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VwGH 05.02.1958, 1044/57

VwGH 05.02.1958, 1044/57

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Wenn jemand einem anderen seine Rechte aus einem Jagdpachtvertrag abtritt, ohne dass der andere ihm dafür außer der Übernahme der aus der Verpachtung entspringenden Verpflichtung ein weiteres Entgelt leisten muss, dann fehlt es an einer Bemessungsgrundlage für die Gebühr nach § 33 TP 21 GebG (Hinweis E , 2883/50, VwSlg 412/1951 und , 2859-2861/51, VwSlg 908 F/1954 und E , 1819/52, VwSlg 1068 F/1954).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Wasniczek, Dr. Porias, Dr. Schirmer und Dr. Dorazil als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des Dr. KZ in G gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , GV 21 - 94/3 - III - 57, betreffend Vorschreibung einer Rechtsgeschäftsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Abtretungsvereinbarung vom hat Dr. MB dem Beschwerdeführer seine Pachtrechte an der Gemeindejagd in K, die ihm laut Vertrages bis zustanden, abgetreten. Der Beschwerdeführer verpflichtete sich unter anderem, den jährlichen Pachtzins von 1.500 S, beginnend mit , und eine Verwaltungsabgabe von 380 S zu bezahlen und gegen Behebung der von Dr. MB erledigten Kaution die Jagdpachtkaution bei der Bezirkshauptmannschaft zu erlegen und endlich dem Dr. MB auch sämtliche Beträge zu ersetzen, die dieser vom an für die Entlohnung und Sozialversicherung des Jägers JH, der bereits von diesem Zeitpunkt an dem Weisungsrecht des Beschwerdeführers unterstand, ausgelegt hatte. Der Abtretungsvertrag erhielt die nach den einschlägigen Gesetzen zu seiner Gültigkeit erforderlichen Genehmigungen; er wurde jedoch nicht zur Gebührenbemessung angezeigt. Als aber das zuständige Finanzamt anläßlich einer Stempelnachschau von dem Vertrag Kenntnis erhielt, schrieb es dem Beschwerdeführer unter Berufung auf §§ 9 und 33 TP 21 des Gebührengesetzes (BGBl. Nr. 184/1946, GG) in der geltenden Fassung von einer Bemessungsgrundlage von 10.800 S eine 2 %ige Gebühr in der Höhe von 216 S und eine Gebührensteigerung in gleicher Höhe vor. (Die Bemessungsgrundlage ergibt sich aus dem vierfachen jährlichen Pachtzins zuzüglich dem Vierfachen der Entlohnung des Jägers von jährlich 1.200 S.)

Der Beschwerdeführer berief und führte aus, der vorliegende Abtretungsvertrag unterliege nicht der Gebühr nach der vom Finanzamt bezogenen Tarifstelle, weil der Beschwerdeführer kein Entgelt bezahlt habe und Dr. MB froh gewesen sei, „die Jagd los zu werden“. Es liege aber auch keine schenkungsweise Abtretung vor, weil der Beschwerdeführer durch den Vertrag nicht auf Kosten des Zuwendenden bereichert worden sei. Wenn auch der Beschwerdeführer gegenüber der Gemeinde K bestimmte Verpflichtungen übernommen habe, sei doch das abgetretene Recht „kein Vermögenswert, sondern nur eine Vermögensbelastung“, denn das übernommene Revier sei vollkommen ausgeschlossen gewesen und der Beschwerdeführer habe nicht einmal den vom Bezirksjägermeister genehmigten Abschlußplan erfüllen können. Das Jagdpachtrecht enthalte eine Summe von Rechten und Pflichten und es gehe nicht an, aus diesem Komplex zusammengesetzter Begriffe einzelne Bestandteile, nämlich die darin enthaltenen Verpflichtungen herauszulösen und zu behaupten, in der Übernahme dieser Verpflichtungen durch den Beschwerdeführer sei ein Entgelt im Sinne des § 33 TP 21 GG gelegen. Den Verpflichtungen stünden ja auf der anderen Seite die Rechte aus dem Jagdpachtvertrag gegenüber. Dr. MB habe zwar sich seiner Verpflichtungen aus dem Vertrag entledigen können, habe aber auch seine Jagdrechte verloren und der Beschwerdeführer seinerseits habe die Verpflichtungen nur übernommen, um die Jagdrechte ausüben zu können.

Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung mit der Begründung ab, daß nach § 33 TP 21 Z. 3 GG entgeltliche Abtretungen von Rechten schlechthin der Gebühr unterliegen und daß somit nicht nur persönliche Rechte, die dem Abtretenden gegenüber einer bestimmten Person zustehen, sondern auch absolute Rechte, die sich gegen jedermann richten, Gegenstand einer gebührenpflichtigen Abtretung sein können. Nur die entgeltliche Übertragung körperlicher Sachen sei von der Gebührenpflicht nach dieser Gesetzesstelle ausgenommen. Aus dem Wortlaut der Abtretungsvereinbarung vom gehe hervor, daß Dr. MB seine Rechte und Verpflichtungen aus der Pacht der Gemeindejagd K dem Beschwerdeführer abgetreten habe. Außerdem habe der Beschwerdeführer ausdrücklich vorgebracht, daß er die Jagdrechte des vorigen Pächters im Abtretungswege gemäß § 22 des steiermärkischen Jagdgesetzes (LGBl. für Steiermark Nr. 58/1954) erworben habe und daß mithin ein Abtretungsvertrag vorliege. Der Rechtsgrund der Abtretung sei für die Gebührenpflicht belanglos. Das Finanzamt habe auch nicht als Bemessungsgrundlage etwa den Wert des abgetretenen Rechtes angesetzt, sondern den Betrag, den der Beschwerdeführer nunmehr als Pächter gegenüber der Gemeinde K als Verpächterin für die Ausübung des Jagdrechtes im Gemeindegebiet zu zahlen hat. Durch die Überlassung seiner Pachtrechte an den Beschwerdeführer sei Dr. MB von seinen ursprünglichen Verpflichtungen gegenüber dem Verpächter befreit worden und der Beschwerdeführer habe nunmehr diese Verpflichtungen zu erfüllen. Im vorliegenden Fall sei also eine entgeltliche Abtretung zu Recht angenommen worden, weil der Beschwerdeführer nicht nur die Rechte, sondern auch die Verpflichtungen des bisherigen Jagdpächters übernommen habe. Die Vorschreibung einer Gebührenerhöhung sei erforderlich gewesen, weil der Beschwerdeführer die Abtretungsvereinbarung nicht zur „Vergebührung“ angemeldet hebe.

In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wird vorgebracht, der Jagdpachtschilling sei das Entgelt für die Ausübung der Jagd und nicht ein Entgelt für die Abtretung der Pachtrechte. Als ein Entgelt der letztgenannten Art könnte nur der Betrag herangezogen werden, den der Beschwerdeführer dem Überträger für die Abtretung zu bezahlen gehabt hätte. Keinesfalls fielen die Verpflichtungen, die dem Beschwerdeführer aus der Abtretung des Pachtrechtes gegenüber dem Verpächter erwachsen, noch weniger aber die Beträge, die der Beschwerdeführer dem Jäger für seine Dienstleistungen zu bezahlen hat, unter den Entgeltsbegriff nach § 33 TP 21 GG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 22 des steiermärkischen Jagdgesetzes 1954 kann mit Zustimmung des Gemeinderates und der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde eine gepachtete Gemeindejagd an eine andere Person abgetreten werden. Das Gesetz erlaubt also die Abtretung eines Jagdpachtrechtes und eine solche liegt auch im vorliegenden Streitfall vor. Dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. § 33 TP 21 GG, die Tarifstelle, auf die die belangte Behörde ihre Entscheidung gestützt hat, bezieht sich auf „Zessionen oder Abtretungen überhaupt von Schuldforderungen oder anderen Rechten“. In Z. 1 dieser Tarifstelle ist vorgesehen, daß unentgeltliche Abtretungen dieser Art wie Schenkungen nach dem Erbschaftsteuergesetz zu behandeln sind, während nach Z. 2 in der für den vorliegenden Fall noch anzuwendenden Fassung vor der Gebührennovelle BGBl. Nr. 107/1952, entgeltliche Abtretungen einer Gebühr von 2 % nach dem Werte des Entgeltes unterliegen. Unter den „anderen Rechten“, deren Abtretung im Falle ihrer Beurkundung einer Gebühr unterliegt, sind, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, auch absolute Rechte und ebenso auch komplexe Rechtsgebilde, wie etwa Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder die Rechte und Pflichten aus einem zweiseitig verbindlichen Vertrag zu verstehen. In dieser Hinsicht wird auf die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 412/F, vom , Slg. Nr. 908/F, und vom , Slg. Nr. 1068/F, hingewiesen. Solche komplexe Rechtsgebilde bilden also vielfach einen Inbegriff von Forderungen und Schulden. Wenn das Gebührengesetz die Abtretung von Rechten der Gebühr unterwirft und im Falle entgeltlicher Abtretung die Einhebung der Gebühr mit einem Hundertsatz des Entgeltes vorsieht, dann gebt es nicht an, bei der Abtretung ganzer Rechtsgesamtheiten die Berechtigungen einerseits, die Verpflichtungen und Lasten anderseits für sich zu betrachten und es kann darum auch die Übernahme der dem Abtretenden aus dem übertragenen Rechtskomplex obliegenden Verpflichtungen durch den Übernehmer in der Regel nicht als Entgelt oder als Teil eines solchen im Sinne der genannten Tarifstelle angesehen werden. Ebenso wie die Frage, ob die Abtretung einer solchen Rechtsgesamtheit entgeltlich oder ganz oder teilweise unentgeltlich vorgenommen wird, nur nach dem Werte der Rechtsgesamtheit einerseits und dem dafür vom Übernehmer zu leistenden Preis anderseits beurteilt werden kann, kann als „Entgelt“ im Sinne der hier maßgebenden Tarifstelle nur das angesehen werden, was für die Übertragung der Rechtsgesamtheit - als solche stellen sich auch die Rechtsverhältnisse, die aus einem Jagdpachtvertrag entspringen, dar - aufgewendet wird. Einen Fall der Übertragung einer solchen Rechtsgesamtheit stellt schließlich auch die Übertragung eines Gesellschaftsanteiles an einer Personengesellschaft von einem Gesellschafter an eine andere Person dar. Dieser Fall ist allerdings im § 33 TP 16 Z. 4 lit. c GG besonders geregelt. Auch diese Übertragung unterliegt einer Gebühr von 2 % „vom Entgelt, mindestens aber vom Wert des Gesellschaftsanteiles“. Aus dieser Gegenüberstellung des Entgeltes und des Wertes des Gesellschaftsanteiles in der genannten Tarifstelle ergibt sich, daß der Gesetzgeber auch an dieser Stelle als Entgelt nicht etwa auch die Übernahme der Gesellschaftsschulden, sondern nur den für die Überlassung des gesamten Gesellschaftsanteiles (mit allen Rechten und Pflichten) gewährten Preis aufgefaßt wissen wollte. Im vorliegenden Fall hat nun der Beschwerdeführer für die Übertragung der Jagdpachtrechte als Rechtsgesamtheit dem Dr. MB keinen Übernahmspreis gezahlt. Das Geschäft ist also ein entgeltloses und der Beschwerdeführer hat diesen Umstand - ohne daß die belangte Behörde dem widersprochen hätte - damit gerechtfertigt, daß das Jagdpachtrevier ausgeschossen sei, also keinen Ertrag bringe, und daß der bisherige Pächter froh gewesen sei, aus dem ihm lästig gewordenen Jagdpachtvertrag entlassen worden zu sein, seinerseits aber für die Überlassung der Rechte kein besonderes Entgelt verlangt habe. Somit mangelt es im vorliegenden Fall an einer Gebührenbemessungsgrundlage. Die belangte Behörde hat deshalb zu Unrecht eine Gebühr von dem Abtretungsübereinkommen vorgeschrieben.

Der angefochtene Bescheid mußte aus diesen Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
Sammlungsnummer
VwSlg 1776 F/1958
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1958:1957001044.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-53723