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VwGH 21.03.1979, 1033/75

VwGH 21.03.1979, 1033/75

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
GrEStG 1955 §1 Abs3;
RS 1
Wohl fallen unter den Begriff der "Gesellschaft" iSd § 1 Abs 3 GrEStG 1955 nicht nur Kapitalhandelsgesellschaften, sondern auch Personenhandelsgesellschaften, doch hat die Bestimmung seit dem E des , G 16/64 - von den dort bezeichneten Organschaftverhältnissen abgesehen - keinen PRAKTISCHEN Anwendungsbereich mehr.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0473/75 E VS RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Mag. Kobzina, Mag. Öhler, Dr. Würth und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Mag. Papp, über die Beschwerde des Dr. HM, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 45- V/75, betreffend Grunderwerbsteuer, nach der am durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Beschwerdeführers persönlich und der Vertreterin der belangten Behörde, Finanzoberkommissär Dr. HL, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.548,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war an der Firma "T OHG" mit 47,5 %, sein Bruder Dr. PM mit 52,5 % beteiligt. Dieser ist am verstorben. § 12 des Gesellschaftsvertrages vom sah für den Fall des Todes eines Gesellschafters vor, daß die Gesellschafterversammlung darüber Beschluß zu fassen habe, ob der Erbe in die Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditist aufgenommen oder überhaupt nicht aufgenommen werde. Die Witwe und Alleinerbin des verstorbenen Bruders des Beschwerdeführers, CM, erklärte in der im Aktenvermerk vom festgehaltenen Vereinbarung mit dem Beschwerdeführer, daß sie mit Wirkung vom unter Verzicht auf alle ihr zustehenden Rechte aus der T OHG ausgetreten sei und damit auch mit diesem Zeitpunkt darauf verzichte, jene Rechte fortzusetzen, die dem verstorbenen Gesellschafter zustanden. Als Auseinandersetzungsguthaben bzw. als Entschädigung für dieses Ausscheiden aus der OHG erhielt CM von dem verbleibenden Gesellschafter und ab diesem Zeitpunkt Alleininhaber des Unternehmens, dem Beschwerdeführer, einen Betrag von 3,3 Mio Schilling. Gleichzeitig trat sie mit einem Betrag von S 800.000,-- als stille Gesellschafterin dem Unternehmen bei.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz erblickte in diesen Rechtsvorgängen eine Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft in einer Hand im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140, in der für den Beschwerdefall geltenden Fassung (GrEStG), und schrieb dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom die Grunderwerbsteuer in Höhe von 8 % vom Einheitswert der im Eigentum der Gesellschaft stehenden Liegenschaften, d. s. S 145.040,-- (8 % von S 1,813.000,--), vor.

In der dagegen eingebrachten Berufung wendete der Beschwerdeführer ein, daß die Unterstellung des Erwerbsvorganges unter § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG rechtsirrig sei. § 6 Abs. 2 leg. cit. bestimme eindeutig, daß bei Übergang eines Grundstückes von einer OHG oder KG in das Alleineigentum eines bisherigen Gesellschafters die Steuer nur in Höhe jenes Anteiles erhoben werden dürfe, den nunmehr der Alleineigentümer von dem ausgeschiedenen Gesellschafter, im gegenständlichen Fall 52,5 %, erworben habe.

Die das Berufungsbegehren abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom verlor durch den Antrag des Beschwerdeführers auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 276 BAO ihre Wirkung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gleichfalls als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, Grundlage der bekämpften Abgabenforderung sei die Rechtsvorschrift des § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG, die nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern auch Personengesellschaften des Handelsrechtes erfasse, wenngleich durch die Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand in sinngemäßer Anwendung des § 142 HGB die Gesellschaft bei Fortführung des Betriebes zu einem Einzelunternehmen werde und als Gesellschaft zu bestehen aufhöre. Der abgabepflichtige Tatbestand sei nicht der Grundstückserwerb als solcher, sondern die Vereinigung der Gesellschaftsanteile in einer Hand. Dadurch solle verhindert werden, daß auch ein völliger Wechsel aller Mitglieder der Gesellschaft niemals zur Einhebung einer Grunderwerbsteuer vom Grundbesitz, der im Eigentum einer Gesellschaft, also gleichsam der "toten Hand" stehe, führen könnte. Dem Einwand des Beschwerdeführers, daß es bei einer Personengesellschaft nicht zu einer Vorschreibung gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG kommen könne, werde insofern entgegengetreten, als aus den Materialien zum Grunderwerbsteuergesetz eindeutig hervorgehe, daß der Begriff der Anteilsvereinigung auch bei Personengesellschaften des Handelsrechtes durchaus geläufig, sei. Eine Aufspaltung des einheitlichen Erwerbsvorganges nach § 1 Abs. 3 Z. 1 oder Z. 2 leg. cit. in einen steuerbegünstigten und in einen steuerpflichtigen - wie dies der ehemalige Reichsfinanzhof und nunmehr auch der deutsche Bundesfinanzhof bejahten - könne aus dem Gesetz nicht gefolgert werden, das in den eben zitierten Rechtsvorschriften den unentgeltlichen Erwerbsvorgang - hier die Anteilsvereinigung - entweder (zur Gänze) begünstige oder nicht begünstige. Der die Steuerpflicht auslösende letzte Anteilserwerb könne - falls er nicht auf einen Erwerb von Todes wegen oder auf eine Schenkung unter Lebenden zurückgehe - auch niemals Anlaß für eine Anwendung der Abgabenbegünstigung nach § 3 Z. 2 GrEStG sein, weil ein entgeltlicher Erwerb nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen eben die Grunderwerbsteuerpflicht begründe. Der Gesetzgeber hätte beispielsweise anordnen können, daß eine verhältnismäßige Reduktion der Bemessungsgrundlage bei Berechnung der Grunderwerbsteuer einzutreten habe, wozu er sich aber auch nicht anläßlich der Erlassung der Grunderwerbsteuergesetznovelle 1969, BGBl. Nr. 277, bereitgefunden habe. Dem Verwaltungsgerichtshof und daher in der Folge auch der Finanzbehörde sei es verwehrt, im Auslegungswege zu einer solchen Lösung zu gelangen, die sich vom geltenden Gesetzestext entferne.

Zu dem Antrag des Beschwerdeführers, von ihm gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG die Grunderwerbsteuer nur für den neu angefallenen 52,5 %igen Anteil an der Liegenschaft zu erheben, wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt:

Gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG werde die Grunderwerbsteuer dann, wenn ein Grundstück von einer offenen Handelsgesellschaft oder von einer Kommanditgesellschaft in das Alleineigentum einer an der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft beteiligten Person übergehe, in Höhe des Anteiles nicht erhoben, zu dem der Erwerber am Vermögen der offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft beteiligt sei. Gehe ein Grundstück bei der Auflösung der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft in das Alleineigentum eines Gesellschafters über, so gelte § 6 Abs. 1 GrEStG entsprechend, d.h. es sei die Auseinandersetzungsquote maßgebend, wenn die Beteiligten für den Fall der Auflösung der offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote vereinbart hätten. Diesem Berufungsbegehren sei deshalb nicht zu entsprechen, weil § 6 GrEStG vom Übergang eines Grundstückes von einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft in das Alleineigentum eines Gesellschafters spreche. Das Gesetz erwähne überdies auch den Fall der Auflösung einer offenen Handelsgesellschaft und einer Kommanditgesellschaft und die Übertragung des Grundstückes bei Auflösung der Gesellschaft. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner bisherigen Rechtsprechung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) dargelegt, daß § 6 Abs. 2 GrEStG nur angewendet werden könne, wenn bei Übergang eines Grundstückes von einer offenen Handelsgesellschaft oder von einer Kommanditgesellschaft in die Hand des einzelnen Gesellschafters das betreffende Grundstück aus dem Vermögen des Unternehmens, das bisher in Form einer Gesellschaft geführt worden sei, ausscheide (Hinweis auf die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 2461/F, und vom , Zl. 663/69). In sämtlichen Erkenntnissen halte der Verwaltungsgerichtshof daran fest, daß es nach Sinn und Zweck der in Rede stehenden Rechtsvorschrift für die Abgabenbegünstigung erforderlich sei, daß das bisherige Betriebsgrundstück wirtschaftlich aus dem Unternehmen herausgelöst werde. Da jedoch bei einer Vereinigung aller Anteile in einer Hand - wie im gegenständlichen Fall-  ein Herauslösen der Liegenschaft aus dem Unternehmen nicht stattgefunden habe, sei dem Berufungsbegehren keine Folge gegeben worden.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer führte hiezu u. a. aus, daß die Unterstellung des gegenständlichen Überganges der Grundstücke der OHG T in das Alleineigentum des Beschwerdeführers unter den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG trotz der herrschenden Praxis rechtsirrig sei. Der Übergang der Grundstücke in das Alleineigentum sei vielmehr durch § 6 Abs. 2 GrEStG abgabenrechtlich vom Gesetzgeber geregelt worden. Auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom sei der Beschwerdeführer Eigentümer der Anteile seines verstorbenen Gesellschafters geworden. Nach § 6 Abs. 2 GrEStG sei demnach nur für den anteiligen Einheitswert in der Höhe von 52,5 % die 8 %ige Grunderwerbsteuer zu entrichten. Die Vereinigung aller Anteile in der Hand des verbleibenden Gesellschafters sei nicht anzunehmen, da ja die Gesellschaft erlösche.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, u.a. die folgenden Rechtsvorgänge:

1) ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet,

2) die Erwerbung des Eigentumes, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist.

.......

Gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG unterliegen der Steuer, wenn zum

Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört,

außerdem u.a.:

1) ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines

oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die

Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des

Erwerbers allein oder in der Hand von Unternehmen im Sinne des 2

Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (herrschende und abhängige

Unternehmen) vereinigt werden würden, und

2) die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein

schuldrechtliches Geschäft im Sinn der Z. 1 vorausgegangen ist.

.......

Mit den Erkenntnissen vom , Zl. 473/75 und Zl. 2149/75 - unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, wird auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse verwiesen -, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem verstärkten Senat ausgesprochen, daß zwar unter den Begriff der "Gesellschaft" im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht nur Kapitalhandelsgesellschaften, sondern auch Personenhandelsgesellschaften fallen, jedoch der Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. G 14/64, G 16/64, heute auf Personengesellschaften - von den bezeichneten Organschaftsverhältnissen abgesehen - keinen praktischen Anwendungsbereich hat. Denn eine Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft setzt, wie dies bei der Kapitalgesellschaft als juristischer Person der Fall ist, schon begrifflich das Fortbestehen sowohl der Gesellschaft als auch das Fortbestehen der Gesellschaftsanteile voraus. Die liquidationslose Übernahme der offenen Handelsgesellschaft durch einen der Gesellschafter bewirkt aber die Beendigung der Gesellschaft und den Untergang der Beteiligung an ihr. Daher finden auf den im Beschwerdefall der Grunderwerbsteuer unterzogenen Vorgang weder der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z. 1 noch der der Z. 2 GrEStG Anwendung. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob die insbesondere in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof vertretene Ansicht des Beschwerdeführers zutrifft, wonach er auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom (einseitig) erklärt habe, seine Schwägerin nicht in die Gesellschaft aufzunehmen, und die mit dieser getroffene Vereinbarung nur als Vollstreckungsakt dieser Erklärung anzusehen sei, oder die Dissolution erst (rückwirkend) durch diese Vereinbarung bewirkt wurde. Denn mit Beendigung der Personenhandelsgesellschaft gingen deren Anteile, also auch der der Schwägerin des Beschwerdeführers, unter und konnten nicht vereinigt werden. Selbst bei Vorliegen eines Rechtstitels für den Übergang eines solchen Unternehmens auf den verbleibenden Gesellschafter erwirbt der Übernehmende nicht einen Anspruch auf Übertragung des Unternehmens oder der einzelnen Unternehmensbestandteile. Es liegt daher nicht etwa eine Übertragung des Gesellschaftsanteiles, sondern eine Übernahme des Gesellschaftsvermögens unter Überführung des Gesamthandeigentums von der Personenhandelsgesellschaft in das Alleineigentum des übernehmenden Gesellschafters vor. Es könnte daher der Gesellschaftsvertrag, auf den sich der Beschwerdeführer beruft (erst recht die der Dissolution nachfolgende Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwägerin, die nach der Aktenlage maßgebend war), nicht als Rechtsgeschäft angesehen werden, das den Anspruch auf Übertragung eines Anteils der Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG begründe.

Die Unterstellung des Erwerbes des restlichen Gesellschaftsvermögens, sei es durch Anwachsung auf Grund des Gesellschaftsvertrages, sei es auf Grund des Vertrages mit seiner Schwägerin, unter einen der Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG entspricht daher nicht dem Gesetz. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 542/1977. Barauslagen konnten nur soweit zugesprochen werden, als sie nach der Aktenlage erwuchsen.

Wien, am

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Norm
GrEStG 1955 §1 Abs3;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1975001033.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-53685