VwGH 03.07.1980, 1289/77
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
1683/80
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde der T in L, Schweden und in A, BRD, vertreten durch Dr. Ernst Stolz, Rechtsanwalt in Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. 8965- 1/1976, betreffend Umsatzsteuer und Alkoholabgabe, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Sepp Manhart für Rechtsanwalt Dr. Ernst Stolz, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberrat Dr. EL, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.124,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zlen. 586/75 und 2231/76, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof aus den dort näher ausgeführten Gründen die Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom , Zl. 120-2/1975, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Mit dem nunmehr neuerlich beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide vom , den Alkoholabgabevorauszahlungsbescheid vom und die in diesem Zusammenhang ergangenen Bescheide betreffend Nebengebühren des Finanzamtes Bregenz abermals als unbegründet ab. Wie der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, ging die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von folgendem, als feststehend angenommenem Sachverhalt aus:
Die beschwerdeführende Partei habe in den Monaten Februar bis Juli 1974 in H, Österreich, ca. 7.000 Pakete im Wert von je ca. S 360,--, deren Inhalt vornehmlich aus Rauchwaren, alkoholischen Getränken und Lebensmitteln bestanden habe, gegen Nachweis der vorherigen Bezahlung des Kaufpreises an Personen übergeben, die diese Pakete anschließend ins Ausland (BRD) verbracht hätten. Die in diesen Paketen enthaltenen Waren seien vorher von der Speditionsfirma S, Dornbirn, im Auftrag der beschwerdeführenden Partei im Begleitscheinverfahren aus der Schweiz auf das Zolleigenlager der Firma S in Dornbirn gebracht worden. In diesem Zolleigenlager habe die beschwerdeführende Partei die Waren auf Grund der eingegangenen Bestellungen zu Paketen im Wert von je ca. DM 50,-- umpacken und für jedes dieser Pakete einen Zollbegleitschein ausstellen lassen. Die mit der Autonummer der Besteller beschrifteten Pakete seien anschließend in ein Lager der Firma S in U (Gemeinde H, Österreich) gebracht und dort an die Besteller gegen Vorweis der "Warendokumente" übergeben worden. Die Empfänger der Pakete hätten diese unter Abgabe der Begleitscheine beim Grenzzollamt ins Ausland verbracht. Die vom Grenzzollamt mit der Austrittsbescheinigung versehenen Begleitscheindurchschriften seien dem Anweisungszollamt Dornbirn zur Löschung der Urschrift zurückgesandt worden. Aufzeichnungen im Sinne des § 18 UStG 1972 über die geschilderte Paketaktion habe die beschwerdeführende Partei in Österreich nicht geführt. Dieser als erwiesen angenommene Sachverhalt - so führte die belangte Behörde weiter aus - zeige einerseits, daß die streitgegenständlichen Waren unter Einschaltung eines Zolllagerverkehrs zollrechtlich durch Österreich durchgeführt worden seien, andererseits, daß die beschwerdeführende Partei die Verfügungsmacht über diese Waren in Österreich an ihre ausländischen Abnehmer übertragen habe. Gemäß § 3 Abs. 7 UStG 1972 werde eine Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befinde. Im Zeitpunkt der Einfuhr der gegenständlichen Waren nach Österreich habe die Verfügungsmacht darüber noch der beschwerdeführenden Partei zugestanden. Erst im Inland sei auf Grund der einzelnen Bestellungen die Art und mengenmäßige Teilung sowie die Übergabe der Waren an die Abnehmer erfolgt. Ob bereits das Ausfolgen der sogenannten Warendokumente als einer Art von Traditionspapieren oder erst die Aushändigung der Pakete in U im gegenständlichen Fall die Übergabe darstelle, sei umsatzsteuerrechtlich gleichbedeutend. In beiden Fällen sei die Verfügungsmacht über im Inland befindliche Gegenstände verschafft und seien somit Lieferungen im Inland bewirkt worden. Den von der beschwerdeführenden Partei vertretenen Standpunkt, im gegenständlichen Fall sei die Vorschreibung der Umsatzsteuer und der Alkoholabgabe durch das Finanzamt Bregenz zu Unrecht erfolgt, weil steuerfreie Ausfuhrlieferungen vorgelegen hätten, könne die belangte Behörde nicht teilen. Dazu führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der hier maßgeblichen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1972 begründend aus, im vorliegenden Fall seien Lieferungen von einem Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt worden. Die diesen Lieferungen zugrunde liegenden Umsatzgeschäfte seien mit ausländischen Abnehmern abgeschlossen und die gelieferten Gegenstände in Erfüllung dieser Umsatzgeschäfte in das Ausland in der Weise befördert worden, daß die Abnehmer die Gegenstände selbst abgeholt hätten. Den diesbezüglichen Ausfuhrnachweis könne die beschwerdeführende Partei jedoch nicht erbringen. Die von ihr als Ausfuhrnachweis angebotenen, beim Anweisungszollamt aufliegenden Begleitscheindurchschriften seien, abgesehen davon, daß sie gar keine handelsübliche Versendungsbelege darstellten, keine Belege der beschwerdeführenden Partei und stünden ihr als Belege einer Behörde auch gar nicht zur Verfügung, weshalb sie nicht als Ausfuhrnachweis dienen könnten. Die vom Gesetz für den Fall des Abholens vorgesehene Ausfuhrbescheinigung des Grenzzollamtes (U 34) könne die beschwerdeführende Partei, wie sie selbst erklärt habe, in keinem Fall vorweisen. Die streitgegenständlichen Umsätze der beschwerdeführenden Partei könnten aber auch deshalb nicht als Ausfuhrlieferungen im Sinne des Gesetzes qualifiziert werden, weil für sie kein buchmäßiger Nachweis im Sinne des § 18 Abs. 8 UStG 1972 gegeben sei. Die beschwerdeführende Partei habe erklärt, in Österreich keinerlei Aufzeichnungen über diese Umsätze geführt zu haben. Ihre Meinung, die Geschäftsaufzeichnungen der von ihr beauftragen Speditionsfirma S könnten ihre eigene Buchführung ersetzen, entspreche nicht den gesetzlichen Erfordernissen. Aus den Bestimmungen des § 18 UStG 1972 gehe eindeutig hervor, daß jeder Unternehmer eigene Aufzeichnungen für sein Unternehmen zu führen habe. Auch habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 704/68, klar ausgesprochen, daß kein Unternehmer den erforderlichen Buchnachweis - dessen Begriffsbestimmung gegenüber dem Umsatzsteuergesetz 1959 unverändert geblieben sei - durch eine fremde Buchhaltung erbringen könne. Daß die Firma S ihre mit den streitgegenständlichen Umsätzen zusammenhängenden Aufzeichnungen nicht im Sinne einer Buchhaltung für die beschwerdeführende Partei geführt habe, sondern nur für ihre eigenen geschäftlichen Belange, sei aus dem Schreiben der genannten Firma an das Finanzamt Bregenz vom eindeutig zu entnehmen. Aus diesen Gründen seien die streitgegenständlichen Lieferungen keine steuerfreien Ausfuhrlieferungen, sondern unterlägen dem Normalsteuersatz von 16 %. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die im Rahmen der genannten Paketaktion durchgeführten Lebensmittellieferungen komme nicht in Betracht, da keine Anhaltspunkte für eine Schätzung des Umfanges dieser Lieferungen gegeben seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Verhandlung erwogen:
Die beschwerdeführende Partei vertritt in ihrer Rechtsrüge nach wie vor den Standpunkt, es habe sich im vorliegenden Fall um einen Zolllagerverkehr in gebrochener Durchfuhr gehandelt, was bewirke, daß die Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1972 auf die gegenständlichen Transaktionen nicht anwendbar gewesen seien.
Dieser Ansicht kann der Verwaltungsgerichtshof nicht beipflichten, weil auch Waren, die sich in einem Zollager befinden, Gegenstand von Umsätzen sein können und dann der Umsatzsteuer unterliegen (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 182/56, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGBl. Nr. 45/1965 verwiesen wird). Nach dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, der in den wesentlichen Punkten von der beschwerdeführenden Partei nicht in Zweifel gezogen wird, hat die beschwerdeführende Partei in den Monaten Februar bis Juli 1974 durch die Speditionsfirma S Waren im Begleitscheinverfahren aus der Schweiz auf das Zolleigenlager der Firma S in Dornbirn bringen lassen. In diesem Zolleigenlager ließ die beschwerdeführende Partei die Waren auf Grund von eingegangenen Bestellungen zu Paketen im Wert von je ca. DM 50,-- umpacken und für jedes dieser Pakete einen Zollbegleitschein ausstellen. Die mit der Autonummer der Besteller beschrifteten Pakete wurden anschließend in ein Lager der Firma S in U gebracht und dort an die Besteller gegen Vorweis der "Warendokumente" übergeben. Die Empfänger der Pakete verbrachten diese unter Abgabe der Begleitscheine beim Grenzzollamt ins Ausland. Die vom Grenzzollamt mit der Austrittsbescheinigung versehenen Begleitscheindurchschriften wurden dem Anweisungszollamt Dornbirn zur Löschung der Urschrift zurückgesandt. Auch die belangte Behörde hat entgegen den Beschwerdeausführungen diesen Sachverhalt dahin gewürdigt, daß die streitgegenständlichen Waren unter Einschaltung eines Zolllagerverkehrs zollrechtlich durch Österreich durchgeführt wurden, hat aber im Gegensatz zur beschwerdeführenden Partei den Schluß gezogen, daß die beschwerdeführende Partei die Verfügungsmacht über diese Waren in Österreich an ihre ausländischen Abnehmer übertragen hat. Strittig ist daher zwischen den Parteien des Abgabenverfahrens nicht mehr die Frage, ob im konkreten Fall eine sogenannte gebrochene Durchfuhr vorliegt, sondern ausschließlich, ob der vorliegende Sachverhalt die Beurteilung des Vorliegens von Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 zuläßt.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1972 sind Lieferungen Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Die Verfügungsmacht über den Gegenstand kann von dem Unternehmer selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten verschafft werden. Schließlich bestimmt § 3 Abs. 7 UStG 1972, daß eine Lieferung dort ausgeführt wird, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Von der beschwerdeführenden Partei wird im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmungen gerügt, daß die belangte Behörde zu Unrecht den Schluß gezogen habe, den ausländischen Käufern wäre durch die beschwerdeführende Partei die Verfügungsmacht über die gegenständlichen Waren in Österreich übertragen worden. Die beschwerdeführende Partei erläutert ihre Ansicht in der Weise, daß eine Verschaffung der Verfügungsmacht im Inland nur dann erfolgen könne, wenn es sich um eine inländische Ware handle oder wenn eine ausländische Ware zum freien Verkehr im Inland abgefertigt worden sei. Dies sei aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1972 seien nur solche Lieferungen steuerpflichtig, durch die ein Unternehmer den Abnehmer befähige, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Die beschwerdeführende Partei zitiert in diesem Zusammenhang Frühwald, Anmerkung 10 zu § 3 UStG 1959, wo unter anderem darauf verwiesen ist, daß es für das Vorliegen einer Lieferung ausreichend sei, daß der Abnehmer tatsächlich in die Lage versetzt werde, im eigenen Namen wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen. Dies sei im vorliegenden Fall, so führt die beschwerdeführende Partei weiter aus, nicht eingetreten, weil den Abnehmern die einzelnen Warenpakete nach Überprüfung durch das Zollorgan plombiert mit der Verpflichtung übergeben worden seien, Paket und Zollbegleitscheine den Zollorganen vorzulegen. Erst nach Überschreiten der österreichischen Grenze hätten daher die Abnehmer legal über den Gegenstand der Lieferung verfügen, d. h. die Pakete öffnen und die Waren verzehren können. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei hätten die Abnehmer bis zum Überschreiten der Grenze bestenfalls die Funktion eines Unterfrachtführers innegehabt.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die Verschaffung der Verfügungsmacht über einen Gegenstand, die wesentlich für den Lieferbegriff ist, zwar meist mit der Übertragung des Eigentums im Sinne des bürgerlichen Rechts zusammenfällt, dies jedoch keine unabdingbare Voraussetzung ist, denn der Begriff "Verfügungsmacht" ist ein durchaus eigenständiger Begriff des Umsatzsteuerrechtes (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2159/74). Für die Annahme einer Lieferung ist es daher nicht einmal zwingend erforderlich, daß der Abnehmer durch die Verschaffung der Verfügungsmacht Eigentümer wird. Die Verschaffung der Verfügungsmacht (die Lieferung) ist bereits dann bewirkt, wenn - wie bereits aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 UStG 1972 hervorgeht - der Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen, das heißt, ihn zu veräußern, zu belasten und ähnliches mehr. Diese Voraussetzungen sind aber im vorliegenden Fall zweifellos gegeben. Steht doch einwandfrei fest, daß die beschwerdeführende Partei bzw. ihr Spediteur den Abnehmern der Waren an diese im Inland zur freien Verfügung übergeben haben. Die Käufer konnten sich in diesem Augenblick hinsichtlich der übergebenen Waren sogar wie ein Eigentümer verhalten, d. h. sie konnten über die Waren auch rechtlich z. B. durch Veräußerung, Verpfändung u. dgl.m. verfügen, zumal diese unbestrittenermaßen aus der Verfügungsmacht der beschwerdeführenden Partei ausgeschieden sind. Daß die Waren im Einzelfall mit zollrechtlichen Einschränkungen belastet waren, ändert nichts daran, daß die jeweiligen Abnehmer nach der Übernahme der Waren über sie gleich der beschwerdeführenden Partei vor der Übergabe verfügen konnten. Es bedarf daher im vorliegenden Fall nicht erst einer Konstruktion über die rechtliche Eigenschaft der Abnehmer zwischen der Übernahme der Waren und der Ausfuhr aus dem Inland, zumal die jeweiligen Abnehmer im vorliegenden Fall mit der Übergabe sogar Eigentümer der Waren geworden sind und lediglich durch zollrechtliche Vorschriften bei der Verfügung über die erworbenen Gegenstände beschränkt waren. Die beschwerdeführende Partei übersieht, daß in sämtlichen Fällen der Kaufvertrag über die Waren noch vor deren Übergabe an die Käufer zustande gekommen ist, weshalb jeweils mit der Übergabe der Waren an die Käufer der Eigentümerwechsel perfekt geworden ist. Mit diesem Zeitpunkt hat die beschwerdeführende Partei ihre Verfügungsmacht über die Waren verloren. Die Käufer der Waren haben hingegen durch die Übernahme die Verfügungsmacht erhalten, wobei es außer Betracht bleiben kann, daß sie sich bei Verbringung der Waren ins Ausland entsprechend den zollrechtlichen Vorschriften verhalten mußten. Wenn daher bei dieser Sachlage die belangte Behörde trotz Vorliegens einer Durchfuhr die Vorgänge als Lieferungen von einem Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 beurteilt hat, kann darin eine Rechtswidrigkeit nicht erblickt werden, zumal sämtliche in den §§ 1 Abs. 1 Z. 1 und 3 Abs. 1 und 7 UStG 1972 geforderten Voraussetzungen einwandfrei gegeben sind. Da es in derartigen Fällen nicht darauf ankommt, ob Einfuhrumsatzsteuer entrichtet worden ist oder entrichtet hätte werden müssen, braucht auf das diesbezügliche Vorbringen der beschwerdeführenden Partei nicht näher eingegangen werden.
Allerdings bleibt noch die Frage zu untersuchen, ob die streitgegenständlichen Umsätze als Ausfuhrlieferungen gemäß § 7 UStG 1972 qualifiziert werden können und dadurch gemäß § 6 Z. 1 UStG 1972 steuerfrei wären. Die belangte Behörde ist auch in diesem Punkte nicht der Ansicht der beschwerdeführenden Partei gefolgt, weil sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Z. 2 und 3 UStG 1972 als von der beschwerdeführenden Partei nicht erfüllt angesehen hat. Dem widerspricht die beschwerdeführende Partei, indem sie ausführt, durch die von den Abnehmern bei der Verbringung in das Ausland den Zollorganen vorgelegten Zollbegleitscheine den Ausfuhrnachweis im Sinne des § 7 Abs. 2 UStG 1972 erbracht zu haben. Dem Erfordernis des buchmäßigen Nachweises im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 habe die beschwerdeführende Partei aber dadurch entsprochen, daß sie die Preislisten, die Bestellscheine, die listenmäßige Erfassung sowie die Verpflichtungserklärungen vorgelegt habe. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei könne es nicht den Grundsätzen eines modernen Rechtsstaates entsprechen, Steuern nur wegen eines vermeintlichen Formmangels einzufordern.
Der Verwaltungsgerichtshof kann auch in diesem Punkte nicht der Ansicht der beschwerdeführenden Partei folgen. Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 UStG 1972 muß über die erfolgte Ausfuhr ein Ausfuhrnachweis erbracht werden. § 7 Abs. 2 UStG 1972 bestimmt, daß die Versendung des Gegenstandes in das Ausland durch Versendungsbelege, wie Frachtbriefe, Postaufgabebescheinigungen, Konnossemente u.dgl. oder deren Doppelstücke nachzuweisen ist. § 7 Abs. 3 Z. 3 UStG 1972 ordnet schließlich an, daß der Unternehmer, wenn er keine Versendungsbelege erhält, den Ausfuhrnachweis im Falle des Abholens (Abs. 1 Z. 2 lit. b) durch eine Ausfuhrbescheinigung des Grenzzollamtes führen darf. Die Ausfuhrbescheinigung ist nach einem vom Bundesministerium für Finanzen zu bestimmenden Muster, das alle für die Beurteilung der Ausfuhr erforderlichen Angaben enthält, auszustellen. Das vom Bundesministerium für Finanzen entsprechend der zuletzt zitierten Bestimmung geschaffene Muster trägt die Bezeichnung U 34.
Steuerfreiheit für eine Ausfuhrlieferung kann daher nur gewährt werden, wenn über die Ausfuhr ein Ausfuhrnachweis erbracht wird. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Z. 2 UStG 1972, die den Ausfuhrnachweis als eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Zuerkennung der Steuerfreiheit fordert, ist eine Mußvorschrift. Fehlt der Ausfuhrnachweis, so kann die Steuerfreiheit nicht gewährt werden, und zwar auch dann nicht, wenn es dem Unternehmer nicht mehr möglich ist, die Umsatzsteuer im zivilrechtlichen Preis auf den Abnehmer zu überwälzen. Auch eine Nachsicht des Ausfuhrnachweises im Billigkeitsweg ist nicht möglich. Der Ausfuhrnachweis gemäß § 7 Abs. 3 Z. 3 UStG 1972 in Form der U 34 kann daher auch bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen, die im Beschwerdefall gegeben erscheinen (ausländischer Abnehmer, Gelangen der Ware ins Ausland), nicht durch andere Nachweise (z. B. Zollbegleitscheine nach § 119 ZollG) ersetzt werden (vgl. u. a. Bundesfinanzhof, BStBl. 1953, III, S. 367). Nun steht aber im Beschwerdefall - schon auf Grund der Aussagen der beschwerdeführenden Partei - unzweifelhaft fest, daß die beschwerdeführende Partei niemals Ausfuhrbescheinigungen (U 34) für Umsatzsteuerzwecke benützt hat. Es fehlt daher, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, an der Erfüllung der zwingend vorgeschriebenen Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Z. 2 UStG 1972. Schon allein aus diesem Grunde durfte die belangte Behörde für die in Frage stehenden Umsätze eine Steuerfreiheit nicht zuerkennen.
Dazu kommt aber noch, daß die beschwerdeführende Partei auch nicht der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 entsprochen hat. Der Ausfuhrunternehmer hat nämlich die Voraussetzungen über den Abschluß eines Umsatzgeschäftes mit einem ausländischen Abnehmer und die Versendung des Gegenstandes in das Ausland buchmäßig nachzuweisen. Hängt die Besteuerung von einem buchmäßigen Nachweis ab, so sind die diesem Nachweis dienenden Bücher oder Aufzeichnungen im Inland zu führen und mit den dazugehörigen Unterlagen im Inland aufzubewahren. Ebenso wie der Ausfuhrnachweis ist auch der Buchnachweis keine, wie die beschwerdeführende Partei vermeint, Formalvorschrift, sondern eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Lieferung. Ist die Voraussetzung des buchmäßigen Nachweises nicht erfüllt, so ist die Steuerfreiheit selbst dann zu versagen, wenn die übrigen sachlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der buchmäßige Nachweis muß aus der eigenen Buchführung des Unternehmers zu ersehen sein. Den Buchnachweis hat daher jener Unternehmer zu erbringen, der die Ausfuhrlieferung bewirkt. Kann er ihn nicht erbringen oder hat er ihn nicht erbracht, so hilft es ihm nichts, selbst wenn der Buchnachweis bei seinem Beteiligten (hier: S) vorliegen sollte (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2565/52). Da von der beschwerdeführenden Partei über die fraglichen Umsatzgeschäfte selbst keine Bücher geführt worden sind, kann der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf das zuletzt Gesagte nicht erkennen, daß die belangte Behörde rechtswidrig vorgegangen ist, wenn sie auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 verneint hat.
Der Hinweis der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde, der Ausfuhrnachweis sei nach Rücksprache mit dem Zollamt Dornbirn (Beilage 10 zur Beschwerde) als nicht erforderlich angesehen worden, könnte, selbst wenn dies zuträfe, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil der an sich auch im Steuerrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben - von besonders gelagerten Fällen abgesehen - nicht der Anwendung zwingender Rechtsvorschriften entgegenstehen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 303/74). Der Grundsatz von Treu und Glauben kann jedenfalls in jenen Fällen nicht gelten, in welchen eine unrichtige Auskunft von der für diese Auskunftserteilung unzuständigen Behörde ergangen ist.
Aus allen diesen Gründen vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß dem angefochtenen Bescheid die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes anhaftet.
Geht man aber von der oben dargestellten Rechtslage aus, so erweist sich auch die von der beschwerdeführenden Partei erhobene Verfahrensrüge als unbegründet. Die Aufhebung des im ersten Rechtsgang von der belangten Behörde erlassenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgte wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965. Der Grund hiefür war ein der belangten Behörde unterlaufener Begründungsmangel, weil die belangte Behörde nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Gründe darzutun gehabt hätte, die es ihr trotz der behaupteten Übergabe der Waren an die ausländischen Erwerber zur Fortsetzung des gebundenen Verkehrs verwehrten, die Tatsache einer gebrochenen Durchfuhr als rechtserheblich zu bewerten. Mit dieser Frage hat sich aber die belangte Behörde in der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides ausführlich auseinandergesetzt, weshalb der beschwerdeführenden Partei nicht gefolgt werden kann, daß der seinerzeit vom Verwaltungsgerichtshof aufgegriffene Verfahrensmangel dem im gegenständlichen Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheid neuerlich anhafte. Wenn schließlich die beschwerdeführende Partei noch rügt, die belangte Behörde habe das Schreiben der S vom nur teilweise zitiert und sei auf die Ausführungen in der Berufung der beschwerdeführenden Partei vom (Beilage 6) und auf das Schreiben der S vom (Beilage 12) überhaupt nicht eingegangen, so muß ihr entgegengehalten werden, daß die belangte Behörde auf Grund des von ihr festgestellten und durch die angebotenen Beweismittel nicht widerlegten Sachverhaltes auch bei Durchführung der angebotenen Beweise zu keinem anderen, für die beschwerdeführende Partei günstigeren Bescheid hätte gelangen können. Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid auch nicht mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Da somit keine der von der beschwerdeführenden Partei behaupteten Rechtsverletzungen vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1977001289.X00 |
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Fundstelle(n):
PAAAF-54504