VwGH 08.05.1962, 1024/61
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | BauO Wr §129 Abs2; BauO Wr §135 Abs3; VStG §5 Abs1; |
RS 1 | Zum Nachweis dafür, dass die Erfüllung der Instandhaltungspflicht unverschuldeterweise unmöglich war, genügt nicht der Nachweis, dass die zur Beseitigung der Baugebrechen erforderlichen Mittel nicht vorhanden waren, sondern es muss zudem bewiesen werden, dass die Beschaffung dieser Mittel nicht möglich gewesen ist (Hinweis E , 1634/54). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2348/58 E RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Bezirksrichters Dr. Gottlich als Schriftführers, über die Beschwerde des HP in W gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom , Zl.M.Abt.641/60/Str., betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der Bauordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer als Verwalter des Hauses Wien IX., B-gasse 4, der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 13 Abs. 3 (richtig: Abs. 1) leg. cit. eine Geldstrafe in Höhe von S 1000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von vier Tagen verhängt. Als erwiesen wurde angenommen, der Beschwerdeführer habe als Verwalter des Hauses Wien IX., B-gasse 4, in der Zeit vom bis nicht für die Erhaltung der von ihm verwalteten Baulichkeit in gutem, der Baubewilligung und der Vorschriften der Bauordnung entsprechenden Zustand Sorge getragen, weil er ohne Veranlassung und Vorwissen des Liegenschaftseigentümers das schadhafte Flachdach über dem linken Seitentrakt und dem Stiegenhaus nicht habe instandsetzen lassen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, das in der Berufung vorgebrachte Fehlen der zur Schadensbehebung erforderlichen Mittel vermöge nicht zu verfangen. Auf die unverschuldete Unmöglichkeit der Einhaltung der Verwaltungsvorschrift hätte sich der Beschwerdeführer nur berufen können, wenn er nicht nur den Nachweis erbracht hätte, daß er die zur Beseitigung der Baugebrechen erforderlichen Mittel nicht besessen hätte, sondern auch den Beweis angetreten hätte, daß ihm auch die Beschaffung dieser Mittel nicht möglich gewesen wäre. Die mit der Vorentscheidung der Schlichtungsstelle vom bewilligte Mietzinserhöhung, auf die sich der Beschwerdeführer in der Berufung bezogen habe, habe Instandsetzungsarbeiten betroffen, in den die in Rede stehenden Arbeiten nicht inbegriffen gewesen seien. Auch der Hinweis auf diese Mietzinserhöhung stelle keinen tauglichen Entlastungsgrund dar.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Hiezu wird ausgeführt: Der Beschwerdeführer erachte sich deswegen beschwert, weil der angefochtene Bescheid die Bestimmungen des § 129 Abs. 2 und § 135 Abs. 1 und 3 der Bauordnung für Wien zu seinem Nachteil unrichtig angewandt habe. Nach diesen Bestimmungen könne nur der Hausverwalter bzw. Hauseigentümer bestraft werden, der ein Gebäude in schuldhafter Weise nicht in einem der Bauordnung entsprechenden Zustand erhalte. Im vorliegenden Fall könne weder dem Beschwerdeführer noch dem mit der Verwaltung des Hauses beauftragten Prokuristen ein Verschulden angelastet werden, da das Haus als dem Mietengesetz unterliegend nur dann hätte sofort instandgesetzt werden können, wenn eine Mietzinsreserve vorhanden gewesen wäre. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die belangte Behörde habe jede Erhebung und Erörterung dieses Umstandes unterlassen. Der Mangel der Mietzinsreserve stelle einen Schuldausschließungsgrund dar, welcher von Amts wegen zu erheben und zu berücksichtigen gewesen wäre. Überdies gehe aus dem erstinstanzlichen Verfahren hervor, daß die tatsächliche Verwaltung des Hauses nicht vom Beschwerdeführer, sondern vom Prokuristen J.G. selbständig geführt werde. Der Beschwerdeführer hätte sich auf diesen langjährigen Angestellten verlassen und annehmen können, daß dieser alles Notwendige zur Behebung des Schadens, von dem er keine Kenntnis gehabt hätte, unternehmen werde.
Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. Erkenntnisse vom , Zl. 1047/57, vom , Zl. 981/59) gehört zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr. Es handelt sich sohin um ein Ungehorsamsdelikt. Da die Bauordnung über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nicht anderes bestimmt, zieht zufolge § 5 Abs. 1 VStG 1950 schon das bloße Nichtbefolgen des Gebotes, Gebäude und deren Anlagen in gutem Zustand zu erhalten, Strafe nach sich, wenn der Eigentümer (Hausverwalter) nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Da der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren, wie die belangte Behörde unbedenklich festgestellt hatte, das Vorliegen von Baugebrechen während der Tatzeit nicht bestritten hatte, war es seine Aufgabe, nicht aber Pflicht der Behörde, den Nachweis zu führen, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift, nämlich die Beseitigung der Baugebrechen, ohne Verschulden unmöglich gewesen war. Die bloße Behauptung, die Erhaltungspflicht nicht in schuldhafter Weise verletzt zu haben, ist noch kein Entlastungsbeweis. Dazu kommt, daß sich der Beschwerdeführer auf unverschuldete Unmöglichkeit der Einhaltung der hier in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift (Nichtbeseitigung eines Baugebrechens) nur dann hätte berufen können, wenn er nicht nur den Nachweis erbracht hätte, daß er die zur Beseitigung der Baugebrechen erforderlichen Mittel nicht besessen hatte, sondern wenn er sich auch zu dem Beweis bereit erklärt hätte, daß ihm die Beschaffung dieser Mittel nicht möglich gewesen wäre (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2348/56). Daß der Beschwerdeführer einen solchen Beweis im Verwaltungsverfahren angeboten hatte, behauptet er selbst nicht. Der behördlichen Annahme, der Beschwerdeführer habe schuldhaft die Baugebrechen an dem von ihm verwalteten Haus nicht beseitigt, kann daher der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegentreten. Auch von einer unrichtigen Anwendung der Vorschriften des § 129 Abs. 2 und des § 135 Abs. 1 und 3 der Bauordnung für Wien oder einer Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes kann keine Rede sein.
Unzutreffend ist die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, es treffe ihn deswegen kein Verschulden, weil er sich in dieser Angelegenheit mit Grund auf seinen langjährigen Angestellten hätte verlassen können. Die Pflicht zur Beseitigung von Baugebrechen trifft zufolge § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien den Eigentümer des Gebäudes, zufolge § 135 Abs. 3 leg. cit. den Hausverwalter, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Bedient sich der Hausverwalter zur Erfüllung dieser Verpflichtung eines Dritten (eines Angestellten), dann ist er für seine Verletzung der Instandhaltungspflicht dann verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, wenn er es an der Auswahl oder der Beaufsichtigung dieser Person an der erforderlichen Sorgfalt fehlen läßt. Daß der Beschwerdeführer im vorliegendem Fall eine solche Sorgfalt bei der Überwachung angewandt hatte, hatte er im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht.
Die sohin in allen Punkten unbegründete Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abgewiesen werden. Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BauO Wr §129 Abs2; BauO Wr §135 Abs3; VStG §5 Abs1; |
Schlagworte | Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Baurecht |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1962:1961001024.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-53662