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VwGH 12.01.1962, 1131/59

VwGH 12.01.1962, 1131/59

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
BAO §241 Abs1;
RS 1
Zur Erhebung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches ist nur eine Person befugt, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zum Abgabengläubiger in einem abgabenrechtlichen Verhältnisse steht. Wer bloß auf Grund vertraglicher Abmachungen mit dem Abgabenschuldner für diesen einen Abgabenbetrag eingezahlt hat, ist im Falle der Doppelbezahlung nicht zum Antrag auf Erstattung, über den bescheidmäßig zu entscheiden wäre, berechtigt. Diese Befugnis steht nur dem Abgabenschuldner bzw dem Haftungspflichtigen, der den Abgabenbetrag entrichtet hat, zu.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Richters Dr. Kirschner als Schriftführer, über die Beschwerde des Dr. Heinrich Wille, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA III - 604/1959, betreffend Rückerstattung eines Betrages, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der belangten Behörde, Finanzrat Dr. EB, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die I Ges.mb.H. wurde am gegründet und bestand damals aus zwei Gesellschaftern. Als steuerliche Vertreter gegenüber dem Finanzamt war Otto S. ausgewiesen worden. Mit Schreiben vom gab die Gesm.b.H. u.a. bekannt, daß der Beschwerdeführer für sie sämtliche Zahlungen vornehmen werde. Mit Schreiben vom 18. Februar 198 teilte der genannte Steuerberater dem Finanzamt mit, er habe vom Beschwerdeführer am ein Schreiben erhalten, aus welchem hervorgehe, daß die Gesellschaft am durch Austritt der bisherigen Gesellschafter und Eintritt von 7 neuen Gesellschaftern auf eine neue Basis gestellt worden sei. In dem gleichen Brief habe der Beschwerdeführer sich als Gesellschafter der neuen Firma und als nominierter Rechtsanwalt und Sprecher, der anscheinend damals auch die Erledigung der Steuerangelegenheit übernommen hatte erklärt. Am sei die Firma verkauft worden. Mit Schreiben vom trat der Beschwerdeführer gegen dem Finanzamt im Zusammenhang mit der Körperschaftssteuer der I Ges.mb.H. für 1957 in Erscheinung und gab an, zustellungsbevollmächtigter und Rechtsanwalt der Gesellschaft zu sein. am gab der Beschwerdeführer dem Finanzamt u.a. bekannt, daß er und 4 weitere Gesellschafter ihre Anteil an eine namentlich genannte Person abgetreten hätten und daß auf Grund der Abtretung die ausgeschiedenen Gesellschafter, durch ihn vertreten, sich verpflichtet hätten, den Betrag von S 1.944,30 an das Finanzamt zu überweisen. Im übrigen ersuche er, da er die Gesellschaft auch nicht mehr anwaltlich vertrete, sich in allen Angelegenheiten an deren Geschäftsführer zu wenden.

Der angekündigte Betrag ist vom Beschwerdeführer am und durch einen Irrtum seiner Kanzlei ein zweites mal am dem Finanzamt überwiesen worden. Mit Eingabe vom begehrte der Beschwerdeführer die Rückvergütung der zweiten am angewiesenen Zahlung. Er sei bis Anfang 1958 Vertreter und auch Gesellschafter der Firma I Ges.m.b.H. gewesen, habe aber seine Anteile weiter übertragen. Der diesbezügliche Generalversammlungsbeschluß sei am 6. März 958 gefaßt und bei den Übertragungsvereinbarungen festgelegt worden, daß die übertragenden Gesellschafter durch den Beschwerdeführer den damaligen Rückstand der Gesellschaft von S 1.944,30 einzahlen sollten. Durch einen Irrtum seiner Kanzlei sei der Betrag dem Finanzamt in Abständen von 13 Tagen zweimal überwiesen worden. Es handle sich dabei um die Zahlung eines Nichtschuldners und stehe ihm gemäß § 1431 ABGB das Recht zu, den mit der zweiten Überweisung irrtümlich geleisteten Betrag zurückzufordern. Das Finanzamt wies das Ansuchen ab. Die beiden Einzahlungen von je S 1.944,30 hätten als Verwendungszweck die Weisung enthalten "St.Nr.17/109 I Ges.m.b.H." Im Sinne dieser Weisung seien die Einzahlungen auf dem genannten Steuerkonto als Gutschrift gebucht worden (§ 7 Abgabeneinhebungsgesetz, AbgEG). Über rückzahlbare Guthaben zu verfügen sei aber allein Sache der genannten Ges.m.b.H. oder ihres Bevollmächtigten. Der Beschwerdeführer sei nicht Bevollmächtigter der Gesellschaft. Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde. Er könne als Zahler den irrtümlich geleisteten Betrag zurückzuverlangen. Das Finanzamt hätte beachten müssen, daß der Beschwerdeführer als der ursprünglich Bevollmächtigte der genannten Firma für die Firma nur vereinbarungsgemäß S 1.944,30 zu zahlen hatte und daß die weiteren Zahlungen der Firma oder ihrem neuen Bevollmächtigten zu erbringen gewesen wären. Die belangte Behörde wies das Rechtsmittel ab. Für die Erstattung zu Unrecht gezahlter Steuern finde nicht das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, sondern die Abgabenordnung Anwendung. Nach den Bestimmungen der §§ 150 ff oder AO stehe nur dem Steuerschuldner und nicht demjenigen, der gezahlt hat oder aus dessen Mitteln die Zahlung erwirkt wurde, eine Erstattung (Rückzahluns)anspruch zu. In diesem Zusammenhang verweist die belangte Behörde auf die Urteile des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom und sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. 1062/F. Nur zwischen dem Abgabenschuldner und dem Abgabengläubiger bestehe ein abgabenrechtliches Verhältnis. Es könnten daher die diesbezüglichen Ansprüche gegen die Finanzverwaltung, die sich demnach auf Abgabenvorschriften gründen, nur von dem Abgabepflichtigen geltend gemacht werden. Damit seien für die Abgabenbehörde klare Verhältnisse geschaffen, um sie der Verpflichtung zu entheben, im Einzelfall das zivilrechtliche Verhältnis zu prüfen. Da der Beschwerdeführer nicht zu dem Personenkreis gehöre, der im Beschwerdefall einen allfälligen Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt geltend machen könne, da er für die I Ges.m.b.H. weder zeichnungsberechtigt noch bevollmächtigt sei, könne eine weitere Prüfung darüber entfallen, ob durch die als Doppelzahlung bezeichnete zweite Giroüberweisung überhaupt ein Rückzahlung(Erstattungs-)anspruch entstanden sei. Die geleistete Zahlung sei auf die Abgabenschuldigkeiten des genannten Abgabenschuldners verrechnet worden. Ein Guthaben, für welches gemäß § 7 Abs. 4 AbgEG ein Anspruch auf Rückzahlung gegeben sei, bestehe nicht. Sollte der Abgabenschuldner einen solchen Anspruch verfolgen, wäre vorerst über den Bestand oder Nichtbestand eines rückzahlbaren Guthabens mittels Abrechnungsbescheides zu entscheiden.

In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird der Standpunkt der belangten Behörde als rechtswidrig bekämpft.

Der Gerichtshof hat darüber erwogen:

Die vorliegende Beschwerde stützt sich auf die Bestimmungen des § 152 Abs.2 Z. 1 AO. Die erste Zahlung vom sei zwar im Sinne dieser Bestimmungen nicht zu Unrecht erfolgt, weil in dem Kaufvertrag über die Ges.m.b.H.-Anteile die Zahlung des betreffenden Steuerrestbetrages festgelegt worden sei. Die Zahlung sei auch infolge der getroffenen Vereinbarung unter Mitwirkung der Steuerträgerin erfolgt. Bei der zweiten Zahlung aber habe es sich offenkundig um einen Irrtum gehandelt, der ohne Mitwirkung der Steuerträgerin und daher zu Unrecht erfolgt sei. Die Bestimmungen des § 152 Abs. 2 Z. 1 AO bezögen sich, anders als die anderen bezüglichen Vorschriften der Abgabenordnung, nicht auf Zahlungen des Steuerträgers, es genüge danach für eine Erstattung, daß eine Steuer zu Unrecht entrichtet worden sei. Da dies vorliegend geschehen sei, liege ein Anwendungsfall dieser Bestimmungen vor. Die I Ges.m.b.H. sei den irrtümlich überwiesenen Betrag infolge der vorangegangenen Zahlung nicht mehr schuldig gewesen. Sie habe nach dem Einlangen der ersten Zahlung weder irgendwelche fällige Steuerschulden gehabt noch sei der Beschwerdeführer bei der zweiten Zahlung Bevollmächtigter der Steuerschuldnerin gewesen.

Die vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt bezogenen Bestimmungen des § 152 AO lauten: (1) Ist eine Steueer zu Unrecht beigetrieben, weil der Steueranspruch erloschen oder gestundet war oder das Zwangsverfahren gegen den, gegen den es gerichtet war, nicht hätte erfolgen dürfen, oder ist eine Steuer doppelt bezahlt, so ist der zu Unrecht gezahlte Betrag zu erstatten.

(2) Das gleiche gilt:

1. wenn eine Steuer für Rechnung eines Steuerpflichtigen ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen oder seines Vertreters zu Unrecht entrichtet worden ist.

Unbestritten ist, daß der am gezahlte Betrag nicht von der I Ges.m.b.H. oder von einer im Zeitpunkt der Zahlung zu ihr in einem Bevollmächtigungsverhältnis gestandenen Person erfolgt ist, sondern, daß der Beschwerdeführer diese Zahlung als eine in Irrtum handelnde dritte, zur Behörde in keinem abgaberechtlichen Verhältnis stehende Person geleistet hat. Diese Feststellung führt aber nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, zur Anerkennung des erhobenen Erstattungsanspruches. Die Erstattungs- und Vergütungsansprüche der §§ 105 ff der AO stehen grundsätzlich nur solchen Personen zu, bei denen auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften ein abgabenrechtliches Verhältnis gegeben ist. So wie Ansprüche abgabenrechtlicher Natur gegen einen Steuerpflichtigen nur in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis entstehen, gehören umgekehrt nur aus einem solchen Verhältnis entstandene Rückvergütungs- und Erstattungsansprüche dem öffentlichen Recht an. Mit diesem, in den aufgehobenen Bestimmungen des § 242 AO über den Ausschluß des Rechtsweges in allen auf abgabenrechtlichen Vorschriften beruhenden Leistungen und Erstattungsansprüchen zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Grundgedanken stünde es nicht im Einklang, auf den Beschwerdeführer als einen an den gegenständlichen abgabenrechtlichen Verhältnissen Unbeteiligten hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Rückerstattungsansprüche wegen einer irrtümlich geleisteten Zahlung die Erstattungs- und Vergütungsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden. Die deutsche Rechtslehre und Rechtsprechung hat denn auch, wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, Erstattungs- und Vergütungsansprüche grundsätzlich nur dem Abgabenschuldner und nicht demjenigen zugestanden, der selbst eingezahlt hat oder aus dessen Mitteln die Zahlung bewirkt wurde (vgl. Riewald, Reichsabgabenordnung und Steueranpassungsgesetz, Teil I, S. 645). Auch der österreichische Gesetzgeber hat an diesen Grundsätzen festgehalten. Die auf den vorliegenden Fall allerdings nicht anzuwendende Bundesabgabenordnung, die die bisherigen Bestimmungen über die Erstattung bezahlter Beträge im wesentlichen unverändert übernommen hat, sieht einen Erstattungsanspruch einer Person, die außerhalb eines abgabenrechtlichen Verhältnisses irrtümlich eine Leistung erbracht hat, nicht vor. Es ist daher verfehlt der belangten Behörde zum Vorwurf zu machen, sie habe mit ihrer Entscheidung den "alten tyrannisch-preußischen Geist der RAO" in die neue österreichische Abgabenordnung übernommen. Die belangte Behörde hat vielmehr mit recht den Standpunkt vertreten, daß der Beschwerdeführer nicht zu dem Personenkreis gehört, dem nach der Abgabenordnung ein Erstattungsanspruch zusteht. Er konnte daher auch nicht, wie er behauptet, durch die Verweigerung der begehrten Erstattung in einem aus § 152 Abs. 2Z. 1 AO erfließenden Recht verletzt werden.

Dieses Ergebnis der Prüfung des auf die Bestimmungen der Abgabenordnung gestützten strittigen Erstattungsanspruches rechtfertigt allerdings nicht die von der belangten Behörde anscheinend vertretene Annahme, daß dem Beschwerdeführer jedwede Möglichkeit der Geltendmachung eines Erstattungsanspruches gegen den Empfänger der von ihm irrtümlich geleisteten Zahlung verschlossen wäre. Die Möglichkeit, die Zahlung einer Nichtschuld als zivilrechtlichen Anspruch nach den hiefür maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, ist ihm, wenn er nicht den Weg des § 159 AO beschreitet, durch die dem öffentlichen Recht angehörenden Bestimmungen der §§ 150 ff AO keineswegs verwehrt.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abzuweisen.

Wien, am 12. Jänner 962

Zusatzinformationen


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Norm
BAO §241 Abs1;
Sammlungsnummer
VwSlg 2570 F/1962
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1962:1959001131.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-53986