VwGH 19.12.1958, 1275/55
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BAO §184 impl; ReichsabgabenO §217; |
RS 1 | Gelangt die Behörde zu der Auffassung, daß der Steuerpflichtige den betrieblich genutzen Teil eines Betriebszwecken und Wohnzwecken dienenden Gebäudes zu hoch angenommen hat, muß sie dem Steuerpflichtigen ihre Feststellung im einzelnen vorhalten und sie kann nicht den Anteil der betrieblichen Nutzung einfach in Form einer griffweisen Schätzung berücksichtigen. In der Unterlassung eines solchen Vorhaltes liegt ein Verfahrensmangel. |
Normen | BAO §184 impl; ReichsabgabenO §217; |
RS 2 | Ziel der Schätzung ist es, Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die den tatsächlichen Betriebsergebnissen möglichst nahekommen. Aber auch bei einigermaßen genauer Erforschung der tatsächlichen Verhältnisse haftet der Gewinnermittlung im Wege der Schätzung zwangsläufig eine gewisse Unsicherheit an und es ist der Behörde aus diesem Grunde bei der Durchführung der Schätzung ein gewisser Spielraum eingeräumt. |
Normen | BAO §184 impl; ReichsabgabenO §217; |
RS 3 | Schätzungsweise Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen bei einem Bäckerbetrieb; Probebacken im Beisein von Sachverständigen. |
Normen | |
RS 4 | Daß die Kinder eines Unternehmers im Unternehmen mitarbeiten und aus den Erträgnissen des Unternehmens ihren Lebensunterhalt bestreiten ohne daß dies in den Büchern zum Ausdruck kommt, genügt nicht, sie steuerrechtlich als Mitunternehmer und das Unternehmen steuerrechtlich als Gesellschaft zu behandeln. |
Normen | |
RS 5 | Den Steuerpflichtigen ist zur Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen das Recht der Akteneinsicht eingeräumt. Dieses Recht besteht aber nur insoweit, als die Akteneinsicht zur Ausführung eines Rechtsmittels im Verwaltungsverfahren erforderlich ist, und ist zeitlich mit dem Abschluß des Rechtsmittelverfahrens begrenzt. Durch die Verweigerung der Akteneinsicht nach Abschluß des Rechtsmittelverfahrens kann der Steuerpflichtige somit in keinem Recht verletzt werden. Daran vermag auch der Hinweis auf die aus der Verweigerung der Akteneinsicht entstandene Behinderung, den Inhalt der Akten in einer Beschwerde an den VwGH zu verwerten, zu ändern. Das Recht auf Akteneinsicht entsteht erst wieder auf Grund der Vorschrift des § 25 VwGG, die aber die Anhängigkeit einer Beschwerde beim VwGH und die Vorlage der Akten durch die belangte Behörde voraussetzt. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des WS in L gegen den Bescheid der Berufungskommission für Niederösterreich bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI - 2626 - 1954, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für 1948 bis 1951, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt eine Bäckerei. Er ermittelt den Gewinn nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und hat in seinen Steuererklärungen in den Jahren 1948 bis 1951 folgende Betriebsergebnisse ausgewiesen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatz | Gewinn | |
1948: | S 166.407,-- | S 24.433,-- |
1949: | S 249.466,-- | S 26.880,-- |
1950: | S 269.214,-- | S 26.261,-- |
1951: | S 343.042,-- | S 38.268,-- |
Im Dezember 1952 fand bei dem Beschwerdeführer eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer stellte Mängel der Buchführung (vielfache und wesentliche Kassenfehlbeträge, nicht verbuchte Kassenausgänge und Lieferungen an Wiederverkäufer, Fehlen von Inventuren) fest, sprach der Buchführung die Beweiskraft ab und schätzte die Betriebsergebnisse nach § 217 der Abgabenordnung (AO). Dabei ging er bei der Broterzeugung von einer Ausbeute von 1,33 kg Brot aus 1 kg Mehl und bei der Weißgebäckerzeugung von einer entsprechenden Ausbeute von 27 Stück Semmeln aus. Er schätzte auch die Erlöse für Lohnarbeit (Störbroterzeugung), und zwar 1948 und 1949 auf S 10.000,--, 1950 auf S 12.000,-- und 1951 auf S 15.000,--. Es ergab sich daraus eine Erhöhung der Umsätze um S 9.593,-- für 1948, S 12.533,-- für 1949, S 14.785,-- für 1950 und S 28.958,-- für 1951 und eine Erhöhung des Gewinnes aus Gewerbebetrieb auf S 30.933,-- für 1948, S 39.751,-- für 1949, S 30.798,-- für 1950 und S 58.135,-- für 1951.
Der Beschwerdeführer berief gegen die nach dem Betriebsprüfungsergebnis vorgenommenen Veranlagungen der geprüften Jahre. Er führte - soweit dies für die vorliegende Beschwerde von Bedeutung ist - zunächst nur aus, daß die Berufung sich gegen die kalkulatorische Umsatzermittlung, die Nichtberücksichtigung des ihm gehörigen Hauses K-straße 16 als Teil des Betriebsvermögens, die Nichtanerkennung von Reparaturaufwendungen als Betriebsausgaben und die Nichtberücksichtigung seines Antrages auf Anerkennung der kollektivvertraglichen Entlohnung für seine im Betrieb als Angestellte tätigen Töchter als Betriebsausgabe oder außerordentliche Belastung gemäß § 33 EStG richte, und stellte den Antrag auf Gewährung einer Frist zur Begründung des Rechtsmittels. In dieser Begründung gab er sodann bekannt, daß der erfahrungsgemäße Ausbeutesatz aus 1 kg Roggen- bzw. Weizenmehl nur 1,30 kg Brot bzw. 26 Stück Semmeln betrage. Außerdem sei bei der Schätzung zu Unrecht außer Betracht geblieben, daß ca. ein Viertel des erzeugten Kleingebäckes ungeformt (sogenannte Laberln) sei und billiger verkauft werde als Semmeln, daß 10 bis 11 v.H. des Weißgebäcks unverkauft zurückbleibe und zu gleichfalls billigeren Semmelbrösel verarbeitet werde. Bei der Schätzung der Erlöse aus der Lohnbäckerei habe der Prüfer eine Leistung von 10.000 Stück Störbroten zu 3,3 kg, also (bei einem Erlös von 30 g je Kilogramm) eine Erzeugung von durchschnittlich 200 Störbroten wöchentlich angenommen. Da der Beschwerdeführer jedoch nur zweimal in der Woche Störbrot backe, bedeute dies, daß er an diesen Tagen außer seiner Eigenerzeugung noch 330 kg Störbrot, also das 3,3-fache seiner durchschnittlichen Tagesleistung erzeugen müßte. Dazu reiche jedoch die Kapazität seines Ofens nicht aus. Die Berücksichtigung der Zahl der in Betracht kommenden Haushalte erweise die Richtigkeit deiner dem Prüfer abgegebenen Erklärung, daß die wöchentliche Lohnarbeit 100 Laib Störbrote betrage. Weiters führte die Berufung aus, daß das Haus K-Straße 16 mit den darin befindlichen Räumen zu 82 % betrieblichen und zu 18 % privaten Zwecken diene. Es gehöre daher zum Betriebsvermögen der Bäckerei und nicht zur Landwirtschaft und es seien die damit zusammenhängenden Ausgaben im Bäckereibetrieb zu berücksichtigen. Die beiden volljährigen Töchter des Beschwerdeführers seien im Betrieb tätig und es würden durch ihre Mitarbeit zwei vollwertige Arbeitskräfte eingespart. Ihre Entlohnung entspreche einem jeweils 20 %igen Gewinnanteil. Der Gewinn sei daher verhältnismäßig zu teilen. Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Zuziehung eines Sachverständigen zur Begutachtung der strittigen Fragen der kalkulatorischen Umsatzermittlung und schloß der Berufung eine Selbstschätzung auf der Grundlage der von ihm geltend gemachten Ausbeuten und erhobenen sonstigen Einwendungen an, die für die Jahre 1948 bis 1950 etwas geringere und für 1951 etwas höhere als die erklärten Umsätze ergab. In einer Ergänzung zur Berufung legte er ferner das Protokoll über ein von der Innung der Bäcker in einem anderen Betrieb durchgeführtes Probebacken vor, und beantragte die Durchführung eines Probebackens in seinem Betrieb sowie die Einvernahme der bei dem erwähnten Probebacken anwesend gewesenen Personen.
Die Berufungskommission führte eine mündliche Berufungsverhandlung durch, in der sie auf Antrag des Beschwerdeführers den Sachverständigen M einvernahm. Sie gab sodann der Berufung insoweit statt, als sie das Gebäude Kstraße 16 zu einem Drittel als betrieblich genutzt ansah und die steuerpflichtigen Gewinne um die entsprechenden Anteile der gewöhnlichen sowie der erhöhten Absetzung für Abnutzung verringerte. In den übrigen Belangen wies sie die Berufung ab. Zur Höhe der Schätzung führte sie aus, die im Zuge der Betriebsprüfung eingeholten Gewichtsproben hätten ein durchschnittliches Gewicht von 44,75 dkg je 10 Stück Semmeln ergeben. Daraus ergebe sich wiederum, daß der Ausbeutesatz des Beschwerdeführers über dem des Probebackens der Innung liege, sodaß dieses Probebacken keinen Beweis für die Richtigkeit des behaupteten Ausbeutesatzes von 26 Semmeln je 1 kg Mehl darstelle. Der vom Betriebsprüfer angewendete Ausbeutesatz von 27 Semmeln sei keinesfalls zu hoch. Dies werde insbesondere durch den Vergleich der Gewichtsproben mit den vom Sachverständigen angegebenen Gewichtssätzen bestätigt Die Behauptung, daß ein Viertel des Kleingebäcks als Laberln hergestellt werde, könne mangels entsprechender Aufzeichnungen nur als eine bloße Annahme angesehen werden. Auch werde bei den Laberln vielfach eine Mischung von Roggen- und Weizenmehl verwendet, wodurch Preisunterschiede hinreichend ausgeglichen würden. Ein besonderer Abschlag für die Erzeugung von Semmelbrösel sei nur gerechtfertigt, wenn sie das übliche, bei einem Ausbeutesatz von 27 Semmeln aus 1 kg Weizenmehl bereits berücksichtigte Ausmaß überschreite. Die Behauptung, der Anteil des unverkauften Weißgebäcks betrage 10 v.H., finde in den Aufzeichnungen keine Stütze und sei unglaubwürdig. Überdies sei ein unterpreisiger Verkauf der Brösel nicht nachgewiesen. Über die Störbroterzeugung habe der Beschwerdeführer keine Aufzeichnungen geführt. Zur Schätzung hätten daher nur die Angaben des Beschwerdeführers und die Steuererklärungen gleichartiger Betriebe herangezogen werden können. Der Sachverständige habe die Möglichkeit einer Erzeugung in der geschätzten Höhe nicht strikte abgelehnt, sondern von Umständen abhängig gemacht, die nicht überprüfbar und vom Beschwerdeführer nicht bewiesen worden seien. Die Behauptung, eine Erzeugung im geschätzten Umfang sei unmöglich, werde durch den Vergleich mit anderen unter den gleichen Voraussetzungen arbeitenden Betrieben widerlegt. Wohl zeige die vom Beschwerdeführer eingereichte Umsatzkalkulation Ergebnisse, die sich annähernd mit denen der Erklärungen decken. Diese Kalkulation sei aber auf einer Reihe von Annahmen (Ausbeutesatz, Verhältnis zwischen geformtem und ungeformtem Weißgebäck, nicht veräußerte Menge Weißgebäck, Ausmaß der Störbroterzeugung) aufgebaut und würde ein wesentlich anderes Ergebnis zeigen, wenn man von anderen Annahmen ausginge. Der Sachverständige habe wohl den Ausbeutesatz der Innung mit 26 Stück Semmeln aus 1 kg Mehl angegeben, sei aber auf die Rezeptur nicht eingegangen, vielmehr habe sich diesbezüglich bei der mündlichen Verhandlung eine Unstimmigkeit ergeben. Die von ihm angegebene Rezeptur sei die allgemeine Rezeptur der Innung und nicht geeignet, die Schätzungen des Prüfers zu widerlegen. Zur Frage der betrieblichen Nutzung des Hauses K-straße 16 führte die Behörde aus, daß die behauptete überwiegend betriebliche Nutzung nicht bestehe. Das eingewendete Ausmaß einer solchen Nutzung von 82 v.H. ergebe sich nur infolge der Einbeziehung privat genutzter Räume. Wie durch die Bewertungsstelle und die Betriebsprüfung festgestellt worden sei, werde das Gebäude zu einem Drittel betrieblich genutzt. Die bekämpfte Entscheidung legt sodann in Einzelberechnungen die Minderung der Gewinne und der Einkommensteuer und Gewerbesteuer dar, die sich in dem zuletzt angeführten Punkte ergibt. Schließlich führt sie aus, daß dem Antrag auf eine rückwirkende Aufteilung des Gewinnes zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Töchtern nicht habe entsprochen werden können, weil es sich dabei um einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes handle und auch eine Entlohnung der Töchter nicht angenommen werden könne, weil ein ernstgemeintes Dienstverhältnis nicht vorliege.
Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Gerichtshof hat darüber erwogen:
Gemäß § 217 der Abgabenordnung hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen und sind dabei alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist vor allem dann, wenn die Bücher und Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen unvollständig oder formell oder sachlich unrichtig sind.
Der Beschwerdeführer räumt zwar ein, daß Buchführungsmängel vorliegen, die die Behörde zur Schätzung berechtigten, bekämpft aber die Schätzung in nachstehenden Belangen:
1) Berücksichtigung der Mitarbeit der beiden großjährigen Töchter im Betrieb.
Der Beschwerdeführer führt aus, er habe seine Töchter für die Tätigkeit im Betrieb erzogen, um ihnen den Betrieb bei Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit zu übertragen. Er glaubt, daß die steuerrechtliche Berücksichtigung dieser Mitarbeit nach zwei Richtungen hin erfolgen könne. Einmal könnten die Töchter als Mitunternehmer angesehen werden, weil es sich um einen Familienbetrieb handle und die Mitarbeit der Töchter für die Erzielung des Einkommens, aus dem der Unterhalt der Familie bestritten wird, von wesentlicher Bedeutung sei. Der Vorwurf eines Mißbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes sei unbegründet. Ebenso könne das Vorliegen eines Dienstverhältnisses angenommen werden. Auch wenn die Entlohnung nicht in einem kollektivvertraglich festgesetzten Barbetrag erfolgt sei, hätte der Gewinn dem Antrag des Beschwerdeführers entsprechend in der Höhe einer solchen Entlohnung, zumindest aber in der Höhe des Wertes der freien Station und der sonstigen Aufwendungen für einen Gehaltsempfänger vermindert werden müssen. Wenn die angefochtene Entscheidung davon spreche, daß eine rückwirkende Entlohnung nicht anerkannt werden könne, weil ein ernstgemeintes Dienstverhältnis nicht vorliege, dann sei dies unbegründet und widerspreche der Aktenlage. Es werde damit das Berufungsbegehren nicht erledigt. In der Unterlassung entsprechender Ermittlungen liege ein Verfahrensmangel. In einer Ergänzung gibt der Beschwerdeführer dazu noch bekannt, daß das Finanzamt bei unveränderten Verhältnissen für die Zeit vom Jänner 1952 bis Mai 1953 für seine beiden Töchter Lohnsteuer nachgefordert und ihm wegen Lohnsteuerverkürzung eine Geldstrafe auferlegt habe.
Die Beschwerde erweist sich hinsichtlich der behaupteten Mitunternehmerschaft der beiden Töchter als unbegründet.
Daß die Kinder eines Unternehmers in einem Unternehmen mitarbeiten und aus den Erträgnissen des Unternehmens ihren Lebensunterhalt bestreiten ohne daß dies in den Büchern zum Ausdruck kommt, genügt nicht, sie steuerrechtlich als Mitunternehmer und das Unternehmen steuerrechtlich als Gesellschaft zu behandeln (vgl. hg. Erkenntnis Slg. N. F. Nr. 708/F). Mag auch im vorliegenden Beschwerdefall die Beantragte Gewinnverteilung keinen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes darstellen, könnte sie doch steuerrechtlich nur dann anerkannt werden, wenn sie ausreichend nach außen zum Ausdruck kommt, weil sonst steuerliche Folgen willkürlich herbeigeführt werden könnten. Die belangte Behörde hat somit den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufteilung des Gewinnes zwischen ihm und seinen beiden Töchtern mit Recht abgelehnt.
Der Beschwerdeführer hat überdies das Vorhandensein eines Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses seiner Töchter eingewendet. Nun hat er zwar in den Berufungsausführungen seinen ursprünglichen Antrag, für seine Töchter die kollektivvertraglichen Gehalte als Betriebsausgaben oder außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen, nicht weiter ausgeführt und dieses Begehren durch den Antrag ersetzt, den steuerpflichtigen Gewinn auf ihn und seine Töchter als Mitunternehmer aufzuteilen. Dessenungeachtet hat sich die belangte Behörde in der angefochtenen Entscheidung auch mit der Frage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Töchtern befaßt und ausgeführt, daß eine rückwirkende Entlohnung nicht anerkannt werden könne, weil ein ernstgemeintes Dienstverhältnis nicht vorliege. Aus welchen Gründen sie zu dieser Annahme gelangt ist, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Daß der Beschwerdeführer an seine Töchter keinen Barlohn ausbezahlt hat, wäre - sofern diese in den in Rede stehenden Zeiträumen tatsächlich gegen Tragung der Lebenshaltungskosten in seinem Betrieb mitgearbeitet haben - allein noch kein ausreichender Grund, das Vorliegen eines ernstgemeinten Dienstverhältnisse für beide Töchter zu verneinen, zumal der Beschwerdeführer in den Umsatzsteuererklärungen die Beschäftigung eines Angestellten ausgewiesen und einmal auch angegeben hat, daß es sich dabei um einen Familienangehörigen handelt. Jedenfalls macht es der aufgezeigte Mangel dem Verwaltungsgerichtshof unmöglich, die Entscheidung der belangten Behörde in dem gegenständlichen Beschwerdepunkt zu überprüfen, sodaß die hiezu erhobene Einwendung einer Verletzung von Verfahrensvorschriften berechtigt ist.
2) Berücksichtigung des Hauses K-straße 16 als Bestandteil des Betriebsvermögens.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung eine betriebliche Nutzung des Gebäudes von 82 v.H. geltend gemacht, die belangte Behörde hat jedoch eine betriebliche Nutzung von nur 33 v.H. angenommen. Dagegen hat der Beschwerdeführer Mangelhaftigkeit des dieser Annahme zugrunde liegenden Verfahrens geltend gemacht. Die bezüglichen Feststellungen des Betriebsprüfers seien unrichtig, was sich schon daraus ergebe, daß er in seinem Bericht von einer untergeordneten Bedeutung der betrieblichen Nutzung spreche, und in seiner späteren Stellungnahme eine betriebliche Nutzung von einem Drittel zugestehe. Es hätten die Absetzungen für Abnutzung sowie der Betriebsaufwand im vollen Ausmaß berücksichtigt werden müssen. In der angefochtenen Entscheidung seien aber die AfA nur zu einem Drittel und die Reparaturaufwendungen überhaupt nicht berücksichtigt worden.
Die belangte Behörde hat, ihre Annahme auf eine Stellungnahme des Betriebsprüfers gestützt, in der dieser sich wiederum auf Feststellungen der Bewertungsstelle des Finanzamtes und auf Eintragungen im Häuserverzeichnis beruft. Diese Stellungnahme und die ihr zugrunde liegenden Feststellungen sind nach der Aktenlage dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten, sondern erst in der angefochtenen Entscheidung auszugsweise bekanntgegeben worden. Nun mag es richtig sein, daß der Beschwerdeführer den betrieblich genutzten Teil des Gebäudes infolge der Einbeziehung privat genutzter Räume zu hoch angegeben hat. Dennnoch hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ihre Feststellungen im einzelnen vorhalten müssen und den Anteil der betrieblichen Nutzung nicht einfach in der Form einer anscheinend griffweisen Schätzung berücksichtigen dürfen. In der Unterlassung eines solchen Vorhaltes liegt ein Verfahrensmangel. Der Beschwerdeführer rügt überdies mit Recht, daß die belangte Behörde trotz der Anerkennung einer betrieblichen Nutzung des Gebäudes zu einem Drittel die Reparaturaufwendungen bei der Gewinnermittlung nicht entsprechend berücksichtigt hat.
3) Durchführung der Schätzung.
Der Beschwerdeführer bekämpft zwar nicht die von der belangten Behörde angewandte Methode der Schätzung nach der Mehlausbeute. Er gründet seine Einwendungen hauptsächlich auf die Ergebnisse des von der Innung der Bäcker durchgeführten Probebackens und auf die Unterlassung eines Probebackens in seinem Betrieb unter Zuziehung von Beamten und Mitgliedern der Innung.
Soweit der Beschwerdeführer als Rechtswidrigkeit geltend macht, die Behörde habe seinen Anträgen nicht entsprochen, weil sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist gestellt worden seien, ist ihm zu entgegnen, daß die Behörde, obzwar sie darauf hinwies, daß die Zulassung der Beweisanträge ihrer Beurteilung unterliege, das beantragte Probebacken nicht wegen verspäteter Antragstellung, sondern mit der Begründung abgelehnt hat, es sei kein geeignetes Beweismittel zur Feststellung des Ausbeutesatzes des Beschwerdeführers. Darin kann ihr aber nicht entgegengetreten werden.
Ziel der Schätzung ist, Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die den tatsächlich erzielten Betriebsergebnissen möglichst nahekommen. Diesem Ziel dient aber ein Probebacken nur insoweit, als es Aufschlüsse über den Ausbeutesatz unter den bei der Backveranstaltung vorliegenden Verhältnissen gibt. Diese Verhältnisse sind aber erfahrungsgemäß nicht immer die gleichen. Die den Ausbeutesatz im einzelnen Betrieb bestimmenden Faktoren werden daher nur durch solche Ermittlungen erforscht werden können, die die betrieblichen Tatsachen und Erfahrungen zum Gegenstand haben. Welche Rezeptur der Steuerpflichtige tatsächlich verwendet und welche Ausbackgewichte und Stückzahlen er durchschnittlich erzielt, wird daher in erster Linie durch konkrete Beweisaufnahmen über die tatsächlichen Betriebsverhältnisse des Steuerpflichtigen festzustellen sein. Aber auch bei einigermaßen genauer Erforschung der tatsächlichen Verhältnisse haftet der Gewinnermittlung im Wege der Schätzung zwangsläufig eine gewisse Unsicherheit an und es ist der Behörde aus diesem Grunde bei der Durchführung der Schätzung ein gewisser Spielraum eingeräumt. Das bezogene Probebacken hat zwar, wie der Beschwerdeführer einwendet, in keinem Fall einen Ausbeutesatz von 27 Semmeln je Kilogramm Mehl, aber doch Ausbeuten von etwas mehr als 26 Semmeln ergeben. Der Beschwerdeführer weist ferner darauf hin, daß durch Vereinbarungen zwischen der Finanzlandesdirektion und der Bundesinnung der Ausbeutesatz mit 26 1/4 Semmeln festgelegt worden sei. Daraus ergibt sich aber nicht, wie er glaubt, ein Rechtsanspruch auf Anwendung dieses Ausbeutesatzes. Abmachungen von Berufsgruppen über die Besteuerung ihrer Angehörigen mit Behörden bilden keine rechtsverbindliche Grundlage für die Besteuerung. Aus ihnen können weder vom Steuerpflichtigen noch vom Steuergläubiger irgendwelche Rechte abgeleitet werden (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1783/55, von dem den Parteien auf Verlangen eine Ausfertigung zugemittelt werden wird). Vielmehr zeigen die in den eingewendeten Ausbeutesätzen zutage tretenden Schwankungen die Unsicherheit der Schätzung nach Ausbeutesätzen selbst bei vorbestimmten Verhältnissen auf. Zufolge dieser Unsicherheit kann aber die Behörde auch bei der Schätzung eines unter den üblichen Betriebsverhältnissen arbeitenden Betriebes von einem Mittelwert innerhalb der erfahrungsgemäß erzielbaren Ausbeuten nach oben wie nach unten abweichen. Der Beschwerdeführer hat zwar angegeben, daß er bei einer Ausbeute von mehr als 27 Semmeln aus 1 kg Mehl untergewichtiges Gebäck erzeugen und sich strafbar machen würde. Er hat damit aber nicht dargetan, daß ein Ausbeutesatz von 27 Semmeln im Rahmen einer ordnungsgemäßen Betriebsführung nicht erzielbar sei. Wenn daher die Behörde im Rahmen des ihr gegebenen Spielraumes statt eines Ausbeutesatzes von 26 oder 26 1/4 Semmeln einen solchen von 27 angewendet hat, kann der Beschwerdeführer dadurch nicht in einem gesetzlichen Recht verletzt worden sein (vgl. hiezu auch das zuletzt erwähnte Erkenntnis). Die in diesem Belang erhobenen Einwendungen sind also nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Der Beschwerdeführer macht zu diesem Beschwerdepunkt auch geltend, die belangte Behörde habe sich über die Aussagen des einvernommenen Sachverständigen, erfahrungsgemäß bleiben 15 bis 20 % Weißgebäck unverkauft zurück und würden zu Brösel verarbeitet, hinweggesetzt und in dieser Hinsicht den Sachverhalt, insbesondere durch die Unterlassung der Einvernahme weiterer Sachverständiger und allenfalls weiterer Erhebungen, nicht genügend geklärt. Mit der Aussage des Sachverständigen ist aber nicht dargetan worden, daß im Betrieb des Beschwerdeführers hinsichtlich der Weißgebäck- und Bröselerzeugung außergewöhnliche Verhältnisse vorliegen, die eine besondere Berücksichtigung bei der Schätzung des Weißgebäckumsatzes erfordern würden, zumal der Beschwerdeführer den Anteil des zu Brösel verarbeiteten Weißgebäcks für seinen Betrieb mit nur 10 bis 11 v.H. beziffert. Da die Einvernahme der Sachverständigen, die bei dem schon mehrfach erwähnten Probebacken zugegen waren, kein taugliches Beweismittel zur Darlegung außergewöhnlicher Verhältnisse darstellte und der Beschwerdeführer, obwohl ihm dazu ausreichend Gelegenheit gegeben war, andere Beweismittel nicht angeboten hat, kann er mit diesen Einwendungen nicht durchdringen.
Die Beschwerde wendet sich weiters gegen die Schätzung der Erlöse aus der Störbroterzeugung. Der Beschwerdeführer glaubt, daß die belangte Behörde sich nicht auf die Angaben des sachunkundigen Betriebsprüfers hätte stützen dürfen und auch hiezu die Teilnehmer des Probebackens einvernehmen hätte müssen.
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf Angaben des Beschwerdeführers über seine Einnahmen aus der Lohnbäckerei im Jahre 1951 von S 15.000,-- gestützt, und den Einwand der technischen Unmöglichkeit einer Störbroterzeugung in dem den Schätzungsziffern zugrunde liegenden Umfang mit dem Hinweis abgetan, eine solche Erzeugung sei auch in anderen Bäckereibetrieben möglich. Nun liegt ein Verfahrensmangel darin, daß die bekämpfte Entscheidung die Schätzungsziffern für die Erlöse aus der Störbroterzeugung auf Angaben des Betriebsprüfers über eine Information des Beschwerdeführers zu Beginn der Betriebsprüfung stützt, obwohl eine solche Information nicht aktenkundig ist und der Beschwerdeführer die darauf gegründeten Schätzungsziffern bekämpft. Der Beschwerdeführer hat bereits in seiner Selbstschätzung die Erlöse aus der Lohnarbeit wesentlich niedriger als die belangte Behörde, nämlich nur mit S 5.200,-- für 1948, 6.750,-- für 1949 und S 7.800,-- für 1950 und 1951 beziffert. Mit Recht rügt die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang, daß die Behörde Einzelheiten der von ihr bei der Schätzung herangezogenen Vergleichsbetriebe nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat. Der Beschwerdeführer hätte zumindest Gelegenheit erhalten müssen, zu den aus den Vergleichsbetrieben abgeleiteten Ergebnissen Stellung zu nehmen. Die erhobene Verfahrensrüge ist daher berechtigt.
Schließlich wendet sich die Beschwerde noch dagegen, daß der Einwand der Erzeugung von ungeformtem Gebäck (Laberln) unberücksichtigt geblieben sei. Da aber der Beschwerdeführer hier den Nachweis des Vorliegens außergewöhnlicher, bei der Schätzung eine besondere Berücksichtigung erheischender Erzeugungsverhältnisse nicht erbracht hat, war die Behörde im Recht, wenn sie aus diesem Grunde das bezügliche Berufungsvorbringen nicht berücksichtigt hat. Schon deshalb gehen alle auf die Erzeugung von ungeformtem Gebäck gegründeten Beschwerdeeinwendungen ins Leere.
4) Verweigerung der Akteneinsicht.
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, daß die belangte Behörde ihm nach Abschluß des Berufungsverfahrens die zum Zwecke der Ausführung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erbetene Einsicht in die Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere in das Protokoll über die Berufungsverhandlung, nicht gewährt hat.
§ 43 des Abgabenrechtsmittelgesetzes, BGBl. Nr. 60/1949, räumt Steuerpflichtigen das Recht der Akteneinsicht zur Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen ein. Dieses Recht besteht aber nur insoweit, als die Akteneinsicht zur Ausführung eines Rechtsmittels im Verwaltungsverfahren erforderlich ist, und ist zeitlich mit dem Abschluß des Rechtsmittelverfahrens begrenzt. Der Beschwerdeführer konnte daher durch die Ablehnung seines nach Abschluß des Rechtsmittelverfahrens gestellten Begehrens um Akteneinsicht in keinem gesetzlichen Recht verletzt werden. Daran vermag auch der Hinweis auf die aus der Verweigerung der Akteneinsicht entstandene Behinderung, den Inhalt der Akten in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu verwerten, nichts zu ändern. Das Recht auf Akteneinsicht entsteht erst wieder auf Grund der Vorschrift des § 25 VwGG 1952, die aber die Anhängigkeit einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und die Vorlage der Akten durch die belangte Behörde voraussetzt. Auf Grund dieser Bestimmung hat der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Akteneinsicht begehrt und erhalten.
Der Vorwurf einer Rechtswidrigkeit durch die Verweigerung der Akteneinsicht ist also nicht gerechtfertigt. Hingegen hat die belangte Behörde sowohl in der Frage der Behandlung der Mitarbeit der beiden Töchter des Beschwerdeführers im Betrieb als auch bei der steuerlichen Berücksichtigung der betrieblichen Nutzung des Hauses K-straße 16 und bei der Durchführung der Umsatzschätzungen gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde möglicherweise zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Wenngleich sich somit die vorliegende Beschwerde nur zum Teil als berechtigt erweist, mußte der angefochtene Bescheid, da er ein einheitliches Ganzes bildet, aus den vorangeführten Gründen zur Gänze nach § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1952 wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1952 wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1958:1955001275.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-54464