VwGH 17.01.1964, 1183/62
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | EStG 1953 §15 Abs1 Z2; |
RS 1 | Eine Vergütung iSd § 15 Abs 1 Z 2 EStG 1953 die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft erhält, stellt auch das Honorar dar, das ein Gesellschafter dafür erhält, daß er als Rechtsanwalt für die Gesellschaft tätig wird. Daß die anwaltliche Tätigkeit auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Eingliederung in das Unternehmen, und nicht auf Grund eines im einzelnen Fall eingegangenen Geschäftsbesorgungsvertrages ausgeübt wird, ist hiefür keine Voraussetzung. * E , 1183/62 #1 VwSlg 3008 F/1964 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde der prot. Firma G-Kommanditgesellschaft in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI - 2305/62, betreffend einheitliche Gewinnfeststellung und Gewerbesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt den Handel mit Galanteriewaren. Wie sie in der Beschwerde ausführt, hat sie im Jahre 1956 ihren langjährigen Rechtsanwalt Dr. Carl St. eingeladen, ihrer Firma als Kommanditist beizutreten. Im Jahre 1960 hat der Genannte für seine anwaltlichen Leistungen von der Beschwerdeführerin ein Honorar von S 4.800,-- erhalten. Dieses Honorar hat er als Einkünfte aus selbständiger Arbeit versteuert. Bei der einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Beschwerdeführerin für 1960 hat das Finanzamt die gegenständlichen S 4.800,-- den erklärten Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 des Einkommensteuergesetzes 1953 (EStG) hinzugerechnet. Die Beschwerdeführerin berief gegen den infolge dieser Hinzurechnung auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb von S 1,608.862,-- lautenden Feststellungsbescheid sowie gegen den auf den gleichen Gewinn lautenden Bescheid über die Bundesgewerbesteuer und die Gewerbesteuer samt Zuschlägen für 1960. Sie wendete ein, die Hinzurechnung des an Dr. Carl St. gezahlten Rechtsanwaltshonorars sei nicht gerechtfertigt, weil es sich dabei nicht um eine Vergütung im Dienste der Gesellschaft gehandelt habe. Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Aus der Vorschrift des § 15 Abs. 1 Z. 2 EStG sei nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom , BStBl. 1960, III, S. 408 der Wille des Gesetzgebers erkennbar, für die Einkommensteuer der Gesellschafter einer Personengesellschaft jeden Gesellschafter als Unternehmer des Betriebes der Gesellschaft anzusehen. Der Rechtsanwalt, der einen Gewerbebetrieb unterhält, könne nicht Zahlungen von Honorar an sich selbst als Betriebsausgabe behandeln. Ebensowenig könne bei einer Personengesellschaft zumindest der auf den Steuerpflichtigen entfallende Anteil der Honorarzahlung als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Eine Aufspaltung solcher Rechtsbeziehungen in einen auf den Steuerpflichtigen selbst und einen auf die übrigen Mitunternehmer entfallenden Teil habe die Rechtsprechung abgelehnt. Man könne deshalb - so führt die belangte Behörde unter Verweisung auf den Kommentar zum Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz von Hermann-Heuer, E 914, aus - nur alle Rechtsbeziehungen des Gesellschafters zur Gesellschaft zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft rechnen, weil eine Durchbrechung dieses Grundsatzes zu seiner gänzlichen Aufgabe führen müßte. Weiters hält die Behörde dem Einwand der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Dr. Carl St. sei nicht "im Dienste" der Gesellschaft und auch nicht "im Betriebe" des Unternehmens beschäftigt, er sei nicht Angestellter der Firma, das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 848/F, entgegen, das in einer demonstrativen Aufzählung in Betracht kommende Vergütungen auch Vergütungen aus Geschäftsbesorgungsverträgen (§§ 1002 ff. ABGB) nennt.
In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird der Standpunkt der belangten Behörde als rechtswidrig bekämpft und der Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählen nach § 15 EStG Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen (Abs. 1 Z. 1) und, soweit dies hier in Betracht kommt, die Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft bezogen hat (Abs. 1 Z. 2).
Der vorliegende Beschwerdefall betrifft eine Personengesellschaft. Die Personengesellschaft wird im Einkommensteuergesetz nicht als selbständiges Rechtssubjekt behandelt, sondern als die Zusammenfassung der Gewerbebetriebe der einzelnen Teilhaber. Die Rechtslage ist so zu betrachten, wie wenn jeder Gesellschafter einen besonderen Betrieb unterhielte (vgl. Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 8. Auflage, S. 1066 ff.). Aus der Vorschrift des § 15 Abs. 1 Z. 2 EStG ist nun der Wille des Gesetzgebers erkennbar, für die Einkommensteuer der Gesellschafter einer Personengesellschaft jeden Gesellschafter als Unternehmer des Betriebes der Gesellschaft anzusehen (vgl. auch das Urteil des Bundesfinanzhofes vom , BStBl. 1960, III, S. 408). Den Ausführungen der Behörde, in denen diese im Falle der Vergütung an einen Gesellschafter für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft eine Aufspaltung der Rechtsbeziehungen in einen den Empfänger betreffenden und einen die übrigen Mitunternehmer betreffenden Teil ablehnt, ist daher beizupflichten.
Auch die Beschwerde erhebt daher dagegen keine Einwendungen. Sie beschränkt sich auf den Vorwurf einer unrichtigen Auslegung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 Z. 2 EStG hinsichtlich des Begriffes der Vergütung, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft erhält. Zu diesen Vergütungen gehören, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 848/F, ausgesprochen hat, Einnahmen, die dem Gesellschafter als das Ergebnis rechtsgeschäftlicher Beziehungen zur Gesamtheit der Gesellschafter zufließen, wie Vergütungen aus Dienstverträgen, aus Geschäftsbesorgungsverträgen usw. Die Beschwerde bekämpft auch dieses nicht. Sie vertritt aber im Gegensatz zur Behörde den Standpunkt, für die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 Z. 2 EStG sei entscheidend, ob die Tätigkeit des Gesellschafters nach den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen in den Betrieb der Personengesellschaft eingefügt war. Nur in diesem Fall komme § 15 Abs. 1 Z. 2 EStG zur Anwendung. Für diesen Standpunkt führt die Beschwerde mehrere Argumente ins Treffen. Sie bezieht sich auf ein diese Auffassung vertretendes Urteil des Bundesfinanzhofes vom , I 82/53. Sie weist überdies auf den verschiedentlich bestehenden Anwaltszwang und die besonderen Funktionen des Anwaltes in der Rechtsordnung hin. Ein Anwalt - so führt sie weiters aus - sie nach ähnlichen Erwägungen, wie sie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits erwähnten Erkenntnis Slg. Nr. 848/F hinsichtlich der obrigkeitlichen Funktion eines öffentlichen Verwalters angestellt hat, als Organ der Rechtspflege anzusehen. Er sei hinsichtlich seiner Berufsausübung nicht nur privatrechtlich der von ihm vertretenen Partei, sondern auch öffentlich-rechtlich im Rahmen der Rechtsanwaltsordnung und des Disziplinarstatutes mit einer weitgehenden Verantwortlichkeit belastet. Mit Recht werde daher von Gaussmüller in der Finanz-Rundschau 1961 (S. 128) eine restriktive Auslegung der bezüglichen Bestimmungen des § 15 des Einkommensteuergesetzes gefordert, dahingehend, daß Vergütungen aus Tätigkeiten, die der Gesellschafter im Rahmen einer anderweitigen gewerblichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeit zufällig auch gegenüber der Gesellschaft entfaltet, den Einkünften aus dieser anderweitigen Tätigkeit zuzurechnen seien. Diese Auffassung werde auch im österreichischen Schrifttum vertreten und werde dort der Meinung Ausdruck gegeben, daß ein Anwalt, der zugleich Gesellschafter ist, das Honorar für die anwaltlichen Arbeiten für die Gesellschaft als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu versteuern habe und dieses Honorar bei der Gesellschaft eine Betriebsausgabe bilde.
Bei diesen Ausführungen hat die Beschwerdeführerin nicht nur die maßgeblichen Kommentare zum deutschen Einkommensteuergesetz gegen sich, in denen durchwegs die Meinung vertreten wird, daß zu den Vergütungen im Dienste der Gesellschaft auch Vergütungen gehören, die der Gesellschafter dafür erhält, daß er in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt Prozesse für die Gesellschaft führt (vgl. Blümich-Falk, 8. Auflage, S. 1080, Littmann, S. 1099). Vor allem wird aber der Standpunkt der belangten Behörde durch den Wortlaut des § 15 Abs. 1 Z. 2 EStG gestützt, dem die von der Beschwerde vertretene Differenzierung nicht entnommen werden kann. Der Gesellschafter, der als Anwalt für die Gesellschaft einen Prozeß führt, entfaltet eine Tätigkeit "im Dienste der Gesellschaft", gleichgültig ob er nun diese Tätigkeit auf Grund seiner gesellschaftsrechtlichen Eingliederung in das Unternehmen oder nur auf Grund eines im einzelnen Fall eingegangenen Geschäftsbesorgungsvertrages ausübt. Es entspricht daher dem Gesetz, in beiden Fällen die gezahlten Vergütungen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu rechnen. Es vermag auch der Umstand den Charakter der Tätigkeit als einer "im Dienste der Gesellschaft" ausgeübten nicht zu ändern, daß dem Rechtsanwalt durch die Rechtsordnung im Bereiche der Rechtspflege eine besondere Stellung wie auch eine besondere Verantwortlichkeit auferlegt wird. Die Beschwerdeeinwendungen sind somit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des Standpunktes der belangten Behörde darzutun.
Ebensowenig vermag die erhobene Verfahrensrüge die Beschwerde zum Erfolg führen. Die Beschwerdeführerin bemängelt, daß die Behörde eine Prüfung der grundsätzlichen und entscheidenden Frage der Eingliederung des Rechtsanwaltes Dr. Carl St. in ihren Betrieb unterlassen habe. Es hätte sich dabei ergeben, daß der Genannte auch nach seiner Aufnahme als Kommanditist so wie vorher für die Beschwerdeführerin nur als Rechtsanwalt tätig geworden und weder gesellschaftsrechtlich noch de facto in den Betrieb eingegliedert sei. Da es aber, wie Bereits ausgeführt, im gegebenen Zusammenhang auf die Frage der gesellschaftsrechtlichen Eingliederung des Gesellschafters Rechtsanwaltes Dr. Carl St. in den Betrieb der Beschwerdeführerin nicht ankommt, liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor.
Die Beschwerdeeinwendungen erweisen sich somit als nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | EStG 1953 §15 Abs1 Z2; |
Sammlungsnummer | VwSlg 3008 F/1964 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1964:1962001183.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-54203