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VwGH 19.06.1962, 1226/60

VwGH 19.06.1962, 1226/60

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Als Mitunternehmer einer Gesellschaft ist anzusehen, wer am Geschäftsvermögen, insbesondere an den stillen Reserven eines Unternehmens beteiligt ist. Auch eine Unterbeteiligung am Gewinn einer Personengesellschaft kann eine echte Mitunternehmerschaft des Unterbeteiligten begründen, wenn der Unterbeteiligte an den Anlagewerten und stillen Reserven des Unternehmens wie ein gewöhnlicher Gesellschafter beteiligt, die Unterbeteiligung den anderen Gesellschaftern bekannt ist und in der Bilanz und Gewinnerklärung der Gesellschaft offen ausgewiesen wird (Hinweis E , 1426/53, VwSlg 1249 F/1955; E , 7/51, VwSlg 858 F/1953).
Norm
RS 2
Der Begriff des Mitunternehmers ist einkommensteuerrechtlich ein wirtschaftlicher Begriff. Ist ein an einer Gesellschaft Beteiligter wirtschaftlich als Mitunternehmer anzusehen, so ist es in der Regel steuerrechtlich bedeutungslos, wie das Rechtsverhältnis des Mitunternehmers zur Gesellschaft zivilrechtlich gestaltet wurde (Hinweis auf RFH-Urteil vom , RStBl 1933, S 1240).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Naderer und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek als Schriftführer, über die Beschwerde der Firma JT & Co. in W gegen den Bescheid der Berufungskommission für Wien bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI - 1653/60, betreffend einheitliche Gewinnfeststellung und Gewerbesteuer für 1958, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Firma, eine Bauunternehmung, ist eine OHG, an welcher zunächst die Gesellschafterinnen RT zu 1/4, RM zu 3/8 und TR zu 3/8 beteiligt waren. Am trat der Sohn der letztgenannten Gesellschafterin Baumeister JR in die Gesellschaft ein. Er wird in dem vom Steuerberater der beschwerdeführenden Firma zum Jahresabschluß 1951 erstatteten Bericht als „unechter stiller Gesellschafter bezeichnet und hiezu bemerkt: „Herr R jun. bringt seine Arbeitskraft in das Unternehmen ein und hat seine Kapitalseinlage derart zu leisten, daß von seinen jährlichen Gewinnanteilen 20 % zugunsten der Einlage abgezweigt werden, bis diese S 15.617,53, d.s. 8 % der Kapitalseinlage seiner Mutter, Frau TR, erreicht hat. Der Gewinnanteil des Herrn R jun. beträgt 8 % des Gewinnanteiles seiner Mutter, mindestens aber S 26.000. Der Gewinnanteil des Herrn R jun. verringert den Gewinnanteil seiner Mutter TR. Herr R jun. ist an der Wertsteigerung der Sachwerte des Betriebsvermögens (besonders des Anlagevermögens), die ab zuwachsen, beteiligt.“

In den Jahren 1951 bis 1954 wurde der Gewinnanteil des JR, stets als Mitunternehmeranteil mit dem garantierten Mindestbetrag von S 26.000,-- ausgewiesen und um den Anteil an der nach den damaligen gesetzlichen Vorschriften zulässigen zusätzlichen außerbücherliehen AfA gekürzt. In der Schillingeröffnungsbilanz zum wurde der Kapitalanteil des JR von S 93.352,-- auf S 213.210,-- aufgewertet, ab 1957 wurde sein garantierter jährlicher Mindestgewinn von S 26.000,-- auf S 50.000,-- erhöht. Sein Kapitalanteil betrug laut Prüferbilanz zum bereits S 280.215,--.

Der Betriebsprüfer, der im Frühjahr 1959 den gewerblichen Gewinn der beschwerdeführenden Firma hinsichtlich der Jahre 1955 bis 1957 überprüfte, stellte fest, daß JR außer dem erwähnten Gewinnanteil von der Gesellschaft auch noch eine Vergütung für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft erhalten hatte, wobei diese Bezüge vom Unternehmen als gewinnmindernde Betriebsausgaben behandelt worden waren. Der Betriebsprüfer sah jedoch JR im Hinblick auf seine Erfolgs- und Vermögensbeteiligung und die in der Schillingeröffnungsbilanz vorgenommene Aufwertung seines Kapitalanteiles als Mitunternehmer an und betrachtete die ihm zusätzlich gewährten Vergütungen als Gesellschaftsvergütungen, die er gemäß § 15 Z. 2 EStG dem Gewinn des Unternehmens hinzurechnete. Die auf Grund dieser Prüfung sich ergebenden steuerlichen Änderungen erkannte der bevollmächtigte Steuerberater der beschwerdeführenden Firma unter Rechtsmittelverzicht an.

Auf Grund des Übereinkommens vom traten JR und AM, die Söhne der bisherigen Mitbeteiligten TR und RM als offene Gesellschafter in die beschwerdeführende OHG ein, wobei ihnen an dem bestehenden Gesellschaftsvermögen sowie am Gewinn und Verlust des Unternehmens eine Beteiligung von je 1 % eingeräumt wurde. Zu diesem Zweck trat die Gesellschafterin RT an die beiden neu eintretenden Gesellschafter je 4 % ihres Gesellschaftsanteiles, das ist S 21.483,-- mit Wirkung vom ab. Die 8 %ige Unterbeteiligung des JRan dem Gewinnanteil seiner Mutter TR blieb durch dieses Übereinkommen unberührt.

Bei der einheitlichen Feststellung des Gewinnes für 1958 schlug das Finanzamt - wie dies der Betriebsprüfer schon hinsichtlich der Jahre 1955 bis 1957 getan hatte - zu dem erklärten Gewinnanteil des Gesellschafters JR gemäß § 15 Z. 2 EStG einen Betrag von S 25.888,-- hinzu, der diesem Gesellschafter als Angestelltengehalt bis zum ausbezahlt und als Betriebsausgabe behandelt worden war.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Firma Berufung, wobei sie ausführte, daß JR bis zum bloß Angestellter, nicht aber Gesellschafter, der Beschwerdeführerin gewesen sei. Lediglich an dem Geschäftsanteil seiner Mutter sei er unterbeteiligt gewesen, was jedoch daran nichts ändere, daß er im Verhältnis zur OHG selbst nur Angestellter gewesen sei, weshalb auch die von der Gesellschaft dem JR bis zu seinem Eintritt in die Firma als Gesellschafter gezahlten Bezüge als Betriebsausgaben zu behandeln seien.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid - von einem anderen, nicht mehr Gegenstand der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bildenden Punkt abgesehen - keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung damit, daß Baumeister JR seit dem Jahre 1951 an dem Gewinn der OHG beteiligt sei, wobei sein Gewinnanteil stets gemäß § 15 EStG dem Gewinn der OHG hinzugerechnet worden sei. Sein Gewinnanteil habe 8 % des Anteiles seiner Mutter betragen, die mit 3/8 an dem Gesamtgewinn beteiligt gewesen sei; somit sei er selbst mit 3% an den Erfolgen der Gesellschaft beteiligt gewesen und in diesem Verhältnis sei auch sein Gesellschaftsanteil bzw. Kapitalkonto anläßlich der Erstellung der Schillingeröffnungsbilanz erhöht worden, wobei er als „unechter stiller Gesellschafter“ bezeichnet worden sei. Durch diese Vorgangsweise der OHG sei das Gesellschaftsverhältnis des JR endgültig fixiert worden. Folgerichtig habe daher auch der Betriebsprüfer anläßlich der letzten Betriebsprüfung die Bezüge des JR dem Gewinn der OHG hinzugerechnet und der Steuerberater der Beschwerdeführerin habe diese Zurechnung unter Rechtsmittelverzicht anerkannt. Wenn nunmehr vor allem auf das Vorliegen einer Subbeteiligung hingewiesen werde, so stehe der Annahme einer solchen die Tatsache entgegen, daß JR in den Bilanzen als Gesellschafter mit eigenem Kapitalkonto ausgewiesen worden sei. Sowohl die Beteiligung an den stillen Reserven wie das ganze Verhalten der OHG in den Jahren 1951 bis 1957 spreche vielmehr für das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft, weshalb die Bezüge des JR dem Gewinn der Gesellschaft hinzuzurechnen gewesen seien.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:

Gemäß § 15 Z. 2 EStG gehören die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter Ibn der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft bezogen hat, zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Dabei ist als Mitunternehmer einer Gesellschaft nach ständiger Lehre und Rechtsprechung anzusehen, wer am Geschäftsvermögen, insbesondere an den stillen Reserven eines Unternehmens, beteiligt ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 1249/F, und von , Slg.Nr. 858/F).

Im vorliegenden Fall ist Baumeister JR laut dem zum Jahresabschluß 1951 erstatteten Bericht am als (unechter) stiller Gesellschafter eingetreten und wurde auch an der Wertsteigerung des Betriebsvermögens (stillen Reserven) beteiligt, was insbesondere auch in der anteilsmäßigen Aufwertung seines Kapitalsanteiles in der Schillingeröffnungsbilanz zum zum Ausdruck kam. In den Bilanzen der Jahre 1951 bis 1956 wurde JR stets als (unechter) stiller Gesellschafter bezeichnet und für ihn ein besonderes Kapitalkonto ausgewiesen, das laut Betriebsprüferbilanz zum bereits einen Aktivstand von S 280.215,-- erreicht hatte.

Bei dieser Sachlage hat die belangte Behörde Baumeister J R auch schon vor dem , dem Tage seines formellen Eintrittes als offenen Gesellschafter in die OHG, mit Recht als Mitunternehmer angesehen. Dabei spielte es keine Rolle, daß JR, bis dahin formalrechtlich nur an dem Gewinnanteil seiner Mutter unterbeteiligt war. Denn auch eine Unterbeteiligung am Gewinn einer Personengesellschaft kann eine echte Mitunternehmerschaft des Unterbeteiligten begründen, wenn der Unterbeteiligte an den Anlagewerten und stillen Reserven des Unternehmens wie ein gewöhnlicher Gesellschafter beteiligt, die Unterbeteiligung den anderen Gesellschaftern bekannt ist und in der Bilanz und Gewinnerklärung der Gesellschaft offen ausgewiesen wird (vgl. Blümich, Einkommensteuergesetz, 5. Auflage, S. 508). Alle diese Voraussetzungen waren aber hier gegeben.

Es mußte daher - entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Firma - auch nicht mehr geprüft werden, ob zwischen der Gesellschaft und JR zivilrechtlich etwa ein Dienstverhältnis begründet worden war. Denn der Begriff des Mitunternehmers ist einkommensteuerrechtlich ein wirtschaftlicher Begriff (vgl. das Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. 1933, S. 1240). Ist ein an einer Gesellschaft Beteiligter wirtschaftlich als Mitunternehmer anzusehen, so ist es in der Regel steuerrechtlich bedeutungslos, wie das Rechtsverhältnis des Mitunternehmers zur Gesellschaft zivilrechtlich gestaltet wurde. Denn sobald jemand - wie im vorliegenden Fall - an dem Gewinn und Vermögen einer Gesellschaft einschließlich der stillen Reserven maßgeblich beteiligt ist, vermag auch das Bestehen eines Dienstverhältnisses des Beteiligten zur Gesellschaft an der wirtschaftlichen Tatsache seiner Mitunternehmerschaft nichts zu ändern.

Schließlich kann der Gerichtshof entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch keinen Verfahrensmangel darin erblicken, daß die belangte Behörde im vorliegenden Fall aus der Schillingeröffnungsbilanz zum und aus dem Verhalten des Steuerberaters der beschwerdeführenden Firma anläßlich der letzten Betriebsprüfung rechtliche Schlüsse gezogen hat, ohne diesbezüglich Vorher der Beschwerdeführerin einen besonderen Vorhalt gemacht zu haben. Denn es handelte sich dabei keineswegs um der Beschwerdeführerin unbekannte Tatsachen, abgesehen davon, daß die Behörde nicht verpflichtet war, auch rechtliche Erwägungen zur Stellungnahme vorzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr.1230/F). Im übrigen vermochte die Beschwerdeführerin eine Unschlüssigkeit der von der belangten Behörde aus dem eigenen Verhalten der Beschwerdeführerin gezogenen Folgerungen auch in der vorliegenden Beschwerde nicht darzutun, sodaß die belangte Behörde auf keinen Fall zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1962:1960001226.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-54316