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VwGH 08.09.1977, 1113/77

VwGH 08.09.1977, 1113/77

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
DSchG 1923 §1
DSchG 1923 §3
RS 1
Eine horizontalen Teilung eines Gebäudes in einen geschützten und nicht geschützten Teil ist grundsätzlich unzulässig, insbesondere dann, wenn der zu schützende Teil der höher gelegene ist und den unteren Geschossen Funktion nicht nur als Sockel, sondern auch für die optische Wirkung zukommt (Weiterentwicklung der Gedanken der Erkenntnisse vom , VwSlg 8283 A/1972, und vom , 0266/75).
Normen
DSchG 1923 §1
DSchG 1923 §3
RS 2
Die Feststellung nach § 1 und § 3 DSchG könne einen Gegenstand nur in dem Zustand erfassen, in dem er sich gegenwärtig befindet. Sind schutzwürdige Werte noch erhalten, dann wird die Feststellung nicht dadurch gehindert, daß Zusätze vorhanden sind, deren Beseitigung im Sinne der Denkmalpflege gelegen wäre.
Normen
DSchG 1923 §1
DSchG 1923 §3
RS 3
Die horizontale Teilung einer Gebäudefassade in einen unter Denkmalschutz zu stellenden und einen nicht unter Denkmalschutz zu stellenden Teil ist - abgesehen von der Frage ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit (Hinweis E , 770/72, VwSlg 8283 A/1972) - jedenfalls schon von der Natur der Sache her dann undenkbar, wenn die höher gelegene Zone der schutzwürdige Teil ist, weil dann die tiefer gelegene Zone schon wegen ihrer Funktion als tragendes Element des schutzwürdigen Gegenstandes von dem Denkmalschutz, der diesem zuteil wird, miterfasst sein muss. Änderungen in einer solchen unteren Zone ohne künstlerischen Eigenwert können nur Gegenstand eines allenfalls nach der Unterschutzstellung angestrengten Verfahrens nach § 5 DSchG sein.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0266/75 E VwSlg 9161 A/1976 RS 1
Norm
DSchG 1923 §1
RS 4
Die Tatsache zahlreicher späterer Veränderungen und Zubauten vermag den Denkmalcharakter eines im Kern alten Gebäudes für sich allein nicht zu zerstören.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0665/74 E RS 1
Normen
DSchG 1923 §1
DSchG 1923 §3
RS 5
Die Maßnahme nach den § 1 und § 3 DSchG erfüllt nur den Zweck, weitere nachteilige Veränderungen oder Zusätze an einem noch bestehenden Denkmal hinanzuhalten.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knoll und die Hofräte Dr. Zach, Dr. Karlik, Dr. Seiler und Dr. Ladislav als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsrat Dr. Thumb, über die Beschwerde der Firma B OHG in G, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger, Rechtsanwalt in Graz, Rechbauerstraße 4/11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , Zl. 13.223/1/33/77, betreffend Denkmalschutz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist auf Grund des Kaufvertrages vom Alleineigentümerin des „Eisernes Haus“ benannten Gebäudes in Graz, Südtirolerplatz 2 - 4, EZ. 14, Grundstück Nr. 12, der Katastralgemeinde IV Lend. Am stellte der Landeskonservator für St. an das Bundesdenkmalamt den Antrag, dieses Haus gemäß §§ 1 und 3 DSchG unter Denkmalschutz zu stellen, weil es sich durch folgende Eigenschaften auszeichne:

„Im Zusammenhang mit dem 1845 erfolgten Bau der Carl-Franzens-Kettenbrücke, Errichtung des ‚Eisernen Hauses‘ nach dem Entwurf des Architekten Josef Benedikt Withaim in den Jahren 1846 bis 1848; in Material, Konstruktion und Form nach damals modernsten Methoden. Fast parallel mit dem Bau der Gußeisenfabrik in New York, 1848/49, von James Bogardus, der als der Erfinder dieser Konstruktionsmethode gilt (vgl. Knaurs Lexikon der modernen Architektur). Im Raumkonzept dieses Bauwerkes waren drei Funktionen vorgesehen: hohes Erdgeschoß mit Verkaufsgewölben in bazarartiger Aneinanderreihung, jeweils von der Straße zugänglich. Zwischengeschoß mit Wohnungen; 1. Stock: ‚Eisen-Cafe-Restaurant‘. Die Erschließung erfolgt durch eine zentrale, breit angelegte Wendeltreppe.

Konstruktion: Keller-, Erd- und Zwischengeschoß gemauert, die beiden letzten in hohen schmalen Wandpfeilern, zwischen die an der Außenfront Glaswände eingesetzt wurden. 1. Stock (Hauptgeschoß) mit gemauerter Rückwand, Außenwand in Eisen-Glas-Konstruktion als Skelettbauweise. Die konstruktiven und ornamentalen Teile sind in historisierenden Formen gegossen. Die inneren Trennwände fielen weg. Erzielt wurden eine gute Belichtung und eine Aussicht auf die Stadt.

Die Lage am Brückenkopf unterstreicht die städtebauliche Bedeutung dieses Hauses. Der obere Abschluß war ursprünglich als Flachdach (Terrasse) ausgeführt. Bereits um 1853 wurde das Haus mit einem Ziegeldach überdeckt. 1932 erfolgten nach mehreren früheren, zuletzt 1910 vorgenommenen Umbauten, Veränderungen im Erdgeschoß und im Zwischengeschoß sowie auch an der gesamten Westfassade. Die vorhandenen zahlreichen Öffnungen wurden zum Großteil vermauert, doch blieb die Konstruktion erhalten und das ursprüngliche bauliche Konzept deutlich erkennbar. Vergleiche mit den Eisenbauten im Ausland bestätigen das Eiserne Haus in Graz als eines der frühesten Beispiele für die Anwendung von Eisen im Hochbau (Skelettkonstruktion).“

In ihrer am erstatteten Stellungnahme zu diesem Antrag stellte die Beschwerdeführerin unter Berufung auf ein von ihr vorgelegtes Privatgutachten des Professors für Stadt- und Regionalforschung und Sachverständigen am Landgericht Frankfurt am Main Dr. WR vom ihrerseits den Antrag, ausschließlich die Eisenkonstruktion im zweiten Obergeschoß des Hauses unter Denkmalschutz zu stellen und dabei zu ermöglichen, bei einem Abbruch des Hauses die Eisenkonstruktionsteile entweder am gleichen Ort wieder einzubauen oder in Form der Errichtung eines Pavillons an anderer Stelle zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Beschwerdeführerin begründete dieses Anliegen damit, es sei, um übriggebliebene Bauteile der damals errichteten Hauptbrücke über die Mur zu verwenden, auf ein völlig normal gemauertes Haus nur ein zweites in einer Stahlkonstruktion errichtetes Obergeschoß aufgesetzt worden. Diese Konstruktion habe zusammen mit der damals errichteten Murbrücke ein Ensemble dargestellt, das den Brückenkopf geprägt habe. Seit Erbauung einer modernen Brücke nach 1964 seien die Bauelemente im zweiten Obergeschoß des gegenständlichen Hauses völlig auf sich allein gestellt, würden durch keinerlei andere Konstruktionen, auch nicht durch ein an sich zu einem solchen Bauwerk gehöriges Flachdach unterstützt. Sie seien zwar schutzwürdig, aber aus dem Rahmen gerissen, ihretwegen könne nicht das ganze Haus als Denkmal bezeichnet werden.

Das Bundesdenkmalamt holte zu dieser Äußerung eine gutächtliche Stellungnahme des Landeskonservators für St. ein, die am dahin erstattet wurde, eine Ensemblewirkung sei nicht als Argument für die Unterschutzstellung genannt worden. Die 1845 erbaute Kettenbrücke sei schon 1891 durch eine andere Brücke ersetzt worden, Zusammenhänge zwischen der Errichtung des „Eisernen Hauses“ und bei Errichtung der Brücke übriggebliebenen Eisenteilen seien in das Reich der Phantasie zu verweisen. Das Haus sei, wie Pläne bezeugten, einheitlich konzipiert worden, wobei die gemauerten Untergeschosse in baulicher und statischer Beziehung zu der Eisen-Glas-Konstruktion des obersten Geschosses stünden. Eine Verlagerung oder ein Wiederaufbau des eisernen Geschosses könne keineswegs gutgeheißen werden, weil die Eisenkonstruktion für das „Eiserne Haus“ an der Stelle des Südtirolerplatzes geplant und geschaffen worden sei und auch die unter ihr liegende Mauer und Mauerpfeileranordnung auf den Zusammenhang der unteren Geschosse mit dem oberen Geschoß hinweisen. Diese Einheitlichkeit des Gesamtobjektes sei erst später durch Vermauern des Erdgeschosses „verunklärt“ worden. Schließlich bedeute das „Eiserne Haus“ für Graz einen sehr wichtigen städtebaulichen und Orientierungsfaktor.

Das Bundesdenkmalamt stellte mit Bescheid vom fest, daß die Erhaltung des Hauses Graz, Südtirolerplatz 2 - 4, gemäß §§ 1 und 3 DSchG im öffentlichen Interesse gelegen sei. In der Begründung wurden die Eigenschaften des Hauses und die sonstigen tatsächlichen Umstände entsprechend den Angaben des Landeskonservators für St. in seinem Antrag vom und in seiner Stellungnahme vom als erwiesen angenommen. Damit, wurde weiter ausgeführt, stehe fest, daß das Objekt kulturelle Bedeutung besitze, das öffentliche Interesse an seiner Erhaltung sei wie folgt begründet:

„Unmittelbar nach der erstmaligen Herstellung von Flußstahl in Österreich (1842), nach der ersten steirischen Eisenbahn (1844) und der Errichtung der zweiten Kettenbrücke über die Mur (1845) wurde 1846/48 das Eiserne Haus als Eisen-Cafe-Restaurant ‚Meran‘ nach Plänen des Architekten Josef Benedikt Withalm (Erbauer des um 1900 abgebrochenen Coliseums) errichtet. Die Pläne sind von einer für jene Zeit revolutionären Konzeption in Material, Konstruktion und Form: auf dem unterkellerten, in herkömmlicher Weise gemauerten Erd- und Zwischengeschoß wurde eine in Glas und Eisen aufgelöste Skelettkonstruktion pavillonartig aufgesetzt, das Flachdach als Dachterrasse, die später durch ein Ziegeldach ersetzt wurde, ausgebildet. Das Eiserne Haus ist das einzige in der Steiermark erhaltene und eines der frühesten Gebäude, bei dem Gußeisen als Außenkonstruktion verwendet wurde, daher als technisches Denkmal für die Entwicklungsgeschichte des österreichischen Eisenwesens und architekturgeschichtlich für die Anfänge der modernen Architektur und Industrialisierung von besonderer kultureller Bedeutung.“

In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid wiederholte die Beschwerdeführerin, es sei zwar die Eisenkonstruktion schutzwürdig, doch bestehe kein Grund, den gesamten Baukörper des Hauses unter Schutz zu stellen. Die übrigen Teile seien weder von kulturhistorischer noch von bautechnischer oder konstruktionstechnischer Seite gesehen in irgendeiner Form von Bedeutung, sondern es handle sich um einen Durchschnittsbau, wie er in zahlreichen Fällen in Graz zu finden sei. Das Haus sei nicht nach den ursprünglichen Plänen, sondern in einer wesentlich anderen Form errichtet worden, das für Eisenkonstruktionen charakteristische Flachdach sei nicht mehr vorhanden, sondern bald durch eine normale Dachkonstruktion abgelöst worden. Dafür, daß eine rechtliche und auch tatsächliche Teilung des Gebäudes stattfinden könne, werde auf die Möglichkeit der Begründung von Wohnungseigentum oder einer Aufteilung des Gebäudes im Stockwerkseigentum verwiesen. Mit seinem Hinweis darauf, daß das Haus Orientierungsfaktor sei, übersehe das Bundesdenkmalamt, daß es nicht Aufgabe eines privaten Besitzers, sondern der öffentlichen Hand sei, Wegweiser in einer Stadt zu errichten.

Die belangte Behörde führte am unter Beiziehung von Vertretern der Beschwerdeführerin, des Magistrates der Stadt Graz und des Landeskonservators für St. einen Augenschein durch, bei dem gegenüber den Ausführungen im Bescheid des Bundesdenkmalamtes keine Unterschiede in der Baubeschreibung festgestellt wurden. Es wurde festgestellt, daß sich über einem zweigeschossigen gemauerten Objekt, das gleichsam als Sockel diene, der gußeiserne Aufbau mit Schauseiten nach Osten und Süden und einem schmalen Eck (50 bis 80 cm) nach der Westseite erhebe. Das dritte Obergeschoß sei im Innern derzeit durch drei leichte Zwischenwände provisorisch unterteilt, in einem Teil (etwa 1/4 des Gesamtvolumens) befinde sich ein Fotostudio, dort sei auch die Eisenkonstruktion durch leichte Spanplatten verdeckt. An der Ost- und Südseite bestünden die beiden Untergeschosse aus Mauerwerk, an der Westseite reiche dieses zum überwiegenden Teil über das dritte Geschoß bis zum Dach, während die vierte Seite (Hof- bzw. Nordseite) eine konventionelle Mauer sei. Die gemauerten Geschosse dienten vorallem an der Ost- und Südseite als Sockel des dritten Geschosses, sie trügen einerseits diesen Oberteil statisch, auch sei ihre Gestaltung reziprok für die Erscheinung des Obergeschosses maßgeblich, sodaß etwa eine Veränderung im Verhältnis Mauer - Öffnungen Rückwirkungen auf die Erscheinung des dritten Geschosses hätten. Die innere Einteilung der beiden ersten Geschosse sei, soweit es sich um leichte Zwischenwände handle, ohne Bedeutung. Im dritten Obergeschoß wäre die Entfernung der derzeit bestehenden Zwischenwände und provisorischen Verschalungen wünschenswert. Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab beim Augenschein an, die vorgebrachte Meinung, das Haus sei teilweise aus „übriggebliebenen“ Brückenteilen errichtet worden, sei nur eine Vermutung. Abschließend wurde beim Augenschein festgestellt, das alte Stiegenhaus (eine Wendeltreppe) existiere nicht mehr, die heutige Stiegenanlage stamme aus dem 20. Jahrhundert.

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom teilweise dahin Folge, daß festgestellt wurde, die Erhaltung des in Frage stehenden Hauses sei mit Ausnahme der leichten Zwischenwände des ersten und zweiten Obergeschosses gemäß §§ 1 und 3 DSchG im öffentlichen Interesse gelegen. Nach den Ergebnissen des Augenscheines entsprechenden Tatsachenfeststellungen führte die belangte Behörde zur Begründung dafür aus, es handelte sich um ein technisches Denkmal von außergewöhnlichem Rang, dem überdies durch die Art seiner Ausführung auch gewisse künstlerische Bedeutung beizumessen sei. Dem gemauerten Teil des Objektes (erstes und zweites Obergeschoß) sei eine Sockelfunktion zuzuschreiben, die in der gegebenen Form sowohl vom künstlerischen als auch vom statischen Standpunkt aus erhalten bleiben müsse. Die Idee des Bauwerkes bestehe darin, ein dreigeschossiges Objekt so zu errichten, daß das dritte Geschoß in Eisen ausgeführt werde, um gleichsam einen pavillonartigen Aufsatz zu bilden. Diesen Teil zu amovieren, um ihn „auf den Boden“ zu stellen, widerspreche völlig dem Wesen des Bauwerkes und wäre damit zu vergleichen, die als Bekrönung eines Objektes gedachte Kuppel von diesem abzumontieren und auf den Boden zu stellen. Eine Entfernung oder auch nur Veränderung des ersten und zweiten Obergeschosses (mit Ausnahme der leichten Zwischenwände) wäre eine Gefahr für den eigentlich wertvollen Teil, nämlich das dritte Obergeschoß. Eine Ausklammerung auch der leichten Zwischenwände des dritten Obergeschosses, deren Entfernung wohl wünschenswert wäre, aus der Unterschutzstellung sei nicht möglich, weil einerseits verhindert werden müsse, daß neue noch mehr störende Zwischenwände eingezogen werden und anderseits das Bundesdenkmalamt die Möglichkeit haben müsse, im Falle von Umbauten im Rahmen des § 5 DSchG auf denkmalgerechte Lösungen hinzuwirken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit dem Antrag auf Abänderung des Bescheides im Sinne der Vorstellungen der Beschwerdeführerin, allenfalls auf Aufhebung des Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit Gegenanträgen erstattet.

Daß die Eisenkonstruktion des dritten Obergeschosses des Hauses als Denkmal so zu schützen war, daß sie an der Stelle und in der Position, in der sie einst errichtet wurde, weiter bestehen bleibt, wird von der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr bekämpft. Die Beschwerdeführerin erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vielmehr ausschließlich darin, daß über die Zwischenwände des ersten und zweiten Obergeschosses hinaus nicht auch die Zwischenwände des dritten Obergeschosses von der Maßnahme nach den §§ 1 und 3 DSchG ausgenommen worden seien, und darin, daß die Unterschutzstellungsmaßnahme in Ansehung des ersten und zweiten Obergeschosses nicht auf die Untersagung solcher Veränderungen an der Ost- und Südseite beschränkt worden sei, die die Tragfähigkeit des Objektes in irgendeiner Form beeinflussen.

Zu diesen in seinem Verfahren demnach allein strittigen Fragen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Grundsatz des Denkmalschutzgesetzes ist es, daß die Feststellung nach den §§ 1 und 3 dieses Gesetzes dort, wo öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Gegenstandes wegen geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung besteht, hinsichtlich des ganzen (unbeweglichen oder beweglichen) Gegenstandes zu treffen ist, der die erwähnte Bedeutung hat. Die Feststellung auf einen körperlich abgegrenzten Teil eines solchen (zivilrechtlich eine einheitliche Sache darstellenden) Gegenstandes einzuschränken, ist an sich nur in besonders ge-lagerten Ausnahmsfällen zulässig. Sie kommt insbesondere und grundsätzlich nur dort in Frage, wo mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, daß jede wie immer geartete Veränderung an dem von der Unterschutzstellung nicht erfaßten Teil des Gegenstandes Bestand und Erscheinung des geschützten Teiles unter den im § 1 DSchG angeführten Aspekten bedrohen kann. Diesen Überlegungen entsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom , Zl. 770/72, Slg. N. F. Nr. 8283/A, die horizontale Teilung eines Gebäudes in einen unter Denkmalschutz zu stellenden und in einen nicht unter Denkmal-schutz zu stellenden Teil als grundsätzlich nicht zulässig bezeichnet. Er hat dazu in seinem Erkenntnis vom , Zl. 266/75, näher ausgeführt, daß eine solche horizontale Teilung jedenfalls schon von der Natur der Sache her dann undenkbar ist, wenn die höhergelegene Zone der schutzwürdige Teil ist, weil dann die tiefergelegene Zone schon wegen ihrer Funktion als tragendes Element des schutzwürdigen Gegenstandes von dem Denkmalschutz, der diesem zuteil wird, miterfaßt sein muß. Ob dann in einer solchen unteren Zone ohne künstlerischen Eigenwert Änderungen vorgenommen werden können und in welcher Art das zu geschehen hat, kann nicht Gegenstand des hier geführten Verfahrens nach den §§ 1 und 3, sondern allenfalls eines künftig vom Eigentümer anzustrengenden Verfahrens nach § 5 DSchG sein.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde in ihrem Bescheid, gestützt auf die unwidersprochen gebliebenen Ergebnisse des Augenscheines, darüber hinaus überzeugend dargetan, daß die beiden unteren Geschosse in die getroffene Maßnahme nach den §§ 1 und 3 DSchG nicht nur auf Grund ihrer statischen Funktion für das darüberliegende wertvolle dritte Geschoß, sondern auch deshalb einbezogen werden mußten, weil Veränderungen an ihnen die überlieferte und schutzwürdige Wirkung des dritten Geschosses entscheidend schädigen könnten. Es ist daher nicht richtig, wenn die Beschwerde darauf verweist, dem Erfordernis der Erhaltung der Sockelfunktion, die hier offenbar nicht nur eine statische, sondern auch eine optisch-künstlerische ist, wäre Rechnung getragen, wenn bloß die Tragfähigkeit beeinflussende Veränderungen untersagt werden. Denn die weitere Behauptung der Beschwerde, eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Mauern des ersten oder zweiten Geschosses hätte „keinen wie immer gearteten Einfluß“ auf „das Denkmal“ (gemeint ist: auf das dritte Geschoß), ist, wie aufgezeigt, aktenwidrig und steht weder mit den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens, insbesondere des Augenscheines, noch mit dem hier in die Beurteilung einzubeziehenden Erfahrungsgut im Einklang. Zutreffend daran ist nur, daß die äußere Erscheinung der beiden unteren Geschosse für sich allein betrachtet keine Besonderheiten aufweist. Diese Tatsache kommt aber nur für ein allenfalls anzustrengendes Verfahren nach § 5 DSchG in Betracht und könnte dort dazu führen, daß Veränderungen am ersten und zweiten Geschoß zu gestatten wären, wenn sie die überlieferte Erscheinung des dritten Geschosses nicht stören. Gerade weil eine störende Beeinträchtigung aber durchaus denkbar wäre, konnte ein Ausschluß des ersten und zweiten Geschosses oder von außen sichtbarer Teile dieser Geschosse aus der nach den §§ 1 und 3 DSchG getroffenen Feststellung nach dem Gesetz nicht in Betracht kommen.

Aus ähnlichen Erwägungen ist auch die Beschwerde im Unrecht, wenn sie bemängelt, daß die inneren Zwischenwände im dritten Geschoß von der Feststellung nach den §§ 1 und 3 DSchG nicht ausgenommen wurden. Es steht fest, daß im dritten Geschoß auch innen noch ein Zustand erhalten ist, dem schutzwürdige Bedeutung im Sinne des § 1 DSchG zukommt. Daran vermag die Tatsache späterer Veränderungen und Zubauten nichts zu ändern (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 665/74). Daß Zwischenwände und Verschalungen im Interesse richtig verstandener Denkmalpflege besser zu entfernen wären, konnte eine Feststellung nach § 1 DSchG hinsichtlich der inneren Gestalt des dritten Geschosses, die nach wie vor schutzwürdige Werte enthält, nicht hindern, sondern ist gleichfalls nur im Rahmen eines allfälligen Verfahrens nach § 5 DSchG von Relevanz. Die belangte Behörde ist im Recht, wenn sie darauf verweist, nach dem geltenden Denkmalschutzgesetz, dem Aufträge zu aktiven Maßnahmen im Sinne der Denkmalpflege nicht bekannt sind, könne eine Feststellung nach den §§ 1 und 3 DSchG einen Gegenstand nur in dem Zustand erfassen, in dem er sich gegenwärtig befindet. Denn die Maßnahme nach den §§ 1 und 3 DSchG erfüllt nur den Zweck, weitere nachteilige Veränderungen oder Zusätze an einem noch bestehenden Denkmal hintanzuhalten. Diesem Zweck und somit dem Gesetz entsprach es, die innere Gestalt des dritten Geschosses aus der Feststellung nach den §§ 1 und 3 DSchG nicht auszunehmen.

Mithin erweist sich die Beschwerde als in allen Punkten unbegründet, sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz an den Bund als den Rechtsträger, für den die belangte Behörde in dieser Beschwerdesache gehandelt hat, beruht auf den §§ 47 Abs. 1, Abs. 2 lit. b und Abs. 5, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 und auf Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
DSchG 1923 §1
DSchG 1923 §3
Sammlungsnummer
VwSlg 9378 A/1977
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1977:1977001113.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-53934