VwGH 18.06.1963, 1123/61
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Eine in Form einer einmaligen Gratifikation gekleidete Erhöhung von Bezügen eines öffentlichen Verwalters ist als einmaliger, sonstiger Bezug anzusehen, auch wenn diese Zahlung bereits zurückliegende Lohnzahlungszeiträume betrifft, und daher nach § 67 Abs 1 EStG 1953 (nach den Umständen des Falles unter Bedachtnahme auf § 67 Abs 3 EStG 1953) zu versteuern. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Dr. Dietmann und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Eichler, Dr. Raschauer und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek, über die Beschwerde des Ing. JF in S gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VI-17/3-61, betreffend Lohnsteuer (Erstattung), nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Hans Beck, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrates Dr. EH, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war in der Zeit vom Juli 1955 bis Mai 1959 öffentlicher Verwalter der X-AG. Als solcher bezog er eine Verwalterentlohnung von monatlich 6.000,--. Im Februar 1959 wurde diese Entlohnung rückwirkend ab auf S 8.000,-- erhöht. Mit einem Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom wurde ihm ferner neben der bescheidmäßig festgesetzten Verwalterentlohnung für seine Tätigkeit in der Zeit vom bis eine einmalige Gratifikation von S 40.000,-- zuerkannt. Der bezügliche Bescheid enthält nachstehende Begründung: "Gemäß § 11 Abs. 2 Verwaltergesetz 1952 hat der öffentliche Verwalter Anspruch auf eine angemessene Entlohnung, deren Höhe unter Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des öffentlich verwalteten Unternehmens festzusetzen ist. Mit Rücksicht auf das dem Bundesministerium für Finanzen vorliegende Ergebnis der Geschäftsjahre 1955, 1956 und 1957 erschien es gerechtfertigt und angemessen, dem öffentlichen Verwalter zusätzlich zu seiner ihm bereits festgesetzten Verwalterentlohnung für die vorgenannten Geschäftsjahre eine einmalige Gratifikation in der Höhe von S 40.000,-- festzusetzen". Diese Gratifikation hat die X-AG. als sonstigen Bezug unter Beachtung der Sechstelbestimmungen des § 67 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1953 (EStG) versteuert. Mit Ansuchen vom richtete der Beschwerdeführer an das Finanzamt einen Erstattungsantrag gemäß § 152 AO. Er vertrat den Standpunkt, daß die ihm gewährte Gratifikation eine Nachzahlung vom Arbeitslohn darstelle und gemäß § 67 Abs. 9 EStG in der Fassung der Einkommensteuernovelle 1959 mit dem Steuersatz zu versteuern sei, der auf den laufenden Bezug entfällt. Die Lohnsteuer wäre daher nicht mit dem Betrag von S 19.1962,--, sondern richtigerweise mit S 9.907,-- einzubehalten gewesen und ergebe sich daraus ein zuviel abgezogener Betrag von S 9.254,--. Das Finanzamt wies das Erstattungsbegehren mit der Begründung ab, die vom Arbeitgeber vorgenommene Versteuerung entspreche den gesetzlichen Bestimmungen des § 67 EStG. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde. Er bezog sich auf die Begründung des Bewilligungsbescheides und auf eine Äußerung des Bundesministeriums für Finanzen zu seinem Begehren um rückwirkende Erhöhung der monatlichen Verwalterentlohnung. In dieser Äußerung sei ausgesprochen worden, daß die ihm gewährte Gratifikation 6 2/3 Monatsgehältern für 2 1/3 Jahre, die jährliche Gratifikation somit weniger als drei Monatsgehältern zu 6.000,-- entspreche und der Beschwerdeführer nach seinen Erklärungen mit dem Ausmaß der Gratifikation einverstanden sei. Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergebe sich, daß die Gratifikation eine Nachzahlung bzw. nachträgliche Zahlung für die abgelaufenen 2 1/3 Jahre (das Rumpfjahr 1955 und die Jahre 1956 und 1957) darstelle. Es liege in der Natur der Bemessung der Verwalterentlohnung, daß diese erst im nachhinein nach Ablauf des Zeitraumes, für den sie gebührt, erfolgen könne, und es hätten die Bestimmungen des § 67 Abs. 9 EStG angewendet werden müssen. Das Bundesministerium für Finanzen gab auf eine Anfrage des Finanzamtes bekannt, daß der gegenständliche Betrag den Charakter einer einmaligen Gratifikation habe und daß der Hinweis, die jährliche Gratifikation betrage weniger als drei Monatsgehälter, nur der Erläuterung gedient habe, daß die internen Richtlinien für die Höhe einer Gratifikation nicht überschritten worden seien. Das Finanzamt gab dem Beschwerdeführer diese Stellungnahme sowie auf die Aussage des in der Sache vernommenen Oberbuchhalters der X-AG., Eugen D., bekannt. Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Beschwerde ab. § 67 Abs. 9 EStG begünstige Nachzahlungen und nachträgliche Zahlungen vom Arbeitslohn. Unter ersteren seien Zahlungen zu verstehen, die den laufenden Arbeitslohn abgelaufener Lohnzahlungszeiträume erhöhen, unter letzteren Zahlungen vom Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume, für die überhaupt noch kein Arbeitslohn gezahlt wurde. Dies ergebe sich nach dem zweiten Satz der Bestimmung, der ausschließe, auch sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG als Nachzahlung im Sinne des Absatz 9 des genannten Paragraphen aufzufassen. Nachgezahlt könnten begrifflich nur Bezüge werden, die auf einen bestimmten Lohnzahlungszeitraum abgestellt sind. Im vorliegenden Fall ergebe sich eindeutig, daß es nicht der Wille des Bundesministeriums für Finanzen war, eine rückwirkende Erhöhung der laufenden Bezüge für die Zeit von 1955 bis 1957 zuzugestehen. Erst mit Wirkung vom sei eine solche Erhöhung von 2.000,-- monatlich eingetreten. Nach den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens habe das Bundesministerium für Finanzen dem Beschwerdeführer vorgeschlagen, an die Stelle einer Gehaltserhöhung von S 2.000,-- (14 mal) eine einmalige Gratifikation von S 40.000,-- treten zu lassen. Mit diesem Vorschlag habe sich der Beschwerdeführer einverstanden erklärt. Damit sei erwiesen, daß es sich bei der gegenständlichen Zahlung nicht um eine Nachzahlung von Arbeitslohn, sondern um einen sonstigen Bezug handle, der gemäß § 67 Abs 1 und 3 EStG zu versteuern sei.
In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird der Standpunkt der belangten Behörde als rechtswidrig bekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
Nach § 67 Abs. 1 EStG in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung sind dann, wenn der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (z.B. Tantiemen, Belohnungen) erhält, bestimmte feste Steuersätze auf diese sonstigen Bezüge anzuwenden. Gemäß § 67 Abs. 9 EStG sind hingegen Nachzahlungen und nachträgliche Zahlungen von Arbeitslohn für abgelaufene Kalenderjahre, die neben laufendem Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber gewährt werden und nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, mit dem Steuersatz zu besteuern, der auf den laufenden Bezug beim Steuerabzug vom Arbeitslohn entfällt. Soweit die Nachzahlungen oder nachträglichen Zahlungen laufenden Arbeitslohn für das laufende Kalenderjahr betreffen, ist die Lohnsteuer durch Aufrollung der in Betracht kommenden Lohnzahlungszeiträume zu berechnen.
Nun ist der belangten Behörde darin beizupflichten, daß die einem öffentlichen Verwalter gemäß § 11 Abs. 2 des Verwaltergesetzes 1952 gebührende angemessene Entlohnung nicht ausschließt, zur Abgeltung der Leistungserfolge des öffentlichen Verwalters neben den laufenden Bezügen auch Gratifikationen zu gewähren. Im vorliegenden Fall hat, wie das Verwaltungsverfahren ergeben hat, das Bundesministerium für Finanzen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Es hat den mehrmaligen Ansuchen des Beschwerdeführers um Erhöhung der Bezüge für die Verwaltertätigkeit auf (jährlich) 14 mal S 8.000,-- entsprochen und mit Bescheid vom rückwirkend auf den die laufenden Bezüge auf S 8.000,-- erhöht. Mit Bescheid vom gleichen Tage hat es das Begehren um eine erhöhte Entlohnung auch für die zurückliegenden Jahre erledigt. Es hat hiezu aber nicht wie für die Zeit ab die Form einer rückwirkenden Erhöhung der laufenden Bezüge gewählt, sondern im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer diesem zusätzlich zu den bereits als Verwalterentlohnung festgesetzten laufenden Bezügen von monatlich S 6.000,-- eine einmalige Gratifikation von S 40.000,-- gewährt. Es handelt sich also um eine 1959 zuerkannte und in die Form einer Gratifikation gekleidete zusätzliche Entlohnung für vor dem liegende Zeiträume. Eine solche Gratifikation fällt aber als sonstiger, neben laufenden Bezügen ausgezahlter Bezug wortdeutlich unter die Begünstigungsbestimmungen des § 67 Abs. 1 und 3 und nicht unter diejenigen des § 67 Abs. 9 EStG, dessen Bestimmungen die steuerliche Behandlung von Nachzahlungen betreffen, die als im nachhinein flüssiggemachte Bezüge für bestimmte zurückliegende Lohnzahlungszeiträume ("Arbeitslohn für abgelaufene Kalenderjahre") gewährt werden. Der in Rede stehende Bezug findet zwar seine Begründung in den günstigen Geschäftsergebnissen für die Jahre 1955 bis 1957, er ist aber nicht als eine Erhöhung der laufenden Bezüge dieser Zeiträume, sondern als ein neben den laufenden Bezügen gewährter einmaliger Bezug zuerkannt worden.
An der abgabenrechtlichen Qualifikation der gegenständlichen Zahlung als Gratifikation vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß das Bundesministerium für Finanzen zur Rechtfertigung der Angemessenheit des zuerkannten Betrages in dem bezughabenden Amtsvortrag die Feststellung traf, daß der Betrag 6 2/3 Monatsgehälter für 2 1/3 Jahre entspricht und somit auf das Jahr umgerechnet weniger als drei Monatsgehälter beträgt.
Aber selbst wenn man die Gratifikation als nicht zeitgerecht ausgezahlten laufenden Arbeitslohn und damit als Nachzahlung von Arbeitlohn im Sinne des § 67 Abs. 9 EStG ansehen wollte, könnte dies die Beschwerde nicht zum Erfolg führen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Z. 869/61, ausgesprochen und eingehend begründet hat, kommt eine Anwendung der genannten Begünstigungsbestimmung im Hinblick auf ihre Einschränkung auf Nachzahlungen, die nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, nur dann in Betracht, wenn die rechtzeitige Auszahlung der nachgezahlten Bezüge aus Gründen, die nicht im Belieben des Arbeitgebers standen, unterblieben ist. Das durchgeführte Verwaltungsverfahren brachte aber keine Gründe zutage, die einer Erhöhung der laufenden Verwalterbezüge des Beschwerdeführers vor dem auf S 8.000,-- und deren rechtzeitig Auszahlung entgegengestanden wären. Ebensowenig ist der in diesem Belange erhobene Beschwerdeeinwand, der öffentliche Verwalter habe Anspruch auf ein angemessenes Entgelt, geeignet, eine Rechtswidrigkeit des behördlichen Standpunktes darzutun.
Ebensowenig ist für die Beschwerde etwas mit dem Hinweis auf die Bestimmungen des § 34 EStG zu gewinnen, da diese Bestimmungen beim Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht zur Anwendung kommen. Der Verwaltungsgerichtshof konnte auch nicht finden, daß die im Falle der Veranlagung eines Steuerpflichtigen bestehende Möglichkeit der Besteuerung von Einkünften, welche die Entlohnung für eine Tätigkeit darstellen, die sich über mehrere Jahre erstreckt, nach den Begünstigungsbestimmungen des § 34 EStG den Standpunkt der Behörde verfassunsgesetzlich bedenklich erscheinen ließe. Ebensowenig kann der Beschwerdeführer für seine Sache etwas mit dem Hinweis gewinnen, daß die Regeln des Zivilrechtes über Wesen und Auslegung eines Vertrages der behördlichen Argumentation selbst dann, wenn ein privatrechtliches Dienstverhältnis bestünde, entgegenstehen würden. Die Rechtsstellung des öffentlichen Verwalters beruht nicht auf der Grundlage des Zivilrechtes, sondern auf der des Verwaltergesetzes 1952.
Schließlich geht auch der Einwand einer Verletzung von Verfahrensvorschriften ins Leere. Der Beschwerdeführer begründet diesen Einwand mit der Unterlassung einer nochmaligen Einvernahme des Oberbuchhalters der "X-AG", Eugen D. Der vom Beschwerdeführer seinerzeit gestellte Antrag auf Einvernahme des Genannten bezog sich auf die im Zusammenhang mit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides von der Behörde aufgeworfene Frage, ob eine der Belegschaft des Unternehmens gewährte Prämie mit der gegenständlichen Gratifikation in Zusammenhang zu bringen sei. Da diesem Beweisthema aber bei der gegebenen Sachlage keinerlei streitentscheidende Bedeutung zukommt, kann in der Unterlassung der beantragten Einvernahme des Eugen D. zu dem bezogenen Thema kein Verfahrensmangel erblickt werden, bei dessen Vermeidung die belangte Behörde zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können. Nur solche wesentliche Verfahrensmängel sind aber geeignet, eine Rechtswidrigkeit im Sinne der Vorschriften des § 42 Abs. 2 lit. c VwGG 1952 zu begründen.
Somit läßt der angefochtene Bescheid eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers nicht erkennen. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1963:1961001123.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-53966