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VwGH 11.12.1968, 1092/68

VwGH 11.12.1968, 1092/68

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
BAO §23 Abs3;
RS 1
Haben die Vertragspartner das wirtschaftliche Ergebnis eines formalrechtlich ungültigen Vertrages eintreten und bestehen lassen, können sie sich der Abgabenbehörde gegenüber nicht mit Erfolg auf die Nichtigkeit dieses Vertrages berufen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp, Hofstätter und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Sektionsrat Dr. Walter über die Beschwerde des JW in W, vertreten durch Dr. Alfons Leuprecht, Rechtsanwalt in Innsbruck, Sparkassendurchgang 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat, vom , Zl. 1989/1-I/67, betreffend Einkommensteuer 1964 und 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Tirol) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung nach Anton W., dem Vater des Beschwerdeführers, wurde am vor dem mit der Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung als Gerichtskommissär betrauten Notar zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwester als erbserklärten Erben ein Übereinkommen geschlossen, laut welchem der Beschwerdeführer den gesamten aktiven Nachlaß in sein Eigentum übernahm, sich jedoch verpflichtete, seiner Schwester bei entsprechender Berücksichtigung der von dieser bereits zu Lebzeiten des Erblassers erhaltenen Vorausempfänge eine monatliche Rente in der Höhe des Mietzinses (derzeit S 2.500,--) zu bezahlen, der aus der Vermietung von bestimmten Räumlichkeiten in einem zum Nachlaßvermögen gehörigen Haus erzielt wird.

In den väterlichen Nachlaß fiel auch eine Liegenschaft, die einen "geschlossenen Hof" im Sinne des Tiroler Höfegesetzes darstellte und in der Höfeabteilung des Grundbuches eingetragen war. Im oberwähnten Erbübereinkommen wurde hiezu festgestellt, daß das Hofgebäude vollkommen niedergerissen sei und kein landwirtschaftliches Bauobjekt mehr bestehe. An Stelle des Hofgebäudes sei ein modernes Doppelhaus erbaut worden, in dem sich u. a. die Räumlichkeiten einer Sparkasse und verschiedene Geschäftsräumlichkeiten sowie Mietwohnungen befänden. Mit Bescheid vom sprach dann die Höfekommission auf Ansuchen des Beschwerdeführers die Hofauflösung aus, weil das landwirtschaftliche Gebäude in ein Geschäfts- und Wohnhaus umgebaut worden und wegen der beruflichen Entfremdung des Beschwerdeführers eine Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebes nicht zu erwarten sei.

In der Einkommensteuererklärung für die Jahre 1964 und 1965 setzte der Beschwerdeführer die an seine Schwester gezahlten Renten gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 EStG als Sonderausgaben ab. Dagegen stellte sich das Finanzamt anläßlich der Einkommensteuerveranlagung auf den Standpunkt, daß die Rentenzahlungen eine Gegenleistung für die Überlassung des Erbteiles darstellten, die erst dann abzugsfähig seien, sobald die Summe der gezahlten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung zum Zeitpunkt der Übertragung übersteige. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er machte - neben anderen Einwendungen, die in der vorliegenden Beschwerde nicht mehr aufrechterhalten werden - im Zuge des Berufungsverfahrens insbesondere geltend, es habe sich bei dem geerbten Anwesen des Beschwerdeführers um einen "geschlossenen Hof" gehandelt, weshalb das dem Tiroler Höferecht widersprechende Erbübereinkommen vom ungültig und daher auch steuerlich nicht zu beachten sei. Die belangte Behörde gab mit Bescheid vom der Berufung des Beschwerdeführers - von einem nicht mehr Gegenstand der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bildenden Punkt abgesehen - keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung im wesentlichen damit, daß nach dem Inhalt des Abhandlungsprotokolles vom davon auszugehen sei, daß die Schwester des Beschwerdeführers durch Abgabe der Erbserklärung Erbin an der Hälfte des Nachlasses geworden sei und daß sie durch das in der Folge geschlossene Erbübereinkommen vom dieses erworbene Vermögen an den Beschwerdeführer veräußert habe. Daran ändere auch der Einwand des Beschwerdeführers nichts, seine Schwester sei wegen des Höferechtes nicht erbberechtigt gewesen, sondern habe nur einen Abfertigungsanspruch erworben. Müsse doch darauf hingewiesen werden, daß der Erbvertrag vor einem Notar geschlossen worden sei und daß die erbrechtlichen Bestimmungen des Höferechtes als bekannt vorausgesetzt werden müßten. Zweifellos sei es der übereinstimmende Wille der Vertragspartner gewesen, die Bestimmungen des Höferechtes nicht wirksam werden zu lassen, weil die betreffende Liegenschaft nur mehr formell einen geschlossenen Hof dargestellt habe. Tatsächlich sei durch den Umbau des Hofes in ein Geschäftshaus keine Hofstelle mehr vorhanden gewesen, der Liegenschaftseigentümer sei dem bäuerlichen Beruf bereits entfremdet und eine Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebes nicht mehr zu erwarten gewesen. Die zuständige Höfekommission habe daher über Ansuchen des Beschwerdeführers mit Bescheid vom die Hofauflösung ausgesprochen. Der Einwand des Beschwerdeführers sei aber auch wegen der Bestimmung des § 23 Abs 4 BAO unbeachtlich, wonach die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes für die Abgabenerhebung insoweit und solange ohne Bedeutung sei, als nicht die Anfechtung mit Erfolg durchgeführt worden sei. Die vom Beschwerdeführer an seine Schwester geleisteten Renten stünden daher mit dem Erwerb von Wirtschaftsgütern in unmittelbarem Zusammenhang. Da nach dem Abhandlungsprotokoll geschlossen werden müsse, daß Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis gestanden seien, sei die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 EStG anzuwenden und die Abzugsfähigkeit der Rentenzahlungen als Sonderausgaben erst dann gegeben, sobald sie den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung überstiegen hätten. Dies sei jedoch in den Jahren 1964 und 1965 noch nicht der Fall gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 EStG sind Renten, die als Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet werden, nur insoweit abzugsfähig, als die Summe der gezahlten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung zum Zeitpunkt der Übertragung übersteigt.

Daß die vom Beschwerdeführer an seine Schwester gezahlten Renten nach dem Inhalt des Erbübereinkommens vom als Gegenleistung für die Überlassung von Wirtschaftsgütern anzusehen sind, ist unbestritten. Der Beschwerdeführer behauptet jedoch, daß dieses Erbübereinkommen nichtig gewesen sei, weil es den Bestimmungen des Tiroler Höferechtes widersprochen habe. Hiebei übersieht er zunächst, daß die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes für die Abgabenerhebung solange ohne Bedeutung ist, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftlichen Ergebnis eintreten und bestehen lassen (§ 23 Abs. 3 BAO). Das war hier stets der Fall, weil sich der Beschwerdeführer und seine Schwester von allem Anfang an an das Erbübereinkommen vom gehalten haben. Im übrigen kann es sich höchstens um einen formalrechtlichen Mangel gehandelt haben, weil nach den im Abhandlungsprotokoll niedergelegten Feststellungen das ehemalige Hofgebäude noch vom Vater des Beschwerdeführers vollkommen niedergerissen und an dessen Stelle ein Geschäfts- und Mietwohnhaus errichtet worden war. Ein wegen der grundbuchsrechtlichen Behandlung dieser Liegenschaft als "geschlossener Hof" allenfalls vorhanden gewesener formaler Mangel wurde aber jedenfalls durch den Bescheid der Höfekommission vom , mit dem auf Antrag des Beschwerdeführers die Hofauflösung ausgesprochen wurde, restlos saniert, sodaß die belangte Behörde ihn auf keinen Fall mehr zu beachten hatte.

Wenn der Beschwerdeführer weiters einwendet, daß entgegen der von der belangten Behörde im vorliegenden Fall vertretenen Rechtsauffassung die an die Schwester des Beschwerdeführers gezahlten Rentenbeträge bei dieser als "Mieteinnahmen" zur Gänze der Einkommensteuer unterworfen wurden, so kann er auch aus dieser Tatsache für sich nichts gewinnen, weil niemand daraus, daß sein Vertragspartner unrichtig besteuert wurde, für sich das Recht ableiten kann, gleichfalls unrichtig besteuert zu werden.

Sofern aber der Beschwerdeführer schließlich noch rügt, daß das Verfahren der belangten Behörde deshalb mangelhaft geblieben sei, weil ihm die letzten Ergebnisse der Beweisaufnahmen nicht zur Stellungnahme vorgehalten wurden, so läßt sich aus dem Akteninhalt ein solcher Mangel nicht erkennen. Nach einem Aktenvermerk vom hat der Referent der belangten Behörde die strittigen Rechtsfragen ausführlich mit dem bevollmächtigten Rechtsanwalt des Beschwerdeführers durchgesprochen; auch wurde an den Beschwerdeführer selbst noch am ein in vier Punkten aufgegliederter schriftlicher Vorhalt gerichtet. Schließlich stützt sich der angefochtene Bescheid ausschließlich auf Beweismaterial, das der Beschwerdeführer selbst vorgelegt hat. Es läßt sich somit in keiner Weise erkennen, welche Beweisergebnisse dem Beschwerdeführer vorenthalten worden wären, zumal auch die Beschwerde präzise Angaben hierüber nicht enthält.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsgerichtshofverfahrens gründet sich auf § 48 Abs. 2 VwGG 1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
BAO §23 Abs3;
Sammlungsnummer
VwSlg 3830 F/1968
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1968:1968001092.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-53869