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VwGH 11.06.1969, 1067/68

VwGH 11.06.1969, 1067/68

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
VwGG §41 Abs1;
RS 1
Bei der Beweiswürdigung handelt es sich nicht um eine Frage der Gesetzesanwendung (Unterstellung eines Tatbestandes unter eine Rechtsnorm), sondern um einen Denkvorgang, der dazu bestimmt ist, den einer Norm zu unterstellenden Tatbestand zu gewinnen. Da der VwGH nur eine nachprüfende Tätigkeit auszuüben, keinesfalls aber eine Sachentscheidung zu fällen hat, kann die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat (Richtigkeit des Schlusses) bzw ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0352/66 E RS 1
Norm
AVG §45 Abs2;
RS 2
Die Behörde darf den Wert der Beweise nach deren Wahrheitsgehalt beurteilen, dh nach dem Anteil, den sie zur Erledigung des Beweisthemas beitrugen. Es ist daher nicht unschlüssig, Aussagen von Zeugen, die zum Beschuldigten eines Verwaltungsstrafverfahren in einem verwandtschaftlichen Naheverhältnis stehen, gegenüber den Aussagen von Zeugen, bei denen dieses Naheverhältnis nicht vorgelegen ist, eine geringere Bedeutung beizumessen (Hinweis E , 2241/51, VwSlg 3159 A/1953).
Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
RS 3
Die Grenze der Verpflichtung der Behörden nach dem wahren Sachverhalt zu forschen, wird durch diese bestimmt, die sich darüber schlüssig werden muß, ob sie den als erwiesen angenommenen Sachverhalt als mit der Wirklichkeit übereinstimmend ansieht (Hinweis E , 2771/52, VwSlg 3046 A/1953).
Normen
B-VG Art130 Abs2;
VStG §19;
VwGG §41 Abs1;
RS 4
Die Strafbemessung ist der Überprüfung durch den VwGH entzogen, wenn die Behörde von dem ihr hiebei zustehenden Ermessen keinen gesetzwidrigen Gebrauch gemacht hat.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0088/48 E VwSlg 1507 A/1950 RS 2
Norm
RS 5
Die Verweisung einer Entscheidung in den Ermessensbereich bedeutet die Einräumung einer Wahlmöglichkeit zwischen zwei oder mehreren Lösungen, die von vornherein vom Gesetzgeber als rechtlich gleichwertig und dem Gesetz entsprechend befunden worden sind.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1160/54 E VwSlg 3738 A/1955 RS 4
Normen
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
RS 6
Ermessensentscheidungen müssen von der Behörde in einem Ausmaß begründet werden, welches der Partei die zweckmäßige Rechtsverfolgung auch vor dem VwGH ermöglicht, und den Gerichtshof in die Lage versetzt zu prüfen, ob die Behörde von dem Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (Hinweis E , 0509/57, 0510/57).
Normen
AußHG 1956 §9;
AVG §58 Abs2;
VStG §17 Abs1 impl;
VwGG §41 Abs1;
RS 7
Die Behörde ist gehalten, bei der in ihr Ermessen gestellten Verhängung der Nebenstrafe des Verfalles gemäß § 9 Außenhandelsgesetz (BGBl 226/1956) die für ihre Entscheidung maßgebenden Gründe in der Bescheidbegründung darzulegen.
Norm
AußHG 1956 §9;
RS 8
Die Verhängung der Nebenstrafe des Verfalles gemäß § 9 Außenhandelsgesetz (BGBl Nr 226/1956) setzt nicht eine Wiederholung der Tat voraus.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Werner und die Hofräte Dr. Striebl, Dr. Rath, Kobzina und Dr. Hrdlicka als Richter, im Beisein des Schriftführers prov. Landesregierungskommissär Dr. Traxler, über die Beschwerde des FK in G, vertreten durch Dr. Gunther Nagele, Rechtsanwalt in Innsbruck, Südtirolerplatz 8/1, gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Id- 179/1, betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des Außenhandelsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck fand den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom für schuldig, am um ca. 21 Uhr 30 im Gebiet des sogenannten X-berges in G versucht zu haben, acht Stierkälber ohne Bewilligung nach den Bestimmungen des Außenhandelsgesetzes über die österreichisch-italienische Grenze nach Südtirol zu verbringen; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 1 Z. 3 (letzter Satz) des Außenhandelsgesetzes, BGBl. Nr. 226/1956, begangen. Die Bezirkshauptmannschaft verhängte über den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 leg. cit, eine Geldstrafe von S 5.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe in der Dauer von drei Wochen. Die beschlagnahmten acht Stück Stierkälber bzw. der Erlös aus dem Verkauf dieser Tiere in Höhe von S 6.560,-- wurde gemäß § 9 leg. cit. für verfallen erklärt.

Wie in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt wurde, bewohne der Beschwerdeführer die sogenannte X-villa in G, in deren unmittelbarer Nähe, ca. 70 bis 90 m entfernt, die österreichisch-italienische Grenze verlaufe. Der Beschwerdeführer betreibe dort eine kleine Landwirtschaft. Im Auftrag des Beschwerdeführers habe dessen Neffe KK am in F Stierkälber mit einem Unimog-Lkw abgeholt. Die Tiere seien zur Nachtzeit desselben Tages etwa 150 m vor dem Hause des Beschwerdeführers in G abgeladen worden. Darnach seien die Tiere zunächst in Richtung X-villa und sodann in Abänderung der ursprünglichen Richtung über einen zur österreichischitalienischen Grenze weisenden Hang aufwärts geführt worden. Bei Betretung der Treibergruppe durch ein Organ der Zollwache hätten die am Hang zur Grenze befindlichen Treiber die Flucht ergriffen.

Der Beschwerdeführer habe als Beschuldigter des Verwaltungsstrafverfahrens den ihm zur Last gelegten Sachverhalt bestritten und sich dahingehend verantwortet, daß er die Jungkälber zur weiteren Aufzucht erworben habe. An eine Verbringung dieser Tiere über die Grenze sei nicht gedacht gewesen. Die Kälber hätten vielmehr nach der Entladung des Lkw ohne sein bzw. der Treiber Zutun die Richtung zur Staatsgrenze eingeschlagen.

Dazu wurde in der Begründung des Straferkenntnisses weiter ausgeführt, es sei durch die Aussage des Zollwacheorganes WH sowie des weiteren Zeugen JV erwiesen, daß die Tiere an kurzen Halsstricken in Richtung österreichisch- italienische Grenze geführt worden seien. Diese Tatsache stehe im Widerspruch zur Verantwortung des Beschwerdeführers, die Kälber wären ohne seine oder der Treiber Schuld zufällig zur Grenze gelaufen. Darüber hinaus sei, wie die Bezirkshauptmannschaft in der Begründung ihres Straferkenntnisses ausführte, auch die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe die Jungkälber zur weiteren Aufzucht erworben, unglaubwürdig, weil der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, sämtliche Tiere für die Nacht vom 15. zum in seinem Stall unterzubringen.

Auf Grund dieses Ermittlungsergebnisses haben für die Behörde keine Zweifel darüber bestanden, daß der Beschwerdeführer versucht habe, die acht Jungkälber widerrechtlich über die österreichischitalienische Grenze zu verbringen.

Bezüglich des Verfalles wurde auf § 9 des Außenhandelsgesetzes und darauf verwiesen, daß auf Grund der als erwiesen angenommenen Vorgänge die Vorsätzlichkeit schlüssig angenommen werden könne.

Die vom Beschwerdeführer gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erhobene Berufung wurde vom Amt der Tiroler Landesregierung mit namens des Landeshauptmannes erlassenen "Berufungserkenntnis" vom unter Hinweis auf § 51, § 64 und § 17 VStG im Zusammenhalt mit § 2 Abs. 1 Abs. 8, § 8 Abs. 1 Z. 1 und § 9 des Außenhandelsgesetzes abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 1 Z. 1 des Außenhandelsgesetzes begangen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem im angefochtenen Bescheid bezogenen § 8 Abs. 1 Z. 1 des im Beschwerdefall angewendeten Außenhandelsgesetzes macht sich - sofern die Tat nicht nach dem zweiten Absatz der bezogenen Gesetzesstelle gerichtlich strafbar ist - einer Verwaltungsübertretung schuldig, wer eine Ware ohne die nach § 2 oder § 3 Abs. 2 lit. b erforderliche Bewilligung aus- oder einführt. Nach dem im Straferkenntnis der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz irrtümlich zitierten § 8 Abs. 1 Z. 3 des Außenhandelsgesetzes macht sich schuldig, wer einen Bewilligungsbescheid zur Verwendung durch einen Nichtberechtigten entgeltlich oder Unentgeltlich überläßt oder übernimmt. Gemäß den beiden letzten Sätzen der bezogenen Gesetzesstelle ist die Verwaltungsübertretung mit Arrest bis zu acht Wochen oder mit Geldstrafe bis zu S 150.000,-- zu ahnden. Der Versuch ist strafbar.

Unter Berufung darauf, daß im Spruche des erstinstanzlichen Bescheides der § 8 Abs. 1 Z. 3 des Außenhandelsgesetzes zitiert ist, der Berufungsbescheid sich jedoch auf § 8 Abs. 1 Z. 1 gründet, behauptet der Beschwerdeführer, eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sei darin gelegen, daß ihm im angefochtenen Bescheid eine Übertretung zur Last gelegt werde, deretwegen er in erster Instanz gar nicht verfolgt worden sei.

Der Beschwerdeführer ist damit nicht im Recht. Schon in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, versucht zu haben, acht Jungkälber nach Italien zu bringen, ohne die hiefür erforderliche Ausfuhrgenehmigung zu besitzen. Dem Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zufolge wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am um ca. 21.30 Uhr im Gebiet des sogenannten X-berges in G versucht zu haben, acht Stierkälber ohne Bewilligung nach den Bestimmungen des Außenhandelsgesetzes, über die österreichischitalienische Grenze nach Südtirol zu verbringen. Damit hat bereits die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in einer Zweifel ausschließenden Weise die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte und nach Durchführung des Strafverfahrens als erwiesen angenommene Tat im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 bezeichnet und damit die Subsumtion der Tat unter die Verwaltungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Z. 1 AHG klar zum Ausdruck gebracht. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Behörde im Spruch ihres Straferkenntnisses an Stelle des diesen Straftatbestand normierenden § 8 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. sich irrtümlich auf "§ 8 Abs. 1 Z. 3 letzter Satz" berief; eine Bestimmung, die es in der zitierten Form im Außenhandelsgesetz, BGBl. Nr. 226/1956, nicht gab. Denn die im Straferkenntnis als letzter Satz der Z. 3 der bezogenen Gesetzesstelle zitierte Bestimmung stellt sich als letzter Satz des § 8 Abs. 1 dar und enthält die Normierung der Strafbarkeit des Versuches.

Mit Rücksicht darauf, daß im Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck alle als erwiesen angenommenen Tatbestandselemente des § 8 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. aufgezählt sind und sich sohin schon aus dem Wortlaut des Spruches im Zusammenhang mit der Begründung unzweifelhaft ergibt, welche Bestimmung seitens der Behörde als durch die Tat verletzt erachtet wurde, und mit Rücksicht darauf, daß die belangte Behörde das Straferkenntnis erster Instanz mit der notwendigen Richtigstellung aufrechterhalten hat, kommt dieser Rüge des Beschwerdeführers keine Berechtigung zu.

Des weiteren behauptet der Beschwerdeführer, die Verwaltungsbehörde habe von ihrem Ermessen sowohl was die Annahme der Tatsachen als auch was die Bemessung der Strafe betreffe, nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht.

Der Beschwerdeführer irrt zunächst, wenn er vermeint, daß die Annahme der Tatsachen - gemeint ist offensichtlich die Feststellung des für die Erledigung der Verwaltungsstrafsache maßgebenden Sachverhaltes - ein Akt der Ermessensübung sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgeführt hat, ist die Feststellung des für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhaltes, dazu zählt auch die Erhebung und Würdigung der Beweise, der behördlichen Ermessensübung entrückt. Die Beweiswürdigung der Behörde ist als Denkvorgang nur in dem Umfang einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als der Sachverhalt in einem mangelhaften Verfahren ermittelt wurde oder die Beweiswürdigung den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des täglichen Lebens widerspricht. Diesbezüglich wird u. a. auf die hg. Erkenntnisse vom , Slg, N. F. Nr. 3159/A, vom , Slg. N. F. Nr. 6509/4 und vom , Zl. 352/66, hingewiesen.

In dieser Richtung hatte sich der Gerichtshof mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, es käme den Aussagen seiner Ehefrau RK, seines Neffen KK sowie der Aussage des weiteren Zeugen MM größere Bedeutung zu als den Aussagen der Zeugen WH und JV, da die erstgenannten die verfahrensgegenständlichen Vorfälle bedeutend besser und näher hätten beobachten können als die Zeugen WH und JV.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Zeuge MM zu der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tathandlung selbst nichts aussagen konnte und er seinen eigenen Angaben im Verwaltungsstrafverfahren zufolge das Anwesen des Beschwerdeführers aus eigener Anschauung nicht kenne, stehen einander sohin im wesentlichen die Aussagen des Zollwacheorganes WH und des weiteren Zeugen JV den von der Ehefrau und dem Neffen des Beschwerdeführers als Zeugen im Verwaltungsstrafverfahren gemachten Aussagen gegenüber.

Bei dieser Sachlage vermag der Gerichtshof schon mit Rücksicht auf das verwandtschaftliche Naheverhältnis der beiden erstgenannten Zeugen zum Beschwerdeführer in der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Beweiswürdigung eine Unschlüssigkeit nicht zu erblicken. Die Behörde durfte den Wert der Beweise nach deren Wahrheitsgehalt beurteilen, d. h. nach dem Anteil, den sie zur Erledigung des Beweisthemas beitrugen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 3159/A).

Auch die offensichtlich unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften vom Beschwerdeführer erhobene Rüge, die Behörde hätte es verabsäumt, die Zeugin EG zu vernehmen, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer es in der Berufung unterließ, diesen Einwand vorzubringen, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ohne Einvernahme dieser übrigens im Ausland wohnhaften Zeugin das Ermittlungsverfahren abschloß. Die Verpflichtung der Behörde, nach dem wahren Sachverhalt zu forschen, hat nämlich eine Grenze. Sie wird durch die Behörde bestimmt, die sich darüber schlüssig werden muß, ob sie den als erwiesen angenommenen Sachverhalt als mit der Wirklichkeit übereinstimmend ansieht. Mit Recht hat die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 3046/A, verwiesen. Dort ist ausgeführt worden, es liege im Wesen der freien Beweiswürdigung, daß weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn die Behörde sich auf Grund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über den maßgebenden Sachverhalt machen konnte.

Die Strafbemessung bekämpft der Beschwerdeführer mit der Behauptung, die Behörde hätte bei Bemessung der Strafe ihren Ermessensspielraum weit überschritten. Der Beschuldigte sei ein armer Landwirt, sei unbescholten und habe große Sorgepflichten. Daraus ergebe sich, daß unter diesen Umständen die Verhängung einer Geldstrafe von S 5.000,-- weit überhöht sei.

Gemäß § 8 Abs. 1 vorletzter Satz des Außenhandelsgesetzes ist die dem Beschwerdeführer angelastete Verwaltungsübertretung mit Arrest bis zu acht Wochen oder mit Geldstrafe bis zu S 150.000,-- zu bestrafen. Innerhalb dieses Strafrahmens liegt im Einzelfall die Ausmessung der Strafe im Ermessen der Behörde. Gemäß § 19 VStG 1950 hat die Behörde bei der Strafbemessung die mildernden und erschwerenden Umstände und die Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen. Die Strafbemessung ist als solche der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen, wenn die Behörde von dem ihr hiebei zustehenden Ermessen keinen gesetzwidrigen Gebrauch gemacht hat (hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1507/A).

Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz hat bei der Strafbemessung die Tatsache der versuchten Verbringung der Tiere zur Nachtzeit über die Grenze als erschwerend, die bisherige einschlägige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd gewertet. Die Behörde hat weiters, wie aus den Verwaltungsakten sowie aus dem angefochtenen Bescheid hervorgeht, über die gemäß § 19 VStG bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden Erwerbs- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers Erhebungen durchgeführt und sie berücksichtigt. Der Verwaltungsgerichtshof kann nach all dem nicht finden, daß die belangte Behörde bei Bemessung des Strafausmaßes von dem ihr eingeräumten Ermessen einen gesetzwidrigen Gebrauch gemacht hätte. Auch mit der Behauptung, die Höhe der über ihn verhängten Strafe widerspreche dem Amtsgebrauch der Behörde, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, die belangte Behörde habe sich bei der Strafbemessung von unsachlichen Motiven leiten lassen. Der vom Beschwerdeführer angeführte Fall hätte - wie er selbst einräumt - einen Straffall nach § 132 lit. a GewO. - einem Gesetz mit einem weitaus niedrigerem Strafrahmen - zum Gegenstand, nicht aber eine Bestrafung nach dem Außenhandelsgesetz.

Der Beschwerdeführer bekämpft die über ihn verhängte Nebenstrafe des Verfalls des Erlöses aus dem Verkauf der beschlagnahmten Tiere mit dem Hinweis, es liege nicht im Sinne des Gesetzgebers, schon bei der ersten Übertretung diese Strafe zu verhängen. Der Gesetzgeber hätte sonst nicht die Form einer Kannbestimmung gewählt.

Gemäß § 9 des Außenhandelsgesetzes können u. a. Waren, die verbotswidrig ausgeführt werden, für verfallen erklärt werden, wenn die Tat vorsätzlich begangen wurde. Eine Einschränkung der Verhängung der Nebenstrafe des Verfalls auf den Fall einer Wiederholung der Tat sieht das Gesetz nicht vor. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es widerspreche dem Sinn des Gesetzes, schon bei der ersten Übertretung die Nebenstrafe des Verfalles zu verhängen, findet sohin im Wortlaut des Gesetzes keine Deckung. Darüber hinaus ist die Entscheidung über den Verfall im Sinne des § 9 des Außenhandelsgesetzes so wie jede Ermessensentscheidung dadurch charakterisiert, daß ihr Inhalt nicht vorausbestimmt ist, mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zugelassen und keine dieser möglichen Entscheidungen gesetzwidrig ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 3738/A). Solche Ermessensentscheidungen hat der Verwaltungsgerichtshof nur hinsichtlich des Gebrauches zu überprüfen, den die Behörde von ihrem Ermessen gemacht hat (Art. 130 Abs. 2 B-VG). Der Gerichtshof hat sich demgemäß auch hier auf die Prüfung zu beschränken, ob der Behörde Ermessensfehler unterliefen und ob das Verfahren, das der Entscheidung vorausgegangen ist, den gesetzlichen Vorschriften entsprach.

In der Richtung eines Ermessensmißbrauches behauptet der Beschwerdeführer, die Behörde hätte sich, als sie die Strafe des Verfalls verhängte, von der Überlegung leiten lassen, daß dadurch die Frage nach einem eventuellen Wertersatz der Kälber von vornherein aus der Welt geschafft werde. Obgleich diese Behauptung des Beschwerdeführers zu unbestimmt ist, um für sich allein den Vorwurf eines Ermessensfehlers der belangten Behörde zu rechtfertigen, so findet der Gerichtshof doch Anlaß, sich in diesem Zusammenhang mit der Frage auseinanderzusetzen, ob hier von der belangten Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, deren Nichtbeachtung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zur Folge hätte. Daß das der Entscheidung der Behörde vorausgegangene Verfahren den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach, behauptet zwar der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich, ergibt sich indes aus der Formulierung des Beschwerdepunktes. Auf dieser Grundlage hat der Gerichtshof Anlaß zu folgender Feststellung: Die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwertung im Falle von Ermessensentscheidungen setzt voraus, daß dem Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der Frage ermöglicht wird, ob im Einzelfall das Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt wurde. Aus diesem Grunde muß, wie der Verwaltungsgerichtshof seit seinem Erkenntnis vom , Zl. 509/57 u. 510/57, in ständiger Rechtsprechung verlangt hat, das Verwaltungsverfahren so gestaltet sein, daß eine Überprüfung der Ermessensübung im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG auch tatsächlich gewährleistet ist. Aus diesen Erwägungen hat die Verwaltungsbehörde auch Ermessensentscheidungen hinreichend zu begründen, und zwar in einem Ausmaß, daß es der Partei ermöglicht, ihre Rechte auch vor dem Verwaltungsgerichtshof zweckmäßig zu verfolgen, und das dementsprechend den Gerichtshof in die Lage versetzt, zu prüfen, ob die Behörde von ihrem Ermessen tatsächlich im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Der angefochtene Bescheid gibt jedoch keinen Aufschluß darüber, welche Gründe der Behörde dafür maßgebend waren, von dem gemäß § 9 des Außenhandelsgesetzes in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung in ihr Ermessen gestellten Recht der Verhängung der Nebenstrafe des Verfalls Gebrauch zu machen. So läßt die belangte Behörde insbesondere die Frage offen, ob sie sich aus in der Person des Täters oder den Umständen der Tat, aus Gründen der Spezial- oder Generalprävention, zutreffendenfalls aus welchen oder aber aus sonstigen Gründen gehalten fand, die in ihr Ermessen gestellte Verhängung der Nebenstrafe des Verfalles auszusprechen. Damit aber wurde der Verwaltungsgerichtshof der Möglichkeit beraubt, die Ermessensübung der Behörde im Sinne des Art 130 Abs. 2 B-VG zu überprüfen. Indem es sohin die belangte Behörde unterließ, in der Begründung des angefochtenen Bescheides die näheren Erwägungen darzutun, aus welchen sie den für die Verhängung der Nebenstrafe des Verfalls vorausgesetzten und von ihr offensichtlich angenommenen Vorsatz als erwiesen ansah und aus denen heraus sie sich bestimmt fand, die Nebenstrafe des Verfalles zu verhängen, belastete sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 aufzuheben.

Wien, am

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Normen
AußHG 1956 §9;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
VStG §17 Abs1 impl;
VStG §19;
VwGG §41 Abs1;
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und
Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und
Überprüfungsrahmen des VwGH Strafverfahren
Ermessen
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit
Begründung von Ermessensentscheidungen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1969:1968001067.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-53782