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VwGH 22.02.1968, 1176/67

VwGH 22.02.1968, 1176/67

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1;
RS 1
Wenn sich der Bestandnehmer, um den Bestandgegenstand überhaupt erst gebrauchsfähig zu machen, verpflichtet, aus eigenen Mitteln einen Rohbau zu vollenden, so gehören die dazu aufgewendeten Mittel zum gebührenpflichtigen Entgelt, wenn auch im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses der Bestandnehmer keinen Anspruch auf Ersatz dieser Aufwendungen hat (Hinweis E , 1974/55, VwSlg 1829 F/1958).

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E , 1176/67 #1 VwSlg 3724 F/1968

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek, und die Hofräte Dkfm. DDr. Dorazil, Dr. Raschauer, Dr. Frühwald und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Finanzkommissärs Dr. Glöckel, über die Beschwerde der G-GesmbH. in W, vertreten durch Dr. Walter Pum, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wasagasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 349-V/66, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Vertrag vom nahm die beschwerdeführende Genossenschaft (Beschwerdeführerin) von der Stadtgemeinde L. bestimmte Geschäftsräume im Ausmaße von 330 m2 in dem dieser Stadtgemeinde gehörenden und damals erst im Rohbau auf dem Grundstück Nr. 18/4, Baufläche der EZ. 411, Grundbuch W., fertiggestellten Gebäude für einen monatlichen Bestandzins von S 10,-- je m2 in Bestand. Außerdem verpflichtete sich die Beschwerdeführerin auch noch zur anteilsmäßigen Begleichung der das Gebäude treffenden Betriebskosten, Steuern und öffentlichen Abgaben der Gemeinde. Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich in diesem Vertrage ferner, den Vertragsgegenstand auf eigene Kosten auszubauen und fertigzustellen. Im Falle der Beendigung des Bestandverhältnisses sollte ihr aber kein Anspruch auf Entschädigung für diese Aufwendungen zustehen. Der Bestandvertrag war überdies von der Bedingung abhängig gemacht worden, daß die Beschwerdeführerin auf den Nachbargrundstücken Nr. 18/5 und 51 der Katastralgemeinde W. ein Geschäftshaus unter den Bedingungen und Vorschreibungen eines bereits vorliegenden Baubewilligungsbescheides erbaut und in das "Vertragsobjekt" einbezieht. Mit Nachtrag vom nahm die Beschwerdeführerin von der Stadtgemeinde L. noch weitere 224,50 m2 zum gleichen Zins in Bestand. Beide rechtsgeschäftlichen Abmachungen wurden auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Auf Grund von Angaben, die die Stadtgemeinde L. gemacht hatte, schrieb das zuständige Finanzamt mit endgültigem Bescheid vom der Beschwerdeführerin gemäß § 33 TP 5 des Gebührengesetzes 1957, BGB1. Nr. 267 (im folgenden kurz mit GebG bezeichnet), eine Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von S 11.985,-- vor. Es ging dabei vom dreifachen Jahresbestandszins einschließlich Nebenleistungen in Höhe von S 229.680,-- und einem Baukostenzuschuß in Höhe von S 968.786,-- aus.

Die Beschwerdeführerin berief und bekämpfte die Höhe der Bemessungsgrundlage, namentlich auch das Ausmaß des vom Finanzamt ermittelten "Baukostenzuschusses". Dieser sei in Wirklichkeit kein Baukostenzuschuß, sondern ein Betrag, den die Beschwerdeführerin für die Fertigstellung der ihr im Rohbau zur Verfügung gestellten Bestandräumlichkeiten bezahlt habe. Sie habe sich verpflichtet, den Ausbau des Vertragsgegenstandes zugleich mit dem Neubau eines Geschäftshauses auf einem Nachbargrundstücke durchzuführen und fertigzustellen. Da jedoch in den Baumeisterrechnungen für das von der Stadtgemeinde L. errichtete Wohn- und Geschäftshaus keine Trennung zwischen den auf die Stadtgemeinde und den auf die Beschwerdeführerin entfallenden Kosten vorgenommen worden sei, sei in Form einer Niederschrift jener Betrag errechnet worden, den die Beschwerdeführerin zur Fertigstellung der ihr vermieteten Räumlichkeiten habe bezahlen müssen, weil deren Fertigstellung zu Lasten der Beschwerdeführerin gegangen sei. Die Beschwerdeführerin habe ihr Kaufhaus nämlich zum Teil auf eigenem Grund und Boden, und zwar auf der Liegenschaft EZ. 412 Grundbuch W. - offenbar handelt es sich dabei um jene Liegenschaft, zu der die erwähnten Grundstücke Nr. 18/5 und 51 gehören -, errichtet, sodaß ein Teil des Kaufhauses auf fremdem Grunde stehe, nämlich auf eben dem Grundstück, auf dem sich die gemieteten Räumlichkeiten befinden. Die von der Beschwerdeführerin bezahlten Kosten seien als Adaptierungskosten anzusehen und seien nicht "Nebenkosten des Bestandvertrages".

Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpften Berufungsentscheidung vom hat die Finanzlandesdirektion für Steiermark der Berufung zum Teile stattgegeben, die vorgeschriebene Gebühr von S 11.985,-- auf S 11.876 herabgesetzt, im übrigen jedoch das Rechtsmittel abgewiesen. Die Ausbaukosten in Höhe von S 968.785,84 wurden von der belangten Behörde aus der Bemessungsgrundlage nicht ausgeschieden. In der Begründung bezog sich die belangte Behörde auf § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 GebG. Darnach sei Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Gebühr das gesamte Entgelt, das für den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit vom Bestandgeber geleistet wird. Das gesamte Entgelt umfasse alle Leistungen, die der Bestandnehmer für die Überlassung der Sache zum Gebrauche zu bezahlen hat. Die Beschwerdeführerin habe sich im strittigen Bestandvertrage nicht nur zur Zahlung eines monatlichen Bestandzinses in der Höhe von S 10,-- pro m2 zuzüglich bestimmter Betriebskosten, sondern auch zur Zahlung sämtlicher Kosten verpflichtet, die mit dem Ausbau des im Rohbau befindlichen Bestandgegenstandesverbunden sein werden. Die Beschwerdeführerin bestreite die Verpflichtung zur Leistung eines Baukostenzuschusses, sie behaupte vielmehr, nur Adaptierungskosten getragen zu haben, die außerhalb der vertraglichen Verpflichtungen der Bestandnehmerin gelegen seien, weil laut Vertrag die gemieteten Räumlichkeiten im Rohbau zum Gebrauch übergeben worden seien. Demgegenüber habe aber der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals entschieden, daß zum Bestandentgelt auch Leistungen gehören, die ein Bestandnehmer aus seinem Vermögen für den Bestandgegenstand zu erbringen verpflichtet ist und deren Gegenstand entweder gleich bei ihrer Ausführung oder später bei Lösung des Bestandverhältnisses entschädigungslos in das Eigentum des Bestandgebers fällt oder ohne Ersatzleistung an den Bestandnehmer im Eigentum des Bestandgebers verbleibt. Verpflichte sich ein Mieter zur Durchführung bestimmter Um- und Aufbauten und habe der Bestandgeber auf die Durchführung solcher Bauvorhaben einen klagbaren Anspruch erlangt, dann seien deren Kosten als Teil des Preises bzw. des Bestandentgeltes der Gebührenbemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Aus dem Vertrage vom und auch aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung ergebe sich die Verpflichtung der Bestandnehmerin, die im Rohbau zur Verfügung gestellten Bestandräumlichkeiten nach bestimmten Vorschriften und Plänen auszubauen. In weiteren Ausführungen begründete die Finanzlandesdirektion noch die Herabsetzung eines Teiles der Bemessungsgrundlage von S 229.680,-- auf S 218.808,--.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

Der vorliegende Rechtsstreit geht ausschließlich um die Frage der Einbeziehung der von der Beschwerdeführerin im Vertrage vom zur Zahlung übernommenen Ausbaukosten. Die Beschwerdeführerin hatte sich nämlich dem Bestandgeber gegenüber "ausdrücklich und unwiderruflich" verpflichtet, den Ausbau des Vertragsgegenstandes durchzuführen und fertigzustellen. Welche Investitionen unter dem Begriff "Ausbau des Vertragsobjektes" zu verstehen sein würden, sollte nach Fertigstellung des Baues von beiden Vertragsteilen einvernehmlich festgestellt und in einer Niederschrift festgehalten werden. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß der von der belangten Behörde ermittelte Betrag von S 968.785,84 jene Ausbaukosten darstellt, die von ihr für den vereinbarten Ausbau des Bestandgegenstandes aufgewendet worden sind. Sie bestreitet auch nicht, daß sich der Mietgegenstand im Zeitpunkte des Vertragsabschlusses erst im Rohbau befand. Sie bringt aber vor, daß ihr lediglich dessen Adaptierung für ihre Geschäftszwecke zugefallen sei, Adaptierungskosten könnten aber keinesfalls unter jene Leistungen eingereiht werden, die der Bestandnehmer für die Überlassung der Sache zum Gebrauche zu bezahlen hat. Der Ausbau des Bestandgegenstandes sei in ihrer Interessensphäre gelegen und sei nicht als Bedingung der Überlassung des Bestandgegenstandes anzusehen gewesen. Gegenstand der Vermietung sei nur der Rohbau und von einer Verpflichtung zur Tragung eines Baukostenzuschusses sei nie die Rede gewesen.

Mit diesen Ausführungen vermochte die Beschwerdeführerin aber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG unterliegen Bestandverträge (Miet- oder Pachtverträge) einer Gebühr, die im Ausmaße von 1 v. H. vom Werte zu berechnen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu das Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom , Slg. Nr. 1835(F)) ist unter dem Begriffe "Wert", von dem die Gebühr für Bestandverträge zu berechnen ist, der Preis, also alle Leistungen, die der Bestandnehmer für die Überlassung der Sache zum Gebrauche zu bezahlen hat, zu verstehen. Aus dem strittigen Vertrage geht nun zweifelsfrei hervor, daß sich die Beschwerdeführerin der Bestandgeberin gegenüber verpflichtet hat, die Bestandräumlichkeiten, die erst im Rohbau fertiggestellt waren, auszubauen. Auf diesen Ausbau hatte die Bestandgeberin also einen Anspruch erworben, dessen Nichterfüllung eine Vertragsverletzung bedeutet hätte. Es kann also deswegen schon keine Rede davon sein, daß der Ausbau des Bestandgegenstandes allein in der Interessensphäre der Beschwerdeführerin gelegen wäre. Zweck eines Bestandvertrages ist es im übrigen, dem Bestandnehmer den ordentlichen Gebrauch der Sache zu ermöglichen. Daher gehört es zu den Pflichten des Bestandgebers, dem Bestandnehmer die Sache in jenem Zustande zu übergeben, der diesen ordentlichen Gebrauch erlaubt. Ein Rohbau ist dafür nicht geeignet, sodaß auch im Streitfalle Maßnahmen zur Herstellung des bestandgemäßen Gebrauches des Vertragsgegenstandes erforderlich waren. Wenn sich nun die Beschwerdeführerin im Zuge der Vertragsunterhandlungen, um den Bestandgegenstand überhaupt erst gebrauchen zu können, dazu bereit fand, diesen aus ihrem Vermögen, also unter Aufwendung eigener Mittel in einen gebrauchsfähigen Zustand zu versetzen, dann kann nicht geleugnet werden, daß die Übernahme dieser Kosten durch die Beschwerdeführerin - mögen sie nun als "Baukostenbeiträge" oder als "Adaptierungskosten" bezeichnet werden - für die - dem Wesen des Bestandvertrages entsprechend sonst der Bestandgeber hätte aufkommen müssen, zum "Preis" gehört, den die Beschwerdeführerin aufwenden mußte, um den Bestandgegenstand überhaupt erst benützen zu können. Im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , Slg. Nr. 1829(F), war es daher nicht verfehlt, wenn die belangte Behörde die strittigen "Ausbaukosten", für die die Beschwerdeführerin laut ausdrücklicher Vereinbarung im Vertrage keinerlei Entschädigung durch den Bestandgeber (auch nicht im Fall der künftigen Auflösung des Bestandverhältnisses) erhalten wird, der Bemessungsgrundlage hinzugeschlagen hat. Dem angefochtenen Bescheide haften also keine Rechtsmängel an, sodaß die gegen ihn erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen war.

Die belangte Behörde hat für den Fall ihres Obsiegens einen Aufwandersatz in Höhe von S 390,-- geltend gemacht (für den Vorlageaufwand S 60,-- und für den Schriftsatzaufwand S 330,--). Diesem Begehren war gemäß § 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b, § 48 Abs. 2 lit. a und b, § 49 und § 59 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965, BGBl. Nr. 2, in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4, zu entsprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1;
Sammlungsnummer
VwSlg 3724 F/1968
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1968:1967001176.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-54182