft getreten ist, und der Beschwerdeführer die strittige Zahlung am erhalten hat, folgt aus ihr - im Gegensatz zu der von der belangten Behörde in der von ihr erstatteten Gegenschrift vertretenen Meinung -. doch, daß diese Gesetzesänderung für den Beschwerdefall eine bedeutsame Änderung des Rechtszustandes herbeigeführt hat. Erst durch diese Novellierung ist es nämlich möglich, Vorteile wie den gegenständlichen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG 1972 zuzuordnen.
Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid somit von einer unrichtigen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl Nr. 4/1975.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1977:1976001311.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-54585