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VwGH 16.01.1974, 1252/73

VwGH 16.01.1974, 1252/73

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BAO §24 Abs1 litd;
BAO §29 Abs1;
BewG 1955 §79 Abs2 Z3;
EStG 1967 §1 Abs2;
EStG 1967 §96 Z2;
GewStG §1 Abs1;
KStG 1966 §3 Z1;
UStG 1959 §1 Abs1 Z1;
RS 1
Ist jemand Sicherungseigentümer und begleicht der Sicherungsgeber vereinbarungsgemäß die mit dem Sicherungseigentum verbundenen Kosten im Namen des Sicherungseigentümers, so erbringt letzterer keine zu einer Umsatzsteuerpflicht führende sonstige Leistung. Ist einem beschränkt Steuerpflichtigen ein inländisches Warenlager bloß sicherungsweise überlassen, so liegen für den Sicherungseigentümer keine inländische Betriebsstätte und demgemäß keine inländischen gewerblichen Einkünfte vor.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Dr. Karlik, Dr. Simon und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzkommissär Dr. Wimmer, über die Beschwerde der X in Vaduz, vertreten durch Dr. Othmar Taferner, Rechtsanwalt in Salzburg, Griesgasse 25/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat, vom , Zl. 45-VBK-DR-1972, betreffend Umsatz-, Körperschaft-, Gewerbesteuer 1967 bis 1969, Vermögensteuer und Beitrag vom Vermögen 1967 bis 1969, Sonderabgabe vom Vermögen für 1969 sowie Einheitswertbescheide 1967 bis 1969, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine nach liechtensteinischem Recht errichtete und in das Handelsregister des Fürstentums Liechtenstein am eingetragene Anstalt. Ihr Zweck ist laut Handelsregistereintragung:

"Wirtschaftsberatung und Finanzierung von anderen Unternehmen, Vermittlung und Gewährung von Darlehen, Erwerb, Verwertung und Verwaltung von Patenten und Lizenzen, Durchführung von Treuhandgeschäften aller Art, Handel mit Waren aller Art, sowie Durchführung aller Geschäfte, die diesem Zwecke dienlich sind."

In den Akten befindet sich ein an die Beschwerdeführerin gerichtetes Anbotschreiben der Y vom , das folgenden Wortlaut hat:

"Unter Bezugnahme auf die vorangegangenen mit Ihnen in Vaduz und Salzburg geführten Besprechungen des sich aus der Tatsache, daß Sie uns Voreinzahlungen auf künftige Kapitalserhöhung geleistet haben, ohne hiefür die vorgesehenen Geschäftsanteile als Gegenleistung erhalten zu haben, ergebenden Problems der Sicherstellung Ihrer Forderungen erstatten wir Ihnen nachstehendes

Anbot:

1.) Zur Sicherung Ihrer Forderungen aus dem Titel der Voreinzahlungen auf künftige Kapitalserhöhung unserer Gesellschaft in Höhe von öS 2 Mill. mehr oder weniger, sowie zur Sicherstellung Ihrer Mithaftung gegenüber Lieferanten von uns bis zur Höhe von öS 600.000,-- übertragen wir Ihnen das Sicherungseigentum an den laut angeschlossenen Inventarlisten per , per (die Inventarliste per wird bis spätestens nachgereicht) in unserem Eigentum stehenden Anlagegütern und verpflichten uns, Ihnen Sicherungseigentum auch an den erst künftig anzuschaffenden Anlagegütern einschließlich aller Kraftfahrzeuge einzuräumen.

Die Übernahme der den Gegenstand des Sicherungseigentums bildenden Güter (Kraftfahrzeuge und sonstige Anlagegüter) erfolgt, soweit es sich um das bereits vorhandene Anlagevermögen handelt, mit sofortiger Wirkung, die Übergabe und Übernahme der erst künftig anzuschaffenden Güter in Ihr Sicherungseigentum geschieht Zug um Zug mit dem Erwerb des Eigentums an diesen durch uns. Die sicherungsweise Übereignung aller dieser Güter erfolgt jedoch an Sie nur mit der Maßgabe, daß uns durch Sie das von Ihnen jederzeit widerrufbare, Ihre Verfügungsgewalt nicht einschränkende Benützungsrecht an diesen zur Fortführung unseres Geschäftsbetriebes erforderlichen Gegenständen eingeräumt wird.

Die tatsächliche Übergabe in Ihr Sicherungseigentum geschieht in der Form, daß die den Gegenstand des Sicherungseigentums bildenden Güter an durch Ihre Vollmacht ausgewiesene Vertreter - bis auf weiteres haben Sie Frau Hedwig G., Salzburg, uns gegenüber bestellt - Frau Hedwig G. übergeben und von dieser übernommen werden, welche im Sinne des vorherigen Absatzes uns diese zur Benützung zu überlassen hat. Wir verpflichten uns Ihrer Bevollmächtigten jedwede Auskünfte und Angaben über die in Ihrem Sicherungseigentum stehenden Güter zu geben und ihr diese auf deren Verlangen jederzeit und sofort zurückzustellen.

Bei Kraftfahrzeugen wird Ihnen, vertreten durch Ihre Bevollmächtigte, der Typenschein des Fahrzeuges, welches in Ihrem Sicherungseigentum steht, übergeben.

2.) Ebenfalls zur Sicherstellung Ihres Anspruches auf Grund der Voreinzahlungen auf künftige Kapitalserhöhung verpfänden wir Ihnen unseren gegenwärtigen und künftigen Warenbestand. Das Pfandrecht an diesem wird von Ihnen in der Form erworben, daß dieser in den hiefür bestimmten Lagerräumlichkeiten von Ihren durch Vollmacht ausgewiesenen Beauftragten übernommen wird, denen auch die Schlüssel zu den Lagerräumlichkeiten ausgehändigt werden.

Wir verpflichten uns, sämtliche Warenzugänge in die hiefür bestimmten Warenlager einzuliefern und Ihnen dort zum Zwecke des Pfandrechtserwerbes zu übergeben.

Sie bzw. Ihre Bevollmächtigten sind jedoch verpflichtet, das erworbene Pfandrecht an den eingelagerten Waren in jenem Umfang aufzuheben und diese durch uns aus dem Warenlager entnehmen zu lassen, wenn entweder ein neuer Wareneingang Zug um Zug, an dem Sie wiederum Pfandrecht erwerben, erfolgt, oder Zahlung für uns an Sie geleistet wird."

Dieses Anbot wurde auf dem es enthaltenden Schriftstück von der vorstehend genannten Hedwig G. unter Beisetzung einer Stampiglie der Beschwerdeführerin am angenommen.

Die Anlegegüter und die Waren, die auf Grund vorstehender Vereinbarung der Beschwerdeführerin sicherungsweise übertragen worden sind, befinden sich in einer Lagerräumlichkeit in Neu-Anif Nr. xx. Bestandnehmer dieses Objektes war nach der unbestritten gebliebenen Feststellung der belangten Behörde bis zum die Y, ab diesem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, daß die Beschwerdeführerin im Inland eine Betriebsstätte unterhalte und steuerpflichtige Umsätze tätige. Es erließ zur Sicherung der im Spruch genannten Abgaben betreffend den Streitzeitraum einen Sicherstellungsauftrag (dieser befindet sich allerdings nicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten). Das Finanzamt forderte die Beschwerdeführerin am auf, für 1967 und 1968 Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Vermögensteuererklärungen einzubringen. Gleichzeitig richtete es an die Beschwerdeführerin einen Vorhalt, mit dem die Beschwerdeführerin ersucht wurde, bekanntzugeben ob sie im Inland Arbeitnehmer beschäftige, und eine Abschrift des Verrechnungskontos mit Y ab und eine Ertragsermittlung für die Zeit 1. Jänner bis vorzulegen.

Am erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den erwähnten Sicherstellungsauftrag. Darin wurde, soweit das für die Beurteilung des Beschwerdefalles von Bedeutung ist, ausgeführt, daß es unerheblich sei, daß sich der Sitz der Beschwerdeführerin im Ausland befinde, da sich im Inland

"bedeutende ... jederzeit offen deklarierte und für die

Abgabenbehörde gegebenenfalls jederzeit greifbare Vermögenswerte" befänden, "die keinesfalls verheimlicht oder verschleiert" würden. Die der Beschwerdeführerin übereigneten Gegenstände dienten ausschließlich der Sicherung ihrer Forderungen aus geleisteten Voreinzahlungen auf künftige Kapitalerhöhungen der Y von S 1,008.063,-- und zu deren Gunsten übernommene Haftungen von S 600.000,--. Daraus, daß die Beschwerdeführerin ein "reinen Sicherungszwecken dienendes Warenlager" unterhalte, könne nicht die Ausübung eines Gewerbebetriebes abgeleitet werden, da alle Merkmale hiefür fehlten. Die Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin befinde sich in Liechtenstein, sie verkaufe keine Waren in Österreich, nehme keine Bearbeitungen oder Veränderungen an den lediglich zu Sicherungszwecken eingelagerten Waren vor und kaufe in Österreich auch keine Waren ein. Die Einrichtung des bloß Sicherungszwecken dienenden Lagers habe nur provisorischen Charakter. Sobald das durch das Ableben eines der Gesellschafter der Y anhängige Verlassenschaftsverfahren vor dem italienischen Gericht durchgeführt sei, könnten die "entsprechenden Geschäftsanteile (Stammeinlagen)" der Beschwerdeführerin "gutgebracht werden". Damit würden die Übereignungen an die Beschwerdeführerin gegenstandslos. Im übrigen habe die Beschwerdeführerin das Warenlager in Neu-Anif xx erst am übernommen, so daß "auch in dieser Hinsicht der angefochtene Sicherstellungsauftrag jeglicher gesetzlicher Grundlage" entbehre, soweit er vor diesem Termin liegende Zeiträume betreffe.

In einem die Berufung vom ergänzenden Schriftsatz wurde unter Bezugnahme auf den Vorhalt des Finanzamtes vom unter ausdrücklicher Betonung der Meinung, daß zu dessen Beantwortung keine Verpflichtung bestünde, mitgeteilt, daß Hedwig G. von der Beschwerdeführerin als Lagerverwalterin beschäftigt werde und bei der Gebietskrankenkasse angemeldet sei. Weitere Arbeitnehmer würden in Österreich nicht beschäftigt. Auf Grund der Vereinbarung mit der Y würden von dieser die gesamten Kosten, die durch die Verwaltung des im Sicherungseigentum der Beschwerdeführerin stehenden Warenlagers entstünden, getragen. Darunter fielen sämtliche Personal-, Lager- und allfällige sonstige Verwaltungs- und Transportkosten. Die Abrechnung erfolge der Einfachheit halber durch die Y, die Zahlung hingegen im Namen der Beschwerdeführerin, sodaß "das hieraus resultierende Verrechnungskonto stets ausgeglichen" sei. Das Verrechnungskonto mit der Y habe sich durch die Voreinzahlung der Beschwerdeführerin auf die künftige Kapitalerhöhung der Y entwickelt und zu den Stichtagen, , und jeweils S 1,008.063,70 betragen. Dies gehe auch aus den dem Finanzamt Linz vorgelegten Bilanzen der Y hervor. Der Vorhalt des Finanzamtes vom erweise sich daher "nur noch weniger verständlich". Eine Ertragsermittlung für den Zeitraum bis ergebe "Null", da die Beschwerdeführerin keine Erträge durch die Verwahrung und Verwaltung des in ihrem Sicherungseigentum stehenden Warenlagers erziele.

Am 13. bzw. langten beim Finanzamt Abgabenerklärungen der Beschwerdeführerin betreffend Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1967 und 1968, betreffend den Einheitswert des gewerblichen Betriebs zum und und eine Vermögensteuererklärung zum ein. In den diesbezüglichen amtlichen Vordrucken befinden sich zum Teil die Vermerke "Keine Betriebsstätte im Inland". "Keine inländischen Einkünfte", "Kein inländisches Betriebsvermögen", "Kein steuerpflichtiges Vermögen im Inland", teils blieben die entsprechenden Vordrucke unausgefüllt.

Mit Datum erließ das Finanzamt einen neuerlichen Vorhalt an die Beschwerdeführerin. In diesem führte es aus, daß die Beschwerdeführerin mit dem Vertrag vom wirtschaftliche Eigentümerin des Inventars und des Warenlagers der Y in Neu-Anif geworden sei. "Im Zusammenhang mit der Anmietung des Magazins in Neu-Anif" unterhalte die Beschwerdeführerin sowohl im Sinne des § 29 Abs. 2 lit. b BAO als auch des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Liechtenstein eine Betriebsstätte im Inland. Der Beschwerdeführerin entstünden allein schon durch die Verwaltung des Warenlagers Personal-, Lager-, Verwaltungs- und Transportkosten, die von der Y zu ersetzen seien. Um die Größenordnung dieser einwandfrei im Inland ausgeübten Tätigkeit feststellen zu können, werde die Beschwerdeführerin nochmals im Sinne des § 138 Abs. 2 BAO aufgefordert, eine Abschrift (Fotokopie) des Verrechnungskontos mit der Y ab innerhalb 14 Tagen vorzulegen. Dieser Vorhalt wurde nach der Aktenlage von der Beschwerdeführerin nicht beantwortet.

Mit den am in seiner Rechnungsstelle abgefertigten und an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheiden setzte das Finanzamt Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für 1967 bis 1969 und Vermögensteuer (einschließlich Sonderabgabe bzw. Beitrag vom Vermögen- und Erbschaftsteueräquivalent) zu den Stichtagen , und fest (die die Abgaben vom Vermögen betreffenden genannten Bescheide sind sogenannte kombinierte Bescheide, in denen jeweils auch der Einheitswert des gewerblichen Betriebsvermögens zu den genannten Stichtagen festgesetzt wurde).

Bei der Umsatzermittlung schätzte das Finanzamt die Personalkosten (und zwar 50 v.H. der in den Bilanzen der Y aufscheinenden Kosten), die Mieten und die sonstigen Umsätze. So gelangte es für die Streitjahre zu steuerpflichtigen Umsätzen von S 147.000,-- (für 1967) und von je S 181.000,-- (für 1968 und 1969). Davon berechnete es die Umsatzsteuer. Begründet wurden diese Bescheide damit, daß von der Beschwerdeführerin Leistungen erbracht worden seien, für die die Y Zahlungen übernommen habe. Darin bestehe ein umsatzsteuerbarer Vorgang gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1959. Da trotz wiederholter Aufforderungen eine Mitwirkung der Beschwerdeführerin bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen nicht zu erreichen gewesen sei, hätten die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden müssen. Auch die Bemessungsgrundlagen für die Gewerbesteuer und die Körperschaftsteuer wurden vom Finanzamt geschätzt, wobei der Gewerbeertrag und in gleicher Höhe der körperschaftssteuerpflichtige Gewinn griffweise mit 20 v.H. des Umsatzes (d.i. für 1967 S 29.400,-- und für 1968 und 1969 je S 36.200,--) angenommen wurde. Das Gewerbekapital, der Einheitswert des Betriebsvermögens und das Inlandsvermögen wurden in Höhe des bereits erwähnten Betrages von S 1,008.000,-- (Verrechnungskonto mit der Y) der Besteuerung zugrunde gelegt. In den Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheiden wurde in der Begründung auf die mangelnde Mitwirkung der Beschwerdeführerin bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen hingewiesen und in den die Einheitsbewertung bzw. die Abgaben vom Vermögen betreffenden Bescheiden auf das Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte.

Gegen diese Bescheide berief die Beschwerdeführerin. Sie wies daraufhin, daß bei der Y eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt Linz durchgeführt worden sei und alle Unterlagen dem Finanzamt zur Verfügung gestanden seien. Wie aus allen Eingaben zu ersehen sei (es handelt sich offenbar um die erwähnte Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag und um den ebenfalls erwähnten Ergänzungsschriftsatz hiezu), seien die "unterstellten steuerpflichtigen Vorgänge nicht gegeben gewesen". Die Berufung werde mit der Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag und den vorstehenden Ausführungen begründet.

Die belangte Behörde hat die zuletzt genannte Berufung mit dem nun angefochtenen Bescheid abgewiesen. Sie hat dies im wesentlichen folgendermaßen begründet:

In verschiedenen Eingaben habe die Beschwerdeführerin behauptet, daß ihr auch die in Neu-Anif gelagerten Waren der Y zur Sicherung übereignet worden seien; dies entspreche jedoch im Hinblick auf die Vereinbarung vom nicht den Tatsachen.

Nachdem die Beschwerdeführerin ihren Sitz im Fürstentum Liechtenstein habe, seien für sie die Abkommen mit dem Fürstentum Liechtenstein vom , BGBl. Nr. 214/1956, und das Abkommen mit dem Fürstentum Liechtenstein vom , BGBl. Nr. 24/1971, maßgeblich.

Die getroffenen Feststellungen zeigten, daß die Beschwerdeführerin in den in Betracht kommenden Jahren zweifellos über eine Betriebsstätte im Inland verfügt habe; es handelte sich dabei nicht nur um ein Warenlager, denn in den im Hause Neu-Anif xx gemieteten Räumen seien Tätigkeiten ausgeübt worden, wie sie auf Grund der im Schreiben vom enthaltenen Bedingungen erforderlich gewesen seien, und die sich nicht in der Funktion eines Warenlagers erschöpft hätten. Daß es sich dabei nicht nur um eine provisorische Einrichtung gehandelt habe, sondern um eine ständige Einrichtung im Sinne der beiden Abkommen, gehe schon aus der Tatsache hervor, daß sie für einen Zeitraum von mehreren Jahren Bestand gehabt habe. Damit aber sei die Berechtigung zur Veranlagung und Vorschreibung der in Betracht kommenden Abgaben, für die Beschwerdeführerin aber die Verpflichtung zur Einreichung von Steuererklärungen und die Entrichtung der festgesetzten Abgaben gegeben gewesen. Zudem seien auch die in den einzelnen Abgabengesetzen geforderten Voraussetzungen gegeben gewesen. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Sicherungsübereignung bzw. Verpfändung der in den Räumen des Hauses Neu-Anif xx gelagerten Waren stelle sich als Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO dar; dadurch sei in Verbindung mit der vorhandenen Betriebsstätte grundsätzlich die Steuerpflicht eingetreten. Die Steuerpflicht werde im Hinblick auf das Schreiben bzw. das Übereinkommen vom ab unterstellt. Die Beschwerdeführerin bestreite zwar diese Steuerpflicht, wenngleich nicht in Abrede gestellt worden sei, daß die für das Warenlager in Neu-Anif xx erforderlichen Räumlichkeiten dort von ihr gemietet seien. Aus den Bilanzen der Y habe entnommen werden können, daß zugunsten der Beschwerdeführerin ein Verrechnungskonto von S 1,008.063,-- vorhanden gewesen sei; dies spreche für die Annahme umfangreicher Geschäftsabwicklungen zwischen den beiden Firmen. Dazu komme, daß die Beschwerdeführerin und die Vertreter der Y erklärt hätten, dieses Konto sei regelmäßig ausgeglichen worden und es hätten sich deshalb in den in Betracht kommenden Jahren darauf keine Veränderungen ergeben. Die Beschwerdeführerin sei deswegen zur Vorlage des Verrechnungskontos aufgefordert worden; trotz mehrmaliger Erinnerungen sei diesem Auftrag bzw. dieser Verpflichtung nicht entsprochen worden, vielmehr seien immer wieder Ausflüchte gebraucht worden. Auf konkrete Fragen, wo sich die buchhalterischen Unterlagen für dieses Konto befänden, seien hingegen widersprechende Angaben gemacht worden. Es habe daher mit gutem Grund angenommen werden können, daß umfangreiche wirtschaftliche Beziehungen zwischen der Beschwerdeführerin und der Y bestanden hätten. Die Bemühungen des Finanzamtes, damit konkrete Unterlagen für das Abgabenverfahren zu erhalten, seien deshalb fehl geschlagen, weil die Beschwerdeführerin nicht bereit gewesen sei, dem Wunsch des Finanzamtes zu entsprechen bzw. die ihr obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen. Die Beschwerdeführerin stelle sich nämlich auf den Standpunkt, daß sie als ein Unternehmen mit dem Sitz im Ausland nicht zur Auskunftserteilung bzw. zur Mitwirkung bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen verpflichtet sei und dem Finanzamt auf Grund der vom Finanzamt Linz bei der Y durchgeführten Betriebsprüfung die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestanden seien; diese Ansicht sei jedoch verfehlt. Diesbezüglich werde auf § 143 BAO hingewiesen.

Das Finanzamt habe die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung feststellen müssen, weil die Beschwerdeführerin die erforderlichen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt und auch jegliche Bereitschaft, die Abgabenbehörde bei ihren Ermittlungen zu unterstützen, vermissen habe lassen. Die Schätzung sei auch nicht willkürlich erfolgt, sondern unter Bedachtnahme auf die Unterlagen, welche dem Finanzamt zur Verfügung gestanden seien.

Die Beschwerdeführerin habe das Warenlager in Neu-Anif neben verschiedenen dort befindlichen und ihr in das Sicherungseigentum übertragenen Einrichtungsgegenständen körperlich in Verwahrung genommen und habe es durch eine von ihr, bestellte Person verwalten lassen. Die Y habe zur Fortführung ihres Geschäftsbetriebes Waren nur mit Zustimmung und unter Aufsicht des von der Beschwerdeführerin eingesetzten Verwalters entnehmen können, wenn ihr dafür Zug um Zug entweder gleichartige Waren wieder in das Lager eingebracht worden oder deren Bezahlung erfolgt sei. Für diese Tätigkeit, aber auch zur Abgeltung der mit der unmittelbaren Verwaltung des Lagers in Neu-Anif zusammenhängenden Ausgaben, wie Personal-, Lager-, Verwaltungs- und Transportkosten, habe die Y an die Beschwerdeführerin entsprechende Zahlungen zu leisten gehabt. Das "Unterhalten dieses Warenlagers", seine Verwaltung und die ständige Überwachung des Warenbestandes habe eine wirtschaftliche Tätigkeit dargestellt, durch die eine inländische Betriebsstätte begründet worden sei. Allein dadurch, daß infolge der getroffenen Vereinbarungen die bei der Verwahrung und der Verwaltung des Lagers in Neu-Anif entstandenen Kosten von der Y an die Beschwerdeführerin hätten geleistet werden müssen, habe die Beschwerdeführerin Einnahmen und damit Umsätze im Inland erzielt; in Verbindung mit der vorhandenen Betriebsstätte aber sei die Steuerpflicht ausgelöst worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:

Was zunächst die Frage, der Umsatzsteuerpflicht der Beschwerdeführerin anlangt, so ist von § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1959 auszugehen. Danach unterliegen neben den Lieferungen alle sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, daß sie Unternehmerin ist. Sie hat aber in ihrem ihre Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag ergänzenden Schriftsatz ausgeführt, daß die mit der Verwaltung und Überwachung des Lagers Neu-Anif verbundenen Kosten von der Y im Namen der Beschwerdeführerin gezahlt würden, weshalb das Verrechnungskonto mit der Y stets ausgeglichen sei. Daraus konnte die belangte Behörde aber noch nicht den Schluß ziehen, daß die Beschwerdeführerin selbst im Inland "sonstige Leistungen" im Sinne des Umsatzsteuergesetzes erbracht hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit, soweit mit ihm über die Umsatzsteuerpflicht abgesprochen worden ist, insofern als gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 ergänzungsbedürftig, weil die belangte Behörde nicht eindeutig festgestellt hat, worin die von der Beschwerdeführerin erbrachten "sonstigen Leistungen" im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1959 gelegen waren.

Die Gewerbesteuerpflicht der Beschwerdeführerin könnte nur bejaht werden, wenn sie im Inland eine Betriebsstätte im Sinne des § 29 BAO unterhielte (siehe § 1 Abs. 1 Z. 1 GewStG). Desgleichen setzt auch die Körperschaftsteuerpflicht der Beschwerdeführerin, bei der es sich unbestrittenermaßen nur um die beschränkte Steuerpflicht handeln könnte, das Vorliegen einer Betriebsstätte bzw. eines ständigen Vertreters im Inland voraus (§ 2 Z. 1 KStG 1934 bzw. § 3 Z. 1 KStG 1966 und § 96 Z. 2 EStG 1967). Die gleichen Voraussetzungen wären für die beschränkte Vermögensteuerpflicht erforderlich (siehe § 79 Abs. 2 Z. 3 BewG).

Betriebsstätte im Sinne der Abgabenvorschriften ist gemäß § 29 Abs. 1 BAO jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Gewerbes dient (die Sondertatbestände des § 29 Abs. 2 und des § 30 BAO haben für den Beschwerdefall keine Bedeutung). Lehre und Rechtsprechung haben den Grundsatz herausgearbeitet, daß eine Betriebsstätte nur anzunehmen ist, wenn der Unternehmer über eine bestimmte Fläche die Verfügungsmacht besitzt und wenn sich dort seine gewerbliche Tätigkeit abspielt (vgl. Philipp, Gewerbesteuer TZ 1-284, 290). In der Anlage, die als Betriebsstätte qualifiziert werden soll, muß ein lebender Betrieb "umgehen" (vgl. Philipp, aaO TZ 1-293), wobei es sich aber um einen lebenden Betrieb dessen handeln muß, dem die Betriebsstätte abgabenrechtlich zuzurechnen ist. Auch der Begriff des "ständigen Vertreters" erfordert nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Vertreter für den Vertretenen eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die sich als Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr darstellt.

Die belangte Behörde hat das Vorhandensein einer Betriebsstätte der Beschwerdeführerin in Neu-Anif im Sinne der vorstehenden Ausführungen damit begründet, daß die Beschwerdeführerin wirtschaftliche Eigentümerin der dort befindlichen Wirtschaftsgüter sei. Dazu ist zu sagen, daß im Fall einer Sicherungsübereignung § 24 Abs. 1 lit. a BAO gilt. Dort ist aber bestimmt, daß Wirtschaftsgüter, die zur Sicherung übereignet worden sind, demjenigen zuzurechnen sind, der die Sicherung einräumt. Zufolge § 24 Abs. 1 lit. d BAO werden andererseits Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet. Die Behauptung im angefochtenen Bescheid, eine bloß sicherungsweise Überlassung entspreche im Hinblick auf das Schreiben vom nicht den Tatsachen, ist nicht geeignet, den angefochtenen Bescheid zu stützen, weil diesem Schreiben - wie sich aus seinem weiter oben wiedergegebenen Text ergibt - nicht mehr als eine bloße Sicherungsübereignung zu entnehmen ist und die belangte Behörde keine schlüssigen Feststellungen getroffen hat, die Beschwerdeführerin betreibe in dem gegenständlichen Lagerraum oder von ihnen aus selbst eine gewerbliche Tätigkeit. Auch mit dem Hinweis auf das Verrechnungskonto der Beschwerdeführerin mit Y ist für den Standpunkt der belangten Behörde nichts zu gewinnen, denn die Tatsache des Bestehens dieses Kontos beweist nicht, daß die Beschwerdeführerin umfangreiche Geschäfte im Inland getätigt habe, und widerlegt nicht das Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß das Konto deswegen ausgeglichen sei, weil die Y die im Namen der Beschwerdeführerin verausgabten Beträge stets selbst getragen habe. Der Hinweis auf die mangelnde Mitwirkung der Beschwerdeführerin bei der Aufhellung des ungeklärten Sachverhaltes mag zutreffen. Der belangten Behörde sind jedoch, wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, auch die Unterlagen einer Betriebsprüfung bei der Y zur Verfügung gestanden. Welches Ergebnis diese Betriebsprüfung hatte, ist den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen und auch der angefochtene Bescheid gibt hierüber keine ausreichende Auskunft. Ebensowenig ist zu erkennen, welche Bedeutung die Feststellungen der Betriebsprüfung bei der Y für die Beurteilung der steuerlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin hatten und ob diesbezüglich der Beschwerdeführerin in Befolgung des Grundsatzes des Parteiengehörs Gelegenheit geboten worden ist, hiezu Stellung zu nehmen.

Aus Vorstehendem folgt, daß die belangte Behörde auch in bezug auf die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, die Vermögensteuer und die Einheitsbewertung Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung die Erlassung eines anders lautenden Bescheides nicht auszuschließen ist.

Der angefochtene Bescheid war somit zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 aufzuheben.

Wien, am

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BAO §24 Abs1 litd;
BAO §29 Abs1;
BewG 1955 §79 Abs2 Z3;
EStG 1967 §1 Abs2;
EStG 1967 §96 Z2;
GewStG §1 Abs1;
KStG 1966 §3 Z1;
UStG 1959 §1 Abs1 Z1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1974:1973001252.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-54399