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VwGH 29.10.1974, 1141/74

VwGH 29.10.1974, 1141/74

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Eine Entschädigung für die Aufgabe eines Mietrechtes, die Räumung des Bestandobjektes und aller damit im Zusammenhang stehenden Kosten stellt keine Zuwendung iSd § 3 Abs 1 Z 34 EStG 1967 dar.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

1142/74

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Seiler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzkommissär Dr. Heinrich, über die Beschwerde der Dr. IM, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom , Zl. GA 6 - 1838/74, betreffend Einkommensteuer 1971 und Einheitswert des Betriebsvermögens zum , nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen der Beschwerdeführerin und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzkommissär Dr. KK, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 1.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betrieb bis zum Jahr 1971 ihre Rechtsanwaltskanzlei in Wien 1, X Gasse 2. Da das im Eigentum der Stadt Wien befindliche Gebäude im Zuge des U-Bahnbaues abgerissen werden sollte, begann die Stadt Wien bereits im Juni 1970 mit der Beschwerdeführerin über die Aufgabe des Mietrechtes an der Kanzlei und eine dafür zu leistende Entschädigung zu verhandeln. Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin an die Magistratsabteilung 40 (Grundfreimachungen) das Angebot, bei Gewährung einer Entschädigung für die Aufgabe ihres Mietrechtes an der Wohnung mit Kanzleiräumen im Haus Wien 1, X Gasse 2, die Räumung derselben und alle sonstigen in diesem Zusammenhang stehenden Unkosten, Auslagen und Verluste im Betrage von S 350.000,-- das gesamte Mietobjekt bis längstens in geräumten Zustand zu übergeben. Die Kellerräume sollten bis der Stadt Wien für Bauzwecke in geräumtem Zustand übergeben werden. Gleichzeitig verzichtete die Beschwerdeführerin darin auf die Beistellung einer Ersatzwohnung oder Räumlichkeiten für ihre Kanzlei. Hinsichtlich der Zahlung schlug die Beschwerdeführerin vor, daß ihr ein Teilbetrag von S 200.000,-- innerhalb von drei Wochen nach Annahme des Anbotes überwiesen werden sollte. Der Restbetrag sollte innerhalb von drei Wochen nach geräumter Übergabe des gesamten Mietobjektes oder Löschung des Bestandvertrages überwiesen werden. Dieses Anbot wurde von der Stadt Wien mit Beschluß des Gemeinderatsausschusses X am angenommen.

Auf Grund schriftlicher Anträge der Beschwerdeführerin wurde ihr ein Betrag von S 150.000,-- direkt und ein weiterer Betrag von S 50.000,-- über ihren Wunsch auf ein Konto lautend auf EF überwiesen. Nach ordnungsgemäßer Räumung am wurde der Beschwerdeführerin der Restbetrag von S 150.000,-- überwiesen, von ihr jedoch nicht angenommen. Im Schreiben vom bezog sich die Beschwerdeführerin auf eine persönliche Vorsprache vom , in der vereinbart worden sei, daß der Betrag von S 150.000,-- vom Magistrat der Stadt Wien an verschiedene Handwerker und Professionisten überwiesen werden solle. Die Beschwerdeführerin legte in diesem Schreiben eine Aufstellung mit der Bitte um Überweisung der darin angeführten insgesamt 14 Beträge vor. Auf Grund dieser Aufstellung wurden S 140.472,20 für Rechnung der Beschwerdeführerin an verschiedene Professionisten überwiesen. Mit Schreiben vom verfügte die Beschwerdeführerin über den Restbetrag. In diesem Schreiben ersuchte sie, daß ihr der nach Überweisung an weitere Rechnungsleger verbleibende Restbetrag von S 9.527,80 auf ihr Konto überwiesen werden sollte. Dieser Restbetrag wurde anfangs 1972 an die Beschwerdeführerin überwiesen. Die Beschwerdeführerin verbuchte von diesen S 350.000,-- Räumungsentschädigung lediglich einen Teilbetrag von S 150.000,-- im Jahr 1971, den sie in der Umsatzsteuererklärung als steuerfreien Umsatz auswies. Das Finanzamt und ihr folgend die belangte Behörde vertraten die Auffassung, daß die Räumungsentschädigung einen steuerpflichtigen Umsatz darstelle und auch bei der Gewinnermittlung entsprechend zu berücksichtigen sei. Für die angeschafften Wirtschaftsgüter wurde die Absetzung für Abnutzung berücksichtigt und die Speditionskosten, die ihren Niederschlag nicht in der Buchhaltung gefunden hatten, wurden als Betriebsausgaben abgesetzt.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung wurde ausgeführt, daß die der Beschwerdeführerin von der Stadt Wien zugesprochene Absiedlungsbeihilfe gemäß § 3 Abs. 1 Z. 34 EStG 1967 als steuerfrei zu behandeln gewesen sei. Von der Stadt Wien seien auf ihre Weisung hin Beträge von S 190.472,20 für die Ablöse der neuen Kanzlei für die Begleichung diverser Adaptierungsarbeiten und Speditionskosten verwendet worden. Der Ergänzungsbetrag auf S 200.000,--, nämlich S 9.527,80, sei erst im Jänner 1972 an die Beschwerdeführerin überwiesen worden und sei daher erst im Jahr 1972 zu erfassen gewesen.

Nachdem im Berufungsverfahren die Akten der Magistratsabteilung 40 eingeholt worden waren, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Wie aus dem Anbot der Beschwerdeführerin an die Stadt Wien vom hervorgehe, handle es sich nicht um eine Schadenersatzleistung, sondern um eine Entschädigung für die Aufgabe eines Mietrechtes. Ein solcher Verzicht im Rahmen eines Unternehmens stelle einen steuerbaren und steuerpflichtigen Vorgang dar. Denn seitens der Stadt Wien sei nicht eine Entschädigung für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gewährt worden, sondern für die Räumung des Mietobjektes im Haus Wien 1, X Gasse 2. Dies gehe aus dem Anbotschreiben der Beschwerdeführerin vom eindeutig hervor. Absiedlungsbeihilfen würden als Entschädigung für vermögensrechtliche Nachteile, nicht aber für einen im § 3 Abs. 1 Z. 34 EStG 1967 ausdrücklich vorgeschriebenen Zweck gewährt und könnten daher nicht unter die genannte Gesetzesstelle subsumiert werden. Die Absiedlungsbeihilfe sei daher als steuerpflichtige Betriebseinnahme zu behandeln. Der Umstand, daß im Rahmen der privatrechtlichen Tätigkeit der Stadt Wien der Gemeinderat zu finanziellen Transaktionen zuzustimmen habe, führe nicht zu dem zwingenden Schluß, es habe sich bei der Entschädigung für die Aufgabe eines Mietrechtes um eine den Hoheitsbereich der Stadt Wien tangierende Angelegenheit gehandelt. Die Beschwerdeführerin habe im übrigen nur Forderungen gegen die Stadt Wien an diverse Personen und Firmen zediert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 34 EStG 1967 sind Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die auf Grund gesetzlicher Ermächtigung, eines Beschlusses der zuständigen Landesregierung, eines Beschlusses des zuständigen Gemeinderates oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gewährt und verwendet werden, steuerfrei.

Wie sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten Akt der Magistratsabteilung 40 (Grundfreimachungen) der Stadt Wien ergibt, erhielt die Beschwerdeführerin auf Grund ihres eigenen Anbotes vom als Entschädigung für die Aufgabe ihres Mietrechtes an der Wohnung mit Kanzleiräumen, die Räumung derselben und alle damit in Zusammenhang stehenden Kosten, einen Pauschalbetrag von S 350.000,--, von dem die Beschwerdeführerin einen Betrag von S 190.472,20 gemäß § 3 Abs. 1 Z. 34 EStG 1967 als steuerfrei behandelt wissen will.

Weder im Anbotschreiben der Beschwerdeführerin noch im Beschluß des Gemeinderatsausschusses X vom wird davon gesprochen, daß dabei an eine Zuwendung für die Anschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gedacht gewesen wäre. In der Berufung wird selbst von einer Absiedlungsbeihilfe gesprochen.

Der Verwaltungsgerichtshof kann keine Rechtswidrigkeit darin erblicken, wenn die belangte Behörde auf Grund ihrer Sachverhaltsfeststellungen zur Auffassung gelangt ist, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Z. 34 EStG 1967 nicht erfüllt sind. Im übrigen spräche auch der Umstand, daß die umstrittenen Zahlungen von der mit der Freimachung von Liegenschaften betrauten MA 40 erfolgten, gegen den Charakter der Zahlungen als Subvention im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 34 EStG 1967.

Gemäß § 11 Abs. 1 EStG 1967 sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Zugeflossen ist ein Betrag dem Empfänger dann, wenn er rechtlich und wirtschaftlich darüber verfügen kann. Im vorliegenden Fall wurden der Beschwerdeführerin vorerst S 150.000,-- und über ihren Auftrag an Frau EF S 50.000,-- überwiesen. Den ihr im August 1971 überwiesenen Restbetrag von S 150.000,-- hat die Beschwerdeführerin nicht angenommen, sondern verlangt, daß aus diesen Mitteln von der Stadt Wien Direktzahlungen für von der Beschwerdeführerin vorgelegte Rechnungen geleistet werden. Diesem Ansuchen hat die Magistratsabteilung 40 entsprochen und den danach noch verbleibenden Restbetrag von S 9.527,80 im Jänner 1972 an die Beschwerdeführerin überwiesen. Da die Beschwerdeführerin, wie die belangte Behörde zu Recht angenommen hat, über den Gesamtbetrag von S 150.000,-- bereits im August 1971 rechtlich und wirtschaftlich verfügen konnte (sie erhielt den Betrag überwiesen und hat nur danach eine andere Form der Zahlung verlangt), war ihr der Betrag bereits zu diesem Zeitpunkt zugeflossen, sodaß er im Kalenderjahr 1971 vereinnahmt war.

Die Beschwerde rügt es als Aktenwidrigkeit, daß die belangte Behörde festgestellt habe, sie habe eine Räumungsbeihilfe oder Absiedlungsbeihilfe erhalten, obwohl das Anbot vom von einer Entschädigung spreche, und auch das Schreiben der Magistratsabteilung 40 vom festhalte, daß die Entschädigungssumme angenommen worden sei. Von einer Aktenwidrigkeit kann in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein, weil im Berufungsschriftsatz vom von der Beschwerdeführerin selbst der Ausdruck „zugesprochene Absiedlungsbeihilfe“ verwendet wurde.

Als weiterer Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wird angeführt, daß die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Durchführung der mündlichen Berufungsverhandlung an einer Schädelprellung und Gehirnerschütterung gelitten habe und ihr Vertreter Dr. B. ihr Fernbleiben von der Verhandlung entschuldigt und ihre Vernehmung beantragt habe. Trotzdem sei von einer Parteienvernehmung Abstand genommen worden.

Aus den Verwaltungsakten ist ein solcher Antrag auf Parteienvernehmung nicht ersichtlich. Die belangte Behörde hat in der Gegenschrift dazu ausgeführt, daß der ausgewiesene Vertreter der Beschwerdeführerin nur darauf hingewiesen habe, die Beschwerdeführerin sei durch eine Schädelprellung und Gehirnerschütterung verhindert, an der mündlichen Berufungsverhandlung teilzunehmen. Er habe jedoch keineswegs den Antrag gestellt, die mündliche Verhandlung wegen Nichterscheinens der Beschwerdeführerin zu vertagen. Weder die Beschwerdeführerin noch ihr ausgewiesener Vertreter haben nach der Aktenlage im durchgeführten Verfahren einen Antrag gestellt, die Beschwerdeführerin als Partei zu vernehmen. Es wurde auch kein Beweisthema angegeben, zu dem sie hätte vernommen werden sollen. Da sie durch einen Wirtschaftstreuhänder bei der mündlichen Berufungsverhandlung vertreten war, kann von einer Verletzung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden.

Da somit die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 427.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
Sammlungsnummer
VwSlg 4746 F/1974
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1974:1974001141.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-54016