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VwGH 24.11.1952, 1137/51

VwGH 24.11.1952, 1137/51

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
EStG 1939 §15 Abs1 Z2;
EStG 1953 §15 Abs1 Z2;
RS 1
Lediglich zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes bestellte Subanteile an Gewinnanteilen von Gesellschaftern, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb stehen, sind nicht Einkünfte nach § 15 EStG 1953, sondern nach § 22 EStG 1953. Sie bilden beim Gesellschafter keine Betriebsausgabe.
Normen
BAO §24;
EStG 1939 §15 Abs1 Z2;
EStG 1953 §15 Abs1 Z2;
EStG 1953 §22 Z1;
RS 2
Die Einkünfte, die jemand aus dem Fruchtgenuß an einem Gesellschaftsanteil bezieht, ohne in der Gesellschaft tätig zu sein oder gewesen zu sein, sind nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG 1953, sondern wiederkehrende Bezüge nach § 22 EStG 1953.
Normen
BAO §24;
EStG 1953 §22 Z1;
RS 3
Zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes getroffene Subanteile an Gewinnanteilen von Gesellschaftern eines Gewerbebetriebes, die nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, sind Einkünfte nach § 22 EStG 1953, nicht nach § 15 EStG 1953.
Normen
EStG 1939 §24 Z2;
EStG 1953 §24 Z2;
RS 4
§ 24 Abs 3 Z 2 EStG 1939 erfaßt beim Rechtsnachfolger nur solche Einkünfte, die bereits dem Rechtsvorgänger aus seiner ehemaligen Tätigkeit hätten zukommen sollen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Präsidenten Dr. Heiterer-Schaller als Vorsitzenden und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Schirmer, Dr. Koprivnikar und Dr. Schimetschek als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hückel als Schriftführer, über die Beschwerde der Firma J & Sohn in W gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA VI 2042/2 - 1950, betreffend einheitliche Gewinnfeststellung 1947, nach der am durchgeführten öffentlichen Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Robert Haas, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt als Kommanditgesellschaft eine Werkzeugfabrik. Zufolge des im August 1947 mit Wirkung vom abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages gehören der Gesellschaft als offene Gesellschafter JW und HW, als Kommanditistinnen C und RW an. An der "Kapitalbeteiligung" des HW besitzt dessen Mutter CW "ein lebenslängliches Fruchtgenussrecht von 5/8 der Erträgnisse". Für die vier Gesellschafter wird je ein die Beteiligung am Gesellschaftskapital ausweisendes Kapitalkonto, ein die auf dem Kapitalkonto abreifenden Zinsen und die Gewinnanteile erfassendes Privatkonto und für die andere Guthaben der Gesellschafter bei der Gesellschaft je ein Darlehenskonto geführt, ferner für CW "obwohl sie der Gesellschaft nicht als Gesellschafterin angehört", ebenfalls ein Privatkonto und ein Darlehenskonto. Übertragungen auf die beiden letztgenannten Konten "erfolgen auf Grund interner Verrechnung" zwischen C und HW, "wobei im Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftern und bezüglich der Verwendung des Gewinnes und Verlustes nur die Kapitalbeteiligung des Herrn HW massgebend ist." Zufolge eines Gedächtnisprotokolls vom Mai 1949 hat RW ferner ab Anspruch auf 18 % des Gewinnanteiles des HW; an einem auf diesen entfallende Verlustanteil ist sie nicht beteiligt. In der Folge hat CW ihren Anspruch für das Jahr 1947 im Vergleichswege auf 100.000 S herabgesetzt.

Der Streit geht nunmehr um die Frage, ob die Beiträge, die CW, und die RW über den ihr als Kommanditistin gebührenden Ertragsanteil hinaus im Jahre 1947 auf Grund dieser Vereinbarungen erhalten haben, bei der Aufteilung des Gesellschaftsgewinnes im einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid zu berücksichtigen sind. In der Gewerbesteuererklärung für das Jahr 1947 hatte die Gesellschaft einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 1,337.238 S angegeben und eine Verteilung dieses Gewinns auf fünf Unternehmer, darunter auf die Frauen RW mit 11,3 % und CW mit 8 % vorgenommen. Das Finanzamt hat abweichend von dieser Steuererklärung den einheitlich festgestellten Gewinn nur auf vier Gesellschafter, davon auf Frau RW mit einem Anteil von 1 % aufgeteilt. Gegen die Gewinnaufteilung erhob die Beschwerdeführerin Berufung mit der Begründung, dass es der freien Vereinbarung der Beteiligten überlassen bleiben müsse, wie sie den Gewinn untereinander teilen, Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien auch dann gegeben, wenn sie nicht dem Eigentümer, sondern seinem Pächter oder Fruchtniesser des Unternehmens zufliessen. Die Beschwerdeführerin stellte schliesslich den Antrag, die Gewinnaufstellung auf Grund der Steuererklärung vorzunehmen. Die Finanzlandesdirektion wies dieses Begehren mit folgender Begründung ab: CW habe auf Grund eines Testamentes des verstorbenen Gesellschafters der beschwerdeführenden Firma HW ein Fruchtgenussrecht an dem ganzen Universalerben HW hinterlassenen Vermögen, auch an dessen Gesellschaftsanteil. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom sei sie nicht Gesellschafterin, sondern habe sie nur ein Anrecht auf den Gewinnanteil ihres Sohnes. Einkünfte aus einem Fruchtgenussrecht seien nur dann als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen, wenn der Fruchtniesser während der Dauer des Fruchtgenusses den Gewerbebetrieb als Unternehmer auf eigene Gefahr betrieben habe oder sie als Mitunternehmer an einer Erwerbsgesellschaft beteiligt sei. Der auf einem Testament beruhende Fruchtgenuss stehen in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften der Gesellschaft aus Gewerbebetrieb. Daraus ergebe sich, dass die Einkünfte der Frau CW nach § 22 EStG den sonstigen Einkünften zugezählt werden müssen. Frau RW beziehe aus den gleichen Gründen - abgesehen von ihrer Beteiligung als Kommanditistin - keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern solche aus einem Rentenbezugsrecht auf Grund der im Gedächtnisprotokoll vom niedergelegten Vereinbarungen. Im Hinblick auf das zugesicherte Mindesteinkommen, das fehlende Unternehmerwagnis und das Fehlen eines Kapitalanteiles liege keine Unterbeteiligung vor.

Die gegen diese Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde befasst sich eingangs mit den steuerlichen Folgen der von den Finanzbehörden vorgenommenen Gewinnaufteilung und mit den ungünstigen Auswirkungen auf die inneren Verhältnisse der Gesellschaft. R und CW seien an der Gesellschaft als Mitunternehmer beteiligt. Die belangte Behörde habe bei der Einheitsbewertung selbst den Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführerin vertreten, dass die Fruchtgenussrechte der beiden Frauen als Anteile am Betriebsvermögen angesehen werden müssen und habe eine Bewertung nach § 16 des Reichsbewertungsgesetzes nicht vorgenommen. Was aber bei der Einheitsbewertung gelte, müsse auch bei der einheitlichen Gewinnfeststellung unter Aufteilung des Gewinnes Geltung haben. Dass die Fruchtgenussrechte auf Grund einer letztwilligen Verfügung erworben wurden, sei rechtlich bedeutungslos, weil auf jeden Fall eine Unterbeteiligung der beiden genannten Frauen beabsichtigt gewesen sei. Abgesehen davon seien auch die Einkünfte aus einem Fruchtgenuss bei der Einkunftsart des Einkommensteuergesetzes einzuordnen, aus der die Bezüge stammen. Die Bestimmungen des § 22 EStG über die sonstigen Einkünfte hätten nur subsidiären Charakter für Einkünfte, die einer anderen Einkunftsart nicht zugerechnet werden könnten. Schliesslich betrage der Fruchtgenuss mehr als der Gewinnanteil des belasteten Gesellschafters HW.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 15 Z 2 des EStG vom , D.RGBl. I S. 297, sind Gewinnanteile der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ebenso die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft oder für die Eingabe von Darlehen oder die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezieht.

RW ist Gesellschafterin der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft; sie ist nach § 3 des am in Kraft getretenen Gesellschaftsvertrages vom als Kommanditistin mit 1 % am Gewinn, Verlust und Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Ihre Bezüge als Kommanditistin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Z 2 EStG. Dies ist unbestritten. Dagegen ist strittig, welcher Einkunftsart ihre weiteren Bezüge (18 % des Gewinnanteiles des Komplementärs HW) zuzurechnen sind. Dies ist nach den Bestimmungen des Gedächtnisprotokolls vom zu beurteilen. Die Beschwerdeführerin hat auf Grund des Testaments ihres verstorbenen Gatten vom das Recht auf einen Anteil an dem Gewinn des Komplementärs HW. Sie hat weder behauptet, sie sei in der Firma J und Sohn früher tätig gewesen noch behauptet, es handle sich um Erträgnisse aus der Tätigkeit des Erblassers, die diesem nicht mehr zugeflossen seien und ihr daher in ihrer Eigenschaft als dessen Rechtsnachfolgerin zukommen. Die Beschwerdeführerin kann deshalb nicht ins Treffen führen, dass es sich bei den ihr nach dem Gedächtnisprotokoll zustehenden Bezüge um Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit nach § 24 Z 2 EStG handle. So steht ihr auch nach den weiteren Bestimmungen des Gedächtnisprotokolls nur ein Forderungsrecht gegen den Komplementär HW nicht ein Anteil am Gewinn des gewerblichen Unternehmens der Kommanditgesellschaft zu. Folgerichtig wird in diesem Protokoll weiter bestimmt, dass sie an einem Verlust nicht beteiligt ist. Auch bleiben ihre Bezüge von dem zugunsten einer Gewinnrücklage gemäss § 8 des Gesellschaftsvertrages vorzunehmendem Abzug von Gewinnanteil des Gesellschafters HW unberührt. Der genannte Komplementär sichert ihr überdies ein jährliches Existenzminium in der Höhe eines Drittels der Bezüge des geschäftsführenden Direktors zu. Die belangte Behörde ist deshalb nicht fehl gegangen, wenn sie in dem Übereinkommen der Beschwerdeführerin mit dem Komplementär HW die Regelung von Bezügen erblickt hat, die den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin sicherstellen sollen. Dass die Beschwerdeführerin die Bezüge für eine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder die Überlassung von Wirtschaftsgütern erhalte, wird von ihr nicht behauptet. Die Einkünfte der Beschwerdeführerin auf Grund des erwähnten Übereinkommens waren also richtig Mangels eines wirtschaftlichen Zusammenhanges nicht den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 Z 2 EStG zuzurechnen. Es handelt sich vorliegendenfalls um die Zuwendung an eine nahe Verwandte in Erfüllung einer letztwilligen Auflage. Solche Aufwendungen sind bei dem Mitunternehmer eines Gewerbebetriebes keine Betriebsausgabe. Folglich können die Bezüge beim Empfänger nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden (vgl. Erläuterungsbuch von Blümich 5. Auflg. S. 126).

Der Zweitbeschwerdeführerin CW ist im § 8 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages ein lebenslängliches Fruchtgenussrecht an der Kapitalbeteiligung des Komplementärs HW eingeräumt. Durch diese Bestimmung des Gesellschaftsvertrages ist das der Beschwerdeführerin im Testament ihres Gatten vom eingeräumte Niessbrauchsrecht in dem Sinne geregelt, dass ihr der sich aus dem Geschäftsanteile ihres Sohnes ergebende jährliche Reingewinn gebührt, ohne dass sie im Dienste der Firma tätig zu werden braucht und ohne dass sie einen Subanteil am Geschäftsanteil ihres Sohnes besitzt. Auch hier handelt es sich also weder um Bezüge aus einer gegenwärtigen oder ehemaligen Unternehmertätigkeit der Beschwerdeführerin noch um Einkünfte aus der ehemaligen Unternehmertätigkeit ihres verstorbenen Gatten, die diesem nicht mehr zugeflossen sind. Die Bezüge der Zweitbeschwerdeführerin sind auch nach § 8 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages weder bei der Gewinnermittlung noch bei der Gewinnverteilung der Gesellschaft berücksichtigt. Auch die Bezüge der CW können somit nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Z 2 EStG angesehen werden.

Die belangte Behörde hat also nicht gegen das Gesetz verstossen, wenn sie die streitgegenständlichen Bezüge der beiden Gesellschafterinnen ihrem wirtschaftlichen Charakter entsprechend als wiederkehrende Bezüge nach § 22 EStG behandelt hat. Da sich die Beschwerde demnach als unbegründet erwies, musste sie nach § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.

Wien, am

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Normen
BAO §24;
EStG 1939 §15 Abs1 Z2;
EStG 1939 §24 Z2;
EStG 1953 §15 Abs1 Z2;
EStG 1953 §22 Z1;
EStG 1953 §24 Z2;
Sammlungsnummer
VwSlg 673 F/1952
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1952:1951001137.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-54002