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VwGH 30.11.1962, 1302/61

VwGH 30.11.1962, 1302/61

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
EStG 1953 §18 Abs1 Z1 idF 1958/147;
RS 1
Ein selbständiger Modezeichner ist in der Regel Kunsthandwerker, nicht Künstler. Seine Tätigkeit unterliegt somit in aller Regel der Gewerbesteuer.
Norm
EStG 1953 §18 Abs1 Z1;
RS 2
Ein selbständier Modezeichner, der Textilmuster vorwiegend für Krawattenstoffe entwirft, wenn er auch der Berufsvereinigung bildender Künstler Österreichs angehört und seine Ausbildung an der Fachschule für Modezeichner an der Bundeslehranstalt und Versuchsanstalt für Textilindustrie abgeschlossen hat, ist Kunsthandwerker und nicht Künstler.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzoberkbmmzssärs Dr. Zatschek, über die Beschwerde des WH in W, gegen den Bescheid der Berufungskommission für Wien bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI - 1985/1/1961, betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1959, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Eduard Stoff, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen:

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Modezeichner. Seine Tätigkeit erstreckt sich ausschließlich auf den Entwurf von Textilmustern, vornehmlich für Krawattenstoffe.

Anläßlich der Steuerveranlagung für das Jahr 1959 unterwarf das Finanzamt die aus dieser Tätigkeit des Beschwerdeführers fließenden Einkünfte der Gewerbesteuer und versagte hinsichtlich der dabei erzielten Umsätze den begehrten Umsatzsteuerfreibetrag nach § 4 Abs. 1 Z. 13 UStG mit der Begründung, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht als die eines Künstlers anzusehen sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er führte aus, daß er Mitglied der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs sei und wies auf eine von ihm vorgelegte Bestätigung dieser Vereinigung hin, wonach er als "freischaffender Kunsthandwerker" tätig ist. Weiters machte er geltend, daß er Absolvent der Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Textilindustrie, Fachschule für Musterzeichnen, in Wien V, sei, welche laut einer zu § 115 a des Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetzes ergangenen Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vorn , BGBl. Nr. 145/1960, hinsichtlich der Beurteilung der Absolventen dieser Anstalt als Künstler der Akademie der bildenden Künste gleichzuhalten sei. Es handle sich bei den Arbeiten des Beschwerdeführers unzweifelhaft um individuelle Leistungen bzw. um künstlerische Schöpfungen. Schließlich legte der Beschwerdeführer noch ein schriftliches Gutachten eines Sachverständigen für Industriemalerei vor, der bestätigte, daß die ihm vorgelegten Entwürfe des Beschwerdeführers von einer "künstlerisch talentierten Fachmalerei", von "großer Begabtheit" und "eigenen Ideen" zeugen und einer "tüchtigen künstlerischen Malerei" entsprächen.

Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheide keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung im wesentlichen damit, daß die bloße Fähigkeit, "wertvolle" Stoffmuster zu entwerfen, nicht hinreiche, diese Tätigkeit über das bloß Kunstgewerbliche hinauszuheben. Wenn auch in diesem Gewerbe eine gewisse zeichnerische Begabung, guter Geschmack und Formensinn Voraussetzung für dessen Ausübung seien, so qualifizierten diese Merkmale allein die Tätigkeit des Beschwerdeführers noch nicht zu einer künstlerischen. Daran ändere auch das beigebrachte Gutachten nichts, welches von einer künstlerisch talentierten Fachmalerei spreche. Wenn der Beschwerdeführer aber auf seine abgeschlossene Fachschulbildung hinweise, sei zu entgegnen, daß diese nicht Hochschulcharakter besitze, sodaß das Vorliegen der künstlerischen Befähigung besonders geprüft werden müsse. Auch die Zugehörigkeit zur Berufsvereinigung der bildenden Künstler mache den Steuerpflichtigen noch nicht zum Künstler. Wohl sei es richtig, daß eine künstlerische Schöpfung auch dann ein Kunstwerk bleibe, wenn sie Gebrauchszwecken diene. Doch liege eine solche künstlerische Schöpfung im gegenständlichen Falle nicht vor, da es wohl außer Zweifel stehe, daß nach der Verkehrsauffassung etwa Entwürfe zu Krawatten nicht als Kunstwerke zu betrachten seien.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:

Im vorliegenden Streit geht es darum, ob die Einkünfte, die der Beschwerdeführer als selbständiger Modezeichner erzielt, Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG sind und daher der Gewerbesteuer unterliegen oder ob es sich um Einkünfte aus selbstständiger Arbeit handelt. nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle sind u.a. die Einkünfte eines Künstlers Einkünfte aus selbständiger Arbeit und daher nicht gewerbesteuerpflichtig. Hiezu kommt, daß die Einnahmen aus einer solchen Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Z. 13 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind, soweit sie im Kalenderjahr den Betrag von S 48.000,-- nicht übersteigen.

Es ist daher sowohl hinsichtlich der Gewerbebesteuerung als auch hinsichtlich einer allfälligen Umsatzsteuerbefreiung des Beschwerdeführers die Frage entscheidend, ob er eine künstlerische Tätigkeit entfaltet. Dabei meint der Beschwerdeführer, den Nachweis seiner Künstlereigenschaft schon dadurch erbracht zu haben, daß er Absolvent der Bundeslehrer- und Versuchsanstalt für Textilindustrie, Fachschule für Modezeichnen, sei, und verweist in diesem Zusammenhang auf die Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vom , BGBl. Nr. 145/1960. Diese Verordnung ist jedoch zur Durchführung des Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 292/1957, erlassen worden und betrifft somit ein anderes Rechtsgebiet, sodaß sie, zumal dort zu einem großen Teil auch Ausbildungsstätten für die verschiedensten Zweige des Kunsthandwerks aufgezählt und die betreffenden Tätigkeiten als künstlerische erklärt werden, für die Beurteilung eines Sachverhaltes nach § 18 EStG bzw. § 4 Abs. 1 Z. 13 UStG nicht maßgebend sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 438/62).

Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer seine Künstlereigenschaft durch seine Mitgliedschaft in der Berufsvereinigung bildender Künstler Österreichs nachzuweisen, weil dieser Vereinigung nicht nur Künstler, sondern auch Kunsthandwerker angehören und durch das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben der genannten Berufsvereinigung lediglich bestätigt wird, daß der Beschwerdeführer "als freischaffender Kunsthandwerker tätig ist". Auch das vom Beschwerdeführer beigeschaffte Gutachten eines Sachverständigen für Industriemalerei spricht bloß davon, daß die Entwürfe des Beschwerdeführers von einer "künstlerisch talentierten Fachmalerei" zeugen. Dazu gibt der Beschwerdeführer noch selbst an, daß sich seine Arbeiten vornehmlich auf den Entwurf von Textilmustern, in der Hauptsache für Krawattenstoffe, beschränken.

Damit hat aber der Beschwerdeführer weder hinsichtlich seiner Ausbildung noch auch hinsichtlich der Art seiner Arbeiten den Nachweis erbracht, daß seine Tätigkeit über das bloß Handwerkliche hinausrage. Wohl mag es richtig sein, daß es sich bei den Textilmustern des Beschwerdeführers um indivuduell gestaltete Entwürfe handelt; das genügt jedoch nicht, seine Tätigkeit als künstlerische anzusehen. Denn es ist zwar dem Beschwerdeführer beizupflichten, daß ein Werk, das tatsächlich eine künstlerische Schöpfung ist, selbst dann noch ein Kunstwerk bleibt, wenn es wirtschaftlichen Zwecken dient, doch muß es sich dabei um eine Leistung handeln, die auf dieselbe Stufe zu stellen wäre wie die Leistungen in einem umfassenden Kunstfach (z.B. Malerei, Bildhauerei, Architektur) und daher eine weitreichende künstlerische Ausbildung und Begabung erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 162/61). Textilmuster, die in der Regel nach der Methode der einfachen Ornamentik entworfen werden, sind dagegen Erzeugnisse, die das Niveau einer erlernbaren Technik meist nicht überschreiten.

Bei dieser Sachlage bedurfte es zur einwandfreien Qualifikation der Tätigkeit des Beschwerdeführers keiner weiteren Erhebungen mehr, da nach der Darstellung, die der Beschwerdeführer selbst von der Art seiner Arbeiten gab, wie auch auf Grund der von ihm erbrachten Beweise feststand, daß es sich um die Ausübung von Kunsthandwerk handelte, weshalb die belangte Behörde mit Recht das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sowohl nach § 18 EStG, wie auch nach § 4. Abs. 1 Z. 13 UStG verneinte.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1953 §18 Abs1 Z1 idF 1958/147;
EStG 1953 §18 Abs1 Z1;
Sammlungsnummer
VwSlg 2750 F/1962
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1962:1961001302.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-54552