VwGH 26.04.1984, 1153/80
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BauO NÖ 1976 §100 Abs4; BauO NÖ 1976 §118 Abs8 Satz1; BauO NÖ 1976 §118 Abs9 Z2; BauO NÖ 1976 §118 Abs9 Z3; BauRallg impl; |
RS 1 | Aus der Zusammenschau des § 100 Abs 4 und des § 118 Abs 8 erster Satz und Abs 9 Z 2 und Z 3 der NÖ BauO 1976 ist zuschließen, daß der Nachbar auf Einhaltung der einzelnen Widmungsarten und Nutzungsarten von Flächenwidmungsplänen zwar nicht schlechthin ein subjektiv-öffentliches Recht besitzt, ihm aber wohl dann, wenn die bestimmte Widmungsart und Nutzungsart einen Immissionsschutz gewährleistet, ein solches Recht zukommt. |
Normen | BauO NÖ 1976 §62 Abs2; BauRallg impl; |
RS 2 | § 62 Abs 2 der NÖ BauO 1976 ist nur auf "Baulichkeiten", somit nicht auf einen "Lagerplatz" anzuwenden. |
Normen | |
RS 3 | Die Begriffsinhalte des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, somit auch dessen § 16 Abs 1 Z 1, sind nicht unmittelbar als Maßstab für die Auslegung der auf Grund des § 5 der NÖ BauO aus 1883 erlassenen Regulierungspläne heranzuziehen. Die einen integrierenden Bestandteil des Regulierungsplanes 1966 der Stadtgemeinde Klosterneuburg bildenden Verbauungsvorschriften 1966 (§ 24 Abs 1) sind daher nicht im Sinne des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (§ 16 Abs 1 Z 1) korrigierend auszulegen. Nur unter dem Blickwinkel des 3 30 Abs 4 zweiter Satz des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 ist zu prüfen, ob der vereinfachte Flächenwidmungsplan aus 1966 einschließlich der einen integrierenden Bestandteil dieses Planes bildenden Verbauungsvorschriften in einer geänderten oder unveränderten Fassung anzuwenden sind. |
Normen | |
RS 4 | Die Nutzungsart "reines Wohngebiet" nach § 24 der Verbauungsvorschriften der Stadtgemeinde Klosterneuburg aus dem Jahre 1966 und die Nutzungsart "Wohngebiet" nach § 16 Abs 1 Z 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 unterscheiden sich insofern wesentlich, als ersterer Begriff der Nutzungsart jede Belästigung der Nachbarschaft, der letztere Begriff der Nutzungsart jedoch lediglich eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft durch Betriebe ausschließt. |
Normen | BauRallg impl; ROG NÖ 1976 §30 Abs4; |
RS 5 | Auf Grund der Nichtübereinstimmung der im vereinfachten Flächenwidmungsplan festgelegten Nutzungsart mit der Nutzungsart nach dem NÖ Raumordnungsgesetz 1976 gilt gemäß § 30 Abs 4 legcit die Nutzungsart als nicht ausgewiesen, weshalb lediglich die Widmung "Bauland" aufrecht bleibt. |
Normen | B-VG Art119a Abs5; GdO NÖ 1965; |
RS 6 | Die Bindung der obersten Gemeindebehörde an den Bescheid der Aufsichtsbehörde erstreckt sich nur auf die den Bescheidspruch tragenden Ausführungen. (Hinweis auf E vom , Zl. 0481/68) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0338/70 E VwSlg 7806 A/1970 RS 6 |
Normen | |
RS 7 | Die Bindung der obersten Gemeindebehörde an den Bescheid der Aufsichtsbehörde erstreckt sich nur auf die den Bescheidspruch tragenden Ausführungen. (Hinweis auf E vom , Zl. 0481/68) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0338/70 E VwSlg 7806 A/1970 RS 6 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Unfried, über die Beschwerde des KW in K, vertreten durch Dr. Wolfgang Emberger, Rechtsanwalt in Wien I, Plankengasse 2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. II/2-V-79202, betreffend Bewilligung eines Lagerplatzes, eines Tankraumes, eines Maschendrahtzaunes und einer Einfriedung (mitbeteiligte Parteien:
JE in K, 2. GE in K, 3. Ing. HS in K, 4. LS in K, 5. BS in K,
CS in K, 7. DS in K, 8. AS in K, 9. Ing. AK in K, 10. BK in K,
MW in K, 12. WF in K, 13. BF in K, 14. Stadtgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.310,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Nach Durchführung von Bauverhandlungen am und , in deren Verlauf die nunmehr mitbeteiligten Parteien 1) bis 13) - im folgenden als mitbeteiligte Anrainer bezeichnet - eine Reihe von Einwendungen (betreffend Widerspruch des Bauvorhabens mit dem vereinfachten Flächenwidmungsplan und den Verbauungsvorschriften, Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigung, Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch die Nichteinhaltung einer Straßenfluchtlinie von 14 m) erhoben haben, erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde A dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom gemäß den §§ 92, 93 und 100 der Bauordnung für Niederösterreich sowie § 24 Abs. 2 der Verbauungsvorschriften der Stadtgemeinde A und auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses in der Sitzung vom (unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen) die Bewilligung, das Grundstück Nr. nn/5, inneliegend in EZ. nn1 des Grundbuches der Katastralgemeinde K, im Anschluß an die bestehende Lagerhalle als Lagerplatz zur Lagerung von Baumaterialien, Geräten und Werkzeugen zu verwenden und auf diesem Grundstück einen Tankraum sowie einen Maschendrahtzaun und eine Einfriedung zu errichten. Die Einwendungen der mitbeteiligten Anrainer wurden "als unbegründet zurückgewiesen". In der Begründung führte die Baubehörde erster Instanz im wesentlichen zu den aus Anlaß der mündlichen Verhandlung vom erhobenen Einwendungen der mitbeteiligten Anrainer aus, daß der Beschluß des Gemeinderates in seiner Sitzung vom "" (gemeint sei ), keine Baugenehmigung im Sinne des Gesetzes darstelle. Zu dem Einwand, daß dieser Gemeinderatsbeschluß im Widerspruch zu den Verbauungsvorschriften - "berichtigt mit Bau- und Raumordnung" - der Stadtgemeinde A stünde, werde festgehalten, daß der Gemeinderatsbeschluß seine Grundlage im derzeit geltenden vereinfachten Flächenwidmungsplan sowie dem § 24 Abs. 2 der Verbauungsvorschriften, die einen integrierenden Bestandteil desselben bildeten, habe. Sollte man zur Meinung gelangen, daß die Bestimmungen dieser Verordnung im § 16 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes keine Deckung fänden, so gelange zwangsläufig § 30 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes zur Anwendung und somit würde die Nutzungsart als nicht beigesetzt gelten, sodaß lediglich die Widmung "Bauland" aufrecht bleibe. In beiden Fällen könnte die Genehmigung der Errichtung eines Lagerplatzes nicht versagt werden, wenn nicht andere gesetzliche Gründe entgegenstünden. Es sei somit eine mündliche Verhandlung notwendig und gerechtfertigt gewesen, da das Vorhaben weder dem Flächenwidmungsplan noch dem Bebauungsplan widerspreche. Es habe auch kein anderes Hindernis gemäß § 100 Abs. 4 von der Baubehörde festgestellt werden können. Die befürchtete Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigung könne im baurechtlichen Verfahren mangels einschlägiger Gesetzesbestimmungen in der NÖ Bauordnung nicht berücksichtigt werden, sondern sei gegebenenfalls im gewerbebehördlichen Verfahren vorzubringen. Aus den Vorschriften über die Sicherheit des Verkehrs auf den vor dem Baugrund liegenden öffentlichen Verkehrsflächen erwüchsen den Anrainern und somit auch den Nachbarn und sonstigen Parteien keine subjektiv-öffentlichen Rechte.
Über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung der mitbeteiligten Anrainer vom entschied der Gemeinderat der Stadtgemeinde in seiner Sitzung vom - ausgefertigt mit Bescheid vom - dahingehend, daß die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt wurde. Die Baubehörde zweiter Instanz übernahm auch zur Gänze die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung gab die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom ) gemäß § 61 Abs. 3 der NÖ Gemeindeordnung 1973 statt; der angefochtene Bescheid wurde wegen Rechtswidrigkeit behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat als zuständige Baubehörde zweiter Instanz verwiesen. In der Begründung führte die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde nach einer kurzen Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens aus, die von den Baubehörden vertretene Rechtsansicht entspreche mit Ausnahme der Feststellung, daß aus der Behauptung der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit infolge zu geringer Breite einer Verkehrsfläche die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes nicht abzuleiten sei, nach Auffassung der Aufsichtsbehörde nicht der geltenden Rechtslage. Die Festlegung von "reinem Wohngebiet" im vereinfachten Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde A, weiche keinesfalls so eindeutig von den Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 ab, daß sie mit deren Inkrafttreten außer Kraft getreten wäre. § 24 Abs. 1 der Verbauungsvorschriften lege nämlich fest, daß das reine Wohngebiet neben der störungsfreien Unterbringung von Wohngebäuden auch der Unterbringung von Erziehungs- und Bildungsstätten, Heil- und Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen diene, und stimme damit mit § 16 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 überein. Der Zusatz "reines" zur Bezeichnung der Nutzungsart Wohngebiet bilde keine wesentliche Abweichung von der nunmehrigen gesetzlichen Bestimmung "Wohngebiet". Die Bestimmung des § 24 Abs. 2 der Verbauungsvorschriften, wonach der Gemeinderat Handels- und Gewerbebetriebe in diesem Gebiet unter jeweils besonderen Bedingungen zulassen könne, könne durchaus gesetzeskonform mit § 16 Abs. 1 Z. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 angewendet werden, wenn der Gemeinderat solche Bewilligungen im Sinne der jüngeren Gesetzesbestimmung nur mehr für Betriebe erteile, welche in Wohngebäuden untergebracht werden könnten und keine das öffentlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen könnten. Die Tatsache, daß der durch die Baubehörden bewilligte Lagerplatz zur Lagerung von Baumaterialien nicht in einem Wohngebäude untergebracht werden könne, bedürfe nach Ansicht der Baubehörde keiner weiteren Erläuterung, da sie für jedermann zweifelsfrei erkennbar sei. Schon dadurch stehe die erteilte Bewilligung zur Errichtung eines Lagerplatzes mit der zwingenden Bestimmung des § 16 Abs. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 in Widerspruch. Abgesehen davon, hätten sich die Baubehörden mit der weiteren Frage, ob das Bauvorhaben eine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärmbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können, überhaupt nicht auseinander gesetzt (§ 16 Abs. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes bzw. des § 62 - dieses Zitat entspricht der durch den Berichtigungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung berichtigten Fassung - Abs. 2 im Zusammenhang mit § 118 Abs. 9 Z. 3 der NÖ Bauordnung) und ergebe sich daraus ein weiterer Widerspruch zu den angeführten Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes bzw. der NÖ Bauordnung. Die Aufsichtsbehörde sei daher der Ansicht, daß die Bewilligung zur Errichtung eines Lagerplatzes zur Lagerung von Baumaterialien bei gesetzeskonformer Anwendung der Bestimmungen des vereinfachten Flächenwidmungsplanes bzw. der Verbauungsvorschriften im Sinne der Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 nicht hätte erteilt werden dürfen und der angefochtene Bescheid unter diesem Gesichtspunkt als rechtswidrig anzusehen sei. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei somit der Eintritt der Verletzung von Rechten der mitbeteiligten Anrainer durch den angefochtenen Bescheid offenkundig. Der Vorstellung sei daher stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom - nicht jedoch gegen den Berichtigungsbescheid dieser Behörde vom - richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Bewilligung eines Lagerplatzes auf seiner Liegenschaft verletzt erachtet. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten der Stadtgemeinde A und des gemeindeaufsichtsbehördlichen Verfahrens vor. Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligten Anrainer legten Gegenschriften vor, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet zunächst, die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde habe zu Unrecht die während des aufsichtsbehördlichen Verfahrens eingetretene Änderung der Rechtslage - inzwischen habe der Gemeinderat der Stadtgemeinde A am eine Verordnung beschlossen, mit der für die gegenständliche Liegenschaft die Widmungsart "Bauland - Betriebsgebiet" festgelegt worden sei, diese Verordnung sei mit Bescheid der belangten Gemeindeaufsichtsbehörde vom genehmigt worden und am in Kraft getreten - nicht beachtet.
In Erwiderung auf dieses Vorbringen und die vom Beschwerdeführer daran geknüpften Schlußfolgerungen ist darauf hinzuweisen, daß der dem angefochtenen gemeindeaufsichtsbehördlichen Bescheid zu Grunde liegende Berufungsbescheid des Gemeinderates vom am (hinsichtlich eines Teiles der Parteien durch Hinterlegung) - also vor der Änderung der Rechtslage - zugestellt worden ist, sodaß diese Änderung der Rechtslage für die Frage der Rechtmäßigkeit des erwähnten Berufungsbescheides im aufsichtsbehördlichen Verfahren unbeachtlich war (vgl. dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 7806/A, und die seither ergangene ständige hg. Judikatur, wie etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/05/0127). Im besonderen ergibt sich - wie die belangte Behörde zutreffend aufgezeigt hat - für den Bereich des Niederösterreichischen Baurechtes aus der Sondervorschrift des § 22 Abs. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes sogar für noch auf der Ebene der Gemeindebehörde anhängige Verfahren, die vor der Kundmachung der Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes bereits anhängig waren, daß diese durch die Änderung nicht mehr berührt werden. Damit wurde eine auch im vorliegenden Beschwerdefäll zu beachtende Ausnahme vom Grundsatz, daß das im Zeitpunkt der Entscheidung der als Baubehörden erster und zweiter Instanz einschreitenden Gemeindebehörden maßgebliche Recht anzuwenden ist, angeordnet.
Der Beschwerdeführer beruft sich weiters auf die seiner Meinung nach zutreffende Begründung der Baubehörden, wonach mit Gemeinderatsbeschluß vom die Errichtung der Betriebsanlage, Lagerung von Baumaterialien, Geräten und Werkzeugen gemäß § 24 Abs. 2 der Verbauungsvorschriften der Stadtgemeinde A (im "Bauland - reines Wohngebiet") genehmigt worden sei und für den Fall, daß § 24 der genannten Verbauungsvorschrift im § 16 des NÖ Raumordnungsgesetzes (1976) keine Deckung finde, zwangsläufig § 30 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes (1976) zur Anwendung gelange, somit die Nutzungsart "reines Wohngebiet" als nicht beigesetzt gelte, sodaß lediglich die Widmung "Bauland" aufrecht bleibe. Ferner bemerkte der Beschwerdeführer, daß die Behörde in einem Baubewilligungsverfahren die NÖ Bauordnung und die auf Grund der NÖ Bauordnung erlassenen Verordnungen sowie die auf Grund des NÖ Raumordnungsgesetzes erlassenen Verordnungen, nicht jedoch das Raumordnungsgesetz selbst anzuwenden habe. Das Raumordnungsgesetz beinhalte nämlich nur Anordnungen an den Verordnungsgeber, nicht jedoch an die Baubehörde.
Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Gemäß § 100 Abs. 4 der NÖ Bauordnung ist die Bewilligung zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen dieses Gesetzes, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. Nr. 8220, der NÖ Mineralölordnung, LGBl. Nr. 8270, einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung oder des NÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.
Nach § 118 Abs. 8, erster Satz, der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 8200, genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG 1950, wenn sie in ihren subjektivöffentlichen Rechten berührt werden. Subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer werden zufolge des Abs. 9 dieser Bestimmung durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere "die Bestimmungen über ... 2. den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können, 3. die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung ..."
Aus der Zusammenschau dieser Bestimmungen ist zu schließen, daß der Nachbar auf Einhaltung der einzelnen Widmungs- und Nutzungsarten von Flächenwidmungsplänen zwar nicht schlechthin ein subjektiv-öffentliches Recht besitzt, ihm aber wohl dann, wenn die bestimmte Widmungs- und Nutzungsart einen Immissionsschutz gewährleistet, ein solches Recht zukommt.
Für das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entscheidend ist daher, ob das verfahrensgegenständliche Grundstück des Beschwerdeführers in einem Gebiet liegt, für welches eine einen Immissionsschutz der Nachbarn gewährleistende Widmungs- und Nutzungsart festgelegt ist.
Von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht bestritten ist, daß für das verfahrensgegenständliche Grundstück des Beschwerdeführers in dem als vereinfachter Flächenwidmungsplan geltenden Regulierungsplan der Stadtgemeinde A aus dem Jahre 1966 die Widmungs- und Nutzungsart "Bauland -reines Wohngebiet" festgelegt ist. § 24 der am vom Gemeinderat der Stadtgemeinde A als integrierender Bestandteil des Regulierungsplanes beschlossenen Verbauungsvorschriften lautet:
"(1) Das reine Wohngebiet dient der störungsfreien Unterbringung von Wohngebäuden sowie Erziehungs- und Bildungsstätten, Heil- und Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen. (2) Handels- und Gewerbebetriebe sind in diesem Gebiet nur auf Grund eines Beschlusses des Gemeinderates zulässig, der in jedem einzelnen Fall besondere Bedingungen vorschreiben wird. (3) ..."
Nach § 16 Abs. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes ist das Bauland entsprechend den örtlichen Gegebenheiten in folgende Nutzungsarten zu gliedern: Wohngebiete, Kerngebiete, Betriebsgebiete, Industriegebiete, Agrargebiete und Sondergebiete. Entsprechend der Ziffer 1 dieser Bestimmung sind Wohngebiete solche, "die für Wohngebäude und die dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienenden Gebäude sowie für Betriebe bestimmt sind, welche in Wohngebäuden untergebracht werden können und keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigung sowie sonstige schädigende Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können".
Nach der Übergangsbestimmung des § 30 Abs. 4 leg. cit. gelten die auf Grund des § 5 der Bauordnung für Niederösterreich, LGBl. Nr. 36/1883, erlassenen Regulierungspläne als vereinfachte Flächenwidmungspläne weiter. Hiebei gelten Nutzungen, die nach ihrer Bezeichnung und ihrem Inhalt nicht mit den Bestimmungen dieses Gesetzes übereinstimmen, als nicht ausgewiesen.
Die Begriffsinhalte des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, somit auch dessen § 16 Abs. 1 Z. 1, sind nicht unmittelbar als Maßstab für die Auslegung der auf Grund des § 5 der NÖ Bauordnung aus 1883 erlassenen Regulierungspläne heranzuziehen. Insoweit die belangte Behörde daher versuchte, § 24 Abs. 1 der obzitierten Verbauungsvorschriften aus 1966 im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 korrigierend auszulegen, unterlag sie einem Rechtsirrtum. Lediglich unter dem Blickwinkel der zitierten Übergangsbestimmung des § 30 Abs. 4, zweiter Satz, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 war zu klären, ob der vereinfachte Flächenwidmungsplan aus 1966 einschließlich der einen integrierenden Bestandteil dieses Planes bildenden Verbauungsvorschriften in einer geänderten oder unveränderten Fassung anzuwenden ist.
Eine Gegenüberstellung der Nutzungsart "reines Wohngebiet" nach § 24 der zitierten Verbauungsvorschriften der Stadtgemeinde A aus dem Jahre 1966 und der Nutzungsart "Wohngebiet" nach § 16 Abs. 1 Z. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 ergibt insofern einen wesentlichen Unterschied, als ersterer Begriff der Nutzungsart jede Belästigung der Nachbarschaft (".... dient der störungsfreien Unterbringung von Wohngebäuden ...."), der letztere Begriff der Nutzungsart jedoch lediglich eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft durch Betriebe ausschließt. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde unterscheiden sich diese beiden Begriffe daher erheblich. Dem steht auch nicht entgegen, daß § 24 Abs. 2 der Verbauungsvorschriften der Stadtgemeinde A aus 1966 die Zulässigkeit der Errichtung von Handels- und Gewerbebetrieben im reinen Wohngebiet nicht absolut ausgeschlossen hat, sondern an eine - in verfassungsrechtlich problematischer Weise nicht näher vorausbestimmte - Genehmigung durch einen Gemeinderatsbeschluß gebunden hat.
Auf Grund dieser Erwägungen schließt sich der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der Gemeindebehörden an, daß im Beschwerdefall zufolge der Übergangsregelung des § 30 Abs. 4, zweiter Satz, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 in dem als vereinfachter Flächenwidmungsplan geltenden zitierten Regulierungsplan aus dem Jahre 1966 die Nutzungsart "reines Wohngebiet" als nicht ausgewiesen anzusehen und daher lediglich die Widmung "Bauland" aufrecht ist.
Der vom Beschwerdeführer angestrebten Baubewilligung steht daher die Einschränkung durch eine die Nachbarschaft vor Immissionen schützende bestimmte Nutzungsart nicht entgegen. Daher war auch entgegen der Auffassung der belangten Behörde im Bauverfahren nicht auf die Frage der Lärmbelästigung der Nachbarschaft durch den Lagerplatz einzugehen. Dazu kommt noch, daß es sich bei einem Lagerplatz nicht um eine "Baulichkeit" handelt, auf welche die Sondervorschrift des § 62 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 angewendet werden könnte.
Daraus ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch die von der belangten Gemeindeaufsichtsbehörde in Verkennung der Rechtslage erfolgte Aufhebung der ihm erteilten Baubewilligung zur Errichtung eines Lagerplatzes in seinen Rechten verletzt worden ist, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zu der Bemerkung veranlaßt, daß dann, wenn im maßgebenden Zeitpunkt kein vereinfachter Bebauungsplan in Geltung stand, was im Verwaltungsverfahren nicht geprüft wurde, die Übergangsbestimmung des § 120 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1976 anzuwenden gewesen wäre.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf § 47 und § 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Abs. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, da an Stempelgebühren für Beilagen lediglich S 40,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zu entrichten waren und ein Ersatz der Stempelgebühren für die übrigen Beilagen nicht zugesprochen werden kann, weil diese für die Rechtsverfolgung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erforderlich waren.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BauO NÖ 1883 §5; BauO NÖ 1976 §100 Abs4; BauO NÖ 1976 §118 Abs8 Satz1; BauO NÖ 1976 §118 Abs9 Z2; BauO NÖ 1976 §118 Abs9 Z3; BauO NÖ 1976 §62 Abs2; BauRallg impl; B-VG Art119a Abs5; FlWPl Klosterneuburg 1966 §24; GdO NÖ 1965; GdO NÖ 1973 impl; ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z1; ROG NÖ 1976 §17 Abs1 Z1; ROG NÖ 1976 §30 Abs4; |
Sammlungsnummer | VwSlg 11418 A/1984 |
Schlagworte | Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1 Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Auflagen BauRallg7 Behörden Vorstellung BauRallg2/3 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1984:1980001153.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
PAAAF-54047