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VwGH 25.10.1978, 1256/78

VwGH 25.10.1978, 1256/78

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
FremdenverkehrsG Tir 1976 §1 Abs1;
FremdenverkehrsG Tir 1976 §1 Abs6;
FremdenverkehrsG Tir 1976 §32;
LAO Tir 1963 §27;
RS 1
Der räumliche Geltungsbereich eines Gesetzes deckt sich mit dem Zuständigkeitsbereich des gesetzgebenden Hoheitsträgers. Jeder Gesetzgeber kann für sein Rechtsgebiet, und nur für dieses, Rechtssätze erlassen. Der Geltung einer Rechtsnorm unterliegen alle Rechtsverhältnisse, die innerhalb ihres räumlichen Geltungsbereiches mit einem Objekt (hier: Betriebsstätte) gegeben sind. Als Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung und Einhebung der Pflichtbeiträge gilt die im räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes gelegene Betriebsstätte. Maßgeblich für die territoriale Abgrenzung des Beitragserhebungsrechtes ist jener Begriff der Betriebsstätte, wie er im § 27 Tir LAO umschrieben wird.
Normen
FremdenverkehrsG Tir 1976 §1 Abs1;
FremdenverkehrsG Tir 1976 §1 Abs6;
FremdenverkehrsG Tir 1976 §32;
RS 2
Die Feststellung dessen, was "wirtschaftliches Intesse" iSd § 1 Tir FremdenverkehrsG 1976 bedeutet, hat sich nicht an subjektiven, sondern an objektiven Kriterien zu orientieren. Dies kann nur der KONKRET auf den Fremdenverkehr zurückzuführende Nutzen des beitragspflichtigen Unternehmers sein.
Normen
BAO §21;
VwRallg;
RS 3
Die Auslegung eines Gesetzes hat in aller Regel von der Annahme auszugehen, daß der Gesetzgeber dann, wenn er dasselbe Wort verwendet, darunter auch denselben Begriff verstanden wissen will.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH Erkenntnis 1955/06/03 0631/52 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Kobzina, Öhler, Dr. Würth und Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Gaismayer und der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde der Firma R in W, vertreten durch Dr. Tassilo Broesigke, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorferstraße 14/22, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. II c-5233/6-La, betreffend Feststellung der Pflichtmitgliedschaft zu einem Fremdenverkehrsband, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist ein Handelsunternehmen mit dem Sitz in W, das nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens auch in I ein "Auslieferungslager", welches von Angestellten ständig betreut wird, und von dem aus Büromaschinen verkauft und versandt werden, unterhält. Ein anhängiges Berufungsverfahren betreffend die Vorschreibung der Pflichtbeiträge nach dem Tiroler Fremdenverkehrsgesetz 1969, LGBl. für Tirol Nr. 48, nahm die beim Amt der Tiroler Landesregierung eingerichtete Berufungskommission zum Anlaß, bei der Tiroler Landesregierung den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zu einem Fremdenverkehrsverband zu stellen. Mit dem angefochtenen Bescheid vom sprach die Tiroler Landesregierung gemäß § 1 Abs. 1 und 6 des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes 1976, LGBl. für Tirol Nr. 65 (im folgenden kurz mit "TiFrVG" bezeichnet), im Zusammenhalt mit § 32 Abs. 15 leg. cit., sowie § 27 der Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 7/1963 in der geltenden Fassung (TLAO), aus, daß die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Betriebsstätte in I dem Fremdenverkehrsverband I als Pflichtmitglied angehöre. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe sich in ihrer Eingabe vom auf den Standpunkt gestellt, daß die Pflichtmitgliedschaft zum ortszuständigen Fremdenverkehrsverband und daher in weiterer Folge die Beitragspflicht für sie grundsätzlich nicht gegeben sei. Der erste der Gründe, auf die die Beschwerdeführerin diese Aussage stütze, sei die Behauptung, es fehle in ihrem Falle ein unmittelbares oder mittelbares wirtschaftliches Interesse am Fremdenverkehr, weil sich auf den Büromaschinenhandel der Fremdenverkehr nicht belebend auswirke. Die Annahme, daß sich der Fremdenverkehr auch auf andere, also auf typisch auf den Fremdenverkehr ausgerichtete Wirtschaftszweige, belebend auswirke, könne für die Begründung eines mittelbaren wirtschaftlichen Interesses nicht ausreichen, weil sonst jeder Wirtschaftszweig Pflichtmitglied eines Fremdenverkehrsverbandes werden müßte. Darüber hinaus bestreite die Beschwerdeführerin die Pflichtmitgliedschaft nach dem Tiroler Fremdenverkehrsgesetz aber auch mit der weiteren Behauptung, es handle sich bei ihrem Lager in I nicht um ein Verkaufslager, sondern um ein Auslieferungslager. Ein derartiges Auslieferungslager sei durch die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , Zl. 879/71, nicht erfaßt. Selbst wenn die "Geschäftseinrichtung" in I als Betriebsstätte angesehen werde, diene diese nicht der die Pflichtmitgliedschaft begründenden Tätigkeit, da es sich dabei um ein Auslieferungslager handle, das nicht der selbständigen Erwerbstätigkeit diene, weil die Verkaufsgeschäfte von W aus getätigt würden. Die Landesregierung sei zur Auffassung gelangt, daß die Pflichtmitgliedschaft der Beschwerdeführerin zum Fremdenverkehrsverband I als gegeben anzusehen sei. Sie stütze sich dabei auf folgende Überlegungen:

Die Beschwerdeführerin beschäftige sich der Aktenlage zufolge mit dem Großhandel verschiedenster Büromaschinen, wie z.B. Kopiergeräten, Schneidemaschinen, Papierwölfen, Falzmaschinen, Kuvertiermaschinen, Klebebindegeräten, Adressiermaschinen, Prägemaschinen, Kugelkopfschreibmaschinen, Reiseschreibmaschinen, Diktiergeräten, Wechselsprechanlagen u.a.m. Es werde der Beschwerdeführerin zwar einzuräumen sein, daß unmittelbare wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr durch direkte Geschäftsbeziehungen zu fremden Gästen in Anbetracht dieses Tätigkeitsbereiches für sie im Regelfall nicht in Betracht kommen werden. Das Tiroler Fremdenverkehrsgesetz erfasse darüberhinaus aber auch jene Unternehmer, die auf Grund ihrer Tätigkeit am Fremdenverkehr bloß mittelbar interessiert sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien unter mittelbaren wirtschaftlichen Vorteilen aus dem Fremdenverkehr jene Vorteile zu verstehen, die dem betreffenden Interessenten daraus erwachsen, daß in einem Bereich durch den Fremdenverkehr eine Hebung der wirtschaftlichen Lage eintritt, die erfahrungsgemäß auch auf andere, am Fremdenverkehr nicht unmittelbar partizipierende Geschäftszweige belebend wirkt. Auch der Verfassungsgerichtshof habe sich in seinem Erkenntnis vom , G 1718/73, zu der Ansicht bekannt, es sei der Fall, daß ein Unternehmer aus dem Fremdenverkehr keinen wirtschaftlichen Nutzen ziehe, eine für das heutige Wirtschaftsleben keinesfalls charakteristische, sondern vielmehr eine atypische Erscheinung. Im Hinblick auf dieser Rechtsausführungen könne nicht behauptet werden, daß der Handel mit Büromaschinen nicht ein mittelbares wirtschaftliches Interesse am Fremdenverkehr bewirke. Es sei hier nur beispielhaft auf den Bedarf an Büromaschinen seitens der Gastgewerbebetriebe, für das Rechnungswesen von Schilift-, Seilbahn- oder Fremdenverkehrserschließungsgesellschaften und nicht zuletzt auf den Büromaschinenbedarf der über 240 in Tirol bestehenden Fremdenverkehrsverbände und anderen Fremdenverkehrseinrichtungen hingewiesen. Die Beschwerdeführerin betreue eigenen Angaben zufolge außer verschiedensten öffentlichen Stellen 50 Tiroler Kunden durch ihre Niederlassung in I und bestreite nicht, durch diese Kunden auch Umsätze zu bewirken. Im Durchschnitt der vergangenen Jahre entfielen auf Tirol regelmäßig rund 40 % des gesamtösterreichischen Devisenaufkommens aus dem Ausländerverkehr, im Jahre 1976 seien das rund 22 Milliarden Schilling gewesen. Es erscheine einleuchtend, daß ein Teil dieser fremdenverkehrsbedingten Einnahmen auch in die, der Fremdenverkehrswirtschaft rückgelagerten Wirtschaftszweige fließe und so auch zum Ankauf von Büromaschinen aller Art verwendet werde. Die Landesregierung könne somit der mit der allgemeinen Erfahrung in Widerspruch stehenden, nicht weiter begründeten Behauptung, der Fremdenverkehr wirke auf den Büromaschinenhandel nicht belebend, keinesfalls beitreten. Mit ihrer weiteren Einwendung setze sich die Beschwerdeführerin, obwohl sie dies in Abrede zu stellen versuche, mit dem Inhalt des Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses vom , Zl. 879/71, in Widerspruch. Der Verwaltungsgerichtshof habe nämlich dort ausgeführt, § 32 Abs. 9 des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes 1969 (nunmehr § 32 Abs. 15 im Zusammenhalt mit § 32 Abs. 17 des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes 1976) spreche von der "Betriebsstätte". Es sei dabei unbedenklich, wenn sich die Behörde bei der Auslegung dieses Begriffes an die im § 27 der Tiroler Landesabgabenordnung enthaltene Definition des Begriffes "Betriebsstätte" halte. Daß auch ein Auslieferungslager zu jenen Geschäftseinrichtungen zu zählen sei, die dem Unternehmer zur Ausübung des Gewerbes dienen, könne nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Die diesbezüglichen Ausführungen, mit denen sinngemäß dargetan werden solle, daß das zitierte Erkenntnis einen anders gelagerten Sachverhalt zum Gegenstand hatte, entbehrten der Schlüssigkeit. Wenn die Beschwerdeführerin weiters andeute, die Pflichtmitgliedschaft sei auch deswegen nicht gegeben, weil selbst unter der Annahme einer in Innsbruck gelegenen Betriebsstätte diese nur als Auslieferungslager zu qualifizieren sei, welches nicht der selbständigen Erwerbstätigkeit diene, weil die Verkaufstätigkeit von Wien aus besorgt werde, sei ihr entgegenzuhalten, daß sich der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis auch mit dieser Frage beschäftigt habe. Er habe dazu ausgeführt, es sei aus den Bestimmungen des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes nicht die Absicht des Gesetzgebers zu erschließen, daß er den Kreis der Pflichtmitglieder eines Fremdenverkehrsverbandes nur auf Unternehmer mit Sitz in Tirol habe beschränken wollen. Gegen eine solche Auffassung spreche auch die Bestimmung des § 32 Abs. 9 des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes (nunmehr § 32 Abs. 15), demzufolge der Beitrag an jenen Fremdenverkehrsverband zu leisten sei, innerhalb dessen Gebiet die Betriebsstätte für die Ausübung der die Pflichtmitgliedschaft begründenden Tätigkeit gelegen sei. Das Tiroler Fremdenverkehrsgesetz 1976 stelle daher die Pflichtmitgliedschaft zu einem Fremdenverkehrsverband nicht auf den Sitz der betreffenden Firma, sondern lediglich auf die Lage der Betriebsstätte ab. Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes sei auch im Hinblick auf die im Verfahren aufgezeigten Sachverhaltselemente (Auslieferungslager, Sitz der Beschwerdeführerin, Fakturierung usw. in Wien) nichts hinzuzufügen, weil die Führung eines Auslieferungslagers unbeschadet des Abhängigkeitsverhältnisses gegenüber der Unternehmensleitung eine Geschäftseinrichtung darstelle, die dem Unternehmer zur Ausübung seines Gewerbes diene.

Zusammenfassend sei festzustellen, daß die Beschwerdeführerin im Wege ihrer Tätigkeit in I mit dem Tiroler Fremdenverkehr in mittelbare wirtschaftliche Beziehung trete; die Beschwerdeführerin sei daher insoweit Pflichtmitglied des Fremdenverkehrsverbandes I und Umgebung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bezeichnet die Beschwerdeführerin als Beschwerdepunkt in ihrem Recht "auf die gesetzmäßige Anwendung des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes" verletzt worden zu sein. Die Beschwerdeführerin verkennt damit die Rechtslage insoweit, als sie gemäß dem § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG 1965 unter Beschwerdepunkt die bestimmte Bezeichnung des Rechtes zu verstehen ist, in dem die Beschwerdeführerin verletzt zu sein behauptet. Als solches ist nach den übrigen Beschwerdeausführungen das Recht auf Nichtzugehörigkeit zu einem Tiroler Fremdenverkehrsverband zu verstehen. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit zunächst vor, die Qualifikation als Pflichtmitglied des Fremdenverkehrsbandes finde im Tiroler Fremdenverkehrsgesetz 1976 deshalb keine Deckung, weil die in I bloß ein Auslieferungslager darstellende Geschäftseinrichtung der Beschwerdeführerin nicht der selbständigen Erwerbstätigkeit diene, welche die Pflichtmitgliedschaft nach § 1 Abs. 1 TiFrVG (Verweis auf § 2 Abs. 1 UStG 1972) begründe. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde könne § 32 Abs. 15 TiFrVG auch deshalb nicht zur Begründung ihrer Pflichtmitgliedschaft herangezogen werden, weil unter der in der zitierten Gesetzesbestimmung vorausgesetzten, die Pflichtmitgliedschaft begründenden Tätigkeit ohne Zweifel die selbständige unternehmerische Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 des genannten Gesetzes gemeint sei. Selbst wenn die Geschäftseinrichtung in Innsbruck als Betriebsstätte angesehen würde, so diene sie doch nicht dieser selbständigen, die Pflichtmitgliedschaft begründenden unternehmerischen Erwerbstätigkeit.

Gemäß § 1 Abs. 1 TiFrVG können zur Wahrung, Förderung und Vertretung der örtlichen Belange des Fremdenverkehrs durch Verordnung der Landesregierung für bestimmt abzugrenzende Gebiete die Unternehmer (§ 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223), die auf Grund ihrer Tätigkeit wirtschaftlich unmittelbar oder mittelbar am Fremdenverkehr interessiert sind, zu einem Fremdenverkehrsverband zusammengeschlossen werden. Diese Unternehmer sind Pflichtmitglieder des Fremdenverkehrsverbandes. Über die Zugehörigkeit zu einem Fremdenverkehrsverband entscheidet nach dem Abs. 6 der zitierten Gesetzesbestimmung im Zweifel die Landesregierung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits einmal, nämlich in dem von den beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bezogenen Erkenntnis vom , Zl. 879/71, mit der Rechtsfrage der Zugehörigkeit eines im räumlichen Geltungsbereich des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes unterhaltenen Auslieferungslagers zu einem Tiroler Fremdenverkehrsverband befaßt und darin ausgesprochen, daß das Tiroler Fremdenverkehrsgesetz die Pflichtmitgliedschaft zu einem Fremdenverkehrsverband nicht auf den Sitz der betreffenden Firma, sondern auf die Lage der Betriebsstätte abstelle. Der so erkannte normative Gehalt der maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes ist für die rechtliche Beurteilung des vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Streitfalles von Gewicht.

Das Tiroler Fremdenverkehrsgesetz 1976 selbst enthält keine Definition des Begriffes "Unternehmer", sondern macht sich durch die Gesetzestechnik der Rechtsverweisung den Begriff des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223, zu eigen. Nach dieser Gesetzesstelle ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Durch die Verwendung des Relativpronomens "wer" wird der Kreis der steuerfähigen Gebilde, die sich nachhaltig wirtschaftlich betätigen und deshalb als Unternehmer Steuersubjekt der Umsatzbesteuerung sein können, sehr weit gefaßt. Das entspricht dem Zweck des Umsatzsteuergesetzes, grundsätzlich jeden Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr zu erfassen. Betätigt sich jemand selbständig im Wirtschaftsleben zur Erzielung von Einnahmen, ist er Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1972. Erbringt dieser Unternehmer auch nur eine einzige entgeltliche Leistung im Bundesland Tirol, so ist diese Leistung ein steuerbarer Umsatz, weil der Unternehmerbegriff durch die Landesgrenzen nicht eingeengt wird. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG 1972 umfaßt das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Durch diese grundlegende Bestimmung, die eines der Kernstücke des Umsatzsteuerrechtes ist, wird zum Ausdruck gebracht, daß ein Unternehmer nur ein Unternehmen haben kann, das intern aus mehreren, unter Umständen sogar grundverschiedenen Betätigungen bestehen kann (Einheitstheorie). Diese verschiedenen Betätigungen innerhalb des Unternehmens vollziehen sich in Betrieben und Betriebsstätten, deren Zahl nicht begrenzt ist und die in keinem wirtschaftlichen oder sonstwie gearteten Zusammenhang stehen müssen. Die verschiedenen Tätigkeiten oder Betriebe werden durch den Grundsatz der Unternehmenseinheit umsatzsteuerrechtlich zu einem einheitlichen Unternehmen zusammengefaßt.

Gemäß § 32 Abs. 15 TiFrVG ist der Pflichtbeitrag an den Fremdenverkehrsverband zu entrichten, innerhalb dessen Gebiet die Betriebsstätte (Kanzleibetrieb, Ordination, bei Sprengelärzten die Ordination am Wohnsitz des Sprengelarztes, ebenso bei Sprengeltierärzten, Räume für die Privatzimmervermietung, landwirtschaftliche Betriebe usw.) für die Ausübung der die Pflichtmitgliedschaft begründenden Tätigkeit gelegen ist. Ist eine Person Pflichtmitglied mehrerer Fremdenverkehrsverbände und kann sie den im Gebiet der einzelnen Fremdenverkehrsverbände erzielten Umsatz nicht nachweisen, so ist der für die Berechnung der Grundzahlen zur Ermittlung des Beitrages an den einzelnen Fremdenverkehrsverband maßgebliche Umsatz nach dem vom zuständigen Finanzamt ermittelten prozentuellen Anteil vom Gewerbesteuermeßbetrag zu berechnen. Nach dem Abs. 17 der zitierten Gesetzesstelle gelten diese Bestimmungen sinngemäß, wenn ein Pflichtmitglied im Gebiet eines oder mehrerer Fremdenverkehrsverbände und in anderen Bundesländern Betriebsstätten unterhält.

Daraus erhellt, daß ungeachtet der umsatzsteuerlichen Einheitstheorie für den Anwendungsbereich des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes 1976 die Ertragshoheit für Pflichtbeiträge jenem Fremdenverkehrsverband zusteht, in dessen Gebiet die Betriebsstätte (= Beitragsobjekt) für die Ausübung der die Pflichtmitgliedschaft begründenden Tätigkeit unterhalten wird. Beitragsschuldner, also Beitragssubjekt ist jedoch der Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972. Wenn ein Unternehmer Betriebsstätten in Tirol und in anderen Bundesländern oder im Ausland hat, ist er aber im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzes - Förderung des Fremdenverkehrs im Bundesland Tirol - nur mit dem in der in Tirol gelegenen Betriebsstätte ausgeführten Umsatz der Beitragspflicht unterworfen. Der Umsatz in anderen Bundesländern ist bei der Berechnung der Pflichtbeiträge nicht zu berücksichtigen. Es ist hiebei gleichgültig, ob dieser in Tirol gelegenen Betriebsstätte organisatorisch nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, oder ob sie auch Sitz oder Geschäftsleitung des Unternehmes umfaßt.

Der räumliche Geltungsbereich eines Gesetzes deckt sich mit dem Zuständigkeitsbereich des gesetzgebenden Hoheitsträgers. Jeder Gesetzgeber kann für sein Rechtsgebiet, und nur für dieses, Rechtssätze erlassen (vgl. Antoniolli, Allgemeines Verwaltungsrecht, Seite 89 und Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Seite 115 ff). Die hoheitliche Gewalt des Landesgesetzgebers hat an der Landesgrenze ihre absolute Schranke (Art. 3 Abs. 1 B-VG). Innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches gilt jedoch die Rechtsnorm grundsätzlich unbeschränkt. Damit sind der Rechtsnorm alle Personen unterworfen, die sich innerhalb ihres räumlichen Geltungsbereiches befinden. Der Geltung einer Rechtsnorm unterliegen auch alle Rechtsverhältnisse, die innerhalb ihres räumlichen Geltungsbereiches mit einem Objekt (Grundeigentum, Gewerbebetrieb, Betriebsstätte) oder einer sonstigen Steuerquelle im Sinne der Abgabengesetze gegeben sind. In diesem Falle ist derjenige, dem das Rechtsverhältnis oder der steuerpflichtige Tatbestand (Lieferung, sonstige Leistung) abgabenrechtlich zuzurechnen ist, der räumlichen Geltung der Norm ohne Rücksicht auf Wohnsitz, Sitz, Nationalität oder Art des Rechtssubjektes, unterworfen.

Als Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung und Einhebung der Pflichtbeiträge gilt die im räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes gelegene Betriebsstätte. Maßgeblich für die territoriale Abgrenzung des Beitragserhebungsrechtes ist jener Begriff der Betriebsstätte, wie er im § 27 TAO umschrieben wird (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 879/71). Nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 1175/F, und vom , Zl. 1493/63) hat nämlich die Auslegung eines Gesetzes in aller Regel von der Annahme auszugehen, daß der Gesetzgeber dann, wenn er dasselbe Wort verwendet, darunter auch denselben Begriff verstanden wissen will. Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Ein- und Verkaufsstellen gelten gemäß dem § 27 Abs. 2 TAO stets als Betriebsstätten. Warenlager sind für sich allein nicht als Betriebsstätten anzusehen. Es ist erforderlich, daß das Warenlager von einem Angestellten unterhalten wird und von dem Warenlager aus Gegenstände verkauft oder versandt werden (vgl. Reeger - Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, FN. 10 zu § 29, und das dort zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 16 Steueranpassungsgesetz vom , Deutsches RGBl. I S. 925, ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 182/56). Diese inhaltliche Determinierung des Begriffes Betriebsstätte im Sinne der Tiroler Abgabenordnung läßt die Auffassung der belangten Behörde, der normative Inhalt dieser Gesetzesstelle beziehe sich auch auf die Niederlassung (siehe Briefkopf) in Innsbruck in der nach den Angaben der Beschwerdeführerin zumindest eine Angestellte ständig beschäftigt ist und gleichartige Geschäfte wie in der Hauptniederlassung, die der selbständigen Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 dienen, getätigt werden, als nicht rechtswidrig erkennen.

In weiterer Ausführung ihrer Rechtsrüge wendet die Beschwerdeführerin ein, der angefochtene Bescheid erweise sich auch aus dem weiteren Grunde als rechtswidrig, weil sie - entgegen der Annahme der belangten Behörde - auf Grund ihrer Tätigkeit wirtschaftlich nicht nur nicht unmittelbar, sondern auch nicht mittelbar am Fremdenverkehr interessiert sei.

Fremdenverkehrsinteressentenbeiträge sind öffentlichrechtliche Zwangsgeldleistungen, die von jenen Personen zu erbringen sind, die unmittelbar oder mittelbar aus dem Aufenthalt

von Gästen Nutzen ziehen (arg.: ... am Fremdenverkehr interessiert

sind). Der Beitrag ist gemäß § 32 Abs. 3 TiFrVG nach einem Promillesatz der Grundzahl zu berechnen. Die Grundzahl wiederum ist ein Prozentsatz des - im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes - in dem dem Vorschreibungszeitraum drittvorausgegangenen Kalenderjahr erzielten beitragspflichtigen Umsatzes im Sinne des § 1 des Umsatzsteuergesetzes 1972 (§ 32 Abs. 4 TiFrVG). Daraus aber folgt, daß ein die Abgabepflicht begründender Fremdenverkehrsnutzen im Sinne des § 1 leg. cit. nur dann vorliegen kann, wenn dieser in einer entsprechenden Relation zu dem gemäß dem § 32 leg. cit. zu bemessenden Pflichtbeitrag steht. Denn nur in diesem Fall kann von einer den Fremdenverkehrsnutzen besteuernden Abgabe gesprochen werden.

Die Feststellung dessen, was "wirtschaftliches Interesse" im Sinne des § 1 TiFrVG bedeutet, hat sich - wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. Erkenntnis vom , Zl. 776/69) - nicht an subjektiven, sondern an objektiven Kriterien zu orientieren. Dies kann nach Ansicht des Gerichtshofes nur der konkret auf den Fremdenverkehr zurückzuführende Nutzen der Beschwerdeführerin sein. Bei dieser Rechtslage durfte sich die belangte Behörde daher in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht damit begnügen, unter Anführung von Beispielen lediglich ganz allgemein darauf hinzuweisen, daß der Handel mit Büromaschinen ein mittelbares wirtschaftliches Interesse am Fremdenverkehr bewirke, vielmehr hätte sie konkrete Feststellungen treffen müssen, aus denen sich eine Relation zwischen den mittelbar durch den Fremdenverkehr bewirkten und den sonstigen Umsätzen der Beschwerdeführerin ergibt.

Gemäß dem § 41 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zu überprüfen. Das bedeutet u.a., daß Tatsachen, die nicht bereits bei der belangten Behörde vorgebracht wurden, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich sind. Dieser Grundsatz entbindet den Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht, wesentliche Mängel des Verwaltungsverfahrens auch ohne Antrag in der Beschwerde wahrzunehmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 6649/A, und vom , Zl. 1182/64).

In dem die belangte Behörde dies verkannte und auf derartige Erhebungen verzichtete, ist der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben und wurden Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 u. 3 VwGG 1965, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.

Das auf Ersatz der Umsatzsteuer gerichtete Kostenbegehren war mit Rücksicht auf die Pauschalierung des Aufwandersatzes und ebenso war das den Ersatz der Eingabengebühr von S 70,-- für jede der drei Beschwerdeausfertigungen übersteigende Kostenmehrbegehren abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §21;
FremdenverkehrsG Tir 1976 §1 Abs1;
FremdenverkehrsG Tir 1976 §1 Abs6;
FremdenverkehrsG Tir 1976 §32;
LAO Tir 1963 §27;
VwRallg;
Sammlungsnummer
VwSlg 5308 F/1978
Schlagworte
Auslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1978:1978001256.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-54413

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