VwGH 30.10.1959, 1220/59
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | EStG 1953 §33; |
RS 1 | Die Auszahlung aufgewerteter Vermächtnisse an weichende Geschwister aus einem ererbten Vermögen, das gleichfalls eine Wertsteigerung erfahren hat, stellt keine außergewöhnliche Belastung des EINKOMMENS des damit Belasteten dar, auch wenn, wie im Beschwerdefall, zur Erfüllung der Vermächtnisse ein Teil der Erbmasse in einer Art realisiert wird, die als einkommensteuerpflichtiger Vorgang anzusehen ist (Hinweis: Im Beschwerdefall war Wald geschlägert worden; die Einkünfte aus dieser außerordentlichen Waldnutzung wurden ohnedies nach § 34 EStG 1953 versteuert). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Administrationsrates Dr. Klein als Schriftführer, über die Beschwerde des JM in V gegen den Bescheid der Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 315/4 - II - 1959, betreffend Einkommensteuer, außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erbte von seinem Vater einen Bauernhof. Den weichenden Geschwistern hatte er laut Erbübereinkommen vom Bargeldbeträge von insgesamt 15.000 RM auszuzahlen. Im Testament hatte jedoch der Erblasser verfügt, daß die weichenden Geschwister "vom schlagbaren Holzwert zu betreuen" seien. Dieser Verpflichtung kam der Beschwerdeführer hauptsächlich in den Jahren 1953/1954 nach, indem er den Erlös für außerordentliche Holzschlägerungen vom Käufer des Holzes auf ein Sparkonto, das auf die Geschwister lautete, einlegen ließ.
Das Finanzamt zog einen Gewinn von 232.000,-- S für das Jahr 1953 und einen Gewinn von rund 247.000,-- S für das Jahr 1954 zur Einkommensteuer heran. Der Beschwerdeführer brachte im Laufe des von ihm gegen die erwähnten Steuerbescheide angestrengten Berufungsverfahrens einen Antrag auf Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung gemäß § 33 EStG ein. Er verwies darauf, daß er die Geschwister nicht habe mit den im Testament (lediglich zu Gebührenzwecken) angeführten Beträgen von zusammen 15.000 RM abfinden können. Er sei vielmehr im Hinblick auf die Verfügung des Erblassers, daß die Geschwister "aus dem schlagbaren Holz zu betreuen" seien, sittlich verpflichtet gewesen, ihnen die aus der Holzschlägerung eingelaufenen Erlöse zuzuwenden.
Die Berufungskommission hat diesem Begehren mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. Bei den Aufwendungen des Beschwerdeführers habe es sich um die Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Erbübereinkommen gehandelt, das den Beschwerdeführer in die Lage versetzt habe, den Hof zu übernehmen. Es habe sich daher nicht um einen verlorenen Aufwand, sondern um eine Vermögensverschiebung gehandelt, die nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden könne. Eine Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit liege nicht vor, wenn jemand keine lastenfreie, sondern eine mit Vermächtnissen belastete Erbschaft erhalte. Daran vermöge der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer die im Erbübereinkommen übernommenen Verbindlichkeiten aus seinem versteuerten Einkommen habe decken müssen. Es sei dasselbe, ob der Beschwerdeführer von dem Erblasser einen Wald mit der Verpflichtung, die Geschwister auszuzahlen, oder ob er einen Bargeldbetrag erhalte mit der Auflage, die Geschwister aus dem Geldbetrag abzufinden.
Die gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde erblickt eine außergewöhnliche Belastung darin, daß der Beschwerdeführer - ähnlich wie im Falle eines Rechtsgeschäftes mit einer Wertsicherungsklausel - auf Grund des Testamentes verpflichtet gewesen sei, Aufwertungsansprüche zu erfüllen. Da der aufgewendete Betrag insgesamt 414.000,-- S, die Nachlaßschuld (gemeint Wert der Vermächtnisse) aber nur 15.000 RM (S) betragen habe, sei eine außergewöhnliche Belastung von 399.000,-- S entstanden, an deren Zwangsläufigkeit wohl nicht gezweifelt werden könne. Überdies sei zu bedenken, daß der Beschwerdeführer ungefähr 1/7 der im stehenden Holz gelegenen Aktiven zur Tilgung der Ansprüche seiner Geschwister habe verwenden müssen und daß es sich bei den diesen ausbezahlten Beträgen um versteuertes Einkommen gehandelt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Nach § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1939, DRGBl. I S. 297, in der für die Jahre 1952 und 1953 geltenden Fassung, sowie nach § 33 Einkommensteuergesetz 1953, BGBl. Nr.1/1954, (EStG) werden auf Antrag außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen und die seine steuerliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen, bei der Ermittlung der Einkommensteuer durch Abzug vom Einkommen berücksichtigt. Eine außergewöhnliche Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Es kann nun nicht bezweifelt werden, daß der Beschwerdeführer im Hinblick auf den Wortlaut des Testamentes seines Vaters wenigstens sittlich verpflichtet war, die weichenden Geschwister "nach dem Holzwert" zu entfertigen, sodaß die von der Beschwerde hervorgehobene Aufwertung der Vermächtnisforderungen zwangsläufig eingetreten ist. Die Beschwerde übersieht aber, daß eine derartige Aufwertung schon deshalb nicht zu einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG führen kann, weil es sich um die Erfüllung von Vermächtnissen handelt; hat doch der Beschwerdeführer ein bedeutendes Vermögen im Erbwege erworben, hat aber nach eigenen Angaben nur 1/7 des zur Erbmasse gehörigen Waldes zwecks Auszahlung der Geschwister veräußert. Auch das ihm verbliebene Vermögen hat eine Werterhöhung erfahren. Vermächtnisse sind aber grundsätzlich aus der ererbten Vermögensmasse zu bestreiten und können daher, solange sie wertmäßig aus dieser erfüllt werden können, schon deshalb keine außergewöhnliche, im Sinne der Bestimmungen des § 33 EStG begünstigungsfähige Belastung des Einkommens des damit Belasteten bedeuten, auch wenn - wie vorliegend - zu ihrer Erfüllung ein Teil der Erbmasse in einer Art realisiert wird, die als einkommensteuerpflichtiger Vorgang anzusehen ist. Im übrigen wurden hier die dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Einkünfte aus der Waldschlägerung nicht der Einkommensteuer nach dem Tarif, sondern ohnedies einem gemäß § 34 EStG ermäßigten Steuersatz unterworfen. Auf Grund dieser Erwägungen mußte die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | EStG 1953 §33; |
Sammlungsnummer | VwSlg 2105 F/1959 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1959:1959001220.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-54297