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VwGH 13.11.1975, 1068/73

VwGH 13.11.1975, 1068/73

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
ASVG §49 Abs1
KAG Wr 1958 §33
RS 1
Ausführungen zur Frage des Entgeltcharakters im Sinne des § 49 Abs 1 ASVG von zusätzlichen Leistungen an Sekundarärzte.
Normen
ASVG §49 Abs1
KAG Wr 1958
RS 2
Arztgebühren im Sinne des § 34 Abs 2 lit b des oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes, LGBl Nr 19/1958, sind nicht als Honoraransprüche gegen die Pfleglinge, sondern als Ansprüche der Ärzte gegen den Rechtsträger der Anstalt zu werten.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2588/59 E VwSlg 5828 A/1962 RS 5
Norm
VwGG §42 Abs2 lita
RS 3
Die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, geht einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (StVO).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1219/66 E VwSlg 7383 A/1968 RS 7

Entscheidungstext

Beachte

Besprechung in:

zas 1977/23, S153;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Dolp und die Hofräte Dr. Raschauer, Mag. DDr. Heller, Dr. Iro und Öhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Korsche, über die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte in Wien - Beschwerde gemäß § 24 Abs. 2 VwGG 1965 versehen mit der Unterschrift des Rechtsanwaltes Dr. Hans Krenn in Wien VI, Gumpendorferstraße 25 - gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 14-M 86/68, betreffend Beitragsvorschreibung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei hat mit Bescheid vom ausgesprochen, daß die Gemeinde W gemäß § 58 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 44 Abs. 2 und 49 Abs. 1 ASVG verpflichtet sei, von den an 28 Ärzte und drei sonstige Bedienstete, die namentlich unter der Angabe von Zeiten angeführt sind, ausbezahlten, der Kasse jedoch nicht gemeldeten, beitragspflichtigen Entgeltsteile (Sondergebühren in den städtischen Krankenanstalten) Beiträge in der Höhe von S 24.910,15 (wobei auf die beiliegende Nachbelastung verwiesen wurde) nach Zustellung des Bescheides an die beschwerdeführende Partei zu entrichten. In der diesem Bescheid beigegebenen Begründung heißt es u.a., im Zug einer Beitragsprüfung in der städtischen Krankenanstalt F in W sowie einer Vorsprache des Inspektorates in der M habe die beschwerdeführende Partei davon Kenntnis erlangt, daß die genannten Versicherten (Ärzte und Pflegepersonal) eine sogenannte Sondergebühr nach den Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes ausbezahlt erhalten hätten. Diese Sondergebühren würden von der Anstaltsverwaltung den Privatpatienten in Rechnung gestellt und nach einem Verteilungsschlüssel an die Ärzte und an das Pflegepersonal ausgezahlt. Diese Beträge würden nicht der M zwecks Verrechnung zur Sozialversicherung gemeldet, sondern die angeführten Ärzte erhielten am Ende des Jahres die Höhe der erhaltenen Sondergebühren für die Einkommensteuererklärung. Seitens der beschwerdeführenden Partei seien daher diese an die Genannten tatsächlich zur Auszahlung gelangten Bezüge, weil sie im ursächlichen Zusammenhang mit den Tätigkeiten als Anstaltsarzt und Pflegedienst gestanden hätten, ein Bestandteil des bezogenen Entgeltes, der ebenfalls für die Beitragsbemessung gemäß § 49 Abs. 1 ASVG heranzuziehen sei. Die Höhe des im Spruch angeführten Betrages sei, wie aus der beigeschlossenen Nachbelastung ersichtlich, unter Anwendung der §§ 44 Abs. 1, 45 und 49 Abs. 1 ASVG errechnet und vorgeschrieben worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der M Einspruch, in dem unter anderem ausgeführt wurde, daß die den im angefochtenen Bescheid angeführten Dienstnehmern zugekommenen Beträge keine Sondergebühren nach den Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes darstellen würden. Daher könnten diese Beträge auch nicht auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes gebühren. Sondergebühren stünden nur den Abteilungs- oder Institutionsvorständen (Primarärzten), Konsiliarärzten und besonderen Fachärzten zu. Anderen Personen (Spitalsärzten und Pflegepersonal) gebührten daher keine Sondergebühren. Die von der beschwerdeführenden Partei festgestellten „Entgeltteile“, die die im angefochtenen Bescheid angeführten Dienstnehmer erhalten hätten, seien vielmehr Leistungen der Primarärzte an einen Teil der ihnen unterstehenden Spitalsärzte. Welcher Personenkreis diese Beträge erhalte und auch deren Höhe würden ausschließlich die Primarärzte bestimmen. Die Aufteilung der von den Primarärzten festgesetzten Beträge an die Spitalsärzte werde zwar von Bediensteten der Anstaltsverwaltung besorgt, jedoch auf Grund eines privaten Übereinkommens mit den Primarärzten. Die in Rede stehenden Zuwendungen der Primarärzte an die Spitalsärzte stellten somit keine Entgeltteile im Sinne der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes dar, auf die die Spitalsärzte kraft ihres Dienstverhältnisses zur Stadt W Anspruch hätten. Es handle sich hier vielmehr um Beträge, die außerhalb des Dienstverhältnisses zur Stadt W für Tätigkeiten, die die genannten Ärzte für die Abteilungsvorstände durch die Betreuung und Behandlung der Klassepatienten verrichteten, von diesen erhielten. Die den Spitalsärzten zukommenden Beträge könnten daher nur als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit qualifiziert werden. Als solche würden sie auch in steuerlicher Hinsicht gelten. Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit der Spitalsärzte spreche zudem der Umstand, daß hiebei nicht eine dauernde, sondern lediglich eine gelegentlich ausgeübte Tätigkeit außerhalb der normalen Arbeitsverpflichtung vorliege, die außerdem nicht beaufsichtigt werde (vertretungsweise Tätigkeiten während der Abwesenheit des Primararztes). Dies gehe auch schon daraus hervor, daß für den erhöhten Personalaufwand für die höheren Gebührenklassen neben der Arztgebühr eine Anstaltsgebühr eingehoben werde. Diese Anstaltsgebühr fließe zur Gänze der Stadt W zu; die Tätigkeit der Spitalsbediensteten für die Patienten der höheren Gebührenklasse sei durch den Gehalt abgedeckt. Der M sei daher der Ansicht, daß die von den Primarärzten den Spitalsärzten gemachten Zuwendungen keinen Anspruch aus dem Dienstverhältnis zur Stadt W darstellen und darüber hinaus auch keine Leistungen seien, die die Spitalsärzte auf Grund des Dienstverhältnisses zur Stadt W vom Dienstgeber oder einem Dritten erhielten. Der Entgeltcharakter dieser Zuwendungen im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG sei daher nicht gegeben. Die Behauptung, daß die im Bescheid genannten Dienstnehmer Franz H., Lieselotte L. und Helga M. Sondergebühren erhalten hätten, sei insofern unrichtig, als es sich bei diesen Bediensteten nicht um Pflegepersonal, sondern um Kanzlei- und Verwaltungsbedienstete handle, die über Ersuchen der Primarärzte die Aufteilung der den Spitalsärzten gemachten Zuwendungen vornehmen und dafür von den Primarärzten Honorare erhielten. Diese Tätigkeiten würden ebenfalls außerhalb des Dienstverhältnisses zur Stadt W, und zwar auch außerhalb der Dienstzeit in den Wohnungen der städtischen Bediensteten verrichtet, wobei sie an keine im woraus festgelegte Arbeitszeit gebunden seien. Es handle sich um eine Verpflichtung, die einem Werkvertragsverhältnis gleichzuhalten sei, wozu noch komme, daß die Arbeiten zum Teil auch in Heimarbeit geleistet würden. Sie stünden daher überhaupt in keinem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Nun vermöge aber eine Heimarbeit, sofern sie nicht den arbeitsrechtlichen Vorschriften unterläge, ein Verhältnis persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG nicht zu begründen. Daß im vorliegenden Fall arbeitsrechtlich Heimarbeit nicht vorliege, ergebe sich aus § 2 Abs. 1 des Heimarbeitsgesetzes 1960. Es könne daher auch keine Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben sein. Was die Höhe der nachzuentrichtenden Beiträge anlange, könne dem angefochtenen Bescheid entnommen werden, daß die beschwerdeführende Partei der Ansicht sei, gemäß § 68 Abs. 1 ASVG sei die Verjährungsfrist von sieben Jahren anzuwenden. Dies wäre jedoch nur dann der Fall, wenn der Dienstgeber überhaupt keine oder bewußt unwahre Angaben über die im angefochtenen Bescheid angeführten Personen oder über deren Entgelt erstattet hätte. Diese Unterstellung werde jedoch entschieden zurückgewiesen, weil die im bekämpften Bescheid angeführte Mehrheit von Personen als Dienstnehmer der Stadt W ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet und das von ihnen in dieser Eigenschaft jeweils bezogene Entgelt der beschwerdeführenden Partei bekanntgegeben worden sei.

Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid diesem Einspruch Folge und stellte gemäß den §§ 413 und 414 in Verbindung mit §§ 355 ASVG fest, „daß der Magistrat der Stadt W nicht verpflichtet ist, die mit dem angefochtenen Bescheid für die Dienstnehmer ... (es folgen die Namen und Zeiten) auf Grund von §§ 44 Abs. 1 und 49 Abs. 1 ASVG vorgeschriebenen Beiträge in der Höhe von insgesamt S 24.910,15 an die W G zu entrichten“. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt: Der Gesetzgeber habe nur jene Beträge als Entgelt gewertet und damit im Monatszeitraum in die Beitragsgrundlage einbezogen, die in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit der tatsächlichen Dienstverrichtung im Rahmen des Dienstverhältnisses stünden. Der Begriff Dienstverhältnis müsse hiebei so verstanden werden, daß ein solches jene Tätigkeiten umfasse, die auf Grund der Anordnungen des unmittelbaren obersten Vorgesetzten verrichtet würden und die gleichzeitig von integrierender Wichtigkeit für den dienstlich zugewiesenen Aufgabenbereich selbst seien. Auf die Spitalstätigkeiten übertragen heiße dies, daß die dem Dienstverhältnis selbst entspringenden Tätigkeiten, worunter sowohl direkte ärztliche Verrichtungen wie auch außerordentliche Agenden in Notfallsituationen fielen, der überwiegenden Mehrzahl der Patienten zugute kommen müßten. Die ärztlichen Verrichtungen innerhalb des Dienstverhältnisses zur Stadt W müßten daher über oberste Anweisung der jeweiligen Spitalsleitung im Interesse aller Patienten ohne Unterschied darin verrichtet werden, ob der Patient nun erster oder auch dritter Klasse liege oder die finanziellen Mittel besitze, sich höherwertige Leistungen ärztlicher Natur oder auch hinsichtlich der allgemeinen Betreuung leisten zu können. Nur ärztliche Verrichtungen der vorbeschriebenen Natur entsprängen daher einer durch die Spitalsleitung vorgenommenen Fremdbestimmung und auch deren Weisungshoheit, wenn auch zuzugestehen sei, daß Spitalsärzte auf Grund der genossenen Fachausbildung der stillen Autorität ihrer Dienstgeber unterliegen würden. Wenn nun jedoch, wie im vorliegenden Fall, Tätigkeiten für eine besondere Sparte von Patienten, nämlich für die finanzkräftigsten Klassepatienten, verrichtet würden, könnten diese Tätigkeiten nicht die vorerwähnten Merkmale an sich tragen. Dies schon deshalb nicht, weil es nicht der oberste Vorgesetzte der Spitalsärzte, die Spitalsleitung sei, die veranlasse, daß diese Patienten in die Krankenanstalt eingewiesen würden und von Beginn an eine Sonderbehandlung erfahren würden, sondern dies auf Anordnung des einweisenden Primararztes erfolge. Der Primararzt bestimme nach der Einweisung, was mit den Klassepatienten, die vorher meist in der Privatordination des Primararztes betreut worden seien, zu geschehen habe und bringe diesen auch sein eigenes Honorar in Anrechnung. Gleichlaufend mit diesen Maßnahmen sei es jedenfalls nicht vermeidbar, daß der Primararzt als mittelbarer Vorgesetzter der Spitalsärzte besondere Anordnungen für seine Klassepatienten treffe und auch den Spitalsärzten für diese Sonderpatienten Anweisungen erteile. Dieser Umstand bringe es jedoch mit sich, daß die Spitalsärzte, die solche Sondertätigkeiten verrichteten, diese zu jeder Tages- und Nachtzeit eben direkt für den Primararzt und nicht für die Spitalsleitung, die nur Leistungen innerhalb der dienstlich zumutbaren Arbeitszeit verlangen könne, durchführten. Diesen Leistungen der Spitalsärzte hafte somit der Charakter der Freiwilligkeit und der Selbständigkeit an, da der Primararzt nur als mittelbarer Vorgesetzter der Spitalsärzte prinzipiell kein Mittel zur Hand haben könne, um den betreffenden Spitalsarzt außerhalb der dienstlich zumutbaren Arbeitszeit zu Leistungen für mehr oder weniger private Klassepatienten zu verhalten und die Spitalsleitung an sich keinen Einfluß auf die Vorgänge und die eigenen Patienten des jeweiligen Primararztes zu nehmen vermöchte. Die Spitalsärzte würden somit für den Primararzt hinsichtlich der privaten Klassepatienten einzelne Werke in Form der erbetenen Verrichtungen vollbringen, welcher Natur sie auch sein mögen. Diesen Verrichtungen ermangle völlig der Charakter der Bindung an einen auf Dauer vorbestimmten Arbeitszweck sowie auch der Regelmäßigkeit und der Gebundenheit hinsichtlich der Dauer der aufzuwendenden Arbeitszeit. Derlei Agenden würden vielmehr von den Spitalsärzten aus freien Stücken und je nach Bedarf verrichtet. Daraus ergebe sich, daß die in Frage stehenden Verrichtungen nicht die Bezahlung eines Entgelts aus dem Dienstverhältnis zur Stadt W nach sich ziehen könnten. Überdies deswegen nicht, weil ein Primararzt nicht als Unterdienstgeber der Wiener Spitalserhalter angesehen, sondern nur als Privatperson betrachtet werden könne. Die Belohnungen (der Spitalsärzte) erfolgten jedoch im Prinzip unregelmäßig, auch wenn sie zum Jahresende als Pauschalsumme zur Ausprägung gelangten. Sie könnten daher schon ihrer Natur nach weder dem monatlichen Arbeitsverdienst, der einen streng umgrenzten Begriff darstelle, noch den Sonderzahlungen zugerechnet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wogen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

In dieser Beschwerde vertritt die beschwerdeführende Partei zusammenfassend die Ansicht, daß die Abteilungsärzte und das Pflegepersonal im Rahmen ihres Dienstverhältnisses am Dienstort, während der Dienstzeit und eingeflochten in alle übrigen Dienstverrichtungen eben auch Dienstleistungen an Patienten der Krankenanstalt in einem Zimmer der ersten Klasse erbringen und von diesen Patienten ein zusätzliches Entgelt erhalten würden. Dieses zusätzliche Entgelt sei ohne Zweifel durch § 49 ASVG erfaßt. Daran möge auch der Umstand nichts zu ändern, wonach die zusätzlichen Entgelte der Ärzte und des Pflegepersonals nicht in Einzelfällen ausbezahlt, sondern gesammelt und in bestimmten Zeitabständen nach einem Schlüssel an die Dienstnehmer der Krankenanstalt (Ärzte und Krankenpflegepersonal) überwiesen würden. Dieser Umstand werde lediglich in einem künftigen Verfahren vor der Verwaltungsbehörde zu prüfen sein, wenn es darum gehe zu beurteilen, ob für das zusätzliche Entgelt vom Dritten allgemeine Beiträge oder Sonderbeiträge zu entrichten sein werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Gemäß der im Beschwerdefall grundsätzlich heranzuziehenden Bestimmung des § 49 Abs. 1 ASVG ist der Entgeltcharakter der an Ärzte des in W gelegenen „F Spitals“ auf Grund der einschlägigen Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes ausbezahlten zusätzlichen Bezüge davon abhängig, ob diesen Bezügen die Eigenschaft anhaftet, daß der pflichtversicherte Arzt auf Grund seines Dienstverhältnisses einen Anspruch darauf hat, oder darüber hinaus auf Grund dieses Dienstverhältnisses er diese Bezüge vom Dienstgeber oder vom einem Dritten erhält (welch letztere Frage auf Grund des vorgegebenen Sachverhaltes von entscheidender Bedeutung ist).

Nach den Bestimmungen des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Wiener Krankenanstaltengesetzes LGBl. Nr. 1/1958 kann neben der Pflegegebühr eine Sondergebühr eingehoben werden, wenn der Patient (das Gesetz verwendet den Namen „Pflegling“) sich in einer anderen als der allgemeinen Gebührenklasse befindet. Diese Sondergebühr besteht aus einer „Anstaltsgebühr“ und einer „Arztgebühr“. Die Anstaltsgebühr dient zum Ersatz des erhöhten Sach- und Personalaufwandes. Die von einem Patienten einer höheren als der allgemeinen Gebührenklasse zu entrichtende Arztgebühr ist für die Abteilungs- oder Institutsvorstände (in der Folge mit Primararzt bezeichnet) in festen Beträgen, für Laboratoriums- oder Konsiliaruntersuchungen, Radium-, Röntgen- oder sonstige physikalische Behandlungen und für die Tätigkeit besonderer Fachärzte, wie für Anästhesiologie in Beträgen festzusetzen, die in einem angemessenen Verhältnis zur täglichen Pflegegebühr stehen.

Pflegegebühren und Sondergebühren werden durch die Landesregierung festgesetzt und durch die öffentliche Krankenanstalt eingehoben. über Streitigkeiten, die aus einer Gebührenvorschreibung entstehen, entscheidet der Magistrat der Stadt Wien als Bezirksverwaltungsbehörde. Auf Grund eines Rückstandsausweises betreffend Pflegegebühren oder Sondergebühren einer öffentlichen Krankenanstalt ist gegen den Patienten die Vollstreckung im Verwaltungsweg zulässig, wenn die Vollstreckbarkeit vom Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde bestätigt wird.

Aus dem Vorgesagten ist zu ersehen, daß auf Grund der durch das Wiener Krankenanstaltengesetz LGBl. Nr. 1/1958 vorgegebenen und im Beschwerdefall noch zu beachtenden Gesetzeslage vom Träger der Krankenanstalt (hier unbestritten der mitbeteiligten Partei) dem Patienten einer höheren als der allgemeinen Gebührenklasse eine Sondergebühr in Rechnung zu stellen ist.

Wählt ein Patient für seinen Krankenhausaufenthalt eine andere als die allgemeine Gebührenklasse, dann tritt er ausschließlich zum Träger der Krankenanstalt in ein für beide Teile verbindliches Rechtsverhältnis (siehe hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 5828/A, welches sich mit der in Oberösterreich in diesem Zeitpunkt gegebenen, im wesentlichen aber gleichen Rechtslage beschäftigt).

Auch der Verfassungsgerichtshof vertrat in seinem auf die Rechtslage in Niederösterreich bezugnehmenden Erkenntnis vom , Slg. Nr. 7285, die Ansicht, daß die ärztliche Sondergebühr ein Teil des vom Patienten für Leistungen der Krankenanstalt an diese zu entrichtenden Entgeltes ist und wenn der Rechtsgrund für eine ärztliche Leistung sich aus dem Dienstverhältnis ergibt die Vergütung für, diese Leistung dienstrechtlicher Art ist. Nur soweit Tätigkeiten ohne unmittelbaren Zusammenhang mit Dienstpflichten entfaltet werden, sind nach der weiteren Begründung dieses Erkenntnisses die Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich der Vergütung für solche Tätigkeiten aus dem dienstrechtlichen Zusammenhang gelöst.

Aus dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ergibt sich, daß nach der zur Anwendung kommenden Rechtslage die sogenannte Sondergebühr von Patienten an den Träger der Krankenanstalt gezahlt wurde, daß aber dann, wenn der Träger der Krankenanstalt diese Sondergebühren - oder einen Teil derselben - an Ärzte, die mit der Pflege des Patienten betraut waren, weitergab, es sich bei den weitergegebenen Beträgen bei den Bediensteten um Bezüge handelte, die ihnen für ihre im Rahmen ihres Dienstverhältnisses geleisteten Dienste gewährt wurden. Im Bereich des Sozialversicherungsrechtes handelt es sich bei diesen Bezügen um Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG. Diese in der obangeführten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes - für Primarärzte - entwickelten Grundsätze müssen auch für sonstige Bedienstete, und zwar sowohl für Anstalts- und Institutsärzte als auch für in der Verwaltung tätige Angestellte gelten. Diese Überlegungen gelten auch für den Anwendungsbereich des Wiener Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 1/1958, mag sich dieses auch in einzelnen Punkten vom Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetz zu dem das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom erging, unterscheiden. Daran ändert schließlich auch der Umstand nichts, daß der Verteilungsschlüssel auf Vorschlag des zuständigen Primararztes festgesetzt wurde, zumal der Träger der Krankenanstalt im Rahmen des § 33 des Wiener Krankenanstaltengesetzes in der hier noch anzuwendenden Fassung an diesen Vorschlag nicht gebunden war.

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß das dem Primararzt unterstellten Abteilungs- und Institutsärzten sowie den Verwaltungsangestellten zufließende zusätzliche Entgelt diesen vom Dienstgeber zukommt und als ein Entgelt zu werten ist, welches die Genannten neben dem Entgelt aus ihrer unselbständigen Tätigkeit beziehen. Ob die Leistungen, für die der zusätzliche Bezug erfolgt, während der normalen Dienstzeit oder darüber hinaus erbracht werden, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Der Entgeltcharakter im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG nämlich ... „darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses ...“ ist daher gegeben. Jedoch wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren sowohl bei den Abteilungs- und Institutsärzten als auch bei den Verwaltungsangestellten zu prüfen haben, ob nicht ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliegt, weil in diesem Fall die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG (Ausnahme von der Vollversicherung) anzuwenden wäre.

Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen, insbesondere auf die Verfahrensrüge einzugehen, da eine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 7383/A).

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtewidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 4/1975.

Wien,

Zusatzinformationen


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Normen
ASVG §49 Abs1
KAG Wr 1958
KAG Wr 1958 §33
VwGG §42 Abs2 lita
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1975:1973001068.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-53785