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VwGH 27.10.1960, 1087/59

VwGH 27.10.1960, 1087/59

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
WRG 1934 §12 Abs1 idF 1947/144;
WRG 1934 §12 Abs2 idF 1947/144;
WRG 1959 §12 Abs1 impl;
WRG 1959 §12 Abs2 impl;
WRG 1959 §36 impl;
RS 1
Der im Kärntner Gemeindewasserversorgungsgesetz 1958 vorgesehene Anschluss- und Benützungszwang kann im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für eine gemeindefremde Wasserversorgungsanlage von der Gemeinde als Inhaberin einer öffentlichen Wasserversorgungsanlage nicht als bestehendes Recht im Sinne des § 12 Abs. 1 und 2 des WRG 1934 eingewendet werden.
Normen
WRG 1934 §32;
WRG 1959 §36 impl;
RS 2
Die zu § 32 WRG 1934 ergangenen Ausführungsbestimmungen des Kärntner Gemeindenwasserversorgungsgesetzes schließen keineswegs aus, dass weiterhin neben der Gemeindewasserversorgungsanlage anderweitige Wasserversorgungsanlagen benützt oder neu in Betrieb genommen werden.

Entscheidungstext

Beachte

Siehe:

2066/59 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler als Vorsitzenden und die Räte Dr. Borotha, Penzinger, Dr . Krzizek und Dr. Kadecka als Richter, im Beisein des Richters Dr. Kirschner als Schriftführer, über die Beschwerde der D-AG in W gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 98.321/2- 86.757/58, betreffend Bewilligung einer Wasserversorgungsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am beim Amte der Kärntner Landesregierung den Antrag, ihr die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung ihrer für das Haus B Nr. 78 bestehenden (im Jahre 1948 errichteten) Wasserversorgungsanlage zwecks Einbeziehung des Hauses B Nr. 13, in welchem sich auch ein Gastgewerbebetrieb befindet, zu erteilen.

Bei der hierüber am abgeführten mündlichen Verhandlung brachte die Gemeinde B, die mitbeteiligte Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, u. a. vor, dass ihr mit Bescheid des Landeshauptmannes vom bzw. die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer öffentlichen Trinkwasser-Versorgungsanlage für B und Umgebung erteilt worden sei und dass bereits seit 3 Jahren an dieser Anlage gebaut werde. In diesem Projekt sei auch der Anschluss der Häuser B Nr 13 und 78 vorgesehen. Würde die Anlage der Beschwerdeführerin genehmigt, so würde die Erhaltung der Gemeindeanlage in Frage gestellt werden. In einem nachfolgenden Schreiben vom bekräftigte sie diesen Standpunkt und führte aus, dass die Gemeindeanlage die Wasserversorgung voraussichtlich in zwei Jahren werde aufnehmen können.

Nach eingehenden Feststellungen über die Tauglichkeit des für die Brunnenanlage zu benützenden Grundwassers und zwischenweilig erfolgten Verbesserungen an der Brunnenanlage erging der Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , mit welchem der Beschwerdeführerin unter Berufung auf die §§ 82 Abs. 1 lit. c und 93 des Wasserrechtsgesetzes 1934 in der Fassung der Wasserrechtsnovelle 1947, BGBl. Nr. 144/1947, (kurz: WRG) die beantragte Bewilligung bei gleichzeitiger Vorschreibung von Auflagen auf die Dauer von 15 Jahren erteilt wurde. Aus der Begründung geht hervor, dass die Bewilligung mit Rücksicht auf die einwandfreie Beschaffenheit des zur Verwendung gelangenden Wassers und die Grundwasserführungsverhältnisse zu erteilen gewesen sei. Die von der Gemeinde B für ihren Standpunkt ins Treffen geführten Vorschriften des Kärntner Gemeindewasserversorgungsgesetzes vom , LGBl. Nr. 12, seien nicht in Betracht zu ziehen gewesen, weil die Durchführung dieser Bestimmungen der Gemeinde obliege.

Gegen die Bewilligung der Anlage auf die Dauer von 15 Jahren erhob die Gemeinde B Berufung, in der sie insbesondere geltend machte, dass nach dem nunmehrigen Kärntner Gemeindewasserversorgungsgesetz 1958 die betreffenden Objekte dem Anschlusszwang unterliegen und dass die Anlage im übrigen nicht auf so lange Zeit einwandfreies Wasser werde liefern können.

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als die Bewilligung nur für die Zeit bis zur Fertigstellung der Gemeindewasserversorgungsanlage B erteilt wurde.

Über die gegen diesen Bescheid "wegen Rechtswidrigkeit" erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführerin bedurfte für ihre Wasserversorgungsanlage gemäß § 10 Abs. 1 und 2 WRG einer wasserrechtlichen Bewilligung, weil es sich einerseits nicht nur um die Deckung des "Haus- und Wirtschaftsbedarfes des Grundeigentümers", also einer in sich abgeschlossenen Wirtschaftseinheit handelte, anderseits die Erschließung und Benutzung des Grundwassers weder durch artesische Brunnen noch durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgen sollte.

Im Bewilligungsverfahren konnte die Gemeinde B - so wie alle sonstigen Parteien des wasserrechtlichen Verfahrens - taugliche Einwendungen nur nach den Bestimmungen des § 12 Abs. 1 und 2 oder des § 13 Abs. 3 WRG vorbringen. Da sie im Sinne letzterer Vorschrift (übermäßiger Wasserentzug) keinerlei Befürchtungen ins Treffen geführt hat, blieb ihr mithin nur die Möglichkeit offen, eine Beeinträchtigung des ihr bereits erteilten Wasserrechtes zur Errichtung einer Gemeindewasserversorgungsanlage geltend zu machen.

Wenngleich § 12 Abs. 2 WRG wörtlich nur rechtmäßig geübte Wassernutzungen als bestehende und zu berücksichtigende Rechte Dritter bezeichnet, muss darunter noch richtig das Recht zur Ausübung einer Wassernutzung verstanden werden, weil ja bestehende Rechte solcher Art im Abs. 1 dieser Gesetzesstelle als schutzwürdig erklärt worden sind und darunter nicht nur die Ausübung der Rechte verstanden werden kann. Daraus erhellt, dass nicht erst ein abgeschlossener und bereits in Betrieb genommener Wasserbau die in § 12 Abs. 1 und 2 WRG bezeichnete Qualifikation eines "bestehenden Rechtes" erzeugen kann, sondern dass dies vielmehr bereits durch die rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung - das Wasserrecht - bewirkt werden muss. Eine andere Auslegung wäre auch nicht sinnvoll, da ja andernfalls z. B. Wasserbauten, die eine längere Ausführungsdauer benötigen, jederzeit durch konkurrierende Projekte Dritter schutzlos beeinträchtigt werden könnten.

Die Gemeinde B musste also grundsätzlich berechtigt sein, im Hinblick auf das ihr erteilte Wasserrecht Einwendungen gegen das Projekt der Beschwerdeführerin zu erheben. Sie hat nun nicht etwa vorgebracht, dass das Projekt der Beschwerdeführerin ihr Wasserrecht unmittelbar zu verletzen geeignet sei, jedoch geltend gemacht, dass die nach diesem Projekt mit Wasser zu versorgenden Gebäude in den Pflichtbereich ihrer Gemeindewasserversorgungsanlage im Sinne des § 3 des Kärntner Gemeindewasserversorgungsgesetzes 1958 fielen. Die Beschwerdeführerin würde nach den Bestimmungen des II. Abschnittes dieses Gesetzes, da es sich um einen Hausbrunnen handle (§ 8 Z 1 lit. a), verhalten sein, die betreffenden Objekte an die Gemeindewasserversorgungsanlage anzuschließen, sodass eine über den Zeitpunkt der Inbetriebnahme dieser Anlage hinausgehende wasserrechtliche Bewilligung an die Beschwerdeführerin nicht zu erteilen sei.

Dieses Vorbringen war jedoch nicht geeignet, eine Beeinträchtigung des der Gemeinde B erteilten Wasserrechtes im Zusammenhange mit den Bestimmungen des Gemeindewasserversorgungsgesetzes darzutun. Die zu § 32 WRG ergangenen Ausführungsbestimmungen des Kärntner Gemeindewasserversorgungsgesetzes 1958 sichern der Gemeinde durch Einführung eines Anschluss- und Benützungszwanges einen bestimmten Abnehmerkreis. Damit ist zwar dafür Vorsorge getroffen, dass die Gemeindewasserversorgungsanlage in wirtschaftlicher Weise genützt wird und im Gemeindebereich einwandfreies Trink- und Nutzwasser zur Verwendung gelangt. Dies schließt aber keineswegs aus, dass - wie dies auch § 8 des vorbezogenen Gemeindewasserversorgungsgesetzes vorgesehen hat - weiterhin neben der Gemeindewasserversorgungsanlage anderweitige Wasserversorgungsanlagen benützt oder neue in Betrieb genommen werden. Um zu vermeiden, dass solche Nutzungen entgegen den gesundheitlichen Anforderungen oder in einer der Wirtschaftlichkeit der Gemeindewasserversorgungsanlage abträglichen Weise erfolgen, wurde dem Bürgermeister in § 7 Abs. 2 des mehrfach erwähnten Kärntner Gemeindewasserversorgungsgesetzes 1958 die Handhabe geboten, durch Bescheid die Einschränkung der Errichtung von Wasserversorgungsanlagen oder deren Auflassung anzuordnen.

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Beschwerdefall, dass die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Gemeindewasserversorgungsanlage in Kärnten nicht auch das aus dem neuen Gemeindewasserversorgungsgesetz abzuleitende und im Sinne des § 12 WRG im Bewilligungsverfahren für eine anderweitige Wasserversorgungsanlage zu berücksichtigende Recht in sich schließt, dem Wasserversorgungsprojekt eines Dritten mit der Einwendung entgegenzutreten, dass es den Vorschriften über den Anschluss- und Benützungszwang widerspreche. Ein Recht auf Unterlassung einer derartigen Wasserbenützung kann vielmehr erst durch den rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters begründet und durchgesetzt werden, dies allerdings unter der - im Beschwerdefalle überdies noch nicht gegebenen - Voraussetzung, dass die Gemeindewasserversorgungsanlage bereits besteht und damit der Pflichtbereich im Sinne des § 3 des Kärntner Gemeindewasserversorgungsgesetzes 1958 begründet ist.

Die im Verwaltungsverfahren durch die Gemeinde B erhobene Forderung auf Unterlassung der durch die mitbeteiligte Partei geplanten Wassernutzung, sei dies auch erst für den Zeitraum ab Inbetriebsetzung der Gemeindewasserversorgungsanlage, wäre deshalb wegen des grundsätzlichen Mangels eines im Verfahren vor der Wasserrechtsbehörde tauglich einzuwendenden Rechtstitels durch die belangte Behörde als Berufungsbehörde abzuweisen gewesen, dies allerdings unter der Voraussetzung, dass der Landeshauptmann zuständigerweise in erster Instanz eingeschritten wäre. Dies war jedoch nicht der Fall, und zwar aus folgenden Gründen:

Der Landeshauptmann hat seine Zuständigkeit zur Entscheidung in erster Instanz aus der Bestimmung des § 82 Abs. 1 lit. c WRG abgeleitet. Danach ist er u. a.. zuständig für Grundwassererschließungs- und Wasserversorgungsanlagen, deren Umfang über den Bedarf bäuerlicher oder kleingewerblicher Betriebe oder einzelner Siedlungen hinausgeht. Nach den Sachverhaltsannahmen der eingeschrittenen Behörden handelt es sich bei den zu versorgenden Objekten um zwei Wohnhäuser, in deren einem sich auch ein Gastbetrieb befindet. Dass diese beiden Objekte eine "Siedlung" vorstellen, also eine Anhäufung von Wohn- und Arbeitsstätten, konnte bei zwei einzelnen, miteinander überdies (laut Plan) nicht in näherem Zusammenhang stehenden Wohnhäusern wohl von vornherein nicht angenommen werden. Es musste aber jedenfalls unrichtig sein, das Vorliegen eines über den Bedarf einer Siedlung hinausgehenden Wasserbauprojektes zu konstatieren, während von einem entsprechenden Bedarf bäuerlicher oder kleingewerblicher Betriebe bei diesem Sachverhalt ebenso wenig die Rede sein konnte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F Nr. 4787/A).

Da auch keine andere Bestimmung des § 82 WRG auf die Zuständigkeit des Landeshauptmannes für diesen Fall hinweist, wäre richtig die Bezirksverwaltungsbehörde berufen gewesen, in erster Instanz abzusprechen.

Weil die belangte Behörde dies nicht erkannt und die erstinstanzliche Entscheidung nicht wegen Unzuständigkeit des als Erstbehörde eingeschrittenen Landeshauptmannes beseitigt hat, musste der von der Beschwerde bekämpfte Bescheid bereits aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein näheres Eingehen auf die sonstigen Beschwerdeausführungen.

Wien, am

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Normen
WRG 1934 §12 Abs1 idF 1947/144;
WRG 1934 §12 Abs2 idF 1947/144;
WRG 1934 §32;
WRG 1959 §12 Abs1 impl;
WRG 1959 §12 Abs2 impl;
WRG 1959 §36 impl;
Sammlungsnummer
VwSlg 5404 A/1960
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1960:1959001087.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-53849