VwGH 24.02.1970, 1180/69
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | EStG 1967 §6c Abs2 litb; |
RS 1 | Ausführungen zum Begriff des Personenkraftwagens (hier: Marke Renault R 16). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Dr. Kaupp, Hofstätter, DDr. Heller und Dr. Simon als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Berufungssenat IX, Zl. VI-1996/22/69 (mitbeteiligte Partei: Fa. L in W), betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Anläßlich der Gewerbesteuererklärung für 1967 machte die mitbeteiligte Partei unter anderem auch vorzeitige Abschreibung der Anschaffungskosten zweier Kraftwagen Marke Renault Combi in der Höhe von je S 25.200,-- geltend. Anläßlich der Feststellung der gewerblichen Einkünfte der mitbeteiligten Partei für 1967 wich das Finanzamt von der Erklärung u. a. insoweit ab, als die vorzeitige Abschreibung der Anschaffungskosten der beiden Kraftwagen mit der Begründung abgelehnt wurde, diese seien nach der Verkehrsauffassung als typische Personenkraftwagen anzusehen.
Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei mit der Begründung Berufung, daß nach allgemeiner Verkehrsauffassung ein Personenkraftwagen dann nicht gegeben sei, wenn dieser Einrichtungen besitze, die seine hauptsächliche Bestimmung zur Beförderung von Gütern erkennen lasse. Im konkreten Falle seien durch Umbauten diese Voraussetzungen erfüllt, weshalb die beiden Renault R 16 Kombinationskraftfahrzeuge seien.
Mit der nun bekämpften Berufungsentscheidung gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als sie die beiden Kraftwagen Marke Renault R 16 als Kombinationskraftwagen anerkannte. Die belangte Behörde begründete diese Auffassung folgendermaßen:
Die mitbeteiligte Partei habe im Jahre 1967 zwei Kraftfahrzeuge der Type Renault R 16 gekauft und in diese Fahrzeuge mit einem Kostenaufwand von je S 2.000,-- hinter der vorderen Sitzbank ein herausnehmbares Drahtgitter einbauen lassen. Aus den Typenscheinen sei ersichtlich, daß die strittigen Wagen zur "teilweisen Beförderung von a) 5 Personen, zwei Sitze vorne, 3 Sitze hinten einschließlich Lenker oder b) für zwei Personen einschließlich Lenker und Güter hinten, wobei zwischen der vorderen Sitzbank und dem Güterraum eine Trennwand (Metallrahmen mit Drahtgitter) angebracht ist", zugelassen worden seien.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würden Kombinationskraftwagen von der "Ausnahmebestimmung" der Bewertungsfreiheitsgesetze (§ 6 c Einkommensteuergesetz), nach der die Anschaffungskosten von Personenkraftwagen nicht vorzeitig abgeschrieben werden dürfen, nicht erfaßt. Die Steuergesetze enthielten keine Definition des Begriffes "Kombinationskraftwagen". Zur Beurteilung müßten daher die einschlägigen Bestimmungen des Verwaltungsrechtes sowie die Verkehrsanschauung herangezogen werden.
Nach dem Verwaltungsrecht (§ 2 Ziffer 6 und § 88 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267) sei ein Kombinationskraftwagen ein Kraftwagen, der nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, wahlweise vorwiegend zur Beförderung von Personen oder vorwiegend zur Beförderung von Gütern verwendet zu werden, und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als 8 Personen Plätze aufweist. Ferner müsse nach § 88 Abs. 1 KFG 1967 bei Kombinationskraftwagen in dem Raum zur wahlweisen Beförderung von Personen und Gütern nach dem Umlegen oder Entfernen der Sitze eine feste, unbewegliche Ladefläche zur Aufnahme von Gütern zu bilden sein, auf der die Güter sicher aufliegen können. Weiters müsse nach Abs. 2 der gleichen Gesetzesstelle der Lenkerplatz und der Raum, in dem Personen befördert werden, vom Raum, in dem Güter befördert werden, durch eine geeignete Vorrichtung (im Streitfall die eingebauten Drahtnetze) so zu trennen sein, daß weder der Lenker noch beförderte Personen durch beförderte Güter gefährdet werden können. Schließlich müsse nach Abs. 3 der vorstehend zitierten Gesetzesstelle bei geschlossenen Kombinationskraftwagen das Verladen von Gütern durch eine ausreichend große, sicher abschließbare Türe oder Ladeklappe in der Rückwand oder in einer Seitenwand möglich sein und der Aufbau bis nahezu an das hintere Ende eine annähernd gleiche Höhe aufweisen.
Alle diese Voraussetzungen seien nach dem vorgenommenen Umbau bei den Kraftfahrzeugen der gegenständlichen Type nach dem vorgelegten Prospekt erfüllt. Nach den einschlägigen Bestimmungen des Verwaltungsrechtes lägen demnach zweifellos zwei Kombinationskraftwagen vor.
Dafür aber, daß der "Renault R 16" auch nach der Verkehrsauffassung als Kombinationskraftwagen gelten kann, spreche sowohl sein Aussehen als auch das Vorhandensein einer für Wagen dieser Art typischen Ladeklappe an der Rückseite, die wie bei zahlreichen anderen Typen (z. B. Opel-Caravan, VW-Variant) am Ende des Daches angeschlagen ist und die Beladung des Laderaumes (auch) mit sperrigen Gütern ermöglicht.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerde wird darauf gestützt, daß der vom Gesetz nicht näher umschriebene Begriff "Personenkraftwagen" nach der wirtschaftlichen Zweckbestimmung dieses Wirtschaftsgutes auszulegen sei. Hiebei komme es nicht auf den Verwendungszweck im Einzelfalle an. Ebensowenig könne die Einreihung des Kraftfahrzeuges bei der Kraftfahrbehörde für die Beurteilung der erhöhten Abschreibungsmöglichkeit von Bedeutung sein. Ob ein Wagen als Personenkraftwagen anzusehen sei, könne nur danach beurteilt werden, für welchen Zweck der Wagen nach der Verkehrsauffassung im Hinblick auf seine Bauart und Ausstattung allgemein zu dienen bestimmt ist. In dieser Hinsicht könne kein Zweifel bestehen, daß die in Rede stehenden Kraftfahrzeuge der Marke Renault R 16 im Hinblick auf ihre Bauart und Ausstattung allgemein für Zwecke der Personenbeförderung bestimmt seien. Die Bestimmung dieser Fabrikationstype ist von vornherein darauf abgestellt, hauptsächlich der Beförderung von Personen zu dienen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß der Kofferraum durch Umklappen der Rücksitze erweitert werden könne bzw. zwecks Verwendung der Wagen zur Güterbeförderung hinter der vorderen Sitzbank eine herausnehmbare Trennwand montiert werde.
Die in Rede stehende Wagentype sei mit einem Fließheck ausgestattet. Durch diese Heckform bedingt, müsse der Zutritt zum Kofferraum in Form einer Ladeklappe gestaltet sein, die der Bequemlichkeit halber am Dach angeschlagen sei. Diese Form des Zutrittes zum Kofferraum sei bei allen Personenkraftwagen zu finden, die mit einem Fließheck ausgestattet seien und könne daher nicht als atypisch für einen Personenkraftwagen angesehen werden.
Der Kraftwagen der Type Renault R 16 sei daher als Personenkraftwagen von der vorzeitigen Abschreibung im Sinne des § 6 c EStG ausgenommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 6 c Abs. 2 lit. b EStG bestimmt, daß eine vorzeitige Abschreibung unter anderem von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten "von Personenkraftwagen" nicht vorgenommen werden darf. Zur Auslegung dieses Begriffes für den Bereich des Einkommensteuerrechtes sind für andere Rechtsgebiete getroffene Regelungen, z. B. das Kraftfahrgesetz 1967, nicht heranzuziehen. Dementsprechend besteht bei Beurteilung der Frage, ob ein Fahrzeug ein Personenkraftwagen im Sinne der zitierten Bestimmung des Einkommensteuergesetzes ist oder nicht, auch keine Bindung der Finanzbehörde an die im Typengenehmigungsbescheid enthaltene Bezeichnung des Kraftfahrzeuges. Mit Rücksicht auf die dem Einkommensteuerrecht eigentümliche wirtschaftliche Betrachtungsweise ist für den vom Gesetzgeber nicht näher umschriebenen Begriff "Personenkraftwagen" nicht das äußere Erscheinungsbild eines Fahrzeuges entscheidend, sondern ausschließlich dessen wirtschaftliche Zweckbestimmung (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 1690/F). Wesentlich ist dabei nicht der Verwendungszweck im Einzelfall, sondern welchem Zweck das Fahrzeug nach seiner typischen Beschaffenheit und Bauart von vornherein und allgemein zu dienen bestimmt ist. Da § 6 c Abs. 2 lit. b EStG eine Ausnahme von der allgemeinen Regel enthält, kann eine ausdehnende Auslegung dieser Bestimmung nicht in Betracht kommen. "Personenkraftwagen" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist ein Fahrzeug also nur, wenn es seiner typischen Beschaffenheit und Bauart nach ausschließlich zur Personenbeförderung eingerichtet ist (vgl. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 3074/F). Es besteht bei dem Fahrzeug der Type R 16 nicht nur, wie bei vielen Personenkraftwagen die technische Möglichkeit, durch Zurückklappen oder Herausnehmen von Sitzen einen größeren Laderaum zu gewinnen, sondern anstelle der sonst üblichen, den Gepäckraum abschließenden Klappe eine zusätzliche fünfte Tür an der Heckseite, die für Personenkraftwagen atypisch ist. Der Wagen läßt sich seiner fabriksmäßigen Konstruktion nach einerseits für die Beförderung von bis zu fünf Personen verwenden; in der für diesen Verwendungszweck vorgesehenen Gestalt unterscheidet er sich nicht erheblich von den sonstigen Personenkraftwagen. Er bietet aber anderseits die Möglichkeit, unter Reduktion des für die Unterbringung von reisenden Personen verfügbaren Raumteiles nur auf die Plätze für Fahrer und Beifahrer, als Transportmittel für Güter mit einem Volumen bis zu 1200 Liter eingesetzt zu werden, in welchem Fall auch die Unterbringung von Möbeln und sonstigen sperrigen Gütern durchaus in jenem Ausmaß ermöglicht wird, wie es sonst beim Fahrzeugtypus des Combi-Wagens üblich ist. Daraus ergibt sich, daß die wirtschaftliche Zweckbestimmung keineswegs ausschließlich auf Personenbeförderung ausgerichtet ist. Ein Combi-Wagen wird sowohl für die Beförderung von Gütern als auch für die Beförderung von Personen geschaffen. Nicht erforderlich ist, daß er Einrichtungen besitzt, die eine hauptsächliche Bestimmung zur Beförderung von Gütern erkennen lassen. Es genügt, daß er seiner Bauart und seinen Einrichtungen nach einen Einsatz sowohl zur Beförderung von Personen als auch zur Beförderung von Gütern gestattet. Dafür, daß eine der beiden Zweckbestimmungen "überwiegen" müßte, gibt es keinen Anhaltspunkt. Denn das Gesetz verlangt nicht etwa, damit die vorzeitige Abschreibung vorgenommen werden darf, einen "Güterwagen", sondern es untersagt diese Abschreibung für "Personenkraftwagen", d. s. solche, deren von vornherein einzige typische Zweckbestimmung die Personenbeförderung ist.
Als ein solcher "Personenkraftwagen" kann das Fahrzeug der mitbeteiligten Parteien nach dem Gesagten nicht angesehen werden, so daß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen war.
Im übrigen wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 420/69, verwiesen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | EStG 1967 §6c Abs2 litb; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1970:1969001180.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-54193