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VwGH 02.05.1963, 1103/62

VwGH 02.05.1963, 1103/62

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Nicht der Erwerb der Anteile ist gemäß § 1 Abs 3 Z 2 GrEStG 1955 der steuerliche Tatbestand, sondern die Vereinigung der Anteile. Es ist auch nicht von Bedeutung, daß diese Vereinigung sich im Wege des Erbganges ergibt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Ondraczek, und die Hofräte DDr. Dorazil, Dr. Mathis, Dr. Kaupp und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Magistratskommissärs Dr. Jezek, über die Beschwerde der TS in L gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 1610/1 - IV - 1961, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erlangte auf Grund einer von ihr selbst ausgestellten Aufsandungserklärung vom das grundbücherliche Alleineigentum an der Liegenschaft EZ nn1, Grundbuch X, Gerichtsbezirk L, das vordem der offenen Handelsgesellschaft "M & Co" zugeschrieben war. Die persönlich haftenden Gesellschafter dieser Gesellschaft waren zu 3/4 die Beschwerdeführerin und zu 1/4 deren Schwester WS gewesen. Die zuletzt genannte Gesellschafterin war am in L gestorben. Die Beschwerdeführerin trat als deren Alleinerbin die Rechtsnachfolge in das Vermögen der Verstorbenen an. Durch den Tod der WS war die offene Handelsgesellschaft erloschen. Die Beschwerdeführerin führt das Unternehmen seither als Einzelfirma weiter. In der genannten Aufsandungserklärung wurde festgehalten, daß die Liegenschaft EZ nn1 zum Firmenvermögen gehöre und daß es erforderlich sei, das grundbücherliche Eigentumsrecht der früheren offenen Handelsgesellschaft an dieser Liegenschaft nunmehr auf die Beschwerdeführerin zu übertragen, da eine bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten einer Einzelfirma nicht möglich sei.

Mit vorläufigem Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Linz der Beschwerdeführerin gemäß § 1 Abs. 3 Z. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140/1955, (im folgenden kurz mit GrEStG bezeichnet) unter Hinweis auf § 3 Z. 2 desselben Gesetzes aus dem Rechtsgrunde der Vereinigung aller Anteile an der früheren offenen Handelsgesellschaft vom Einheitswerte der Liegenschaft (S 299.600) abzüglich eines Viertels (S 74.900), also von einem Betrage von S 224.700 eine 8 %ige Grunderwerbsteuer in Höhe von S 17.976 vor. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführerin für den Erbanfall auch noch Erbschaftssteuer und gemäß § 8 Abs. 4 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141/1955, für die gleiche Liegenschaft (allerdings nur von einem Viertel des Einheitswertes) die Erbschaftssteuererhöhung vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin legte gegen die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer Berufung ein und führte aus, daß der Anwendungsfall des § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG nicht gegeben sei, weil im Streitfalle die offene Handelsgesellschaft durch den Tod der Schwester zu bestehen aufgehört habe und nachher nur mehr Vermögensmassen und keine Geschäftsanteile vorhanden gewesen seien.

Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung ihrer Entscheidung stützte sich die belangte Behörde - so wie schon das Finanzamt - auf § 1 Abs. 3 Z. 1 bzw. 2 GrEStG. Sie wies darauf hin, daß nach Ziffer 1 der genannten Gesetzesstelle ein Rechtsgeschäft, welches den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer Gesellschaft begründet, die Steuerpflicht auslöse, wenn durch die Übertragung alle Anteile an der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt worden. Nach Ziffer 2 dieser Gesetzesstelle entstehe die Steuerpflicht ferner auch dann, wenn die Vereinigung aller Anteile eintritt, ohne daß ein schulrechtliches Geschäft im Sinne der Ziffer 1 vorausgegangen ist. Während nach Ziffer 1 ein dort näher umschriebenes Rechtsgeschäft Voraussetzung für die Auslösung der Steuerpflicht sei, genüge nach Ziffer 2 die Tatsache der Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft in einer Hand. Die von der Berufung aufgeworfene Frage, ob dann, wenn von einer aus zwei Personen bestehenden Personengesellschaft ein Gesellschafter stirbt und der andere sein Alleinerbe ist, überhaupt noch ein Gesellschaftsanteil erworben werden könne, treffe nicht ganz den Kern des steuerlich entscheidenden Tatbestandes. Diese Frage stelle nämlich die Übernahme bzw. das Fortbestehen eines Gesellschaftsanteiles in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. Die dazu in der Berufung gebrachten Ausführungen seien für den Bereich des Handelsrechtes sicher berechtigt, sie könnten aber nicht darüber hinwegsehen lassen, daß die Steuerpflicht nach dem Wortlaute des § 1 Abs. 3 Z. 2 im Streitfalle nicht von der Übernahme oder dem Erwerb eines Gesellschaftsanteiles, sondern nur von der tatsächlichen Vereinigung aller Anteile in der Hand der Beschwerdeführerin abhänge. Denn schon die Ziffer1 erfasse nicht das dort näher umschriebene Rechtsgeschäft als solches, sondern nur die als dessen Folge eintretende Vereinigung; nur diese Vereinigung sei daher Gegenstand der Steuerpflicht. Ebenso sei Gegenstand der hier anzuwendenden Ziffer 2 einzig und allein die als Folge eines anderen Rechtsvorganges tatsächlich eintretende Vereinigung; demnach sei also für die Auslösung der Steuerpflicht nach Ziffer 2 nur entscheidend, daß als Folge eines anderen Rechtsvorganges, also ohne ein darauf abzielendes Rechtsgeschäft, eine Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft in der Hand eines einzigen Erwerbers tatsächlich eingetreten ist. Dies treffe auf den Fall der Beschwerdeführerin zu, denn ihr gehöre nunmehr das Unternehmen allein. Aus diesen Gründen sei es für die Entstehung der Steuerpflicht nach Ziffer 2 auch gleichgültig, ob der überlebende Gesellschafter von der infolge des Todes des einzigen Mitgesellschafters ohnehin schon zerfallenen Gesellschaft überhaupt noch einen Gesellschaftsanteil übernehmen oder erwerben könnte. Es sei auch unentscheidend, ob das Unternehmen in der Folge als Einzelunternehmen weitergeführt wird. Bei dieser Rechtslage könne auch die Berufung auf § 8 Abs. 4 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 nicht ausschlaggebend sein. "Wenngleich dieser Zuschlag nach den Grundsätzen der Grunderwerbsteuer hinsichtlich seiner Höhe zu erheben" sei, so werde er doch als Bestandteil der Erbschaftssteuer und damit für einen todeswegigen Erwerb erhoben, und zwar deswegen, weil ein solcher gemäß § 3 Z. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer frei bleibe. Demnach sei im vorliegenden Falle auch der Zuschlag auch nur von jenem Viertelanteil an der Liegenschaft vorgeschrieben worden, der zur Erbmasse gehört habe. Aus der Erhebung oder Nichterhebung dieses Zuschlages könnten keine Schlüsse auf den streitigen Tatbestand der Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft in einer Hand nach § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG 1955 gezogen werden.

Dagegen führte die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde aus, daß der Anwendungsfall des § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG nicht vorliege. Sie weist darauf hin, daß gemäß § 131 HGB mangels gegenteiliger vertraglicher Vereinbarung die offene Handelsgesellschaft durch den Tod des Gesellschafters aufgelöst werde und es daher dann keinen Anteil an dieser Gesellschaft, sondern nur mehr Vermögensmassen der ehemaligen Gesellschafter geben könne. Es habe daher im Streitfalle keine Vereinigung von Gesellschaftsanteilen stattgefunden, sondern nur mehr eine Vereinigung von Vermögen, weil nach dem Tode der Schwester der Beschwerdeführerin Gesellschaftsanteile nicht mehr vorhanden gewesen seien. Das Grunderwerbsteuergesetz verlange aber nicht die Vereinigung von Liegenschaftsanteilen, sondern die Vereinigung von Gesellschaftsanteilen. Der überlebende Gesellschafter einer Zwei-Mann-Gesellschaft erwerbe nur mehr Besitz- und Schuldposten, aber keine Gesellschaftsanteile. Daher sei die Sachlage anders zu beurteilen als in jenem Falle, der zum Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 2082(F), geführt hatte. In der Vorschreibung der Erbschaftssteuererhöhung nach § 8 Abs. 4 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 habe die Behörde im übrigen selbst zugegeben, daß kein Anteil an einer Gesellschaft übertragen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ihm vorliegende Beschwerde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer jedes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn zum Vermögen der Gesellschaft eine Liegenschaft gehört und wenn weiters durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand des Erwerbs und seines Ehegatten oder seiner Kinder oder in der Hand von Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden würden. Nach Ziffer 2 dieser Gesetzesstelle unterliegt weiter auch die Vereinigung aller Anteile an einer solchen Gesellschaft der Steuerpflicht, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Ziffer 1 vorausgegangen ist. Der Tatbestand dieser Rechtsvorschrift ist die tatsächliche Vereinigung aller Anteile an einer Gesellschaft. Nun kann aber nicht bestritten werden, daß infolge des Todes der Schwester der Beschwerdeführerin und der Annahme der Erbschaft nach der Verstorbenen durch die Beschwerdeführerin eine Vereinigung aller Anteile an der bisherigen Gesellschaft eingetreten ist. Somit gehen alle Rechtsausführungen der Beschwerdeführerin ins Leere, mit denen sie nachzuweisen versucht, daß sie keinen Anteil an der offenen Handelsgesellschaft habe erwerben können. Denn nicht der Erwerb der Anteile ist gemäß § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG der steuerliche Tatbestand, sondern - und das scheint die Beschwerdeführerin zu übersehen - die Vereinigung der Anteile. Nach der genannten Rechtsvorschrift ist die Steuerpflicht auch nicht von einem Rechtsgrund abhängig. Sie ist vielmehr ganz allgemein angeordnet und so kann es im Streitfall, in dem eine Vereinigung aller Anteile an der bisherigen Personengesellschaft in der Hand der Beschwerdeführerin stattgefunden hat, auch nicht von rechtlicher Bedeutung sein, daß diese Vereinigung sich im Wege des Erbganges ergab. Der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z. 2 GrEStG war also im vorliegenden Fall erfüllt. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens haben auch nicht etwa einen anderen Tatbestand zum Anlasse der Besteuerung genommen. Auch mit dem Hinweis darauf, daß ihr ohnehin eine Erhöhung der Erbschaftssteuer nach § 8 Abs. 4 ErbStG von einem Viertel des Einheitswertes der streitigen Liegenschaft vorgeschrieben worden sei, kann die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit der Vorschreibung der Grunderwerbsteuer nicht dartun. Richtig ist allerdings, daß im vorliegenden Fall eine Erhöhung der Erbschaftssteuer nicht hätte vorgeschrieben werden dürfen, weil zum Nachlaßvermögen nach WS nicht ein Anteil an einer Liegenschaft, sondern ein solcher an einer offenen Handelsgesellschaft gehörte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 437/61, von dem den Parteien auf Verlangen werden Abschriften übermittelt werden). Die Vorschreibung dieser Erhöhung hat aber die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht bekämpft.

Somit erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1963:1962001103.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-53902