Suchen Kontrast Hilfe
VwGH 21.01.1963, 1161/62

VwGH 21.01.1963, 1161/62

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BauO Wr §129 Abs2
BauO Wr §129 Abs4
RS 1
Konnte die Behörde unbedenklich davon ausgehen, daß die in Rede stehende Wohnung gesundheitsschädlich ist, dann ist die Erteilung eines Auftrages zur Trockenlegung nur rechtswidrig, wenn die Instandsetzung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist (Hinweis E , 2139/60).
Norm
BauO Wr §129 Abs4
RS 2
Bei der Beurteilung der Gesundheitsschädlichkeit einer Wohnung kommt es nur auf objektive Merkmale an.
Norm
BauO Wr §129 Abs4
RS 3
Der Hinweis darauf, daß eine Zinsreserve nicht vorhanden sei, kann nicht als Bestreitung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit eines Instandsetzungsauftrages angesehen werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek, Dr. Lehne und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Magistratskommissärs Dr. Jezek, über die Beschwerde der G S, des Dr. H S, des Dipl.Ing. W S und des Ge S, alle in W, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid des Wiener Magistrates im selbständigen Wirkungsbereich vom , Zl. M.Abt. 64 - B XXI - 28/61), betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Fritz Gaismaier, und des Vertreters der belangten Behörde, Magistratsrates Dr. Alois Miksch, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund einer Anzeige über Feuchtigkeit in der Wohnung Nr. 1 des Hauses W, P-K-gasse XX, und auf Grund eines Gutachtens des Bezirksgesundheitsamtes vom , wonach die gegenständliche Wohnung in ihrem derzeitigen Zustand gesundheitsschädlich sei, führte der Wiener Magistrat am eine mündliche Verhandlung, verbunden mit einem Ortsaugenschein, durch, bei welchem festgestellt wurde, daß der Innenverputz der straßenseitigen Hauptmauer im Bereiche des Zimmers der Wohnung Nr. 1 infolge aufsteigender Grundfeuchtigkeit bis 30 cm hoch feucht sei, Fußbodenbretter des Zimmers dieser Wohnung im Bereiche der straßenseitigen Hauptmauer angemorscht seien und daß seinerzeit an der Außenseite dieser Hauptmauer durch Anbringung von Heraklithplatten mit Lüftungssieberln eine unzureichende Trockenlegung durchgeführt worden sei. Die dem Ortsaugenschein beigezogene Erstbeschwerdeführerin bestritt diese Feststellungen nicht. Mit Bescheid des Wiener Magistrates, M.Abt. 37, Außenstelle für den XXI. Bezirk vom wurde den Beschwerdeführern als Eigentümern des gegenständlichen Hauses gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, binnen drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides die Außenmauer im Bereiche der P-K-gasse wirksam trockenlegen und die angemorschten Fußbodenbretter in der Wohnung Nr. 1 ausbessern zu lassen. Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführer eine Berufung ein, in der sie geltend machten, im Jahre 1955 sei durch den Stadtbaumeister Leopold M. der gesamte Gassensockelverputz unter gleichzeitiger Trockenlegung der Mauer neu angebracht worden. Es handle sich um eine ortsübliche Feuchtigkeit, welche trotz Trockenlegung immer wiederkehre. Die Feuchtigkeit liege in einem derart geringen Ausmaß vor, daß von einem Baugebrechen im Sinne der Bauordnung nicht gesprochen werden könne. Die Feuchtigkeit sei auf das Alter des Hauses zurückzuführen. Daß sich die Wohnung in keinem gesundheitsschädlichen Zustand befindet, gehe daraus hervor, daß ein Miteigentümer acht Jahre in dieser Wohnung gewohnt habe, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen. Eine Zinsreserve sei nicht vorhanden, sodaß die aufgetragenen Arbeiten auch aus diesem Grunde nicht durchgeführt werden könnten. Zum Beweis für ihr Vorbringen boten die Beschwerdeführer die Einvernahme des Baumeisters M und eine vorzulegende Rechnung vom an.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dieser Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung des Berufungsbescheides heißt es: Dem Berufungsvorbringen sei entgegenzuhalten, daß nach den technischen Erfahrungen durch eine horizontale Trockenlegung alle Wohnungen in einen Zustand versetzt werden können, der den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Es bestehe daher kein Zweifel, daß auch im vorliegenden Fall bei entsprechender Trockenlegung zumindest auf eine Dauer von zehn Jahren der bestehende Zustand abgestellt werden könne. Die Frage der Gesundheitsschädlichkeit der Wohnung sei durch das Gutachten des Bezirksgesundheitsamtes geklärt. Es sei daher die Einwendung hinsichtlich des Fehlens der Gesundheitsschädlichkeit nicht stichhältig. Die Hauseigentümer führen selbst an, daß nur die Zinsreserve vergriffen sei. Es bestehe daher keinesfalls die Vermutung, daß der vorliegende Auftrag durch eine Zinserhöhung kostenmäßig nicht gedeckt werden könne.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und hiezu im wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde habe sich mit dem Berufungsvorbringen nicht genügend auseinandergesetzt und dem Beweisantrag nicht Rechnung getragen. Durch die angebotenen Beweise wäre hervorgekommen, daß es sich bei der seinerzeitigen Trockenlegung nicht um eine unzureichende Trockenlegung gehandelt habe, sondern daß eine den technischen Anforderungen Rechnung tragende Trockenlegung vorgenommen worden sei. Durch einen Lokalaugenschein könne nicht festgestellt werden, was hinter den Heraklithplatten vorgenommen worden sei. Der Umstand, daß eine den technischen Anforderungen entsprechende Trockenlegung durchgeführt worden sei, rechtfertige die Annahme, daß eine wirksame Trockenlegung nicht möglich sei. Die Unrichtigkeit der Annahme der Behörde, daß eine Trockenlegung einen zehnjährigen Erfolg garantiere, gehe auch daraus hervor, daß die im Jahre 1955 erfolgte Trockenlegung nicht einmal einen fünfjährigen Erfolg gezeitigt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer legen dem angefochtenen Bescheid zur Last, daß er auf Grund eines unzureichenden Ermittlungsverfahrens ergangen sei, weil die von ihnen beantragten Beweise nicht aufgenommen wurden. Maßgeblicher Sachverhalt ist im vorliegenden Fall, ob die gegenständliche Wohnung durch aufsteigende Grundfeuchtigkeit gesundheitsschädlich ist. Die Annahme eines solchen Sachverhaltes hat die belangte Behörde auf das Gutachten des Bezirksgesundheitsamtes, das Gutachten eines Amtstechnikers und auf den durchgeführten Ortsaugenschein gegründet. Den behördlichen Feststellungen ist die Erstbeschwerdeführerin vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht entgegengetreten. Wohl aber haben die Beschwerdeführer in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid das Vorliegen einer gesundheitsschädlichen Feuchtigkeit bestritten. Sie haben jedoch in dieser Hinsicht keinen Beweisantrag gestellt, denn die angebotenen Beweise (Rechnung, Einvernahme des Baumeisters M) können nicht als Beweise für die Beurteilung der hier im Vordergrund stehenden medizinischen Frage angesehen werden. Wenn bei diesem Sachverhalt die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß die Wohnung Nr. 1 in dem in Rede stehenden Haus eine gesundheitsschädliche Feuchtigkeit aufweist, so kann dem der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegentreten. Was aber die in der mündlichen Verhandlung wiederholte Behauptung anlangt, die gegenständliche Wohnung sei nicht gesundheitsschädlich, weil einer der Miteigentümer durch acht Jahre in der Wohnung gewohnt habe, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen, so ist darauf zu erwidern, daß es bei der Beurteilung der Gesundheitsschädlichkeit einer Wohnung nur auf objektive Merkmale ankommen kann. Die auf Grund solcher getroffene Feststellung eines gesundheitsschädlichen Zustandes kann nicht durch den Hinweis widerlegt werden, daß bisher eine Schädigung der Gesundheit der Bewohner nicht eingetreten ist. Konnte aber die Behörde unbedenklich davon ausgehen, daß die in Rede stehende Wohnung gesundheitsschädlich ist, dann ist die Erteilung eines Auftrages zur Trockenlegung nur rechtswidrig, wenn die Instandsetzung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2139/60). Zur Beurteilung der technischen Durchführbarkeit des Trockenlegungsauftrages stand der Behörde das beim Ortsaugenschein aufgenommene Gutachten des technischen Amtssachverständigen zur Verfügung, überdies vermochte die Bauoberbehörde für Wien die hier aufgeworfene technische Frage auch selbst zu beurteilen, da ihr zufolge § 138 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien drei Baufachleute angehören. Wenn daher die belangte Behörde zu dieser Frage die in der Berufung angebotenen Beweise nicht aufgenommen hat, so kann darin ein Verfahrensmangel nicht gelegen sein. Daß aber die Durchführung des Trockenlegungsauftrages den Eigentümern wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann, haben die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Denn der Hinweis in der Berufung, daß eine Zinsreserve nicht vorhanden sei, kann nicht als Bestreitung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit angesehen werden. Zu sagen bleibt noch, daß es darauf, was im Jahre 1955 an baulichen Maßnahmen zur Beseitigung der Feuchtigkeit durchgeführt wurde, nicht ankommt, sofern nur feststeht, daß derzeit ein die Gesundheit von Menschen gefährdendes Baugebrechen vorliegt und irgendwelche konkrete Behauptungen, eine Trockenlegung sei im vorliegenden Fall infolge besonderer Umstände (etwa infolge Vorhandenseins eines Bruchsteinmauerwerkes) nicht möglich, von den Beschwerdeführer nicht aufgestellt wurden.

Die sohin in allen Punkten unbegründete Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG. 1952 abgewiesen werden.

Wien,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BauO Wr §129 Abs2
BauO Wr §129 Abs4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1963:1962001161.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAF-54082