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VwGH 06.06.1977, 1196/74

VwGH 06.06.1977, 1196/74

Entscheidungsart: ErkenntnisVS

Rechtssätze


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Normen
BauO NÖ 1976 §22 Abs7
BauRallg implizit
RS 1
Unter der "freien Anordnung der Gebäude" im Sinne des § 22 Abs 7 der NÖ Bauordnung ist die im § 2 Z 11 lit d der NÖ Bauordnung umschriebene, in einem Bebauungsplan vorgesehene Bebauungsweise zu verstehen.
Normen
BauO NÖ 1969 §120 Abs7
BauO NÖ 1969 §120 Abs8
BauRallg
RS 2
Im Anwendungsbereich des § 120 Abs 7 und Abs 8 der NÖ Bauordnung ist das gesetzlich zulässige Verhältnis der Gebäudehöhe zum Bauwich - wie dieser selbst - nach den Tatbestandsmerkmalen des § 120 Abs 7 Z 2 und Z 3 der NÖ Bauordnung zu beurteilen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Leibrecht, Hofstätter Dr. Hrdlicka, Dr. Straßmann, Dr. Draxler, Dr. Liska und Onder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weitzer, über die Beschwerde der S Genossenschaft, vertreten durch Dr. Wilhelm Noverka, Rechtsanwalt in Wien XVII, Hernalser Hauptstraße 116, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen. Landesregierung vom , Zl. 11/2-167/5-1974, betreffend Behebung einer Baubewilligung im Vorstellungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1) AV in M, 2) EV in M, 3) MV in M, 4) WP in M), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeitseines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 2.610,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde M der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 100 ff der NÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 166/1969, die Bewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage auf der Parzelle 250/2 der KG. M. Mit der Bewilligung wurden mehrere „Auflagen“ verbunden, die u. a. die Gebäudehöhe betrafen.

Über die Berufungen mehrerer Anrainer, darunter der Mitbeteiligten, änderte der Gemeinderat der Stadtgemeinde M mit dem Bescheid vom den Bewilligungsbescheid der Behörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 u. a. dahingehend ab, daß die Ausführung des Vorhabens nach den von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren vorgelegten Auswechslungsplänen zu erfolgen und die die Gebäudehöhe betreffenden Auflagen zu entfallen haben. Die Berufungen der Anrainer wurden abgewiesen. Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der Gebäudehöhe und dem Abstand zu den Grundgrenzen der Mitbeteiligten hieß es in der Begründung des Bescheides, es betrage dieser Abstand 8 m; damit korrespondiere eine Gebäudehöhe von 16 m. Größere Abstände seien nicht vorgeschrieben, weil hier faktisch die offene Bebauungsweise und nicht die freie Anordnung der Gebäude gegeben sei. Diese letztere Bebauungsweise müßte ausdrücklich im Bebauungsplan festgelegt sein, den es aber noch gar nicht gebe. Nähere Ausführungen zur Frage der Anwendbarkeit des § 120 Abs. 7 und 8 der NÖ Bauordnung sind in der Begründung des Bescheides des Gemeinderates nicht enthalten.

Über die Vorstellungen der Mitbeteiligten behob die Niederösterreichische Landesregierung mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 61 Abs. 3 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 1000-0, den Berufungsbescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurück. Die Behörde führte zu dem von ihr allein als zutreffend erachteten Einwand der Mitbeteiligten, es müsse der Abstand zu den Grundgrenzen der Anrainer nach den Bestimmungen des § 22 Abs. 7 und 8 der NÖ Bauordnung bemessen werden, begründend aus, es komme die Bestimmung des § 21 Abs. 4 der NÖ Bauordnung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse vom , Zl. 760/71, Slg. N. F. Nr. 8114/A - und vom , Zl. 1072/71) erst dann zum Tragen, wenn in einem Bebauungsplan eine entsprechende Bebauungsweise festgelegt worden sei. In der Stadtgemeinde M liege ein rechtswirksamer Bebauungsplan noch nicht vor. Weiters habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 482/72, seine Überzeugung ausgedrückt, daß die Bestimmungen des § 22 Abs. 6 bis 8 der NÖ Bauordnung nicht nur bei „freier Anordnung der Gebäude“ kraft positiver Norm des Bebauungsplanes, sondern auch bei „freier Anordnung“ als einem faktischen Element zufolge des Fehlens eines Bebauungsplanes anzuwenden seien. Somit sei auch im vorliegenden Fall § 22 Abs. 7 Z. 1 der NÖ Bauordnung einzuhalten, wonach die Gebäudehöhe zum Abstand von der Nachbargrenze im Verhältnis 1 : 1 zu stehen habe. Somit sei, so führte die Behörde in dieser Frage abschließend aus, die Nichteinhaltung des Abstandes von der Grundgrenze in Relation zur Gebäudehöhe eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Anrainerrechte, die aus § 22 Abs. 7 der NÖ Bauordnung erwüchsen. Die verglichene Gebäudehöhe betrage selbst bei Schätzung mit freiem Auge mehr als der kotierte Mindestabstand zur Nachbargrenze von 8 m, weil an der niedrigsten Stelle des Gebäudes vier Geschoße geplant und somit 12 m überschritten würden.

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde vor, es dürfe aus dem Nichtbestehen eines Bebauungsplanes noch nicht geschlossen werden, daß der Bauwerber in der Wahl der Bebauungsweise völlig frei wäre und es sich daher um eine „freie Anordnung der Gebäude“ als faktisches Element handle. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 120 Abs. 7 Z. 2 der NÖ Bauordnung dürfe sich nämlich die Baulichkeit nicht in einen auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung setzen; daher müsse ein Gebäude - noch dazu im unmittelbaren Anschluß an den Baubestand - auch in der in diesem Bereich de facto bestehenden Bebauungsweise situiert werden. Es bedürfe wohl einer näheren Erläuterung, daß gerade die Bebauungsweise ganz wesentlich den architektonischen Eindruck eines Gebäudes auf das Ortsbild mit mitpräge und die harmonische Einfügung in den Baubestand besonders durch die Bebauungsweise mitbestimmt werde. Die „freie Anordnung der Gebäude“ sei ein neuerer Begriff des Städtebaues und der Architektur, worunter eine ganz bestimmte Art der Situierung der Gebäude zueinander (meist mit unterschiedlichen Gebäudehöhen), zu den Fluchtlinien und zu den Grenzen zu verstehen sei. Diese moderne Bebauungsweise präge ein eigenes Ortsbild und bedürfe großer, freier Flächen, sodaß sie nicht auf ein einziges Grundstück als Enklave inmitten einer anderen Bebauungsweise beschränkt werden könne. Die Form der „freien Anordnung der Gebäude“ komme meist nur für Siedlungen auf bisher unbebauten Flächen in Frage. Die ausdrückliche Legaldefinition des § 2 Z 11 lit. d der NÖ Bauordnung setze voraus, daß eine vordere Baufluchtlinie festgelegt sein müsse, wenn die „freie Anordnung der Gebäude“ gelten solle. Es bedürfe also eines Bebauungsplanes, der diese Festlegung enthalte, weshalb in der Stadtgemeinde M diese komplizierte Bebauungsweise gar nicht gelten könne. Im vorliegenden Fall herrsche in der ganzen Umgebung und vor allem auf den Grundstücken der Mitbeteiligten faktisch eine offene Bebauungsweise, welcher sich das Bauprojekt der Beschwerdeführerin anpasse. Die Wahl jeder anderen Bebauungsweise würde der Vorschrift des § 120 Abs. 7 der NÖ Bauordnung zuwiderlaufen. Daraus erhelle, daß die Abstandsvorschriften der §§ 21 und 22 auf die (festgelegte oder) bestehende bauungsweise auszurichten seien, weshalb im vorliegenden Fall § 21 Abs. 4 anzuwenden sei. Die angeführte Rechtsprechung (des Verwaltungsgerichtshofes) sei insofern widersprüchlich, als § 21 nur an eine ausdrücklich festgelegte Bebauungsweise anknüpfen solle, während § 22 Abs. 6 bis 8 an keine festelegte Bebauungsweise, sondern nur an einen faktischen Bestand anknüpfen solle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch einen verstärkten Senat erwogen:

Nach der Legaldefinition des § 2 Z. 11 der NÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 166/1969 - im Beschwerdefall ist dieses Gesetz mit Rücksicht auf den Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheides in der Fassung der Novelle vom , LGBl. Nr. 8200-1, anzuwenden - ist unter der Bebauungsweise die Art der Anordnung der Gebäude zu den Grenzen der Bauplätze zu verstehen. Diese kann sein: .......

„c) eine offene Bebauung, wenn beiderseits ein entsprechender Bauwich einzuhalten ist oder auch alle Gebäude an einer seitlichen, in derselben Straßenrichtung gelegenen Grundgrenze anzubauen sind;

d) eine freie Anordnung der Gebäude, wenn nur die vordere Baufluchtlinie festgelegt ist und an diese nicht angebaut werden muß .......“

Nach § 4 Abs. 1 der NÖ Bauordnung sind im Bebauungsplan unter anderem festzulegen:

2) die Baufluchtlinien;

3) die Bebauungsweise;

4) die Bebauungshöhe in Bauklassen.

Nach § 21 Abs. 4 der NÖ Bauordnung muß der Bauwich - das ist nach § 2 Z. 8 der NÖ Bauordnung der Abstand eines Gebäudes zu den Grundstücksgrenzen der Anrainer - eine Mindestbreite im Ausmaß der halben Gebäudehöhe, mindestens 3 m aufweisen. Gegen die hintere Grundstücksgrenze ist ein Grundstreifen in der Mindestbreite des Ausmaßes der halben Gebäudehöhe, mindestens 5 m, von jeder Bebauung freizuhalten. Hiedurch werden die Bestimmungen des § 22 Abs. 6 und 7 nicht berührt.

Im § 22 Abs. 6 bis 8 der NÖ Bauordnung ist eine Regelung über die zulässige Höhe der Gebäude „bei freier Anordnung der Gebäude“ enthalten. Abs. 7 lautet:

„Zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Wohngebäude darf bei freier Anordnung der Gebäude die zulässige Höhe aller Gebäude gegenüber den Grundgrenzen nicht überschreiten:

1. den ganzen Abstand, wenn eine Gebäudelängsseite zur Grenze gerichtet ist;

2. den doppelten Abstand, wenn eine Gebäudeschmalseite zur Grenze gerichtet ist.“

Die Bestimmungen des § 21 Abs. 4 und des § 22 Abs. 7 stehen mit den Bestimmungen über die Bebauungsweise insofern im Zusammenhang, als ihre Anwendung die Einhaltung eines Abstandes des Gebäudes zu den Grundstücksgrenzen der Anrainer voraussetzt. Doch ist nur die Vorschrift des § 21 Abs. 4 der NÖ Bauordnung ausdrücklich auf die Einhaltung eines solchen Abstandes gerichtet, während der eigentliche Gegenstand der Vorschrift des § 22 Abs. 7 der NÖ Bauordnung die zulässige Gebäudehöhe ist. Entsprechend dieser Unterscheidung nach dem Gegenstand der beiden Vorschriften wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung vertreten, daß die Anwendung des § 21 Abs. 4 der NÖ Bauordnung das Bestehen eines Bebauungsplanes, welcher die Einhaltung eines Bauwiches vorschreibe, voraussetze (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 760/71, Slg. N.F. Nr. 8114/A); die „freie Anordnung der Gebäude“ im Sinne des § 22 Abs. 7 (und 6) der NÖ Bauordnung sei hingegen als ein faktisches Element und nicht als ein rechtliches Gebot zu verstehen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 482/72).

Die Gemeinde M hat nach dem für die Entscheidung der belangten Behörde maßgebenden Stand der Rechtslage (im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides des Gemeinderates) keinen Bebauungsplan erlassen. Hinsichtlich der tatsächlich bestehenden Bebauung hat die Berufungsbehörde angenommen, es sei „hier faktisch die offene Bebauungsweise gegeben“, womit sie möglicherweise zum Ausdruck bringen wollte, daß das Vorhaben der Beschwerdeführerin mit der Übergangsbestimmung des § 120 Abs. 7 und 8 der NÖ Bauordnung im Einklang stehe. In der Beschwerde wird in diesem Zusammenhang vorgebracht, daß „im Falle unseres Bauplatzes faktisch eine offene Bebauungsweise in der ganzen Umgebung und vor allem auf den Grundstücken der Vorstellungswerber herrscht, welcher sich unser Bauprojekt anpaßt.“

Nach § 120 Abs. 2 der NÖ Bauordnung gelten die auf Grund des § 5 der Bauordnung für Niederösterreich von 1883 erlassenen Regulierungspläne hinsichtlich der Regelung der Bebauung bis zum Inkrafttreten eines Bebauungsplanes als vereinfachte Bebauungspläne im Sinne der Absätze 3 und 4 dieser Gesetzesstelle. Nach § 120 Abs. 3 der NÖ Bauordnung sind die Gemeinden, welche keinen Regulierungsplan oder eine Regulierungsplan ohne Regelung der Bebauung erlassen haben, verpflichtet, einen vereinfachten Bebauungsplan zu erlassen. Im vereinfachten Bebauungsplan sind nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle jedenfalls die Straßenfluchtlinien und die vorderen Baufluchtlinien festzulegen. Nach § 120 Abs. 7 der NÖ Bauordnung ist eine Bewilligung gemäß §§ 92 oder 93 in Gemeinden, in denen nur ein vereinfachter Bebauungsplan gilt, zu versagen, wenn ....... 2. innerhalb der geschlossenen Ortschaft das geplante Vorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch steht oder 3. außerhalb der geschlossen Ortschaft das geplante Vorhaben die geordnete Entwicklung der Bau- und Siedlungstätigkeit der Gemeinde gefährdet. § 120 Abs. 8 der NÖ Bauordnung bestimmt, daß eine Bewilligung gemäß §§ 92 oder 93 in Gemeinden, in denen noch kein Bebauungsplan gemäß Abs. 1 und auch kein vereinfachter Bebauungsplan gemäß Abs. 2 oder 3 gilt, nur unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Abs. 7 erteilt werden darf und daß außerdem in jeder Bewilligung die Straßenflucht- und Baufluchtlinien zu bestimmen sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1333/73, ausgesprochen hat, soll die Übergangsregelung des § 120 Abs. 7 und 8 der NÖ Bauordnung den geordneten Weiterausbau der Ortschaft gewährleisten. In die Beurteilung der Frage, ob ein Vorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch steht (Abs. 7 Z 2), sind daher alle jene Liegenschaften einzubeziehen, die miteinander nach der überwiegend herrschenden faktischen Bebauung ein im wesentlichen einheitliches, zusammenhängendes Ganzes bilden; nur auf diese Weise kann, dem Sinn der angeführten Übergangsregelung entsprechend, ein einem Bebauungsplan ähnlicher Beurteilungsmaßstab geschaffen werden. Die Prüfung des Vorhabens unter dem Gesichtspunkt des § 120 Abs. 7 Z. 2 der NÖ Bauordnung hat ferner, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 1991/72, und vom , Zl. 534/76, zum Ausdruck gebracht hat, alle Merkmale zu umfassen, die Gegenstand eines Bebauungsplanes sein können. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsanschauung fest.

Auf Grund der Erwägung, daß auch im Falle des § 22 Abs. 7 der NÖ Bauordnung die zulässige Gebäudehöhe in einem Verhältnis zu den Abständen gegenüber den Grundgrenzen ausgedrückt wird, wodurch aber die Bebauungsweise, das ist gemäß § 2 Z. 11 der NÖ Bauordnung „die Art der Anordnung der Gebäude zu den Grenzen der Bauplätze“, betroffen ist, liegt in der weiter oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern ein Widerspruch, als nicht nur § 21 Abs. 4, sondern auch § 22 Abs. 7 der NÖ Bauordnung eine Regelung des Bebauungsplanes voraussetzt, mit der die Einhaltung eines Bauwiches vorgeschrieben wird. Demzufolge legt der Verwaltungsgerichtshof, von der im Erkenntnis vom , Zl. 482/72, ausgedrückten Rechtsmeinung abgehend, die Vorschrift des § 22 Abs. 7 der NÖ Bauordnung dahingehend aus, daß unter der „freien Anordnung der Gebäude“ im Sinne dieser Vorschrift nur die im § 2 Z. 11 lit. d der NÖ Bauordnung umschriebene, in einem Bebauungsplan vorgesehene Bebauungsweise zu verstehen ist. Für den Anwendungsbereich der Übergangsregelung des § 120 Abs. 7 und 8 der NÖ Bauordnung ergibt sich daraus, daß dort, wo überhaupt kein Bebauungsplan oder nur ein vereinfachter Bebauungsplan gilt, das gesetzlich zulässige Verhältnis der Gebäudehöhe zum Bauwich - wie dieser selbst - ausschließlich nach den Tatbestandsmerkmalen des § 120 Abs. 7 Z. 2 und 3 der NÖ Bauordnung zu beurteilen ist.

Die belangte Behörde behob jedoch den Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz mit der Begründung, daß durch das Vorhaben der Beschwerdeführerin die im § 22 Abs. 7 Z. 1 der Nö Bauordnung vorgesehene maximale Gebäudehöhe überschritten werde. Nach der dargestellten Rechtslage wäre im Verwaltungsverfahren zunächst festzustellen gewesen, ob der Bauplatz innerhalb der geschlossenen Ortschaft (§ 120 Abs. 7 Z. 2 der NÖ Bauordnung) oder außerhalb der geschlossenen Ortschaft (§ 120 Abs. 7 Z. 3 der NÖ Bauordnung) liegt. Im ersten Fall wäre sodann zu prüfen gewesen, ob das Vorhaben der Beschwerdeführerin mit jenen Merkmalen, die Gegenstand eines Bebauungsplanes sein können - dies gilt nach § 4 Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 der NÖ Bauordnung jedenfalls hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Bebauungsweise und der Bebauungshöhe zur bestehenden Bebauung innerhalb eines als einheitliches Ganzes aufzufassenden örtlichen Bereiches (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1333/73) in einem auffallenden Widerspruch steht. Im zweiten Fall wäre zu prüfen gewesen, ob das Vorhaben der Beschwerdeführerin mit jenen Merkmalen, die Gegenstand dieses Bebauungsplanes sein können, die geordnete Entwicklung der Bau- und Siedlungstätigkeit der Gemeinde gefährdet. Die Baubewilligung wäre zufolge § 100 Abs. 4 und § 120 Abs. 8 der NÖ Bauordnung zu versagen gewesen, wenn ein Widerspruch im Sinne des § 120 Abs. 7 Z. 2 oder eine Gefährdung im Sinne des § 120 Abs. 7 Z. 3 der NÖ Bauordnung vorliegt.

Da die belangte Behörde die entscheidende Rechtsfrage, soweit sie die Bedeutung der im § 22 Abs. 7 der NÖ Bauordnung enthaltenen Worte „bei freier Anordnung der Gebäude“ betraf, nicht im Sinne der zuvor dargestellten Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 in Verbindung mit der Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am

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Normen
BauO NÖ 1969 §120 Abs7
BauO NÖ 1969 §120 Abs8
BauO NÖ 1976 §22 Abs7
BauRallg
BauRallg implizit
Sammlungsnummer
VwSlg 9338 A/1977
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1977:1974001196.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-54243