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VwGH 28.03.1966, 1126/64

VwGH 28.03.1966, 1126/64

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
BauO NÖ 1883 §39;
RS 1
Unter "Baubeginn" iSd § 39 der BO für NÖ ist jede auf die Errichtung eines bewilligten Bauwerkes gerichtete bautechnische Maßnahme anzusehen. (Kein Grössenschluß)
Norm
BauO NÖ 1883 §39;
RS 2
Die nicht zeitgerechte Erfüllung einzelner, im Baubewilligungsbescheid verfügter Auflagen kann dem Tatbestand des "Nichtbeginnens" mit der Bauführung nicht gleich gesetzt werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Rath und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Weingartner, über die Beschwerde der Firma B-gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Theo Petter, Rechtsanwalt in Wien I, Börsegasse 14, gegen den Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. L. A. I/6-936/3-1964, betreffend die Feststellung des Erlöschens einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde NN vom (zugestellt laut Rückschein am ) war dem Grundeigentümer und Bauwerber HG eine Baubewilligung zur Errichtung einer 65 Wohnungen umfassenden Wohnhausanlage in NN, Wstraße 6 - 8, Gst. Nr. 48/1 Bfl., EZ. 90, Gst. Nr. 832/3, EZ. 588, Gst. Nr. 157/1 öffentliches Gut und Gst. Nr. 730 und 47 Bfl. in EZ. 89, alle des Grundbuches der Katastralgemeinde NN erteilt worden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom , Zl. L. A. I/6-936/3-1964, hat die Niederösterreichische Landesregierung festgestellt, daß die mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde NN vom erteilte Baubewilligung gemäß § 39 der Bauordnung für Niederösterreich am durch Zeitablauf unwirksam geworden sei. Als erwiesen wurde dabei angenommen, daß, nachdem am von der Beschwerdeführerin - der Rechtsnachfolgerin des Bauwerbers - die Baubeginnanzeige erstattet worden sei, bis zu dem am vorgenommen Lokalaugenschein lediglich mit der Abtragung einer alten straßenseitig gelegenen Hausmauer begonnen und eine Holzhütte im Ausmaß von ca. 4 m2 errichtet worden sei. Mit diesem Erdaushub sei am laut Bautagebuch begonnen worden. Bei einem von der Berufungsbehörde am vorgenommenen Lokalaugenschein sei weiters noch festgestellt worden, daß inzwischen der Erdaushub etwa bis zu einem Drittel mit Stampfbeton ausgefüllt worden sei. Mit den Betonierungsarbeiten sei am begonnen worden. Noch nicht abgetragen sei am ein ca. 8 m2 großes massives Nebengebäude und eine als Stall dienende Holzbaracke, die noch von Frau R bewohnt bzw. benützt werde, gewesen. Auch sei bis zu diesem Zeitpunkt noch keine entsprechende Zufahrt zur Baustelle, die auf Grund der bestehenden Niveauverhältnisse unbedingt notwendig sei, hergestellt gewesen. Zur Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, daß für ein Bauvorhaben, das 65 Wohnungen umfassen soll, zweifellos eine Bauhütte größeren Umfanges aufgestellt hätte werden müssen. Die bestehende Baustelleneinrichtung könne höchstens für die Abtragung der Mauerreste und der zwei kleinen Objekte ausreichen. Außerdem seien die im Punkt 7 des Baubewilligungsbescheides verlangten statischen Berechnungen, die vor Baubeginn vorgelegt werden müssen, bisher nicht bei der Stadtgemeinde NN in Vorlage gebracht worden. Eine Bauführung im Sinne der Niederösterreichischen Bauordnung könne erst dann als begonnen angesehen werden, wenn der Erdaushub getätigt und die Fundamente hergestellt seien. Mit einem generellen Erdaushub für die Fundamente des Bauvorhabens habe aber noch gar nicht begonnen werden können, da die beiden Objekte (Massivbau und Baracke) sowie die straßenseitig noch bestehenden Mauerreste noch nicht abgetragen worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurde.

Über die Beschwerde und die hiezu von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin in der ihrer Meinung nach unrichtigen Auslegung des § 39 der Bauordnung für Niederösterreich in der Richtung, daß die von der Behörde selbst festgestellten Vorbereitungsarbeiten im Hinblick auf das gesamte geplante Bauvorhaben als zu geringfügig angesehen wurde, um als Beginn der Bauführung im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung gelten zu können. Dies deshalb, weil das Gesetz (§ 39) erfordere, daß "mit den Bauarbeiten begonnen wird", und nicht verlange, daß "damit begonnen wurde", und außerdem keinerlei Bestimmungen über den Umfang, die Intensität oder das Verhältnis der begonnen Tätigkeit zur Größenordnung des Gesamtbaues enthalte. Aus diesem Grunde könnten auch die von der belangten Behörde angeführten sonstigen Indizien auf den vom Gesetz geforderten Begriff "Baubeginn" keinen Einfluß haben. In ihrer Gegenschrift hat die belangte Behörde ihre im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsauffassung noch näher dahin ausgeführt, daß unter Bauarbeiten im Sinne der Niederösterreichischen Bauordnung nur solche Bauarbeiten verstanden werden könnten, die zum Aufbau des Bauvorhabens von 65 Wohnungen vorgenommen würden, nicht aber ein tatsächlich erfolgter Erdaushub und der eingebrachte Stampfbeton, da ein so kurzes und schmales Betonfundament auch für jeden anderen, der Behörde nicht bekannten Zweck verwendet werden könnte. Diese Rechtsauffassung der belangten Behörde kann der Verwaltungsgerichtshof nicht teilen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist unter "Baubeginn" im Sinne des § 39 Niederösterreichischen Bauordnung jede auf die Errichtung eines bewilligten Bauwerkes gerichtete bautechnische Maßnahme anzusehen. Demgegenüber findet allein schon die im angefochtenen Bescheid vertretene grundsätzliche Auffassung, daß von einem "Baubeginn" im Sinne des § 39 der Niederösterreichischen Bauordnung nur gesprochen werden könne, "wenn der Erdaushub getätigt und die Fundamente hergestellt wurden", was wohl nur im Sinn einer Vollendung dieser Arbeiten gedeutet werden kann, im Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung keine Deckung. Das gleiche gilt aber auch für den von der belangten Behörde zwischen den tatsächlich bis zum Ablauf des von ihr festgestellten Bauarbeiten und dem bewilligten Bauvorhaben angestellten Größenschluß. Was nun die in der Gegenschrift erstmals aufgestellte Vermutung, die tatsächlich durchgeführten Bauarbeiten (Erdaushub) und Auffüllung mit Stampfbeton könnten auch anderen, mit dem bewilligten Bauvorhaben in keinem Zusammenhang stehenden Absichten dienen, anlangt, so ist festzustellen, daß sich aus den Verwaltungsakten nicht der geringste Anhaltspunkt dafür finden läßt, der eine solche Vermutung rechtfertigen würde. Auch aus den einzelnen von der belangten Behörde zur Untermauerung ihrer Rechtsauffassung herangezogenen Indizien, daß die unbestrittenermaßen vor Ablauf der Baubewilligung errichtete Bauhütte in Anbetracht des Bauvorhabens zu klein sei, daß die im Baubewilligungsbescheid geforderte entsprechende Zufahrt bis zum noch nicht angelegt und die ebenfalls im Baubewilligungsbescheid vor Baubeginn geforderte statische Berechnung bis zu diesem Tage noch nicht vorgelegt worden sei, kann diese nichts gewinnen, da es an jeglicher gesetzlicher Grundlage mangelt, die nicht zeitgerechte Erfüllung einzelner, im Baubewilligungsbescheid verfügter Auflagen dem Tatbestand des "Nichtbeginnens mit der Bauführung" gleichzusetzen. Da die belangte Behörde keinerlei Feststellung getroffen hat, und, wie sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, auch nicht treffen konnte, die ihre Annahme rechtfertigen hätte können, die tatsächlich vor Ablauf der Baubewilligung durchgeführten Bauarbeiten stünden mit dem bewilligten Bauvorhaben in keinem Zusammenhang, und da ferner die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, die bis zu dem im § 39 der Niederösterreichischen Bauordnung geforderten Zeitpunkt durchzuführenden Arbeiten müßten zu dem geplanten Bauvorhaben in einem gewissen Größenverhältnis stehen, im Gesetz keine Deckung findet, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher in Stattgebung der Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 als gesetzwidrig aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
BauO NÖ 1883 §39;
Sammlungsnummer
VwSlg 6893 A/1966
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1966:1964001126.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-53973