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VwGH 15.04.1959, 1295/57

VwGH 15.04.1959, 1295/57

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Der Masserverwalter ist verpflichtet, Steuererklärungen für den Gemeinschuldner, und zwar auch für Zeiträume,die vor der Eröffnung des Konkurses liegen, abzugeben. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, dann können über ihn Erzwingungsstrafen verhängt und aus seinem persönlichen Vermögen hereingebracht werden.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

1296/57

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl, als Schriftführer, über die Beschwerde des Dr. OP in G gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. S 29 - 829 - I - 56 und S 29 - 60/1 - I - 57, betreffend Festsetzung von Erzwingungsstrafen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Dem Fleischhauermeister PD war mit Verfügung des Finanzamtes vom aufgetragen worden, die monatlichen Umsätze aus dem Gewerbebetrieb für die Zeit vom 1. Jänner bis  bis 10. eines jeden Kalendermonates für den jeweils vorangegangenen Kalendermonat bekanntzugeben. Mit Beschluß des zuständigen Gerichtes vom war über sein Vermögen der Konkurs eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt worden. Mit Erinnerung vom wurde PD zu Handen des Beschwerdeführers, zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für Juli 1956 und mit Schreiben vom in der gleichen Weise zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für August 1956 aufgefordert. In beiden Schreiben war für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung die Festsetzung einer Erzwingungsstrafe von je 500,-- S angedroht. Diese Aufforderungen blieben unbeantwortet. In weiteren an den Beschwerdeführer persönlich gerichteten Schreiben vom 17. und wiederholte das Finanzamt unter Hinweis auf die § 103, 107 und 108 der Abgabenordnung (AO) seine Aufforderungen, wobei es eine weitere Frist von drei Tagen setzte und für den Fall, daß der Beschwerdeführer den Erinnerungen nicht Folge leisten sollte, neuerlich Erzwingungsstrafen von je 500,-- S androhte. Als auch diese Androhungen unbeantwortet blieben, setzte das Finanzamt gegen den Beschwerdeführer mit Bescheiden vom 24. Oktober und je eine Erzwingungsstrafe von 500,-- S mit der Begründung fest, der Beschwerdeführer sei den besonderen Aufforderungen zur Entrichtung der Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Juli und August 1956 nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Bescheide Beschwerde und wendete ein, er habe den Gemeinschuldner wiederholt aufgefordert, die rückständigen Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Als Masseverwalter sei er für allfällige Unterlassungen des Gemeinschuldners bei der Abgabe von Steuererklärungen nicht verantwortlich, namentlich nicht für Unterlassungen, die der Gemeinschuldner schon vor der Eröffnung des Konkurs gesetzt hat. Die Umsatzsteuervoranmeldung für Juli 1956, sei bis zum 10. August zu erstatten gewesen und auch diejenige für August betreffe einen Zeitraum, der vor der Eröffnung des Konkursverfahrens am liege.

Die belangte Behörde wies beide Beschwerden ab. Durch die Konkurseröffnung, so führte sie aus, werde dem Gemeinschuldner die freie Verfügung über sein Gesamtvermögen entzogen und die Vermögensverwaltung obliege dem Masseverwalter. Nach § 104 AO habe der Masseverwalter, soweit seine Verwaltung reicht, die gleichen Pflichten, die nach § 103 AO den gesetzlichen Vertretern obliegen. Da der Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung den ihm auferlegten Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, sei die Erfüllung dieser Verpflichtungen vom Beschwerdeführer als Vertreter des Gemeinschuldners verlangt worden. Dies habe der Beschwerdeführer aus den ergangenen Erinnerungen ersehen können. Er hätte daher im Sinne der Vorschrift des § 202 Abs. 7 AO seine Einwendung, § 103 AO sei auf den bestellten Masseverwalter nicht anwendbar, dem Finanzamt unter Darlegung der Gründe mitteilen müssen. Im Übrigen falle die Abgabe von ausständigen Umsatzsteuervoranmeldungen auch für Zeiträume, die vor der Eröffnung des Konkurses liegen, als Akt der Vermögensverwaltung in die Zuständigkeit des Masseverwalters.

Gegen diese Entscheidungen richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Gerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 202 Abs. 1 AO können die Finanzämter Anordnungen, die sie im Besteuerungsverfahren (einschließlich der Vorbereitung, Sicherung und Nachprüfung der Besteuerung) innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse treffen, durch Geldstrafen, Ausführung auf Kosten der Steuerpflichtigen und unmittelbar erzwingen, wobei gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung die einzelne Geldstrafe 5000,-- S nicht übersteigen darf. Es handelt sich demnach um Verfügungen, mit denen die Behörde die Erfüllung einer Verpflichtung erzwingen kann. § 103 AO bestimmt, daß die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen und solcher Personen, die geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, alle Pflichten zu erfüllen haben, die den Personen, die sie vertreten, obliegen; „insbesondere haben sie dafür zu sorgen, daß die Steuern aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Für Zwangsgeldstrafen und Sicherungsgelder, die gegen sie erkannt und für Kosten von Zwangsmitteln, die gegen sie festgesetzt werden, haften neben ihnen die von ihnen vertretenen Personen.“ Steht eine Vermögensverwaltung nach Gesetz, Anordnung der Behörde oder letzwilliger Verfügung anderen Personen zu als den Eigentümern oder deren gesetzlichen Vertretern, so haben diese Verwalter gemäß § 104 AO, soweit ihre Verwaltung reicht, die gleiche Pflicht (§ 103).

Die Bestimmungen des § 104 AO, dehnen also die Verpflichtungen der gesetzlichen Vertreter auf die kraft Gesetz, behördlicher Anordnung oder letztwilliger Verfügung eingesetzten Vermögensverwalter aus. Der Vermögensverwalter hat, soweit seine Verwaltung reicht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen, die den Inhabern des von ihm verwalteten Vermögens obliegen. Seine Verpflichtungen reichen zwar nur so weit, als sie sich aus den Bestimmungen ergeben, die die Verwalterstellung begründen, erfassen aber innerhalb dieses Rahmens alle steuerlichen Obliegenheiten des Vertretenen. Diese Verpflichtungen hat der Verwalter auch dann, wenn sie schon aus einer vor seiner Verwaltertätigkeit liegenden Zeit stammen (vgl. Riewald, Abgabenordnung und Steueranpassungsgesetz, Teil I, S.487). Die Behörde war daher berechtigt, vom Beschwerdeführer die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen auch für Zeiträume vor der Konkurseröffnung zu verlangen.

Der Haupteinwand des Beschwerdeführers richtet sich nun allerdings gegen die Auffassung der belangten Behörde von der Rechtsstellung und dem Aufgabenkreis des Masseverwalters. So vielfältig nun auch die Funktionen des Masseverwalters sind, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, daß er in bezug auf die Führung des Betriebes des Gemeinschuldners dessen Rechte und Pflichten ausübt und daß die in dieser Funktion gesetzten Rechtshandlungen auf der gemäß den §§ 1, 81 bis 83 der Konkursordnung vom Gemeinschuldner als dem Träger dieser Rechte und Pflichten gesetzlich auf ihn übergegangenen Vertretungsbefugnis beruhen, der Masseverwalter also hinsichtlich des Konkursvermögens gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners ist (vgl. Bartsch-Pollak, Kommentar zur Konkursordnung, 3. Auflage, 1. Band, S. 402). Mit Recht wird daher in der Rechtslehre zu § 104 AO die Ansicht vertreten, daß der Masseverwalter auf Grund seiner Verwalterstellung verpflichtet ist, Steuern, die aus dem verwalteten Vermögen zu entrichten sind, nach Maßgabe der Vorschriften der Konkursordnung aus den Mitteln der Masse zu bezahlen. Aus dem gleichen Grund hat er auch die anderen steuerlichen Obliegenheiten des Gemeinschuldners, z.B. die Abgabe allfälliger Voranmeldungen zur Umsatzsteuer, zu erfüllen. Auch aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen der § 103 und 104 AO ergibt sich, daß die letztgenannte Bestimmung eine persönliche Verpflichtung des Masseverwalters zur Erfüllung der geschuldeten Leistungen begründet, und daß, falls die Erfüllung dieser Verpflichtungen nach § 202 AO erzwungen werden kann, die Zwangsmittel gegen ihn persönlich angewendet werden können („Für Zwangsgeldstrafen, die gegen sie - die Vertreter - erkannt werden ...“) (vgl. die Ausführungen im Kommentar von Riewald, I. Band, S. 485 bis 487).

Der Einwand des Beschwerdeführers, § 103 AO könne auf den vorliegenden Fall überhaupt nicht angewendet werden, geht daher fehl, Ebenso ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, daß der Beschwerdeführer irrt, wenn er glaubt, im Falle der Festsetzung von Erzwingungsstrafen komme das persönlich Vermögen des Masseverwalters nicht in Frage und es könnten solche Strafen niemals über den Masseverwalter persönlich, sondern nur über ihn als Vertreter der Konkursmasse, beschränkt auf deren Vermögen verhängt werden.

Da nun der Beschwerdeführer der an ihn ergangenen Aufforderung des Finanzamtes trotz der zweimaligen Fristsetzung nicht nachgekommen ist und auch von der Möglichkeit, Einwendungen im Sinne der Bestimmungen des § 202 Abs. 7 AO, zu erheben, keinen Gebrauch gemacht hat, kann der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Verhalten des Beschwerdeführers mit der Verhängung der angedrohten Erzwingungsstrafen beantwortete. Es können daher auch die nunmehr erhobenen Einwendungen, die angeforderten Umsätze hätten aus den mangelhaften Aufzeichnungen des Beschwerdeführers gar nicht festgestellt werden können, und es handle sich bei dem Verlangen des Finanzamtes um nicht mögliche Handlungen, die auch nach der Abgabenordnung nicht erzwingbar wären, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Mithin läßt die Vorgangsweise der belangten Behörde eine Rechtswidrigkeit nicht erkennen. Die gegen die angefochtenen Entscheidungen erhobene Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 1990 F/1959;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1959:1957001295.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-54519

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